Sonntag, 25. Juli 2010

Statistik Oetztaler (Söldner) Gletscherstraße 2010

Gesamttageskilometer: 27,5
Gesamtdauer: 1:48 h
Schnitt: 15,2 km/h
Höhenmeter: ca. 1335
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 221 Watt
Geleistet gesamt:
Durchschnittliche Temperatur: C

Söldner Gletscherstraße
Länge: 12,5 Kilometer
Dauer: 1:23:43 h
Schnitt: 8,9 km/h
Höhenmeter: 1314
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 249 Watt

Fahrrad: Specialized Roubaix mit Mavic R-Sys SL Laufrädern und SRM Kurbel
kleinste Übersetzung: 34 - 32 = 2,27m
Gewicht: ca. 10,5 kg inkl. Trinkflaschen und Fotoapparat
Systemgewicht inkl. Fahrer (77,5 kg + 3,5 Kleidung) ca. 91,5 kg

Oetztaler (Söldner) Gletscherstraße 2010

Sonntag 25.07.2010

Schon die zweite Nacht hintereinander gut geschlafen, ich sollte meinen Lebensmittelpunkt hierher verlegen...  Nach ordentlichem Frühstück gehe ich die drei Möglichkeiten durch die sich heute bieten: Mit dem Auto nach St. Leonhard, Timmelsjoch andere Seite und wieder zurück. Mit dem Auto nach Oetz, Kühtai und zurück, oder die Gletscherstraße. Letzteres hat den Vorteil, dass ich noch in der Freitzeitarena von Soelden duschen könnte, und somit nicht sieben Stunden verschwitzt autofahren müsste.

Allerdings ist die Gletscherstraße ein Monster. Auch wenn sie nur 13 Kilometer lang ist, so hat man doch pro Kilometer ziemlich konstant 100 Höhenmeter zu bewältigen. Das Wetter ist besser wie gestern, und auch wenn die Sonne nicht scheint, so regnet es doch wenigstens nicht. Oben am Berg mag das anders ausschauen. Und so beschließe ich die Gletscherstraße zu fahren, so dass ich mich in Ruhe umziehen und Duschen kann, und ggf. sogar in der Sauna der Freizeitarena Soelden aufwärmen kann.

Um kurz vor neun Uhr sitze ich also auf dem Fahrrad, genieße es im Trockenen zu fahren, habe allerdings auch Zweifel ob ich die Gletscherstraße überhaupt schaffe, denn der letzte Leistungstest hatte ja gezeigt, dass die maximale Kraft, die ich auf das Pedal bringen kann gegenüber letztem Jahr etwas abgenommen hat. Und da die Straße so steil ist, kann ich nicht einfach runterschalten um dann eben mit höherer Trittfrequenz die nötige Leistung zu erreichen.

Egal, nach fünhundert Metern werde ich's schon wissen. Auch die Zeitmessung der Oetztaler Radtrophy ist wieder aufgebaut, so kann ich also meine Zeit (wenn ich es denn schaffe) sehr genau mit der vom letzten Jahr vergleichen. (1:39:52, was Rang 58 von 147 bedeutete).


Nachdem das Ticket abgestempelt ist, wird es noch in Soelden gleich erst mal recht steil, über blankem Fels trohnen Mehrfamilienhäuser. Kurz danach kommt auch schon der Abzweig zum Gletscher, und ab da heißt es praktisch konstant zwischen 13 und 14 Prozent Steigung.


Schon auf den ersten Metern spüre ich die brutale Anstrengung, aber ich merke auch schon, dass es wohl irgendwie machbar sein wird. Letztes Jahr musste ich nach acht Kilometern zwei Minuten Pause machen. Ich nehme mir vor irgendwie bis zur Mautstation durchzuhalten, und dann zu versuchen über die Achtkilometermarke drüberzukommen, also auf jedenfall später zu pausieren und wenn es nur fünfhundert Meter sind.


Bis nach Hochsoelden ist es schon sauanstrengend. Der Blick ins Tal macht deutlich, wie unglaublich schnell man hier an Höhe gewinnt. Und die erste Kehre verschafft einem eine Sekunde etwas Erholung. Meine Trittfrequenz liegt um 73, und dabei muss ich zwischen 300 und 350 Watt leisten, und dass im kleinsten Gang mit 34/32!!


Nach jeder Kurve hofft man, dass mal ein etwas flacheres Stück kommen möge, aber es geht immer gleichmäßig steilberghoch. Auf der Straße sind Kilometermarken aufgemalt, so werden die Kilometer der Zeitmessstrecke runtergezählt. Als ich die Acht auf der Straße sehe bin ich erstaunt, dass ich noch keine Rückenschmerzen habe. Allerdings hätte ich vielleicht doch die Ärmel vom Trikot abmachen sollen und die verdammten Handschuhe ausziehen sollen. Mir ist sehr warm. Hoffentlich kommt bald die Mautstation, war das nicht hinter der nächsten Kurve? Nee, steilberghoch geht es nach der Kurve, und nach der nächsten auch.


