Freitag, 15. November 2013

Sportmedizinische Untersuchung


Heute morgen galt es eine wichtige Hürde auf dem Weg zur Startlinie des RAAM 2014 zu nehmen. Eine umfassende sportmedizinische Untersuchung mit Belastungs-EKG stand auf dem Programm.

Auch wenn ich ziemlich geil bin auf das Abenteuer RAAM, so möchte ich natürlich nicht nur gesund am Start stehen, sondern auch gesund im Ziel ankommen. Deshalb ist dieser Check auch für den Kopf sehr wichtig. Ein positives Ergebnis gibt einfach mehr Vertrauen in den eigenen Körper.

Vor allem auch das EKG unter Belastung musste einwandfrei sein.

Verbunden haben wir das Ganze gleich mit einem klassischen Stufentest. Dabei ging es nicht so sehr um die Festlegung der Trainingsbereiche, da vertraue ich auf die Leistungsdiagnostik nach dem STAPS System. Aber ich kann damit interessante Vergleiche ziehen zu früheren Tests dieser Art, die ich bereits gemacht habe und eben auch zum STAPS Test.

Wegen der Vergleichbarkeit mit alten Tests haben wir uns für ein Testprotokoll mit 50 Watt Stufen á 3 Minuten entschieden. Start bei 100 Watt.

Neben dem Laktat wurde auch eine Atemgasanalyse durchgeführt. Die Spiro macht das Fahren auf dem Ergo nicht unbedingt bequemer, vor allem da die Maske so eng saß, dass mir jetzt noch die Nase weh tut, und der Frisur hat es auch nicht gerade gut getan...

So richtig bequem ist das mit der Maske und dem Kabelgewirr nicht.

Das Ergebnis war so, wie ich es mir erhofft hatte. Keine Auffälligkeiten, alle Werte deutlich im grünen Bereich. Als letzte Stufe bin ich 450 Watt gefahren, die allerdings nur halb. Daraus wird dann eine Abbruchleistung von 425 Watt. Die hat aber für das Training keine große Bedeutung. Die IAS schon eher. Da lag der Wert mit 289 Watt etwas unter dem STAPS Ergebnis, das war aber zu erwarten. Aus der Praxis zeigt sich, dass die STAPS Werte hier näher an der Realität auf dem Fahrrad liegen. Die VO2max relativ lag bei ca. 61 ml/min/kg

Wichtigstes Ergebnis für mich ist aber, dass das Belastungs-EKG sehr gut ausgesehen hat, auch auf der letzten Belastungsstufe.

Bei 150 Watt ist noch alles easy.

Diese Hürde ist also genommen. Jetzt heißt es gesund bleiben. Eine Garantie, dass meine Knie das Training bis zum Rennen überstehen ist das natürlich nicht, aber ich habe ja Umfang und Intensität Jahr für Jahr recht moderat gesteigert, die Chancen stehen also gut.

Sonntag, 10. November 2013

Das RAAM, Teil 1 - Geschichte

Die Durchquerung der USA auf unterschiedlichste Art und Weise bot schon immer Stoff für spektakuläre Unterhaltung und Heldengeschichten. Die ersten Durchquerungen mit dem Fahrrad fanden schon im 19. Jh. statt und dauerten ca. 10 bis 15 Wochen. Die mutige Fahrt mit dem Hochrad erzeugte aber noch recht wenig Aufmerksamkeit. Auch waren die Unternehmungen eher abenteuerliche Radreisen und keine Radrennen.

Die Idee die Durchquerung der USA als sportlichen Wettkampf zu organisieren entstand in den 1970er Jahren und geht zurück auf John Marino. (In 1980 durchquerte er die USA in 12 Tagen).

Im Jahre 1982 war es dann soweit. Unter dem Namen „The Big American Bike Race“ starteten vier Fahrer in Los Angeles mit dem Ziel als erste am Empire State Building in New York anzukommen. Unter ihnen der Veranstalter John Marino.

Das Rennen erzeugte damals viel Aufmerksamkeit. Es wurde sogar im amerikanischen Fernsehen übertragen.

Der erste Sieger des Rennens war Lon Haldeman er brauchte 9 Tage 20 Stunden und 2 Minuten, damit distanzierte er den Zweiten, John Howard (Ironman Sieger), um ca. 15 Stunden. Dabei fuhr er einen Schnitt von 20,23 km/h über die 2968 Meilen (4776,5 km). Dritter wurde Michael Shermer, der Namensgeber für den fiesen „Shermer's neck“, John Marino selbst wurde Vierter mit 12 Tagen 7 St. 37min.

Fantastische Ausdauerleistungen! Wirklich deutlich wurde das, als Mitte der achtziger Jahre mit Jonathan Boyer erstmals ein Radprofi teilnahm, der anderthalb Jahre zuvor noch 12. bei der Tour de France geworden war. Er gewann das Rennen in 9 Tagen 2 St. 6 min. Michael Secrest ein reiner Ultraausdauerfahrer und Amateuer wurde Zweiter mit gerade mal 4:02 St. Rückstand.

Damit war klar, dass das RAAM bzw. der Ultraausdauerbereich eine eigene Radsportkategorie begründet, die neben den klassischen Straßenrennen, Zeitfahren, Kriterien oder auch dem Bahnradsport besteht. (Mehr zum Ultracycling und eine Abgrenzung zu anderen Radsportdisziplinen gibt es in einem kommenden Beitrag)

Natürlich gab und gibt es immer wieder Stimmen die Zweifeln, ob es möglich ist die Strecke ohne irreparable Gesundheitsschäden zu überstehen, aber mittlerweile hat die Erfahrung gezeigt, dass es wohl schädlicher ist drei Wochen lang nur auf der Couch vor dem Fernseher zu sitzen und Chips zu futtern als 12 Tage am Stück Rad zu fahren.

Aber unbestritten ist die enorme körperliche und mentale Belastung der die Teilnehmer ausgesetzt sind. Das hat sich auch nach 30 Jahren nicht geändert. Auch wenn das Material einige positive Entwicklungen durchgemacht hat, so müssen die Teilnehmer doch noch immer genauso gegen Hitze, Wind und Wetter kämpfen, sich im Straßenverkehr durchsetzen und, wenn sie eine gute Platzierung erreichen wollen, auch gegen den Schlafentzug ankämpfen.

Im Laufe der Renngeschichte kristallisierte sich heraus, dass im Prinzip die Strategie mit möglichst wenig Schlaf die schnellste ist. Schon in der ersten Auflage des Rennens setzte der Sieger Lon Haldeman auf diese Strategie. Auf die Idee brachte ihn seine Frau, die im Jahr zuvor den Rekord für die schnellste USA Durchquerung mit dieser Strategie geschafft hatte.

Erst 2007 hat der deutsche Michael Nehls sehr bewusst, und mit fundierten Überlegungen untermauert, auf eine Strategie mit viel Schlaf gesetzt. Diese Strategie erhöht die Wahrscheinlichkeit das Rennen überhaupt zu finishen, ein Sieg scheint damit aber unwahrscheinlich. (Mehr zur Strategie gibt es in einem kommenden Beitrag)

Ein bedeutendes Ereignis aus europäischer Sicht war die erfolgreiche Teilnahme des Österreichers Franz Spilauer 1987. Er war damit der erste europäische Finisher, im Jahr darauf der erste europäische Sieger.

Der erste deutsche Finisher war Hubert Schwarz 1991. Einen deutschen Sieger des Rennens hat es bis jetzt noch nicht gegeben.

Allerdings gibt es neben der Solo Kategorie in der seit 1984 auch Frauen starten, noch weitere Kategorien in der sich mehrere Fahrer die Strecke teilen. Das ändert den Charakter des Rennens sehr, die Herausforderung für die Teilnehmer ist aber auch hier enorm. Bekannte Teilnehmer als Zweierteam waren z.B. 2004 Joe Kelly und Jutta Kleinschmidt.

Für mich persönlich ist das RAAM die Solo Racer Kategorie. Es ist die ultimative Herausforderung im Ausdauerbereich. Ein Rennen, immer noch ein Schuss Abenteuer dabei, aber ein logisch sinnvolles Rennen. Alles lässt sich irgendwie steigern, aber beim RAAM würde das keinen Sinn machen.

Im Jahre 1993 hat das „Outside Magazine“ versucht herauszufinden, was denn das härteste Ausdauerrennen der Welt sei. Die Beauftragte Jury aus Athleten und Rennbeobachtern entschied sich für das RAAM, noch vor dem Iditarod Schlittenhunde Rennen und der U.S. Army's Best Ranger Competition. Der Ironmantriathlon auf Hawai kam hier nur auf Platz 10.

Sicher ist solch eine Einschätzung trotz formulierter objektiver Kriterien nichts desto trotz subjektiv. Aber auch die Finisherquote liegt nur bei ca. 50%, was ein weiteres Indiz für die große Herausforderung, die das RAAM darstellt, ist.

