Mittwoch, 15. Dezember 2010

Die steilberghoch Saison 2010 - Fazit

Dezember 2010

Leicht melancholische Popmusik klingt aus den Lautsprechern, der Milchkaffee steht duftend auf dem Tisch, draußen sind es minus 10 Grad und die Landschaft ist weiß, die Straßen vereist. Die Webcams an der Großglockner Hochalpenstraße zeigen nur weiß, alles ist hoch mit Schnee bedeckt. Ein guter Zeitpunkt also für ein Fazit des "steilberghoch-Jahres" 2010.

Es war das zweite Jahr, in dem ich Alpenpässe gefahren bin, und das erste Jahr, in dem ich mich dem Wettkampf gegen andere Radfahrer und der Stoppuhr gestellt habe. Aber das wichtigste Ziel war es die körperliche Verfassung nach der GB-Tour 2009 wenigstens annähernd zu konservieren, um 2011 mit ordentlicher Grundlage in meine dritte große Radreise zu starten.

Der harte Winter 2009/2010 hat die erste Fahrt zwar erst spät im Mai ermöglicht, dann sind es aber immerhin doch sieben Wochenenden plus eine ganze Trainingslagerwoche in den Alpen geworden, dazu kamen noch zwei Wochenenden im Schwarzwald.

Die ersten Fahrten im Mai / Juni und die letzten im September/Oktober waren auf Grund des Schnees schon sehr speziell. Auch die anderen Alpentouren waren von teils sehr kühlen Temperaturen und oft auch Regen geprägt. Und obwohl ich nicht gerne friere auf dem Fahrrad, waren es doch immer fantastische Erlebnisse. Die spektakuläre Alpenlandschaft auf dem Rennrad zu erfahren ist, auch nachdem ich jetzt zwei Saisons Erfahrung gesammelt habe, immer wieder ein ganz spezielles Erlebnis.

Am intensivsten wahrnehmen kann man dieses Erlebnis, wenn man alleine, früh morgens unterwegs ist, wenn man mit den Bergen noch eher allein auf der Passstraße unterwegs ist. Eine neue Facette die ich dieses Jahr kennenlernen durfte, nämlich die Variante mit tausenden Fahrern nicht nur gegen den Berg sondern auch gegen die Uhr zu kämpfen, fühlt sich ganz anders an, ist aber auch sehr spannend, und macht vor allen Dingen auch Spaß.

Der Spaß kam natürlich vor allem auch daher, dass ich die zusätzlichen Kräfte die in einem Wettkampf frei werden erstmals auf dem Rennrad erlebt habe, und dass meine Zeiten erstaunlich viel besser waren, wie ich das erwartet hatte.

Noch immer bin ich erstaunt darüber, wie sehr die Radreisen meine Fitness nachhaltig positiv beeinflusst haben, dass ich offensichtlich gute genetische Vorraussetzungen für Ausdauerleistungen habe, und wie Anpassungsfähig der menschliche Körper auf intensive Belastungen reagiert.

Das einzige wirklich frustrierende Erlebnis war der Leistungstest Anfang Juli. Auch wenn er ziemlich gut mein Training wiedergespiegelt hat und die Grundlagenausdauer verbessert war, so war ich doch etwas enttäuscht über die Kraft, die ich auf's Pedal gebracht habe. Noch dazu war der Ablauf chaotisch, und meine gesundheitlich relevanten Werte nicht "perfekt" wie bei den Tests vorher. Das hatte mich enorm frustriert, und auch wenn ich nach dem Wechsel zum Radlabor wieder einen Test hatte, bei dem alles bestens war, so habe ich doch gemerkt, dass ich diese Zeit bester Gesundheit und hoher körperlicher Fitness genießen muss, denn das  psychische Wohlbefinden ist offensichtlich sehr eng korreliert damit.

Anyway, der Genuss den man aus dem Rennradfahren in den Alpen zieht ist enorm, dafür muss man allerdings auch recht viel Zeit ins Training investieren, sonst wird es doch eher zur Qual. Viel lange Grundlageneinheiten, Krafttraining im Studio, für alle Muskeln, nicht nur die Beine, Techniktraining für den Tritt, die Frequenz, die Radbeherrschung, und nicht zuletzt auch das optimieren des Materials helfen sehr 50 Kilometer am Stück berghoch zu fahren und es zu genießen, oder den Ötztaler Radmarathon zu finishen.