Die Steilheit der Strecke fordert den ganzen Körper, denn hier muss man mit den Händen am Lenker ordentlich gegenhalten um die Kraft auf die Pedale zu bringen. Das Trinken fällt recht schwer, da man dann ja den Lenker loslassen muss, außerdem fällt es zusätzlich schwer durch die Anstrengung.

Hoffentlich kommt bald die verdammte Mautstation. Sie kommt tatsächlich, und es geht so ca. hundert Meter bergab. Ich haspele ein Energiegel aus dem Trikot, und nutze die Gelegenheit zum Trinken. Mautgebühr muss ich natürlich keine zahlen.


Aber kurz nach der Station wird es gleich wieder steil. Es kommt sogar einer der schwierigsten Abschnitte wie ich finde. Ab und zu wechsele ich in den Wiegetritt, um die Position zu ändern und Muskeln und Rücken kurz anders zu belasten. Allerdings schalte ich dabei schon lange nicht mehr hoch, wie an „normalen“ Bergen, sondern bleibe im kleinsten Gang und versuche nur die Trittfrequenz beim hinsetzen wieder etwas zu erhöhen. Die ist mittlerweile bei 65 und darunter.


Ich kämpfe mich über diesen schwierigen Abschnitt, immer mit dem Ziel auf keinen Fall eine Pause einzulegen solange die acht Kilometermarke nicht überschritten ist. Eigentlich will ich natürlich gar keine Pause einlegen, aber das scheint unrealistisch, dafür ist es einfach zu lange zu steil.

Jetzt kommt nochmal ein kurzes Stück vor einem Weiderost, das etwas flacher ist, dankbar nehme ich die Chance zur Erholung wahr. Aber es sind nur ein paar Meter.


Dann geht es weiter steilberghoch. Ich überlege, ob ich nicht mein Trikot und die Mütze einfach irgendwo an den Straßenrand werfe, denn mir ist einfach nur warm. Der Schweiß läuft in Strömen, allerdings dank der Mütze nicht in die Augen wie letztes Jahr.


Noch sieben Kilometer, jetzt kommt soweit ich mich erinnern kann ein Stück mit mehr als 14% Steigung. Trotzdem muss ich plötzlich mein Trikot schließen, denn es gibt heftigen, eiskalten Gegenwind. Wie gut, dass ich den Plan mit dem Trikot wegwerfen verworfen hatte. Die nächste Kilometermarke ist erreicht, jetzt kommen einige Kehren, und so wechselt es zwischen „Gegenwind und sehr kalt“ und „Rückenwind und sehr warm“. Trikot zu, Trikot auf. Trittfrequenz knapp 60 und um 70. Mental ist dieses Wechselspiel sogar eine Hilfe. Es teilt die Strecke in überschaubare Abschnitte und man kann sich Teilziele setzen.


Als ich die 5 Kilometermarke auf dem Boden sehe, weiß ich dass ich eine Chance habe ohne Pause durchzukommen. Ich weiß, dass der letzte Kilometer in der Steigung etwas nachlässt (also auf knapp 10%). Bis dahin muss ich mich irgendwie durchkämpfen.

Und kämpfen ist die korrekte Beschreibung für das was ich hier mache. Radfahren sieht wahrscheinlich anders aus. Die Trittfrequenz schwankt wie beschrieben zwischen 58 und 72, ich liege mit der Leistung meist deutlich unter 300 Watt. Da kommt mir ein Radfahrer entgegen. Das gibt mir immer wieder das gute Gefühl nicht der Einzige zu sein, der so bescheuert ist und sich das antut, also ist es ja vielleicht gar nicht bescheuert. Als noch ein weiterer Rennradler um die Kehre geschossen kommt, und er mich sogar entgegen aller bisheriger Erfahrungen mit „allez, allez, allez“ Rufen anfeuert, erhalte ich nochmal einen richtigen Motivationsschub.

Normalerweise gibt es immer nur ein aufmunterndes oder respektvolles Kopfnicken, was übersetzt soviel heißt wie:
„ich respektiere deine Leistung, denn ich habe es gerade selber getan und weiß wie sich das anfühlt, aber ich bin auch froh, dass ich jetzt bergrunter fahre und nicht noch die Qäulerei vor mir habe, die du gerade noch vor dir hast“
Da ich das nicht wissen will, konzentriere ich mich beim Aufstieg dann immer auf die Straße, verteile diese Kopfnicker aber manchmal auch beim Abfahren. Aber diese Anfeuerung hat mich echt überrascht. Vielleicht dachte der auch, ich habe es bitter nötig...