In den neunziger Jahren waren Rob Kish, Gerry Tatrai, Danny Chew und Wolfgang Fasching die dominierenden Figuren, die 2000er Jahre wurden von Jure Robic beherrscht, nur Daniel Wyss konnte dagegen halten.

Momentan erlebt der Ultraausdauersport einen Boom und auch das Race Across America profitiert davon. Letztlich ist es aber auch die Grundlage auf der diese Art des Ausdauersports gewachsen ist.

In den letzten Jahren haben wir extrem spannende Rennen erlebt, mit dem Höhepunkt 2013, als der Sieger von 2011 Christoph Strasser, angetrieben vom Sensationssieger von 2012 Reto Schoch, die Rekorde von Reto Schoch und Peter Penseyres für die schnellste Zeit und die größte Geschwindigkeit beim RAAM gebrochen hat, inkl. der schnellsten Durchquerung der USA mit dem Rad überhaupt. Dabei fiel die "magische" Marke von 8 Tagen.

Ich freue mich sehr darauf 2014 selbst am Start zu stehen und Teil der Geschichte des Race Across America zu werden.

Quellen:
www.raceacrossamerica.org
http://en.wikipedia.org/wiki/Race_Across_America
http://de.wikipedia.org/wiki/Race_Across_America
Race Across America RAAM History 1982-2002 (TV Beitrag)
"Herausforderung Race Across America" von Nehls / Geißler (2009 Delius Klasing)

It's all about... the RAAM!

Betitelt in Anspielung auf einen dieses Jahr erschienen Film (und begleitendes Buch) zum Thema Ultracycling starte ich heute eine kleine Serie mit Infos zum RAAM. Dabei möchte ich gerne die wichtigsten Protagonisten vorstellen.

Außerdem gibt es einen Beitrag zur speziellen Bedeutung des RAAMs im deutschsprachigen Raum, speziell auch in Österreich.

Ich werde auch einige Bücher, DVDs und Onlinequellen vorstellen. In der über 30jährigen Geschichte des Rennens ist da doch einiges zusammengekommen.

Starten möchte ich die kleine Serie mit einem Blick auf die Entstehung und die Geschichte des Rennens.

Sonntag, 3. November 2013

Christoph Strasser Vortrag in Pößneck

Wenn man sich an so etwas großes wie das RAAM heranwagt, dann möchte man sich natürlich gut vorbereiten. Dazu gehört sicher auch, dass man von den Erfahrungen anderer lernt. Wer würde sich besser dazu eignen, als der diesjährige Gewinner des Rennens (und Rekordhalter über die Strecke) Christoph Strasser.

Es ging mir nicht so sehr um konkrete Informationen, sondern vielmehr darum, ein Gefühl für das Rennen zu bekommen, vielleicht auch festzustellen, was für ein Typ man sein muss um das RAAM erfolgreich zu bestreiten. Bisher habe ich nur zwei RAAM Veteranen persönlich getroffen, Franz Venier, mit dem ich mich im Rahmen eines Trainingscamps 2010 ausführlich unterhalten konnte und Benny Furrer, den ich allerdings beim Schweizer Radmarathon nur gesehen habe. Da ergab sich leider keine Gelegenheit ihn anzusprechen.

Da es nicht so viele deutsche Teilnehmer überhaupt gibt, und die Österreicher sehr stark beim RAAM vertreten sind, gibt es Vorträge meist eher im süddeutschen Raum, wenn überhaupt. Deshalb habe ich zusammen mit Jörg und Marco, die mich auch beim RAAM begleiten werden, die Gelegenheit genutzt als Christoph gestern in Pößneck einen Vortrag hielt.

Nicht jeder der gut Rad fährt ist zwangsläufig ein guter Redner oder macht gute Vorträge, so ist immer die Frage lohnt es sich fünf Stunden im Auto zu sitzen um sich sowas anzuschauen.

Klare Antwort im Fall von Christoph Strasser: Ja, es lohnt sich!

Der Vortrag war nicht nur sehr informativ für mich, der ich ja selbst am Rennen teilnehmen will, sondern das war richtig geil. Das Ganze war extrem kurzweilig, Christoph war sehr locker und offen, und es gab emotionale und beeindruckende Bilder und Filmclips zu sehen.

Christoph Strasser ist sehr auf das Publikum eingegangen, so dass es völlig egal ist, ob du nun Radsportler, Sportler im allgemeinen oder einfach nur interessierter Zuschauer bist, du nimmst auf jeden Fall was positives mit nach Hause und hattest zwei Stunden Spaß.

Was mir am besten gefallen hat, das Ganze war nie so pathetisch, schwülstig, sondern schon emotional aber trotzdem sachlich ohne Heldengetue. 

In der Pause und vor sowie nach dem Vortrag gab es die Gelegenheit Fragen zu stellen. Und egal ob technische Fragen, Fragen nach Wattzahlen und trainingsrelevanten Dingen oder eher allgemeinen Fragen, immer hat man offene Antworten bekommen.

Ich muss sagen, ich war mir nicht sicher ob der Vortrag nicht demotivierend wirken könnte, aber das Gegenteil war der Fall. Ich habe noch mehr Respekt vor Christophs Leistung und dem Rennen an sich, aber meiner Motivation hat der Abend wirklich einen Schub gegeben.

Wenn ihr also mal einen guten Abend verbringen wollt, einen Eindruck vom Ultracycling bekommen wollt, oder euch etwas Motivation für die eigenen sportlichen Ziele holen wollt, schaut euch einen der Vorträge von Christoph an. Die Vortragstermine finden sich auf der Website von Christoph Strasser.

Mit Christoph Strasser (mitte) und Jörg in Pößneck

Statusupdate

Nachdem ich mich erst mal meinem Frust über die verkorkste zweite Saisonhälfte hingegeben habe, fiel mir das Posten etwas schwer. Aber nun ist die Ursache komplett überwunden und ich bin wieder gut im Training. Björn quält mich ordentlich mit seinen Trainingsplänen, vor zwei Wochen haben wir eine Leistungsdiagnostik gemacht, die erste bei der ich völlig fit an den Start gegangen bin, und das Ergebnis war ganz ok.

Für so ein Projekt wie das RAAM braucht man viel Motivation und man muss sich sehr fokussieren. Das trifft auch schon auf die Vorbereitung zu. Umso besser, wenn man vom Enthusiasmus eines RAAM Rekordsiegers profitieren kann! (mehr dazu in einem separaten Post)

Das neue Blogdesign verzögert sich etwas, aber ich hoffe, dass mein neu gewonnener Sponsor für die Umsetzung, medialis.net eine große Hilfe bei der Verbesserung der Website sein wird, und ich die Blogleser möglichst umfangreich am Abenteuer RAAM teilhaben lassen kann.

Veröffentlich wird alles unter steilberghoch.com Neben Tweets (twitter.com/steilberghoch) und einer Facebook Page (www.facebook.com/steilberghoch), wird es auch ein Videoblog geben. Spannende Wochen und Monate bis zum 10. Juni also...

Samstag, 7. September 2013

24h Nürburgring DNS

Es ist etwas deprimierend nach Sölden schon wieder am Computer zu sitzen und dort zu verfolgen wie die Anderen fahren. Doch es macht keinen Sinn. Zwar habe ich die Ursache für meine angeschlagene Gesundheit gefunden, und bekämpfe sie gerade, aber für einen Start am Nürburgring hätte es schlicht noch nicht gereicht.

So ist mir der Heilungsprozess momentan wichtiger als meinem Ehrgeiz freien Lauf zu lassen, auch wenn ich bis gestern nachmittag noch eine (unrealistische) Mikrohoffnung hatte doch zu starten.

Vor allem mit der verpassten Chance sich mit Franz Venier, Profisportlern aus der DTM, den Zeiten der RAAM Veteranen aus der Vergangenheit, den aktuellen Topleuten der Ultradistanzen, und natürlich Nadja Prieling zu messen, kann ich nur schwer umgehen.

Auch für die Vorbereitung auf das RAAM 2014 ist das offensichtlich suboptimal. Denn bis dahin gibt es kaum die Chance eine Ultradistanz unter Wettkampfbedingungen zu bestreiten und für die Sponsorensuche wäre ein gutes Ergebnis am Nürburgring sicher sehr nützlich gewesen.

Die komplette nächste Woche werde ich noch ohne Rad verbringen. Dann ein bisschen im Rekombereich starten um schließlich locker ins Training wieder einzusteigen. So wie es aussieht werde ich den Granfondo Roma fahren, der zählt allerdings schon zur nächsten Saison und die Form wird unterirdisch sein, aber egal.

Ab jetzt gilt der Fokus dem einen großen Ziel Race_across_America_2014

Mittwoch, 4. September 2013

Fazit Alpenbrevet 2013 (silber)

Nun, einen "Krieg" gegen den eigenen Körper hatte ich mir anders vorgestellt. Und natürlich habe ich das nur als Bild benutzt um mich zu motivieren, um jeglichen psychologischen Hintergrund für meine angeschlagene Gesundheit auszuschließen. Aber elend genug hat es sich auch so angefühlt.