Der "Ötzi" war mit Sicherheit der Höhepunkt dieser Saison. Dass ich das Ding unter zehn Stunden gefahren bin kann ich immer noch nicht fassen. Dadurch, dass der Marathon so gut organisiert war, war das ganze Wochenende ein Erlebnis. Vor allem aber das Rennen selbst. Es war neben Teilabschnitten auf den beiden Radreisen das anstrengendste, das ich je gemacht habe. Ein Erlebnis von dem man lange zehren kann.

Es war allerdings auch das erste mal, dass meine liebe zu den Alpen für kurze Zeit etwas abgekühlt ist. Der Köper hat deutlich nach Regeneration verlangt. Die letzten Fahrten am Penser Joch haben dann aber wieder enormen Spaß gemacht, auch wenn es schon recht kalt war. Aber auf freier Straße im Schnee die Berge mit dem Rennrad hochzufahren ist immer ein spektakuläres Erlebnis.

Schade, dass jetzt die Alpensaison für Radfahrer definitiv zu Ende ist. Zwar habe ich darüber nachgedacht mit einem CycloCross Rad und Spikes einen Pass im Winter zu knacken, das ganze aber wegen des logistischen Aufwandes verworfen. Mit dem Mountainbike wäre das sicher drin, aber das hat sowenig mit Radfahren zu tun...

Also doch Ergometer im Wohnzimmer und alberne Krimis im Fernsehen dabei schauen. Vielleicht gibt es nächstes Jahr dann mal wieder ein richtig schönes, warmes Wochenende mit ordentlich Alpenhöhenmetern, spektakulären Pässen, und natürlich Kaiserschmarrn...

Leistungstest Radlabor 06.10.10

Drei Tage nach der letzten Passbesteigung für dieses Jahr war ich in Freiburg im Radlabor zu einer umfassenden Leistungsdiagnostik. Im Gegensatz zur Uni Gießen, sind die Jungs vom Radlabor in Freiburg spezialisiert auf Radfahrer.

Über einen Zeitraum von über drei Stunden haben wir u.a. Laktatstufentest, eine Pedalkraftmessung, einen VO2max Test und einen Drehmomenttest durchgeführt. Vor allem im Hinblick auf die Einschätzung zum Ötztaler Radmarathon, von dem ich ja meine SRM Wattmeter Angaben im Blog veröffentlicht habe, können die Daten interessant sein, deshalb hier die wichtigsten Ergebnisse:

Laktatstufentest:
Erste Stufe 100 Watt, Steigerung alle 3 Minuten um 20 Watt (entspricht auch dem vorgeschlagenen Protokoll des Bundes deutscher Radfahrer)

Gewicht: 77,8 kg - Größe 186cm
Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle (IAS): 267 Watt (3,43 Watt/kg Körpergewicht)
Herzfrequenz an der IAS: 153/min
Maximalleistung 360W (4,63 Watt/kg Körpergewicht)

Drehmomenttest:
Hier wurde das Maximum aus Drehmoment und Frequenz ermittelt.
Die größte Leistung von 865,8 W konnte ich bei einer Trittfrequenz von 110 U/min erreichen

VO2max Test:
4546 ml/min
58,43 ml/min/kg

Diese Werte sind natürlich immer eine Momentaufnahme, spiegeln aber sicher die Werte mit denen ich den Ötzi bestritten habe ganz gut wieder. Das hat dann immerhin dazu gereicht dort über knapp zehn Stunden hinweg 208 Watt im Schnitt zu treten, was 2,68 W/kg Körpergewicht entspricht.

Vor der Epo und Eigenblutdoping Zeit, galten VO2max Werte von um 70 ml/min/kg als Werte die für einen  Radprofi ok waren, Indurain hatte sogar einen Wert von 88! Da gerade dieser Wert auch stark durch die genetischen Anlagen bestimmt wird, könnte man sagen ich habe die richtige Sportart ausgewählt....