Noch drei Kilometer, wenn ich in den Linkskehren ganz außen fahre, gibt es einen spektakulären blick zurück ins Tal. Trotz Anstrengung schaffe ich es das noch zu fotografieren. Jetzt nochmal kämpfen, die 1 Kilometermarke ist doch nicht mehr soweit. Drei Kilometer sind ja nur 3000 Meter.


Noch zwei Kilometer, leichter Eisregen setzt jetzt ein. Die Feuchtigkeit auf der Straße hat leicht angezogen. Es knistert unter den Reifen. Aber keine Gefahr, der Asphalt ist recht rauh, und der Grip der Reifen nach wie vor gut.
Hier oben sieht es eher aus wie in einer Steinwüste. Ist mir aber egal, jetzt weiß ich, dass ich es schaffe, dass bald die Steigung etwas nachlässt, dass ich ohne Pause durchkomme. Ein Blick auf den Radcomputer zeigt eine erstaunlich gute Zeit, allerdings habe ich nicht mehr die mentale Kapazität, die Zeit korrekt abzuschätzen oder gar einzuordnen.


Ich merke nur, wie jetzt meine Trittfrequenz wieder höher wird, und wie die getretene Leistung wieder deutlich steigt in Richtung 300 Watt. Noch ein Kilometer, tatsächlich wird es etwas flacher, aber schnell wird es auch wieder steiler, das hatte ich ganz vergessen. Ich sehe schon einen Teil des Gletscherstadions ganz nahe, aber vorher wird es nochmal deutlich steiler. Ich muss aus dem Sattel um da überhaupt hochzudrücken, und trete nochmal bis 350 Watt, wo kommen denn diese Kräfte noch her?


Und dann endlich einfahrt ins Gletscherstadion, da steht die Stempelmaschine der Zeitmessung. Abstempeln, kurz verschnaufen, und dann noch ein paar Runden um den Körper wieder runterzubringen.


Die Erholung kommt sehr schnell, ich bin bei weiterm nicht so fertig wie letztes Jahr. Komisch, ich bin davon ausgegangen letztes Jahr ein ganzes Stück besser in Form gewesen zu sein. Hunger habe ich eigentlich keinen, für einen Topfenstrudel und nen Cappucino (schmeckt hier eklig nach Kakao) reichts aber. Außerdem muss ich die Zeitmesskarte ausfüllen. Die Zeit von 1:23:43 h ist für mich sensationell. Auch wenn ich letztes Jahr das Timmelsjoch schon in den Beinen hatte, ist eine Verbesserung von einer Viertelstunde schon enorm.

Vor allem hat sich die Sitzposition und der Sattel als brauchbar erwiesen. Da man hier so an der Grenze fährt, ist diese Strecke ein perfekter Gradmesser dafür. So fertig werde ich sicher beim Ötzi auch spätestens am Timmelsjoch sein, und dann nervt jede Kleinigkeit.

Für eine lange Pause habe ich keine Lust, so ziehe ich meine Regenjacke und die Mütze wieder an, und mache mich auf die Abfahrt. Wegen der Wetterbedingungen fahre ich eher langsam, im unteren Abschnitt kommt man allerdings auch wenn man es gemütlich angehen lässt schnell auf ordentliche Geschwindigkeiten. Zwei, drei Fotostops, damit die Hände nicht so runterkühlen (die Handschuhe sind noch immer völlig durchnässt von gestern), und dann ist man auch schon unten.

 
In Soelden noch ein paar Meter ausrollen, und dann gibt es ein kurzes Entspannungsbad in der Freizeitarena mit Aufwärmen im Dampfbad.

Alles in allem war das Wochenende trotz der suboptimalen Wetterbedingungen dann doch noch OK, und die Zeiten an den Bergen waren mindestens auf dem Niveau vom letzen Jahr.

Samstag, 24. Juli 2010

Statistik Timmelsjoch 2010

(leider haben beide Radcomputer schlapp gemacht, deshalb nicht alle Angaben)

Gesamttageskilometer: 38,5
Gesamtdauer: 2:15 h
Schnitt:  km/h
Höhenmeter: ca. 1300
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: Watt
Geleistet gesamt:
Durchschnittliche Temperatur: C

Pass (ab Sölden mitte):
Länge: 23,7 Kilometer
Dauer: 1:40 h
Schnitt: 14,2 km/h
Höhenmeter: ca. 1200
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 226Watt

Fahrrad: Specialized Roubaix mit Mavic R-Sys SL Laufrädern und SRM Kurbel
kleinste Übersetzung: 34 - 32 = 2,27m
Gewicht: ca. 10,5 kg inkl. Trinkflaschen und Fotoapparat
Systemgewicht inkl. Fahrer (77,5 kg + 3,5 Kleidung) ca. 91,5 kg (plus 2 Kilo Wasser...)