Auch wenn ich nur die Silberrunde gefahren bin, und auch wenn die Zeit schlecht ist, so war es doch richtig zu fahren. Das elende Gefühl aus Sölden wegzufahren ohne auch nur einen Pass bezwungen zu haben, beim Ötzthaler Radmarathon, dem Höhepunkt des Jedermannkalenders, nur zugeschaut zu haben, das wollte ich in Meiringen nicht noch einmal haben.

Auch hier habe ich hauptsächlich im Hotelzimmer rumgelungert, aber ich bin am Start gestanden, bin gefahren und bin durchgekommen. Das fühlt sich einfach besser an.

Erstaunlicherweise bin ich von den 734 Finishern auf der Silberstrecke noch 238. geworden. Ich war mir sicher bei den letzten 10 zu sein, stattdessen bin ich gut im vorderen Drittel platziert. Richtig erklären kann ich mir das nicht. Am Furka bin ich so mit um die 2 Watt pro Kg Körpergewicht hochgegurkt, am Susten waren's kaum 1,7W/kg. Wer kann da noch hinter mir sein? Vielleicht ist doch die Leistungsanzeige fehlerhaft gewesen? Ich glaube aber kaum, denn ich habe mich auch ziemlich genau so gefühlt. Ich bin 6 oder 7 mal am Susten stehen geblieben, sogar am Furka schon einmal.

Natürlich ist die kleine Runde ja gerade für diejenigen gedacht, die vielleicht den ersten Radmarathon fahren, in der Saison keine Trainingskilometer in die Beine bekommen haben, oder das ganze eher als touristische Tour denn als Radrennen betrachten. Aber ich käme im Normalfall nie auf die Idee mit 1,7W/Kg (oder eben, ohne Leistungsmessung, einem vergleichbaren Erfahrungswert am Berg) einen Radmarathon in den Alpen fahren zu wollen. Das macht man ja nicht einfach so, ohne Training. Aber selbst wenn ich die extremen Zeiten über zehn Stunden abziehe, die vielleicht durch Stürze, Defekte, Krankheit verursacht sind, bleiben noch hunderte Fahrer die über den 7:11 h geblieben sind. Das kann ich nicht verstehen. Andererseits, wenn jemand mit diesem Leistungsniveau sich einen Radmarathon mit drei Alpenpässen zutraut und ihn dann auch noch finished, ist das eigentlich eine sehr respektable Leistung.

Gemessen an meinem Trainingsaufwand, der Qualität meines Materials und der Ernsthaftigkeit mit der ich die Wettkämpfe angehe war meine Zeit allerdings nicht respektabel. Die hätte schon deutlich um 5:30 Stunden sein müssen. Trotzdem bin ich froh, dass ich das gemacht habe. Vielleicht habe ich sogar im Hinblick auf das RAAM 2014 etwas gelernt. Erst mal, dass ich da auf jeden Fall gesund am Start stehen will, aber das ist ja  logisch. Desweiteren, dass man auch vorwärts kommt wenn die Leistung im Keller ist und man sich elend fühlt, man muss nur irgendwie treten. Aber als Lehre möchte ich eigentlich hauptsächlich daraus ziehen, dass ich meine Strategie nicht auf kompletten Schlafentzug aufbauen will, und dass ich wirklich extrem aufpassen muss konstant und viel zu essen. Über Stunden in einem Hungerast zu fahren ist einfach elend. Das gilt es auf jeden Fall zu vermeiden.

Ich wollte kämpfen, aber kämpfen heißt ja, das was im Körper drinsteckt auch wirklich herauszuholen. Dumm nur, wenn im Körper eben gar nichts drinsteckt, weil er durch Krankheit geschwächt ist.

Um so wichtiger ist es jetzt die Ursache für die gesundheitlichen Probleme festzustellen und vor allen Dingen abzustellen. Immerhin war es schon das vierte Mal dieses Jahr. Diesmal halt richtig ungünstig, Ötzi dahin, Alpenbrevet dahin und die 24h Nürburgring auch. Die tun im Hinblick auf die Vorbereitung zum RAAM 2014 am meisten weh.


Sonntag, 1. September 2013

Statistik Alpenbrevet 2013

Gesamttageskilometer: 132
Gesamtdauer: 7:11:46 h (7:39 h inkl. neutraliesiertem Abschnitt Andermatt-Wassen)
Schnitt:  17,0 km/h
Höhenmeter: 3706 (offiziell 3875)
Durchschnittliche Temperatur: 15,3°C (min 4 / max 33)

Durchschnittliche Leistung an der Kurbel (SRAM Quarq):  133 Watt (max 604)
Normalisierte Leistung nach TrainingPeaks:  174 Watt
Durchschnittliche Trittfrequenz: 68 (max 116)
Durchschnittliche Herzfrequenz: 140 bpm (175 max)
Geleistete Arbeit an der Kurbel: 3661 kJ

Zwischenzeiten und Platzierungen
Grimsel: 2:14.03 (73.)
Furka: 1:34:33 (287.)
Andermatt-Wassen: 0:26:34 (neutralisiert)
Susten: 3:23.12 (400.)

Platzierung:
Gesamt: 238  (von 734 Finishern auf der Silberstrecke)
Herren: 219  (von 639)

Fahrradgewicht: 9 kg inkl. Trinkflaschen, Luftpumpe, Flickzeug und Radcomputer
Fahrergewicht: 76,25 kg
Kleidung und Nahrung: 2,75 kg
Gesamt(system)gewicht ca. 88 kg

Fahrrad:
Rahmen: Cannondale Supersix Evo 2012
Laufräder: Mavic R-SYS SL (Tune DC14 Schnellspanner)
Reifen: Conti GP4000S 23mm (8 bar)
Schaltung: SRAM Red 2012 WiFly mit
SRAM-Quarq Kompakt 34/50 vorne, SRAM (MTB) XX Kassette 11-32 hinten
Bremsen und Kette: SRAM Red 2012
Pedale: Shimano Dura Ace SPD-SL
Lenker: Syntace Racelite 2 CDR Carbon
Sattel: tune Komfort
Radcomputer: Garmin Edge 810

Samstag, 31. August 2013

Alpenbrevet 2013, das Rennen

Kurz vor vier Uhr morgens wache ich auf. Auch wenn ich dankbar bin für die warnenden Kommentare im Blog und die entsprechenden Emails meiner Eltern, es steht für mich außer Frage, dass ich fahre. Und wenn ich mich auf allen Vieren zum Start schleppen muss.

Dumm ist, dass es die übliche Schwankung der Körperparameter gibt, nur leider heute in die negative Richtung. Ruhepuls 58! Immerhin fünf Stunden Schlaf und kein Fieber, nur minimal erhöhte Temperatur. SpO2 niedrig aber im grünen Bereich. Dann meldet sich aber schon der nervige Durchfall. Tendenz geht eindeutig in Richtung Silber, zehn bis 12 Stunden ohne Toilette, unvorstellbar.

Ich frühstücke relativ normal, esse noch etwas frisches Obst, so oder so brauche ich die Nährstoffe. Vorsichtshalber nehme ich genug Geld für ein Taxi mit...

Ich will gerade zum Start, bin schon auf der Straße, da rumort der Bauch erneut. Ich lasse mein Rad einach stehen, laufe schnell zurück ins Hotel und hoffe, dass es das für einige Stunden war. Sonst fühle ich mich eigentlich ok.

Zu meiner Überraschung sind diesmal die Startblöcke nicht nach geplanter Durchschnittsgeschwindigkeit eingeteilt. Da ich den Umständen geschuldet sehr spät am Start bin, muss ich mich entweder an Position 2300 anstellen oder einfach auf dem Bürgersteig nach vorne marschieren und dann von neben rein. Sowas kann ich eigentlich nicht leiden, aber ich will einen 25er Schnitt fahren und möchte auch da ungefähr stehen. Aber es ist noch genügend Platz, also wohl noch ok. Die Musik am Start ist im Gegensatz zu 2011 grausam. Apresskischlager allerunterste Schublade, hoffentlich geht es bald los.


Am Start spricht mich ein hinter mir stehender Fahrer an, der meinen Namen auf der Startnummer gelesen hat. Er meint ich würde ihn wohl nicht kennen, aber er würde schon lange mein Blog verfolgen. Geil, nochmal ein Stimmungsaufheller zum Start. Wir wünschen uns Glück zum Start, und ich hoffe bei ihm ist es besser gelaufen als bei mir...

Dann aber Startschuss und los geht’s. Da einige Fahrer mit offensichtlich anderen Zielen vor mir stehen, braucht es etwas bis ich mich in dem Teil des Feldes befinde , der meinem gewünschten Tempo entspricht. Die Spitzengruppe ist da schon nicht mehr zu sehen. Und die Verfolgergruppe auch nicht.