Sonntag, 3. Oktober 2010

Statistik Penser Joch die Zweite (Nord/Süd)

Gesamttageskilometer: 136
Gesamtdauer: 6:22 h
Schnitt: 21,3 km/h
Höhenmeter: ca. 3275
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 195 Watt
Geleistet gesamt: 4300 kJ
Durchschnittliche Temperatur: 13° C

Penser Joch Südseite von Bozen (letzter Kreisel)
Länge: 48,2 Kilometer
Dauer: 2:56 h
Schnitt: 16,4 km/h
Höhenmeter: 1947
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 211 Watt

Penser Joch Nordseite von Sterzing
Länge: 16,2 Kilometer
Dauer: 1:34 h
Schnitt: 10,3 km/h
Höhenmeter: 1258
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 218 Watt

Fahrrad: Specialized Roubaix mit Mavic Aksium Laufrädern und SRM Kurbel
kleinste Übersetzung: 34 - 32 = 2,27m
Gewicht: ca. 11,9 kg inkl. Trinkflaschen und Fotoapparat
Systemgewicht inkl. Fahrer (77,5 kg + 3,5 Kleidung) ca. 93 kg

Penser Joch die Zweite (Nord/Süd)

Da es auch heute nicht regnen soll, und selbst wenn, die Schneefallgrenze nur knapp unter die 3000 Meter fällt, nehme ich mir das Penser Joch diesmal von beiden Seiten vor. Gestern abend als die Wolkendecke aufgerissen ist, war es angenehm warm, so dass ich beschließe in kurz zu fahren.


Zwar sind es in Bozen nur so knapp unter 10° C, aber nach fünf Minuten Fahrt vom Hotel bin ich schon auf der Straße in Richtung Sarntal, so dass die Anstrengung mich schnell aufwärmt. Denn sobald man an der spektakulär gelegenen Burg Runkelstein vorbei ist geht es steil berghoch.




Auch wenn ich die Strecke von gestern schon kenne, das Tal ist schlicht beeindruckend. Steil fallen die Felswände ab, enge Schluchten öffnen sich, denen man oft durch Tunnel entflieht, und sobald man das schummrige Licht der Tunnel verlässt bietet sich ein neuer spektakulärer Anblick. Burgruinen oder Herrenhäuser auf hohen Felsen, teils bizarre Felsformationen, und auch der Blick steil hinab auf den Talferbach, den man im Verlauf des Anstiegs mehrmals überquert sind einfach unwirklich schön.



Eher nicht so unwirklich ist die Steigung die es zu bewältigen gilt, die ist nämlich sehr real in den Beinen zu spüren, auch wenn ich heute, im Gegensatz zu gestern, noch keine Höhenmeter in den Beinen habe. Meist im zweistelligen Bereich, mit kurzen Spitzen bis 16% und längeren Abschnitten mit 12, 13%. Das Fahren geht allerdings sehr flüssig, denn da ich die Strecke schon kenne, geht es automatisch an den "richtigen" Stellen in den Wiegetritt, und die Entlastung für den Rücken fällt immer passend mit den sehr steilen Abschnitten zusammen.

Nach 17,5 Kilometern kommt dann der lange zweite Abschnitt dieses Anstiegs. Ab Bundschen (Ponticino) geht die Steigung stark zurück, und über lange Zeit hat man nur niedrige einstellig Steigungsprozente, und in kurzen Abschnitten auch ganz flache oder minimal abschüssige Straße.



Der erste Abschnitt ist für sich selbst genommen eigentlich schon ein vollwertiger Alpenpass in der Kategorie Jaufenpass. Ungefähr so lang, nicht ganz so viel Höhenmeter, aber deutlich steilere Anstiege. Aber hier hat man erst ein Drittel der Strecke bewältigt. Dafür kann man auf dem flacheren Teil der bis zum Ort Pens anhält die Belastung etwas dosieren, und sich ggf. erholen. Während ich gestern hier die Höhenmeter vom Ritten schon sehr gespürt habe, ist das heute aber nicht nötig. Das einzige was mir etwas zu schaffen macht, ist die Temperatur, die jetzt deutlich unter 10° C liegt. Und da man im Flachen Teil natürlich schnell fährt und es trotzdem nicht so anstrengend ist wie in den steilen Passagen, wird mir in den kurzen Klamotten ordentlich kalt. Anhalten um die Beinlinge anzuziehen will ich aber auch nicht, denn diesmal will natürlich durchfahren. Vielleicht schaffe ich es ja unter drei Stunden zu fahren.