Timmelsjoch 2010

Samstag 24.07.2010

Um halb sieben werde ich wach. Der erste Blick aus dem Fenster bestätigt leider die Wetterprognose, denn es regnet nach wie vor. Mal schauen ob mein heutiger Plan bis St. Leonhard und zurück zu fahren (also beide Seiten des Timmelsjochs zu fahren) sich umsetzen lässt. Denn völlig durchnässt eine dreißig Kilometer lange Abfahrt und dann wieder zurück, das klingt bei diesen Temperaturen wenig verlockend.

Leider sind auch meine Klamotten nicht getrocknet. Da ich nur eine lange Radhose dabeihabe entscheide ich mich für die kurze und nehme Beinlinge mit. Vom Trikot mache ich die Arme ab, die sind nämlich noch völlig durchnässt. Da ich eh die Regenjacke drüberziehe ist das bis 0° eigentlich kein Problem. Die nassen Radschuhe fühlen sich eklig an, auch hier hatte ich auf ein Ersatzpaar verzichtet, dummer Fehler. Helm macht bei dem Wetter wenig sinn, und die Mütze ist noch nass, aber die wärmt sich schon auf, und dann ist es immer noch das kleinste übel. Schließlich noch die Handschuhe, in denen steht das Wasser noch. Das ist jetzt das 5. oder 6. Paar das ich probiere, und ich besitze mittlerweile Radhandschuhe im Gegenwert eines guten Mittelklasserennrades, aber kein Paar taugt was. Nicht eines ist wasserdicht, keines hält warm, keines atmet wenigstens ein bisschen, damit die Hände nicht im Schweiß ertrinken, und keines ist ordentlich zu Handhaben. Eigentlich unfassbar.

Egal, so ist der Unterschied vom trockenen Zimmer zu draußen als ich vor die Tür in den Regen trete praktisch nicht existent. Hat also auch sein Gutes...

Vor dieser Seite des Timmelsjoch habe ich großen Respekt. Denn letztes Jahr musste ich mich sehr quälen, hatte allerdings am Beginn des Anstiegs auch schon dreitausend Höhenmeter in den Beinen. Auch ist das Timmelsjoch recht hoch, so dass bei Regen und 13 Grad im Tal da oben durchaus auch Schnee fallen kann.


Anyway, zunächst geht es nach einigen kurzen steilen Abschnitten aus Sölden raus erst mal über moderates Terrain. Die ersten längeren steilen Abschnitte mit ca. 12% lasser allerdings auch nicht so lange auf sich warten. Vor Obergurgl wird es allerdings dann wieder flach und man kann ein ganzes Stück „auf dem großen Kettenblatt fahren“.

ja es gibt auch trockene Stellen auf der Strecke...:

Nach dem Abzweig zum Timmelsjoch wird es dann wieder richtig steil, also zweistellige Steigungsprozente. Es regnet beständig, nicht so brutale Platzregen wie gestern am Kühtai, aber auch nicht gerade ein Nieseln. Die Klamottenteile die beim anziehen noch nicht durchnässt waren sind es spätestens jetzt. Das Fahren geht ganz gut, aber ich empfinde es als sehr anstrengend, und kann rückblickend gar nicht fassen wie relativ locker ich da letztes Jahr überall hochgefahren bin. Mit locker meine ich „locker im Kopf“, denn ich war eigentlich bei jedem steilen Stück immer nur innerlich dankbar, dass es nicht so steil war wie diesen sinnlosen Straßen in England.


Und es macht auch deutlich, dass man Berge nur in den Bergen trainieren kann, weil es eben nicht nur die getretene Wattzahl ist, sondern viele weitere Faktoren dazu kommen. (Haltung auf dem Fahrrad in der Schräge, Höhe, äußere Bedingungen, Eindruck der Landschaft, die Befriedigung einen Pass zu bezwingen, oder der Frust an endlosen Steigungen usw.)


Ich kann mich noch erinnern, dass ich letztes Jahr bis zur Mautstation ganz schön kämpfen musste, diesmal geht das eigentlich recht gut. Allerdings wird es mit der gewonnenen Höhe auch immer kälter, und die Hände werden so langsam doch sehr kalt. Der Rest fühlt sich nicht toll an, geht aber bis auf die Füße, die werden allmählich auch richtig kalt.

Nach der Mautstation geht es erst mal in eine kleine Abfahrt, dafür will ich aber die Beinlinge nicht anziehen, denn der härteste Teil kommt ja erst noch. Allerdings habe ich das Gefühl die Beine werden schockgefrostet, hoffentlich ist es bald rum...