Es geht gleich etwas bergauf in Richtung Innertkirchen, ich funktioniere eigentlich ganz gut. Hatte es mir schlimmer vorgestellt. Trete so um 260 Watt, mein angestrebtes Ziel für den Grimselpass. Damit sollte ich unter zwei Stunden oben sein. Aber vielleicht ist das auch völlig unrealistisch mal sehen.

Die kleine Abfahrt nach Innertkirchen läuft unspektakulär, aber nach meinem schlechten Abfahren beim Peakbreak ist das schon eine Bemerkung wert. Bis zum Abzweig Grimselpass hechele ich zwei anderen Fahrern hinterher, und kann erst kurz vorher aufschließen, Körner sparen im Windschatten sieht anders aus. Die Wattanzeige kommt mir etwas niedrig vor, ich hoffe es liegt am Garmin und nicht an meinen Beinen. Erneutes kalibrieren der Nullstelle bringt keine Veränderung.

Dann geht es in den Pass hinein. Mit anderen Worte es geht berghoch, und während die Intervalle im Flachen gestern einigermaßen funktioniert haben, funktioniert das Bergauffahren nicht. Es ist mir gar nicht möglich 260 Watt zu fahren, ich fahre eher um 200 bis 220 und es ist schwer. Dabei ist es erst mal gar nicht so steil.



Der Grimsel bietet immer wieder Gelegenheit sich etwas zu erholen oder aber Tempo aufzunehmen. An jeder „Stufe“, wenn es wieder etwas steiler wird merke ich, dass in den Beinen praktisch gar nichts drin ist. Also überhaupt nix. So schlimm hatte ich mir das, was die Beine betrifft, nicht vorgestellt. So kommt es, dass ich immer wieder überholt werde, obwohl es sich sauanstrengend anfühlt. Noch hoffe ich, dass das Wattmeter Blödsinn anzeigt. An den wenigen Flachstücken klicke ich aus, lasse die Beine hängen und gebe dem Garmin 810 Gelegenheit die Nullstelle zu kalibrieren, aber es ändert sich nichts.

Ich versuche schon zu kämpfen, aber nichts passiert. Es scheint die KH-Speicher sind schon vom Start weg leer. Eigentlich sollte ich essen, aber das geht gar nicht, ich trinke ab und zu einen Schluck Wasser, mehr ist nicht drin. Jetzt ist schon klar, mehr als Silber geht auf keinen Fall. Also die kleine Strecke mit nur drei Pässen. Wobei man dem relativ schweren Sustenpass auch da nicht entgehen kann.

Immer wieder werde ich überholt. Ich habe das Gefühl ans Ende des Feldes durchgereicht zu werden. Ich versuche die Leistung wenigstens bei 220, 230 Watt zu halten. Klappt nicht immer.


Der Grimselpass scheint ewig lang. In den flacheren Abschnitten schaffe ich es gerade noch irgendwie zu versuchen ein Hinterrad zu erwischen. Klappt aber nicht immer... Da mir klar ist, dass es heute nur ums Überleben geht nutze ich das Fehlen von ambitionierten Zielen um ein paar Fotos zu schießen.


Dann kommt das Schild mit dem Hinweis auf 750 Hm und 11 Km bis zur Passhöhe. Ich bin froh bis hierhin überhaupt gekommen zu sein und bin mir nicht sicher, dass ich oben ankomme, geschweige denn in einer halbwegs brauchbaren Zeit.


Die zweite Tunnelumfahrung (die erste ignorieren wir) ist zumindest sehr fotogen. Meine Leistung wird aber dadurch nicht besser. Nach der Umfahrung hat man aber immerhin Blick auf die erste Staumauer. Aber leider kenne ich den Grimsel ganz gut, so dass ich nicht der Illusion erliege es bald geschafft zu haben.




Zwischendurch hatte ich in den steileren Passagen immer mal das Trikot geöffnet zum Kühlen, aber jetzt lasse ich es zu, es ist ziemlich kalt. Und windig.

Mittlerweile hat mich wohl gefühlt jeder Starter überholt, aber es kommen immer noch weitere, und die überholen mich auch. Manche erkenne ich allerdings wieder, die muss ich dann auch wieder überholt haben. Seltsam. Aber es gibt so Phasen, da scheinen die Beine kurz mit 85% zu funktionieren, und sofort bewege ich mich im Feld massiv vorwärts. Aber das hält nicht lange an und ich muss teils sogar um die 200 Watt kämpfen. Was für ein Gegurke. Denn das fühlt sich ja auch nicht leichter an als ob man in guter Form 290 Watt tritt.

Aber irgendwie erreiche ich die erste flache Passage, bzw. geht es sogar leicht bergab, und ich habe Glück, drei Fahrer sind vor mir. Eigentlich könnte ich schneller, aber bleibe einfach nur dran, noch ist es ein langer Weg nach oben.

Die nächsten Serpentinen bieten einen tollen Blick auf den Stausee. Ich fahre so langsam, dass ich das wahrnehmen, wenn auch nicht recht genießen, kann.





Schließlich kommen wir zu den letzten Serpentinen. Es herrscht mittlerweile schon recht viel Auto- und Motorradverkehr, heute nervt mich das. Da spricht mich ein Fahrer an, und meint er würde mein Blog lesen (während er mich gefühlt mit Lichtgeschwindigkeit überholt). Schon der Zweite heute, und ich dachte immer, nur meine Mutter liest das tatsächlich...



Als ich die letzte Kehre genommen habe und auf die Verpflegungsstation zufahre überlege ich, ob es nicht klüger wäre hier oben im Wirtshaus einen Kamillentee zu trinken und dann locker wieder bergab zu rollen. Ich habe nichts gegessen und nur etwas an meinem KH-Getränk genippt.


Ich trinke erst mal eine Boullion, bzw. wenigstens zwei, drei Schluck. Tut ganz gut. Ich fülle die Wasserflasche etwas nach, aber ich habe kaum was getrunken. Ohne Essen und Trinken kommt man bei einem Radmarathon nicht weit, nach anderthalb bis zwei Stunden gehen dann die Lichter aus.

Ich setze mich auf mein Rad, trete den flachen Teil am See entlang ordentlich rein und stürze mich in die Abfahrt. Saukalt. Aber gut zu fahren. Auch hier fahre ich normal, hole sogar ein paar Fahrer wieder ein. Das ist dieses Jahr natürlich ungewöhnlich. Vielleicht sind die guten Abfahrer eben vorne und alle schon weg. Dabei habe ich mich mit meinen 2:06 h bis zur Grimselpasshöhe noch halbwegs brauchbar geschlagen.


Die Abfahrt macht aus mir einen Eisblock. Die Hände sind taub, die Beine fühlen sich seltsam an, mein Kopf ist kalt. Am Abzweig biege ich auf die Silberstrecke, also zum Furkapass ab. Da geht es gleich wieder berghoch und ich könnte wieder warm werden. Außerdem habe ich keine Chance die Platinstrecke zu fahren, am Nufenen würde es nicht besser werden und dann schaffe ich das Zeitlimit nicht. Über die Goldstrecke mit dem Gothardt will ich auf keinen Fall, das Gerüttel würde meinem Magen-Darm Trakt sicher nicht gut tun.

Also geht es den Furka hinauf. Den sollte ich normal in ca. 50 Minuten fahren. Aber heute bestimmt nicht. Vor allem merke ich gerade, dass ich mittlerweile nicht mal mehr die Leistung vom Grimsel halten kann. Ich kann nicht über 200 Watt fahren. Kurzzeitig denke ich ich habe einen Platten, aber ich bin wohl selbst so mit dem Fahrrad rumgeeiert.


Die Leistung sinkt und sinkt. Auf den Anfangs recht langen eher geraden Stücken komme ich kaum voran. Der Leistungsmesser muss total spinnen. 170 Watt, und um die muss ich kämpfen. Immer wieder fahren vereinzelt andere Fahrer vorbei, aber ich kann mich nicht mal dranhängen. No way. Dann fangen beide Knie an zu schmerzen, so im Bereich der Patellasehne. Offensichtlich mochten die die Kälte nicht.


Ich ignoriere das und irgendwie Gurke ich bis zum Ende der langen Geraden und biege in die erste Serpentine hinauf zum Belvedere ein. Ich fahre um 150 Watt. Das ist nur noch Rekombereich. Man, das ist nur der Furka. Der ist nicht so lange, aber mit 150 Watt? Vor allem hat der durchaus steile Stellen.

Und die Leistung sinkt weiter ich trete nur noch 130 Watt. Verdammt ich bleibe stehen. Ich bin platt, am Ende. Diesen Pass will ich aber noch irgendwie hochkommen, auf den Susten muss ich mit dem Taxi fahren.


Ich sehne die Verpflegungsstation herbei, aber die ist ja erst unten in Andermatt, ich muss erst mal überhaupt hier hochkommen. Ich trinke tapfer mein KH-Getränk und hoffe, dass es gut geht.