Das Tal ist jetzt viel weiter, die Aussichten, die sich bieten nicht mehr so spektakulär, aber da es trocken ist, ist es einfach wunderbares Rennradfahren in den Alpen. Schon gestern ist mir aufgefallen, dass einige Passagen aussehen wie Streckenabschnitte, die ich aus Süd- und Mittelschweden kenne. Allerdings täuscht das optisch etwas, den tatsächlich gewinnt man auch im "flachen" Teil einige hundert Höhenmeter und verliert insgesamt nur acht.



Nach gut 25, 26 Kilometern ist dann der Ort Pens erreicht, und gleich hinter dem Ortsschild beginnt der Schlussabschnitt, und jetzt geht es nochmal ca. 8,5 Kilometer praktisch konstant im zweistelligen Prozentbereich berghoch. Ob ich unter drei Stunden fahren kann weiß ich nicht, denn bis jetzt hatte ich viel Gegenwind, und auch hier im steilen Schlussabschnitt gibt es immer wieder Wind von vorne.



Ich fühle mich jetzt noch deutlich besser wie gestern. Es gibt ja nur sehr wenig Kehren, und dichter Hochnebel hüllt mittlerweile alles ein, so dass es nicht ganz leicht ist sich zu orientieren, aber ich bin mir eigentlich sicher, dass ich ohne Pause durchkomme. Immerhin ist der Anstieg nochmal zwanzig Kilometer länger wie meine Fahrt zur Passhöhe am Col de l'Iseran letztes Jahr, und er hat über 1900 Höhenmeter. Also auch hier ist "Durchkommen" kein zu niedrig gestecktes Ziel...


Nachdem die letzte Kehre gefahren ist, sind es immer noch gut zwei Kilometer, und ich kann schon abschätzen, dass es mit der drei Stunden Marke nichts wird. Zwar versuche ich nochmal etwas anzugreifen, aber auch gestern bin ich ja schon über 3200 Höhenmeter gefahren, und da es bis 500 Meter vor der Passhöhe doch noch ordentlich steil ist, kann ich nichts mehr zulegen. Aber egal, je näher ich der Passhöhe, die im Hochnebel verborgen liegt, komme, desto mehr spüre ich dieses schöne Gefühl in mir aufkommen, dass ich mein Ziel bald erreicht habe.


Es ist schon sehr kalt, zwar sind es immerhin so sieben bis acht Grad, aber der recht scharfe Wind kühlt einen doch ordentlich aus. Und dann die letzten Meter, und das Passschild ist erreicht. Ich drücke einem Busfahrer die Kamera in die Hand, und nach kurzem Fachgespräch flüchte ich vor dem Wind in den Gasthof.


Herrlich, lecker Milchcafe und Mittagessen. Den Kaiserschmarrn lasse ich noch weg, den gibt' erst auf dem Rückweg von Sterzing, als Belohnung, wenn ich die andere Seite auch noch geschafft habe. Auch wenn es durch den Hochnebel etwas düster aussieht, diesmal werde ich auf jeden Fall die andere Seite runterfahren, nochmal lasse ich mich nicht vom Wetter bluffen.

Als ich auf den Computer schaue fällt mir auf, dass ich die Zeit falsch abgelesen hatte, und ich doch unter drei Stunden gefahren bin. 2:56 h ist eine gute mittlere Zeit für die Südseite des Penser Jochs. Allerdings war ich gar nicht so viel schneller wie gestern, nur dass es sich einfach viel besser angefühlt hat, und ich auch jetzt schneller erholt bin.

Die Wirtin der Alpenrose erkennt mich wieder, da ich gestern so viel gegessen habe, und beim Verabschieden kündige ich meinen Besuch gleich für den obligatorischen Kaiserschmarrn schon mal an.