Dann kommt endlich der zähe Schlussabschnitt. Es geht erst mal auf gerader Straße steilberghoch, ohne Kehren oder Kurven. Eigentlich hatte ich hier heftigen Gegenwind erwartet, aber diesmal habe ich Glück. Da ich mich sehr gut an die Quälerei letztes Jahr erinnern kann, fühlt es sich dieses Jahr eigentlich ganz gut an, auch wenn es sehr anstrengend ist. Der Tritt ist noch einigermaßen flüssig, und wenn ich nicht so kalt wäre, hätte ich richtig Spaß.


Die Temperatur geht mittlerweile deutlich in Richtung Null, und irgendwann wird der Regen zu Schneeregen und Graupel. Der Wind wird stärker und peitscht böig zwischen den Bergen hindurch. Jetzt ist es wirklich saukalt. Die rechte Hand verliert ihr Gefühl, die linke geht noch, die Füße sind komplett kalt.

Ich erreiche das Ende der langen Geraden und jetzt kommt noch ein Serpentinen Teil. In eine Richtung peitschen mir Schnee und Graupel so heftig ins Gesicht, dass die Augen schmerzen. Wenn nach der Kehre die Straße in die andere Richtung wechselt geht es dann wieder, und hier gibt es sogar etwas Rückenwind.


Die letzten Meter heißt es nur noch kämpfen, die Beine gehen zwar noch, aber Wind, Schnee und Kälte fordern alles. Zurückfahren macht keinen Sinn, denn eine Abfahrt bei diesen Bedingungen ist die Hölle. Hier kann man nur durchziehen, und ich weiß ja noch vom letzten mal, dass mich auf der Passhöhe das Timmelsjochgasthaus erwartet. Und das ist dann tatsächlich auch irgendwann sichtbar, die letzte Kehre, durchziehen bis zum höchsten Punkt, und dann das Gipfelfoto. Gar nicht so einfach mit dem Foto, natürlich hüpft hier draußen bei dem Wetter keiner rum, so dass ich einen Handschuh ausziehe (was ich in der Sekunde bereue...) und das Foto vor dem kleinen Denkmal mit Selbstauslöser mache.


Jetzt geht es erst mal ins warme. Hier oben sind noch zwei Radler, die gerade in Taxikleinbussen wieder talabwärts fahren. Leider fahren die auf der italienischen Seite runter, sonst hätte ich mich angeschlossen. Ich gehe erst mal ins Warme. Ich fühle mich erstaunlich fit, die andere Seite wäre also locker noch gegangen. Schade, dass es bei dem Wetter schlicht keinen Sinn macht. Abfahren ist schlicht nicht möglich.


So trinke ich einen Milchcafe und esse eine Speckknödelsuppe. Die nassen Klamotten aus, äh nee lieber nicht, denn Nacktbewirtungsbereich ist gar keiner ausgewiesen. Mütze und Regenjacke geht aber...  Ich fühle mich von den Beinen her wirklich gut, und ärgere mich etwas darüber, dass mir hier wichtige Trainingshöhenmeter verloren gehen. Die Füße kommen wieder, die Hände wissen es noch nicht so genau. Aber alles nicht so schlimm wie am Iseran letztes Jahr.

Als das Taxi zurück ist, will ich damit zurückfahren, aber der Taxifahrer meint da draußen stünde der Bus, der fährt auch in die Richtung. Na dann, so kann ich für einen Bruchteil des Taxipreises fahren. Ich kaufe ein Ticket bis Sölden, allerdings ohne zu Wissen, dass man dann in Hochgurgl umsteigen muss. Das Fahrrad kommt in den Unterflur Kofferraum, weils da eng ist wird’s reingequetscht. In der Zeit wo ich das Fahrrad einlade wird es so eiskalt, vor allem auch durch den sturmartigen Wind, dass ich komplett anfange zu zittern. Ja ja, nasse Klamotten und Windchilleffekt, fast so schön wie in der Südsee am Strand zu liegen, nur anders.

Das Zittern kriege ich die ganze Busfahrt nicht so recht unter Kontrolle. Aber es lässt sich nett plaudern mit dem Busfahrer und dem einzigen anderen Fahrgast, einer älteren Dame die zum Wandern hier oben war.