Mit 150 Watt quäle ich mich den Furka hoch. Endlos ziehen sich die Strecken zwischen den Serpentinen, dann noch zwei bis zum Belvedere und dem Zugang zum Rhonegletscher. Ich krieche dahin. Ja, das ist Krieg gegen den Körper. Das Bild war völlig richtig.


Dann endlich das Belvedere, aber auch danach geht es noch weiter. Kaum noch Serpentinen, aber bis zur Passhöhe dauert es noch. Auf einer der Geraden überholt mich ein (weiterer) Radfahrer. Er sieht die Trinkflasche vom diesjährigen Ötzi und fragt wie sich meine Beine nach dem Ötzi anfühlen, seine würde er noch ganz schön spüren. Ich erzähle ihm, dass ich wegen Krankheit nicht starten konnte und auch immer noch krank sei. Er reagiert recht besorgt und meint ich solle langsam machen.

Langsam machen! Ich krieche mit knapp 150, manchmal nur 130 Watt dahin, die anderen Fahrer ziehen reihenweise vorbei, einfach so. Ich stehe förmlich.


Aber ich komme oben an. Es ist kaum zu glauben, aber ich habe die Passhöhe erreicht. Sofort geht es in die Abfahrt. Die ist erstaunlich holprig, dass hatte ich gar nicht mehr so in Erinnerung. Aber immerhin muss ich nicht viel treten. Eine Chance sich etwas zu erholen. Ich sehne die Verpflegungsstation herbei. Sehr sogar. Dort werde ich rücksichtslos essen.

Im flacheren Teil der Abfahrt habe ich Glück, bzw. oben ein paar Fahrer überholt, so dass sich eine Dreiergruppe bildet. Ich führe und gebe was ich habe, das Arbeiten für die Gruppe lockt nochmal 220 Watt aus den Beinen. Aber nicht sehr lange. Dann haben wir Andermatt und die Verpflegungsstation erreicht. Die brauche ich wirklich. Wie ich aber den Sustenpass hochkommen soll, keine Ahnung. Wahrscheinlich geht es gar nicht.


Ich esse Orangen in Mengen, etwas Brot und Käse, trinke ein bisschen Boullion, esse sogar etwas Schokolade und noch so ein süßes „Stückchen“.

Jetzt kommt ein zeitlich neutralisierter Abschnitt durch die Schöllenen Schlucht nach Wassen. Ich beschließe das zu nutzen und in Wassen ein Restaurant aufzusuchen. Toilette, Kamillentee, etwas ruhen.

Durch die Schöllenen Schlucht habe ich Glück mit dem Verkehr. Um die Uhrzeit fahren die meisten wohl in die andere Richtung, so kann ich recht frei fahren. Ist aber ja eh egal, da die Zeit nicht gewertet wird. Intern auf meinem Radcomputer läuft die Zeit natürlich weiter.

Ich fühle mich etwas besser. In Wassen angekommen geht es links in den Susten und über die Zeitmessmatte. Ich zögere etwas und biege dann doch direkt in den Pass ein. Also nix mit Restaurant, Pause und Kamillentee. Die Beine fühlen sich gerade wieder halbwegs vernünftig an, das will ich nutzen. Setze ich mich eben im Susten irgendwo hin, ein Restaurant wird es dort schon geben.


Am Beginn des Anstiegs überhole ich einen Fahrer, rufe ihm zu, „nur noch eine kleine Bodenwelle und dann haben wir es geschafft“. Natürlich weiß ich wie weit das von der Realität entfernt ist. Aber wie weit das für mich heute von der Realität entfernt ist, kann ich da noch nicht ahnen.

Zu meiner Freude kann ich anfangs mit gut 200 Watt fahren. Ich scheine mich etwas erholt zu haben. In den Lawinengallerien kommt natürlich immer pünktlich eine Horde Motorradfahrer, die sind extrem laut. Auch eine Corvette zerreißt mir fast das Trommelfell. Nervig. Aber noch fahre ich knapp 200, eher 190 Watt.

Aber das ist schnell vorbei. Die Leistung sinkt und sinkt. Und eine ganze Zeit lang gurke ich mit gerade so 150 Watt dahin. Natürlich werde ich überholt. So langsam bewege ich mich wohl an den Schluss des Feldes. Die anderen überholen nicht, sondern fahren einfach vorbei. Kein Gedanke an ein Duell, keine Chance sich dranzuhängen, ich versuche einfach nur auf dem Rad zu bleiben. Mir ist nicht schlecht oder so, es zwickt etwas im Bauch, aber das kann ich ignorieren, ich bekomme nur einfach überhaupt keine Leistung mehr aus den Beinen es ist als ob ich permanent in einem Hungerast fahren würde. (was ich wahrscheinlich auch tue)

Die Leistung sinkt weiter 130 Watt, 120 Watt. Das fährt ein Herzkranker bei der Untersuchung auf dem Ergometer. Ich steige ab. Setze mich an den Straßenrand und esse ein Gel.


Dann geht es weiter mit 170 Watt, die sich schnell wieder auf 150 Watt einpendeln. Ich wusste, dass es ein harter Kampf wird, aber dass die Leistung so in den Keller geht hielt ich nicht für möglich. Ich bin wohl selbst auf den ersten Anstiegen der Skandi-Tour 2007 um Lichtjahre besser berghoch gefahren. Fahren ist eh das falsche Wort. Aber noch bewege ich mich immerhin geradeaus.

Der Anstieg von Wassen ist lange, sehr lange. Und der Susten zeigt dir wie lange. Anfangs gibt es nicht nur keine Serpentinen, sondern auch nur leichte Kurven, so dass man kilometerweit den vor einem liegenden Anstieg sehen kann. Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung wie ich da hoch kommen soll.

Ich kann die 150 Watt nicht mehr halten, 130 Watt, 120 Watt, ich muss anhalten. Setze mich nochmal einen Moment hin. Dabei kann ich sogar das Panorama genießen. Natürlich zieht Radfahrer um Radfahrer an mir vorbei. Wenn ich durchkomme werde ich vielleicht Letzter.


Ich steige wieder auf's Rad. Mein mentales Ziel ist das Sustenbrüggli, ein Biker Restaurant mit Toilette und Kamillentee. In der Pause habe ich fast die halbe Flasche ISO-Getränk weggehauen. Aber es hilft nicht viel. Wieder kann ich anfangs gut 160 Watt treten, dann eine Zeit lang 150 und dann wird es schwerer und schwerer. Ich kämpfe gegen die 130, aber lange kann ich es nicht verhindern und es ist wieder soweit. Ich muss stehen bleiben, zum dritten mal. Mittlerweile überholen mich Leute, die sicher nicht in die Kategorie Bergfahrer fallen.

Und wieder auf's Rad, es fällt jedesmal schwerer, der Susten ist noch unendlich lang.

Ich bin gar nicht so erschöpft. Klingt seltsam. Aber Mein Puls schlägt locker so bei 145, mein cardiopulmonares System scheint unterfordert. Aber ich kann keine Leistung treten. Mit Trittfrequenzen teils deutlich unter 60 gurke ich bei knapp 150 Watt dahin. Mittlerweile ist es schon recht warm, die Sonne knallt. Aber noch im Rahmen, besser als die Kälte in der Abfahrt nach Gletsch.

Ich fahre an einem Cafe vorbei, jedesmal wenn ich den Susten bis jetzt gefahren bin, egal ob hoch oder runter hatte ich Lust dort zu halten und einen Milchcafe zu trinken. Heute vielleicht einen Kamillentee? Und Toiletten gibt es hier bestimmt auch. Aber ich fahre vorbei, gerade „läuft es so gut“, ich trete immerhin die 150 Watt. Ich werde bis zum nächsten Gasthaus fahren, nach der Kurve kommt doch eine kleine Siedlung?


Denkste, es kommen nur vereinzelte Häuser, keine Gastronomie. Und bis zur nächsten Rechtskurve nach der ich den ersten Blick auf das Sustenbrüggli erhoffe scheint es unendlich lange zu sein. Wieder muss ich stehen bleiben. Ich leere fast die komplette Flasche mit Wasser. Jetzt wird es auch noch knapp mit Getränken.

Aufsteigen, weiterfahren, was man so fahren nennt. Ich gebe wohl ein erbärmliches Bild ab. Immer wieder zieht mal ein anderer Radfahrer vorbei. Die meisten überholen mich jetzt aber in meinen Pausen. Manche sind also tatsächlich nur wenig schneller als ich. Komisch. Ich höre ein quitschen hinter mir, gerade als ich wieder weiterfahre. Die Naben eines anderen Fahrers quitschen, habe ich ja noch nie gehört, aber gleich zieht er vorbei, dann kann ich mir das mal anschauen.