Die Abfahrt hinunter nach Sterzing läuft gut, und als der Hochnebelbereich durchbrochen ist, scheint sogar die Sonne, und es bieten sich herrliche Anblicke, so dass ich auch zwei Fotostopps mache.



Mit der Temperatur geht es, aber unten angekommen bin ich doch recht kühl, und es kostet etwas Überwindung die Beinlinge und die Regenjacke auszuziehen. Aber ich fahre ja gleich wieder hoch, so dass es schnell wieder warm werden sollte.



Nach einem kurzen weniger steilen Abschnitt, geht es dann steil berghoch. Letzte Woche hatte ich lange geschlafen, und bin dann den Anstieg frisch und erholt gefahren, dieses mal habe ich die gut 3200 Höhenmeter von gestern und die knapp 2000 Höhenmeter von heute morgen in den Knochen, außerdem habe ich die Nacht ganz schlecht geschlafen, so dass ich sehr gespannt bin, wie sich das anfühlen wird.

Es ist ordentlich steil, aber es lässt sich gut fahren. Die Nordseite des Penser Joch lässt aber durch ihre Charakteristik die Frage, ob man es schafft, offen. Will heißen, es ist schon ordentlich anstrengend, und irgendwie verlangt mir das Ding doch ordentlich Respekt ab. Zu allem Überfluss bläst mir heftiger und kalter Gegenwind entgegen, und zwar über den größten Teil des Anstiegs.




Die Kombination von steilem bis sehr steilem Anstieg und ordentlich Gegenwind fordert mich sehr. Ich fahre zwar immer im grünen Bereich, aber habe ständig das "bedrohliche" Gefühl, dass es eng werden könnte bis zur Passhöhe. Allerdings ist mein Kopf viel freier als gestern, und auch schon die letzen Wochenenden in den Bergen. Und plötzlich macht es "Klick", und das Fahren wird zum Zustand, ich kann es trotz der starken Anstrengung enorm genießen. Das Bewusstsein in dieser herrlichen Alpenlandschaft zu fahren tritt in den Vordergrund, die spektakulären Ausblicke sind völlig präsent, einfach traumhaft schön, und es ist mir dabei völlig bewusst.



 


Wie schon lange nicht in diesem Sommer tauche ich in dieses fantastische Gefühl. Kein Training, kein Ziel auf das ich hinarbeiten will, kein Pass den ich mir nochmal schön fahren will, einfach nur traumhafte Kulisse, die eben mehr ist als Kulisse, der widerspenstige, steile Berg, für den ich aber auf jeden Fall stark genug bin, die Aussicht auf immer schöner werdende Anblicke, je höher ich komme, mit jedem Meter kommt das Ziel, die Passhöhe näher, dort oben wartet ein leckerer Kaiserschmarrn als Belohnung, und dann eine fünfzig Kilometer lange Abfahrt hinunter ins warme Bozen. Besser kann Radfahren nicht sein.





Die letzen Kilometer sind zwar sehr anstrengend, aber da ich auch weiß, dass das wahrscheinlich die letzten Alpenkilometer für dieses Jahr sind, und die Passhöhe schon zu sehen ist, steigt die getretene Leistung nochmal etwas an, und schließlich komme ich oben an, und freue mich als hätte ich gerade den Ötztaler Radmarathon geschafft.


Nach dem Kaiserschmarrn in der Alpenrose geht es hinunter in die lange Abfahrt nach Bozen. Die versprochene Sonne bleibt zwar aus, aber das ist mir egal, es ist trocken und außer in der Hochnebelzone ist die Sicht sehr gut, so dass die Bedingungen für die Abfahrt sehr gut sind. Trotzdem geht es von der Geschwindigkeit her nicht über hohen 60er Bereich hinaus. Die Laufräder geben bei meinen Abfahrtskünsten nicht mehr her. Fast eineinviertel Stunden dauert die Abfahrt, auch wenn man in dem langen Flachstück ordentlich treten muss, so erreiche ich doch knapp einen fünfziger Schnitt.