Dabei erzählt der Busfahrer, dass gestern oder vorgestern ein 62jähriger Radfahrer am Kühtai, ganz kurz vorm Ziel tot vom Sattel gefallen ist. (Vom Fahrradsattel wohlgemerkt, nicht vom Kühtaisattel). Irgendwie kann ich das verstehen, mir ging der Kühtai auf schwer auf den Senkel. Allerdings sollte man das nicht überbewerten, denn es gibt nicht so viele Dinge, die in der Sportmedizin recht eindeutig sind, aber das die Arbeitsmuskeln bei Anstrengung immer vor dem Herzmuskel versagen, darüber gibt es keine Diskussion. D.h. der betreffende Radler war offensichtlich nicht gesund. Anyway, eigentlich ein schöner Tod, wenn ich es mir aussuchen dürfte, dann wäre Tod vom Rad fallen sicher unter den Top drei.

Wie auch immer, in Hochgurgl ist die Busfahrt zu Ende. Ich beschließe nicht auf den Bus runter nach Sölden zu warten, sondern die restliche Strecke mit dem Fahrrad runter zu fahren. Es ist zwar auch hier noch recht kalt, aber es gibt keinen Schnee mehr, sondern nur normalen Regen, und ich habe auch keine Lust mehr auf Busfahren.

Schon nach einem Kilometer fängt der Körper allerdings zu zittern an. Ich kann's auch nicht abstellen. Der Wind peitscht ordentlich, und der Regen in Kombination mit dem Fahrtwind, kühlt mich wie im Kühlschrank. Ab und zu begegnen mir, wie auch schon bei der Busfahrt, einige Radler auf dem Weg nach oben. So um die zehn waren das schon. Und ich schaue mir genau an, wie die sich hochkämpfen, so schlecht bin ich heute offensichtlich nicht gefahren.

Irgendwann will ich nur noch, dass es endlich vorbei ist. Die Hände sind mittlerweile wieder so kalt wie oben kurz vor der Passhöhe, vielleicht auch kälter. Das Zittern nimmt zu und überträgt sich auf die Gabel des Fahrrades. Da ich nicht so schnell fahre, und das Fahrrad bocksteif ist, ist das zu kontrollieren, aber so richtig geil ist es auch nicht. Ich freue mich immer, wenn mal ein Stück kommt, wo es einen leichten Gegenanstieg gibt. Ich nutze die Gelegenheit und versuche immer dreihundert Watt zu treten (im Hinterkopf natürlich auch ein bisschen Frust über die nicht gefahrenen Höhenmeter...).

Als endlich das Ortsschild Sölden auftaucht ist es auch gerade rechtzeitig, denn jetzt bin ich an der Grenze was die Kälte betrifft. Ich habe sogar leichte Probleme mit der Radkontrolle und fahre mitten auf der Straße. Aber die letzen paar hundert Meter gehen auch noch. Als ich endlich im Hotel angekommen bin und das Fahrrad in den Skikeller trage fällt mir auf, das beide Trinkflaschen noch fast voll sind. Also bei schönem Wetter hätte das ein super Trainingstag werden können. Anyway, so hat es auch Spass gemacht, und meine Regenfestigkeit hat eine ordentliche Auffrischung bekommen. Mein Kälteschaden an der Hand allerdings auch, denn die Hände sind durch das frostige Erlebnis am Col de l'Iseran letztes Jahr etwas empfindlicher geworden.

Dann geht es erst mal unter die Dusche. Aber nicht heiß, dass habe ich auch am Iseran gelernt. Und danach lege ich mich sofort ins Bett. Es dauert noch mindestens eine Viertelstunde bis das Zittern weggeht. Aber irgendwann ist auch das vorbei und ich kann ein Stündchen „regenerationsschlafen“.

Beim Tippen dieser Zeilen merke ich allerdings, dass das die Hände noch etwas Kribbeln, aber auch das wird wieder weggehen.

Trotz der Widrigkeiten hat es Spaß gemacht, auch wenn ich gerne die andere Seite des Timmelsjochs noch gefahren wäre. Morgen soll das Wetter besser werden, vielleicht fällt mir da noch was ein...

Freitag, 23. Juli 2010

Statistik Kühtai

Gesamttageskilometer: 97
Gesamtdauer: 4:17 h
Schnitt: 22,7 km/h
Höhenmeter: 1429
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 190 Watt
Geleistet gesamt:
Durchschnittliche Temperatur: 17°C

Pass (ab Kreisel Ötz):
Länge: 18 Kilometer
Dauer: 1:28 h
Schnitt: 12,2 km/h
Höhenmeter: 1227
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel: 236Watt

Fahrrad: Specialized Roubaix mit Mavic R-Sys SL Laufrädern und SRM Kurbel
kleinste Übersetzung: 34 - 32 = 2,27m
Gewicht: ca. 10,5 kg inkl. Trinkflaschen und Fotoapparat
Systemgewicht inkl. Fahrer (77,5 kg + 3,5 Kleidung) ca. 91,5 kg

Kühtai

Freitag 23.07.10

Voller ungeduld blicke ich den Bergen entgegen. Endlich Alpen! Der Schwarzwald war kein wirklicher Ersatz. Allerdings habe ich vor den mich erwartenden Anstiegen Timmelsjoch und Kühtai erheblichen Respekt.