Er zieht aber gar nicht vorbei. Er hängt sich an mich dran?! Das gibt es doch nicht. Ich krieche hier jämmerlich den Berg hoch und ein anderer Fahrer hängt sich an mich dran. Was will der denn, sich an meinem Anblick weiden, macht der sich lustig über mich? Normalerweise würde ich jetzt versuchen mehr Druck zu machen, nochmal das Letzte aus mir herausholen, versuchen ihn loszuwerden. Oder ich würde ein bisschen mit ihm quatschen und versuchen das Leid zu teilen. Aber heute ist beides weit weg meiner Möglichkeiten. Ich leide vor mich hin und fühle mich etwas vorgeführt, würde ihn am liebsten anbrüllen „man fahr endlich vorbei!“.

Aber ich lasse es. Meine Leistung sinkt wieder auf 130 Watt. Ich versuche die nächste Pause so lange wie möglich hinauszuzögern. Und langsam überholt er mich. Endlich. Kurze Zeit später muss ich nochmal stehenbleiben.

Ich kann mittlerweile tatsächlich die echte Kurve mit dem kleinen Parkplatz sehen, nach der man schon das Sustenbrüggli erahnen kann. Toilette und Kamillentee, außerdem muss ich meine Flaschen mit irgendwas auffüllen.

Aber die Strecke bis zur Kurve zieht sich noch gewaltig. Man kann aber schon die Schlussserpentinen sehen. Ich weiß zwar nicht wie ich mit dieser Leistung noch bis dahin kommen soll, aber trotzdem motiviert es etwas. Allerdings kann ich diese Motivation nicht umsetzen. Die Beine haben nichts aber auch überhaupt gar nichts drin.

Immer wieder das gleiche Prinzip. Losfahren, kurz 160 vielleicht sogar mal 170 Watt, dann schnell knapp 150. Möglichst lange halten, dann 130, noch ein bisschen halten, dann 120 und stehenbleiben. Mittlerweile weiß ich nicht mehr wie oft sich schon pausieren musste.

Und dann endlich, das Sustenbrüggli. Meine Freude hält sich in trotzdem in Grenzen, ich sehe mich noch nicht wirklich auf der Sustenpasshöhe ankommen. Jetzt erst mal auf die Toilette. Den Plan hier eine Pause einzulegen verwerfe ich aber schnell. Auch das mit dem Kamillentee. Ich nehme stattdessen eine Apfelschorle für 5 Franken, trinke einen Schluck und fülle den Rest in die Trinkflasche.

Die ersten Meter auf dem jetzt folgenden, wiederum sehr langen, geraden Stück gehen ganz brauchbar. Ich überhole!!! wieder ein paar Fahrer. Aber wie gesagt bis zur ersten Serpentine zieht es sich lange und schnell ist es vorbei mit meinen spektakulären 180 Watt. Als ich wieder bei knapp 150 angelangt bin versuche ich aber das Stehenbleiben so lange zu vermeiden wie es nur irgendwie geht. Ich würde gerne bis zur Serpentine kommen. Ganz klappt das aber nicht.


Dann endlich, die zwei Schlussserpentinen. Mittlerweile ist es recht kühl und der Wind hat mir auf der Geraden entgegengeblasen. Nun, nach der Serpentine habe ich Rückenwind. Den brauche ich auch, sonst komme ich nicht mehr vorwärts. Am Straßenrand steht ein älterer Mann und feuert mich spontan an. Tut gut.


Mittlerweile spüre ich meinen rechten Oberschenkel. So ein latentes Ziehen will sich bermerkbar machen. Erstaunlich, dass ich bis jetzt überhaupt keine muskulären Probleme hatte. Eigentlich unfassbar. Hoffentlich verstärkt sich das mit dem Ziehen nicht. Noch bin ich nicht oben.

Irgendwie schleppe ich mich bis zur nächsten Serpetine. Eigentlich ein Grund zum Feiern. Es ist nicht mehr weit und ich bin oben. Aber meine Beine laufen immer wieder leer. Da gibt es auch nichts dagegenzuhalten.


Ich hatte mir das ganz anders vorgestellt. Das es Quälerei wird wusste ich, aber ich dachte mir ist vielleicht schlecht, oder ich habe Krämpfe, und ich müsste draufhalten und würde mit 200 bis 220 Watt den Berg hochgurken, schweißüberströmt, blass, mit Schmerzen in den Beinen. Aber nein, meine Beine geben einfach nicht mehr Leistung her als 150 Watt, dann sinkt die Kurve bis hinunter zu 120 und ich muss stehenbleiben, ohne dass ich irgendwie kämpfen kann. In den Beinen gehen einfach die Lichter aus, komplett.

Dreimal musste ich seit dem Sustenbrüggli stehen bleiben. Ein großer Schluck von der eiskalten, herrlich übersüßten Apfelschorle und weiter gings, irgendwie jedenfalls. Noch 1500 Meter bis zum Passhöhentunnel. Und jetzt gehen mir komplett die Lichter aus. Ich steige vom Rad.

Die Beine wollen krampfen, alle beide. Das Ziel scheint noch unendlich weit weg. Ich komme nicht mehr vorwärts. Am Straßenrand ist eine gemauerte Rinne, ich lege mich dort hinein, auf den Rücken und entspanne mich. Ich schaue den wenigen Wolken zu, die am Himmel entlang ziehen. Was für ein schönes Bild. Andere Radfahrer fahren vorbei, fragen mich besorgt ob alles ok ist. Ja, alles ok, mir geht es gut. Meine Beine können einfach nicht mehr treten. Es kommt keine Leistung raus.

Ich bin sicher leicht dehydriert und mit wenig gefüllten KH-Speichern an den Start gegangen. Nach dem Grimsel waren die KH-Speicher leer. Trinken konnte ich, aber essen ging nicht. D.h. mein Wasserdefizit sollte sehr gering sein, kein Grund zur Sorge also, aber meine KH-Speicher sind leer. Drei Gels habe ich im Verlauf der vielen Pausen am Susten zu mir nehmen können, zumindest teilweise. Aber jetzt muss ich einfach hier liegen. Wieder fahren andere Fahrer vorbei, ja alles ok, danke der Nachfrage.

Ich weiß nicht wie lange ich schon den Blick auf die Wolken genieße. Aber ich beschließe jetzt weiterzufahren. Ich wollte mich von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation kämpfen, die nächste ist direkt hinter dem Tunnel, noch anderthalb Kilometer. Kämpfen.

Ich steige auf's Rad, 150 Watt, fahren. Die nächsten 500 Meter gehen. Das Schild, noch 1000m bis zur Verpflegungsstation. Ich fahre weiter. 130 bis 150 Watt, weiterfahren. Ich bin langsam, werde plötzlich schneller. Ich überhole ein paar Fahrer. Hinter dem Tunnel ist die Verpflegungsstation. Orangen, ich will Orangen essen. Leuchtend organge Orangen. Ich kann schon den Geschmack im Mund spüren. Noch geht es berghoch, ein Kilometer kann lang sein, aber dann die letzte Rechtskurve, da ist der Tunnel.



Ich überhole einen Fahrer, hinter mir im Tunnel stößt er einen Freudenschrei aus. Ich kann kein Geräusch machen, nicht, weil ich die Kraft nicht habe, was wohl auch zutrifft, sondern weil ich so leer bin wie meine Beine. Orangen, ich brauche Orangen.

Im Tunnel geht es leicht bergab, zum Glück. Kalter Wind bläst entgegen, ich friere etwas. Ich bin tatsächlich den Susten hochgekommen. Irgendwie. Ob ich es wohl bis ins Ziel schaffe?

An der Labstation fülle ich eine Flasche mit Iso, eine mit Wasser. Dann esse ich Orangen. Bestimmt sieben oder acht Schnitten. Ich trinke noch eine Cola, ziehe mir heute erstmals die Jacke an und begebe mich in die Abfahrt.

Ich fahre ganz brauchbar bergab, ein oder zwei überholen mich, einige Fahrer kann ich überholen. Meist fahre ich, abgesehen vom motorisierten Verkehr, alleine. Die Abfahrt macht sogar Spaß. Ich bin ja eigentlich gar nicht so erschöpft, so dass ich das genießen kann, es sind nur die Beine die keine Leistung bringen und in der Abfahrt müssen sie selten treten.


Erst fast ganz unten ziehe ich die Jacke wieder aus. Die anderen Fahrer die mir begegnen ignoriere ich, Gruppe, Windschatten, ist mir egal. Die Schranke in Innertkirchen ist auf, die Beine haben sich etwas erholt. Ich überhole im Flachen einen Fahrer, er bleibt nicht dran.

Dann der letzte Gegenanstieg, vorbei an der Aares Schlucht. Meine Beine treten 220 Watt. Sensationell. Ich überhole noch einen Fahrer, im Anstieg!!



Letzte Serpentine, die Oberschenkel ziehen ganz leicht. Hoffentlich schaffe ich es bis oben hin. Klappt aber. Dann die Abfahrt hinunter nach Meiringen. Hundert Meter vor mir fährt noch einer, zwischen uns ein offizielles Begleitmotorrad. Noch zwei Kurven, dann fahren wir die Dorfstraße entlang, geradewegs auf das Ziel zu.