Zum Abschluss noch ein letzter Blick auf die Burg Runkelstein, und dann hat nicht nur dieses Wochenende, sonder wohl auch diese Alpensaison einen tollen Abschluss gefunden. Allerdings werde ich das Wort "Saisonabschluss" nicht mehr unter die Tastatur nehmen...


Samstag, 2. Oktober 2010

Statistik Penser Joch Südseite und Ritten

Gesamttageskilometer: 143
Gesamtdauer: 6:46 h
Schnitt: 21,1 km/h
Höhenmeter: ca. 3431
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 190 Watt
Geleistet gesamt: 4400 kJ
Durchschnittliche Temperatur: 14° C

Ritten (Rentscherhof bis zum höchsten geteerten Punk)
Länge: 21,1 Kilometer
Dauer: 1:42 h
Schnitt: 12,4 km/h
Höhenmeter: 1430
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 234 Watt

Penser Joch von Bozen (Rathaus)
Länge: 50,7 Kilometer
Dauer: 3:12 h
Schnitt: 15,8 km/h
Höhenmeter: 1946
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 189 Watt

Fahrrad: Specialized Roubaix mit Mavic Aksium Laufrädern und SRM Kurbel
kleinste Übersetzung: 34 - 32 = 2,27m
Gewicht: ca. 11,9 kg inkl. Trinkflaschen und Fotoapparat
Systemgewicht inkl. Fahrer (77,5 kg + 3,5 Kleidung) ca. 93 kg

Penser Joch Südseite und Ritten

Nachdem ich mich letztes Wochenende etwas geärgert habe, dass ich so vorsichtig war, und ich außerdem keine halben Pässe mag konnte ich das ganze nicht als schönen Saisonabschluss empfinden. Mickrige 40 Kilometer und 1200 Höhenmeter? Nee!

So habe ich mir für heute, trotz null Rennradkilometern die Woche über, nochmal das Penser Joch vorgenommen. Um sicherzugehen, dass ich die Südseite bei jedem Wetter fahren kann mache ich Station in Bozen.


Da ich mich etwas über das Hotel geärgert habe und morgens erst mal rumdiskutieren muss, sitze ich erst um neun Uhr auf dem Rad. Ich frage einen Tankwart nach der Richtung zum Penser Joch, und in feinstem italienisch erklärt er mir wortreich den Weg. Meiner Meinung nach völlig falsch, denn so komme ich erst mal auf den Ritten, ein weiterer Anstieg der von Bozen aus zu fahren ist. Da der bei qaeldich.de als eher mittelschwer beschrieben ist, mit maximal 960 Höhenmetern, beschließe ich den eben zum Aufwärmen zu fahren.

Direkt von meinem Hotel aus beginnt die Auffahrt, und führt zunächst in Serpentinen durch Weinberge. Das Wetter ist gut, zwar bewölkt, bzw. neblig aber nicht kalt, so um die 10° C sind's wohl. Der Anstieg ist durchaus nicht ohne, so um acht, neun Prozent.


Zwischendurch bieten sich tolle Ausblicke ins Tal, zurück nach Bozen und in die Weinberge. Ich bin immer noch ein bisschen ärgerlich über das Hotel, und so halte ich viel zu arg drauf. Zunächst macht sich das aber nicht bemerkbar.




Nach einigen Kilometern ist die Ortschaft Ritten erreicht. Da es aber immer weiter berghoch geht, fahre ich natürlich auch weiter. Ich hatte irgendwie was zwischen zehn und fünfzehn Kilometern Länge in Erinnerung, aber weder nach zehn noch nach fünfzehn Kilometern gibt es eine Passhöhe oder was Markantes.



Als der Ort Klobenstein erreicht ist, scheint es auf dieser Straße mit der Steigung zu Ende zu sein, allerdings kann man links zur Bergstation der Rittnerhorn Seilbahn weiterfahren. Wie ein Marienkäfer, der immer nach oben läuft, fahre ich weiter der Steigung folgend. Schließlich heißt das Blog ja auch steil berghoch. Und steil wird es dann wirklich. Mittlerweile ist die Strecke deutlich länger wie der Jaufenpass und insgesamt sicher schwerer zu fahren. Steigungen von 13% und mehr über längere Abschnitte würde ich schon in die Kategorie schwer einordnen.