Um dem unsäglichen Stau zu entgehen fahre ich in der Nacht los. Hinlegen macht eh keinen Sinn, also durchmachen und statt ins Bett geht’s dann um halb eins ins Auto. Die Wetterprognose für das Wochenende ist schlecht. Auch fühlt es sich völlig anders an wie die ersten Fahrten letztes Jahr, als naive Freude auf das Fahren in der fantastischen Umgebung der Alpen das dominierende Gefühl war. Jetzt geht mir eher im Kopf rum, dass ich mich für den Ötztaler Radmarathon fit kriegen muss/will, und die Anstiege werden zu Trainingseinheiten.

Das liegt auch daran, dass ich letztes Jahr durch die Quälerei auf der GB-Tour top in Form war, und recht locker die Berge hochgefahren bin. Für dieses Jahr muss ich mir das erst wieder erarbeiten. Was aber schwer ist, wenn man nicht in der Nähe der Alpen wohnt.

Anyway, nachdem ich wegen dem starken Regen und unzähligen Baustellen auch noch eine Abfahrt verpasse, und so hundert Kilometer zusätzlich fahre, komme ich schließlich um halb zehn in Sölden an. Da ist normalerweise der erste Pass schon bezwungen.

Da ich glücklicherweise sogar schon einchecken kann, geht’s gleich auf's Fahrrad. Plan ist das Tal zurück bis Oetz zu fahren, über den Kühtai, auf der anderen Seite runter bis Kematen und zurück. Schon ein ordentliches Programm für anderthalb Stunden Schlaf quer überm Fahrersitz auf dem Raststättenparkplatz. Aber hat am Stilfserjoch letztes Jahr ja auch geklappt.

Mit dem Auto hat sich die Strecke von Oetz bis Sölden schon eine gefühlte Ewigkeit gezogen, immerhin 30 Kilometer. Jetzt die umgekehrte Strecke mit dem Fahrrad macht aber mehr Spass. Und vor allen Dingen entfaltet das Fahren in diesem herrlichen Alpental sofort seine Wirkung. Ich war wirklich schlecht gelaunt, aber das ist jetzt sofort weg.



Die Strecke ist auch der erste Teil des Ötzi, und ich bin überrascht wie lange sie ist, und vor allem, dass man nicht einfach berg runter rollt, sondern dass man doch ordentlich treten muss, vor allem weil es auch ordentlich Gegenwind gibt.



 Das Wetter geht eigentlich bis jetzt. Auf Grund der Wetterprognose und meinen Erfahrungen auf den Passhöhen, fahre ich in langen Hosen und Handschuhen. Allerdings brennt jetzt erst mal die Sonne und ich bin viel zu warm angezogen. So fühlt es sich schnell an, als ob ich durch einen Regenschauer gefahren wäre, allerdings ist das „Schönheit die von innen kommt.“


Endlich ist dann Oetz erreicht, und gleich im ersten Kreisel geht es in Richtung Kühtai. Und auch gleich richtig berghoch. Der Kühtai Pass wird gerne mal als mittelschwerer Pass verniedlicht. Bei Steigungen bis 17% gibt es nix Mittelschweres, es sei denn das Ding wäre so kurz wie der Schlussanstieg am Feldberg.



Anfangs bin ich regelrecht dankbar, dass ich endlich richtig steilberghoch fahren kann. Es fängt leicht an zu regnen, aber Regenjacke lohnt noch nicht. Nach dem ersten recht steilen Stück wird es erst mal wieder flacher. Und das wiederholt sich im Prinzip bis obenhin so. Immer wieder werden sehr steile Stücke mit kurzen flacheren oder gar flachen Passagen „belohnt“. Es gibt Leute die sagen so ein Berg ist „unrhythmisch“ zu fahren. Ich bin ehrlich gesagt recht dankbar für die Chancen zur Erholung.


Allerdings wird es irgendwann wirklich nervig. Denn immer wenn man denkt man hätte es so langsam geschafft, kommt das nächste brutale Steilstück. Natürlich kann man auf den Kilometerzähler schauen, aber irgendwie kommt mir das Ding vor wie der längste Pass den ich je gefahren bin. Vielleicht muss ich auch dem mangelnden Schlaf etwas Tribut zollen, jedenfalls wird es nach der Hälfte nochmal richtig Anstrengend. Es kommen mehrere 16-17% Abschnitte, von respektabler länge, und an manchen Stellen geht es nur im Wiegetritt einigermaßen voran.