Es blitzt, das Zielfoto, das Ziel ist erreicht. Ich bin tatsächlich angekommen. Die Zeit ist unterirdisch, die hätte ich auf der Goldstrecke fahren sollen. Mein Garmin zeigt über siebeneinhalb Stunden (inkl. des neutralisierten Abschnitts Andermatt-Wassen). Ich glaube meinen letzten Platz habe ich in der Abfahrt noch „verloren“.

Ich hätte Bock auf Cola, aber es gibt keine. Egal, das Zielbuffet ist mit Iso und Riegeln bestückt. Und es gibt Nudeln und Boullion. Ich nehme einen halben Becher und esse eine halbe Portion Nudeln.

Fühlt sich das jetzt besser an, als beim Ötzi wo ich als Zuschauer den Zieleinlauf betrachtet habe und mir vor Wut über die verpasste Teilnahme fast die Tränen in die Augen geschossen sind? Ich bin ja nur die Silberrunde gefahren und das in unterirdischer Zeit. Aber ja, das ist besser. Irgendwie.

Jetzt muss ich erst mal unter die Dusche. Ich bin überhaupt nicht so fertig wie man nach einem Radmarathon sein sollte. Völlig seltsam. Ich konnte also überhaupt nicht an meine Leistungsgrenze gehen weil die Beine es einfach nicht zugelassen haben. Und doch war der Susten elend zu fahren und der Furka auch.

Die Saison ist für mich beendet. So kann ich unmöglich am Nürburgring starten. Pech. Die komplette zweite Saisonhälfte dahin. Egal jetzt. Alpenbrevet silber gefinished. Irgendwie halt.

Freitag, 30. August 2013

Taktische Überlegungen zum Alpenbrevet 2013

Der größte Teil der aufgenommenen Nahrung ist drin geblieben, Zeit also für taktische Überlegungen zum morgigen Rennen.

2011 habe ich mich etwas unter Wert geschlagen, 2012 und 2013 habe ich mich prinzipiell verbessert, also wäre als Zielzeit mindestens die 11:30 h zu veranschlagen, eher in Richtung unter 11 Stunden. Aber durch den Verlauf der letzten Woche und da ich noch nicht richtig fit bin ist das hinfällig.

Normalerweise sollte man oben am Grimsel eine Zeit unter 1:50 h stehen haben und auch von dort bis auf den Nufenen unter der 1:50 h Marke bleiben um einigermaßen vorne mitzufahren. Von dort bis Biasca sollte man dann möglichst eine brauchbare Gruppe haben. Mindestens ab Airolo jedenfalls. Auch zum Lukmanier hinauf ist eine Gruppe ziemlich nützlich, da es ja recht lange relativ wenig nur ansteigt, so dass noch relativ hohe Geschwindigkeiten gefahren werden. Windschatten ist hier sicher von Vorteil. Spätestens ab dem Gegenanstieg in Richtung Disentis wird es aber wohl kaum große Gruppen geben.

Auch diese Überlegungen helfen mir morgen wohl kaum weiter. Zwar habe ich keine Ahnung was ich nach einer Woche hauptsächlich im Bett und auf der Toilette zu leisten im Stande bin, aber sicher nicht das, was ich mir ursprünglich erhofft hatte.

Da ich auch von der Art der Nahrung eingeschränkt gegessen habe und ziemlichen Flüssigkeits- und evtl. Elektrolytverlust zu beklagen habe, bin ich zwar leichter als gedacht, aber eben auch wahrscheinlich mit leichtem Mangel an wichtigen Funktionsnährstoffen. Das könnte zu Krämpfen führen, ganz abgesehen von Toilettenpausen und mittelmäßiger Tretleistung.

Die Konsequenz daraus wird sein, dass ich einfach nur sehen muss immer bis zur nächsten Verpflegungsstation zu kommen. Mit Sicherheit kann ich am Grimsel schon abschätzen ob ich überhaupt eine Chance habe zu finishen. Wenn es schlecht aussieht biege ich in Gletsch auf die Silberrunde ab. Furka müsste ich irgendwie hinkriegen das ist ja nur eine Bodenwelle und Susten notfalls mit dem Taxi fahren.

Wenn ich den Grimsel einigermaßen überstehe wird mir spätestens der Nufenen zeigen was ich mir zutrauen kann. Hier gilt es ja auch das Zeitlimit in Airolo zu schaffen. Aber auch wenn ich das schaffe habe ich die Chance über den Gotthard nach Andermatt zu kommen und auf die Platinrunde zu verzichten. Wobei mir das Kopfsteinpflastergerüttel sicher nicht gut tun wird.

Wenn ich tatsächlich auf die Platintour abbiege, dann darf ab da nichts mehr schief gehen, denn auf dem Susten gilt es ein Zeitlimit zu erreichen und wenn ich mich bis dahin quälen würde und dann am Limit scheitere wäre das frustrierend.

Kampf wird es so oder so. Und es ist irgendwie traurig, dass ich solche Überlegungen anstellen muss anstatt über Strategien für eine gute Zeit nachzudenken. Das Wunder von Ötz ist ausgeblieben und das von Meiringen auch, aber ich werde morgen am Start stehen und kämpfen so lange es geht, Verpflegungsstation für Verpflegungsstation. Und entweder mein Körper unterstützt mich dabei, dann wird es vielleicht ein Radmarathon, oder er lässt es, dann wird es ein Gemetzel und das Opfer kenne ich schon...

Und ja, ich freue mich auf morgen, klingt komisch, ist aber so.

Erste Schlacht gewonnen

Auch wenn er sich nochmal kurz gewehrt hat, so bin ich dann kurz nach der "Kriegserklärung" auf's Rad gestiegen und Richtung Brienz gefahren. Anfangs gibt mir der Körper zu verstehen, dass er die Kriegserklärung angenommen hat.

Es fühlt sich an als ob ich ein Jahr nicht mehr auf dem Rad gesessen hätte, aber nach einer Weile geht es. Dann auf einmal Schmerz im linken Knie. Den kannte ich noch gar nicht, aber nach einer Weile zieht er sich zurück. Dann das EB Intervall. In Sölden musste ich am Samstag nach vier Minuten abbrechen, fast hätte ich kotzen müssen, und bin dann nur noch ins Hotel zurückgekrochen. Diesmal geht es besser. Ich ziehe durch und dann gibt es zwanzig Minuten G1 Pause.



Allerdings ist das Wattmeter kaputt, oder ich habe einfach 50 Watt weniger drauf. 150 Watt fühlen sich an wie 250. Aber ich ignoriere das, fahre niedriges G1, versuche die Sonne zu genießen und dann das G2 Intervall. Leichtes Zucken im Bauch, ich ignoriere es. Ich bin im Krieg verdammt. Durchgezogen, das Zucken geht weg. Jetzt den Rest G1 dahinrollen. Anstrengender als es sein sollte, aber geht. Vielleicht fahre ich bis Brienz, trinke einen Kamillentee und fahre dann wieder zurück. Aber nach einer Stunde meldet sich der Bauch. Ich ignoriere ihn, fahre aber trotzdem ohne den Abstecher an den Brienzer See zurück Richtung Meiringen.




Mit jedem Kilometer wird es besser. Ich möchte heute keinen Alpenpass fahren, aber ich bin froh, dass ich überhaupt fahre. Und es fühlt sich halbwegs ok an. Ich werde morgen auf jeden Fall starten.

Ich genieße noch etwas die Landschaft, was aber nur halb gelingt. Im Krieg bleiben wenig Gedanken für das Schöne... Dabei bin ich eigentlich Pazifist.

Kriegserklärung!


Ich habe wirklich alles versucht. Ich war tagelang extrem vorsichtig und nett zu meinem Körper. Keine großen Belastungen, viel schlafen und ruhen, ganz vorsichtig gegessen, das meiste eh zurückgehen lassen, so dass die Wirte schon misstrauisch waren.

Ich habe sogar auf den Start beim Ötzi verzichtet. Das schmerzt jetzt noch. Ich bin in Sölden brav zum Arzt gegangen, habe mir eine Nadel in den Arm stechen lassen und Blut- und Urinwerte bestimmt, habe ein Antibiotikum für Frauen geschluckt und Nieren und Blasentee getrunken.

Und pünktlich zur Fahrt in die Schweiz ist alles wieder wie am Sonntag?! Nee, das kann nicht sein. Das darf nicht sein. Das ist völlig unlogisch. Aber das ist mir jetzt scheißegal und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

Auch wenn ich heute morgen alleine innerhalb von einer halben Stunde ein Kg Gewicht abgenommen habe, ich habe die Nase gestrichen voll. Ich erkläre meinem Körper hiermit den Krieg! Ich habe gefrühstückt als ob ich heute einen Radmarathon fahren will, und ich werde mich gleich auf's Rad setzen und die Vorbelastung fahren. Und wenn ich es nur bis zur nächsten Toilette schaffe werde ich eben noch eine halbe Stunde dranhängen, zur Strafe.