Hier oben nimmt der Verkehr immer mehr ab, und schließlich ist die Bergstation der Bahn erreicht. Allerdings geht ein etwas schmalerer aber geteerter Weg weiter nach oben. So fahre ich weiter, und hoffe vielleicht bis auf das Rittnerhorn fahren zu können. Der Weg ist recht steil, und erinnert mich von der Ausführung etwas an den Weg auf den Gipfel des Feldbergs. Gedacht ist der wohl eher für Wanderer, als für Fahrzeuge.



Immer noch mit der Marienkäfertechnik fahre ich weiter, bis dann ein Abzweig zum Rittnerhorn kommt. Allerdings, ist der ungeteert und eher für Mountainbikes zu fahren. Da ich noch einige Kilometer vor mir habe, lasse ich das und fahre weiter bis zum höchsten geteerten Punkt. Leider kein markanter Ort, kein Passschild nichts, ich stehe vor einem Bergbauernhof. Na gut. ein Foto gibt's trotzdem, denn mit 1430 Höhenmeter auf 21 Kilometern, ist das wohl ein ordentlicher alpiner Anstieg. Mit "den nehm' ich zum Einfahr'n" war es wohl nichts...


Ich mache mich zurück auf die Abfahrt, und da ich nicht recht weiß, wo die Abzweigungen hinführen, und ob ich von dort irgendwie ins Sarntal und Richtung Penser Joch komme fahre ich wieder zurück bis hinunter zum Hotel, wobei sich einige sehr schöne Aussichten bieten.



Ich fahre gleich weiter durch die Altstadt, die wirklich voll ist, und wühle mich mit meinem Fahrrad durch das Gedränge und den Verkehr, um dann endlich Richtung Sarntal abzubiegen.



Durch die Höhenmeter, die ich jetzt schon in den Beinen habe, habe ich ordentlich Respekt vor dem kommenden 50 Kilometer Anstieg.

Und von Bozen aus geht es auch gleich recht steil berghoch. Das Tal bietet aber von Beginn an spektakuläre Ausblicke, nur unterbrochen von vielen Tunnel mit unterschiedlicher Ausleuchtung und Fahrbahnqualität. Ich empfinde schon diesen ersten Teil als recht anstrengend, die Fahrt macht allerdings Spaß, denn das Tal ist schon spektakulär. Auch die vielen Tunnel sind gut zu fahren. Rücklicht braucht man natürlich schon.






Der vorletzte etwas längere Tunnel ist für Radfahrer verboten, aber man kann ihn auf der alten Trasse umfahren.



Wieder zurück auf der Autostraße wird der Belag wieder deutlich besser, und jetzt geht es eine recht steile Stufe nach oben, dann wird es aber erst mal recht flach. Da ich beide Trinkflaschen schon fast leer habe, und noch über 35 Kilometer zu fahren sind bis zur Passhöhe, halte ich an einer Tankstelle an und fülle eine Flasche auf. Die Pause dauert nur eine Minute. Ich überlege kurz ob es nicht klüger wäre eine etwas längere Pause einzulegen, denn schließlich werden heute deutlich über hundert Kilometer zusammenkommen, aber eigentlich will ich den Südanstieg natürlich auch in einem durch fahren. Also fahre ich weiter und hoffe mich auf dem flacheren Stück etwas zu erholen.



Dieser flache Teil ist überraschend lang. Es dauert etliche Kilometer, und noch immer bin ich nicht in Pens, das quasi am Fuß des Schlussanstiegs liegt. Zwar steigt die Straße schon an, aber man fährt im Tal, und dieses Tal hat einen ganz anderen Charakter wie das untere Sarntal. Ich merke schon, dass mir die Strecke bis fast zum Rittnerhorn doch in den Knochen steckt. Mal sehen wie es jetzt die letzten Kilometer hoch zur Passhöhe geht, denn jetzt wird es wieder ordentlich steil. Auch im flacheren Teil gibt es immer wieder "Stufen", die zwar nie sehr lang, aber recht steil sind.



Es bieten sich auch tolle Aussichten auf die umliegenden Berge, die, je näher am Schlussanstieg desto mehr über die Schneefallgrenze hinausragen.