Als ich denke ich bin endlich oben, stellt sich raus, das war nur die Staumauer, und es kommt nochmal ein ordentliches steiles Stück. Als ich dann schließlich das Ortsschild Kühtai sehe, ist die Freude schon wieder verfrüht, denn bis oben hin gibt es nochmal ein Steilstück zu überwinden. Aber wie gesagt, irgendwann hört jede Steigung auf.


Oben angekommen muss ich leider feststellen, dass es kein Passschild oder sowas gibt, dafür aber ein Einkaufszentrum...
So mache ich das Foto vor einer Kuh die dort aufgebaut ist. Ich denke das ist ein respektabler Ersatz für das Gipfelfoto auf dem Kühtaisattel!


Ich beschließe meinen Plan zu ändern und nicht in Kematen meine Mittagspause zu machen, sondern hier oben, und den Kühtai nur von einer Seite zu befahren. Ich werden dann so auf ca. 100 Kilometer kommen und 1500 Höhenmeter. Aber mit anderthalb Stunden Schlaf, macht es keinen Sinn, und das wäre dann auch kein Training mehr, und der morgige Tag würde dann sicher auch leiden.

Wie auch immer, nach Gulasch mit Semmelknödel geht es in die Abfahrt zurück nach Ötz. Dumm nur, dass es in dem Moment in dem ich losfahre, richtig zu schütten anfängt. Kurz versuche ich mich unterzustellen, aber erstens wird es wohl den ganzen Nachmittag regnen, zweitens sind Gewitter angesagt und drittens meint der Wanderer der sich auch untergestellt hat „fahr doch mit dem Bus“. Hä?? Bus? Sehe ich aus als wäre ich gestürzt?
Nee, nee also voll in die Abfahrt gestürzt, allerdings ist die wirklich krass. Mit Brille sehe ich gar nix, ohne Brille sehe ich überhaupt nichts. Ein Platzregen folgt dem anderen, die Augen tun höllisch weh, und ich kann nicht mal recht sehen, wo die Kurven anfangen, weil mir das Wasser so ins Gesicht peitscht.


Die Klamotten sind nach einer Minute komplett durchnässt, inklusive Schuhen und Handschuhen. Die Bremse vorne mag irgendwie auch keinen Regen. Obwohl frisch eingestellt ist die Bremswirkung nur mittelgut. So gurke ich im Verhältnis zum Gefälle recht langsam die Abfahrt runter, trotzdem wird’s natürlich ordentlich kalt in den komplett nassen Klamotten. Zum Glück habe ich die Mütze aufgezogen und nicht den Helm, so habe ich wenigstens einen einigermaßen warmen Kopf.


Unterstellen macht keinen Sinn, man wird nur kalt, trocken wird man davon ja nicht. Außerdem hat das versprochene Gewitter angefangen, scheint aber noch etwas weg zu sein. Durch das langsame Tempo zieht sich die Abfahrt natürlich jetzt. Hoffentlich ist nicht so ein Wetter beim Ötzi, denn obwohl ich Fritz Walter Wetter mag, das hier ist eher so die irische Kategorie, mit böigem Wind und so. Richtig scheiße zu fahren.


Aber genauso wie Anstiege irgendwann enden, tun's auch die Abfahrten. Der Durchschnitt lag bei knapp 29 km/h. Schade, diese Strecke gibt abwärts eigentlich einiges her, der Belag ist gut, es gibt sehr hochprozentige Gefälle und gleich anschließend meist ein Flachstück. Unten in Oetz ist es gleich etwas wärmer und es hat sich locker eingeregnet. Es regnet zwar stark, aber diese heftigen Platzregen haben endlich aufgehört.

Jetzt geht es ca. 30 Kilometer meist bergauf zurück nach Sölden. Die Steigung ist gut machbar und es fühlt sich an wie ein Zeitfahren. Die Strecke hat allerdings elend viel Verkehr, und vor allem steht das Wasser an vielen Stellen. Aber fast alle Auto- und LKW-Fahrer sind sehr aufmerksam und versuchen ordentlich Abstand zu halten, so dass ich nicht bei jeder Vorbeifahrt komplett eingesaut werde.


Die Strecke zieht sich, aber ich fühle mich wieder recht gut. Obwohl alles nass ist, ist durch die Anstrengung (so immer um die 200 Watt) auch gleichzeitig alles warm. Und manchmal hält der Regen sogar etwas inne. Nach zwanzig Kilometern stelle ich mir allerdings schon vor endlich unter der Dusche zu stehen. Aber wie gesagt die Strecke lässt sich gut fahren, und so gehen auch die restlichen zehn noch vorbei.


Heiße Dusche, Garmin Daten laden (die SRM Daten haben den Regen leider nicht überstanden.), dann ab ins Dorf: Milchcafe (coffeinfrei) und Kaiserschmarrn!