Die Passhöhe liegt weit "um die Ecke", so dass mir zunächst nicht mal klar ist, in welcher Richtung sie liegt. Aber ich muss hinter Pens ja nur der Straße folgen, dann wird sie schon kommen. Das zieht sich allerdings doch sehr, denn jetzt sind es ziemlich konstant über 10% Steigung und meine Beine funktionieren nicht so richtig gut. Irgendwann ist dann tatsächlich der Punkt erreicht, wo ich für ein, zwei Minuten stehen bleibe und mein letztes Energiegel zu mir nehme. Danach steigt die getretene Leistung gleich wieder etwas. Aber ich muss ganz schön kämpfen.





Dann kann ich ungefähr erahnen, wo die Passhöhe ist. Ich hatte ja letztes Wochenende schon mal einen Blick hinunter auf diese Seite des Penser Jochs geworfen, und so sind es letztlich nur noch zwei Kehren, aber mit sehr langen steilen Abschnitten dazwischen, so dass es trotzdem noch fünf Kilometer sind. Noch einmal bleibe ich für eine Minute stehen. Der Ausblick ist spektakulär, auch wenn die Landschaft hier recht karg ist.



Nach der letzten Kehre sind es noch immer zweieinhalb bis drei Kilometer, aber man kann die Passhöhe jetzt sehen.


Trotzdem muss ich anderthalb Kilometer vor dem Ziel nochmal eine Minute stehen bleiben. Aber schließlich ist das Ziel erreicht. Trotz der kurzen Pausen (während denen die  Zeit natürlich weiterläuft) fahre ich mit knapp 3:13 eigentlich noch eine brauchbare mittlere Zeit. Natürlich gibt es das obligatorische Passschildfoto, und dann geht's ins Gasthaus.



Auch wenn ich nicht so platt bin wie beim Saisonabschluss letztes Jahr, oder gar beim Ötztaler, so habe ich die Fahrt doch als sehr anstrengend empfunden. Dies drückt sich auch darin aus, dass ich mir zwei Hauptgerichte und einen Kaiserschmarrn gönne, und recht lange im Gasthaus bleibe. Jetzt kommt ja auch nur noch eine fünfzig Kilometer Abfahrt und dann reichts für heute.

Auf der Abfahrt komme ich nicht so richtig auf Tempo, die anderen Laufräder machen sich wohl doch bemerkbar. Denn obwohl sie aerodynamisch besser sind als meine R-SYS, die ich dieses Jahr in den Bergen immer verwendet habe, macht sich das deutlich weichere Hinterrad irgendwie bemerkbar. Vielleicht fehlt mir dadurch auch etwas das Vertrauen, so dass ich früher bremse, ich weiß es nicht so genau.

Die Abfahrt macht schon Spaß, obwohl ich eigentlich nicht auf so sehr lange Abfahrten stehe, weil die sehr anstrengend werden können. Man muss allerdings sehr auf den Fahrbahnbelag achten, der an manchen Stellen, vor allem im oberen Bereich, doch recht übel ist.





Da nach Pens wiederum der lange nicht ganz so steile bis flache Abschnitt kommt, gibt es auch trotz Abfahrt ordentlich was zu treten, so dass mir nicht kalt wird. Das Wetter wird besser je später es wird, und je weiter ich nach unten komme.




Als ich schließlich wieder das untere Sarntal erreiche bieten sich wirklich spektakuläre Bilder. Die Abendsonne scheint golden in diese fantastische alpine Landschaft. Und hier wurde auf jede unerreichbare Felszinne noch irgendein burgähnliches Gebilde gebaut. Einfach nur geil!



Zurück in Bozen, finde ich das gleiche Gewühl an Menschen und Autos vor wie beim Beginn des Aufstiegs. Ein Stück muss ich durch die Arkaden schieben, und kann dann noch ein paar Kilometer zum Hotel radeln.

So ist sieht ein würdiger Saisonabschluss aus. Gut 140 Kilometer, über 3200 Höhenmeter, das klingt doch nicht so schäbig wie die Zahlen vom letzten Wochenende...