Und dann hole ich die Startunterlagen, mache mein Rad fertig und morgen früh um 6:45 h stehe ich am Start. Und dann werde wir sehen wer stärker ist. Du musst mich schon vom Rad holen wenn du mich fertig machen willst. Und wenn ich mit 5 km/h den Grimsel hochkrieche, morgen sitze ich auf dem Rad, sitze ich auf dem Rad, sitze ich auf dem Rad. Und jede Stunde drücke ich dir eine Tube KH-Gel rein. Und dann sehen wir weiter. Ich bin bereit für die Schlacht, keine Gefangenen. Entweder ich komme durch, auf welcher Runde auch immer, oder du reißt mich vom Rad, aber das musst du erst mal schaffen.

Sonntag, 25. August 2013

Allerletzter Post zum Ötztaler 2013

Ich habe die Nadja, den Alex und auch den Werner, den ich vom diesjährigen Peakbreak kenne live bei Datasport verfolgt. Und natürlich auch die Rennspitze bei Eurosport. Dann habe ich den Fehler gemacht aus dem Bett zu klettern und mir den Zieleinlauf des Siegers anzuschauen.

Während es am vormittag in Sölden noch sehr trostlos und verlassen aussah, dazu hat es leicht geregnet, ist jetzt tolle Stimmung und es ist trocken. Als der Cunico und der Ludewig ins Ziel kommen steigen mir vor Wut und Frust fast die Tränen in die Augen. Ich gehe sofort wieder ins Bett und lenke mich ab mit langweiliger F1.

Dann schaue ich mir doch noch den Zieleinlauf von der Nadja Prieling an. (Der Werner war mit etwas über 8:19 h schon im Ziel). Zwar hat sie ihr Ziel von 8:30 h, das ja mit meinem identisch war verfehlt, aber mit 8:52 h hat sie den zweiten Platz bei den Frauen geholt. Gratulation.

Da stehe ich und schaue mir den Trubel an, und plötzlich steigt der ganze Frust wieder hoch. Ich könnte heulen, die Chance auf die 8:30h war da. Vor allem aber die Chance auf eine richtig gute Platzierung, das war genau mein Wetter. Und ich war mir sicher, dass es hinunter nach St. Leonhard und im ersten Teil des Timmelsjochs besseres Wetter geben würde, und die schlechten Bedingungen oben am Timmelsjoch sind eh egal, da hatte ich es letztes Jahr nicht besser.

Der Frust verwandelt sich in Niedergeschlagenheit. Ich hole mir einen Tee (Essen geht immer noch nicht wirklich) und setze mich an die Strecke. Aber das tut richtig weh. Und Alex scheint am Timmelsjoch etwas zu kämpfen, so warte ich nicht sondern erlöse mich und gehe wieder auf's Zimmer um der verpassten Chance nachzutrauern.

Ich kann die Leute nicht verstehen, die wegen ein bisschen Regen nicht starten. Wozu dann überhaupt bei einem Radmarathon in den Bergen anmelden, da ist das doch normal, dass das Wetter nicht immer perfekt ist.

Beim Alpenbrevet sehe ich mich noch nicht am Start. Morgen gehe ich zum Arzt. Jetzt muss ich erst mal meinen Frust loswerden, aber essen, was normalerweise ja super hilft geht im Moment nicht. Radfahren auch nicht. Bleibt nur Betäubung mit Fernsehen...

Letzter Post zum Ötzi 2013

Es war die richtige Entscheidung nicht zu starten. Es ist viel schlimmer geworden, Essen geht gar nicht, da wäre ein Ötzi unmöglich gewesen.

Es hat natürlich sehr wohl geregnet zum Start, ich habe es nur nicht gecheckt. Über 1300 Starter sind gar nicht erst angetreten, über 120 haben schon auf dem Weg nach Ötz aufgegeben. Man, man, man, wie könnt ihr dieses Privileg nur so leichtfertig aufgeben?

Die Bedingungen mit nahezu konstantem Regen und momentan wohl sogar etwas Schnee auf dem Timmelsjoch sind natürlich mies, aber in der Sonne fahren kann ja jeder. (sage ich hier so, wo ich im warmen Zimmer sitze...)

Ich beneide trotzdem alle die heute kämpfen. Ich beobachte natürlich live den Alex und auch die Frau Prieling, die ja das gleiche Ziel hatte wie ich, nämlich die 8:30h.

Jetzt hoffe ich nur für den Alpenbrevet wieder fit zu werden, so sicher bin ich mir da nicht (auf jeden Fall werde ich aber noch das eine oder andere Kg Gewicht verlieren bis dahin...)

noch könnte ich starten...

...ich habe mir natürlich den Wecker gestellt. Aber das Fieberthermometer gibt die Antwort. Keine Chance, es ist sogar schlechter als gestern.

Dabei regnet es nicht mal...

Samstag, 24. August 2013

Oetzi Frust

Heute morgen habe ich einen Ruhepuls von 57! Der sollte eigentlich im niedrigen 40er Bereich liegen. Das ist mein Negativrekord für dieses Jahr. Der SPO2 Wert liegt bei 93, auch das ein rekordverdächtig niedriger Wert. Eigentlich hatte ich nur nach der Nepalreise in Deutlschland mal solche Werte. Allerdings reagiere ich ja auf die Höhe immer sofort mit niedrigen SPO2 Werten, da kann es sein, dass die über 1300 Meter schon was ausmachen.

Die Temperatur ist leicht erhöht. Genauso wie die gemessenen Parameter es anzeigen fühle ich mich auch. Elend und schlapp. Ich gehe erst mal normal frühstücken, mit dem gleichen Erfolg wie gestern beim Abendessen...

Trotzdem versuche ich die Vorbelastung laut Trainingsplan zu fahren um zu sehen was die Beine auf dem Rad machen. Und wird mir klar, morgen, das wird nix.

Das EB Intervall breche ich nach 4 Minuten ab, sonst hätte ich wohl kotzen müssen. Das G2 Intervall spare ich mir. Ich schleiche mit niedrigem G1 zurück ins Hotel. Die tolle Atmosphäre mit den hunderten von Radfahren bei noch halbwegs blauem Himmel und Sonne kann ich nicht genießen, ja kaum wahrnehmen.

Ich gehe aber trotzdem nach dem Duschen nochmal nach Sölden rein, aber auch die Stände interessieren mich nicht, ich bin zu schlapp. Da ich nichts essen kann trinke ich eine Cola und einen Kamillentee, in der Hoffnung wenigstens ein paar Kohlenhydrate zu mir zu nehmen.

Dann geht es aber ins Bett. Nachmittags telefoniere ich nochmal mit Alex. Gemeinsamen Plänen muss ich eine Absage erteilen, denn ich werde nicht starten, das steht zu mehr als 90% fest. Auch wenn mich das Gespräch natürlich etwas aufmuntert und so "na vielleicht doch" Gedanken aufkommen. Dabei weiß ich aber, dass die Chance rein theoretisch ist. Ich wüsste nicht wie ich so das Kühtai hinaufkommen sollte.

Abends versuche ich aber dann doch nochmal Nährstoffe aufzunehmen, mehr als schiefgehen kann es ja nicht. Salat, Fisch, ein paar Nudeln und sogar ein Stück Kuchen in der Sportarena. Allerdings schaue ich mir nicht mal die Fahrerbesprechung an, ich bin zu platt und lege mich stattdessen wieder ins Bett.

Nun überlege ich gerade ob ich mein Fahrrad für morgen präparieren soll falls doch noch ein Wunder geschieht. Aber außer finishen, d.h. unter, bei wahrscheinlich regnerischem Wetter, ca. 13 Stunden zu bleiben kann ich nichts erreichen. Und schaden würde ich mir damit sicher auch, vielleicht sogar den Alpenbrevet nächste Woche gefährden.

Andererseits könnte ich so vielleicht erahnen wie es mir beim RAAM ab Tag drei oder vier ergehen könnte. Also eine besondere Form der mentalen Prüfung.

Aber noch habe ich Fieber also papperlapapp. Oetzi ist gecancelt. Schluss, Aus, Ende!

Freitag, 23. August 2013

Ötztaler 2013 nur als Zuschauer?

Die diesjährige Ötzi Teilnahme ist sehr fraglich. Ich bin zwar nach Sölden angereist, aber noch geht es mir eher schlecht. Das Fieber das mich seit Mittwoch geplagt hat ist zwar weg, aber dafür ist mir jetzt schlecht. Den ganzen Tag habe ich nur trockenes Brot und Wasser zu mir genommen. Heute abend habe ich es dann mal mit Fleich und Gemüse probiert. Gerade bezahle ich dafür.

Naja, einen Tag zum gesund werden habe ich noch...

Dafür habe ich den Alexander schon ganz zufällig getroffen. Vielleicht tun wir uns zusammen für eine schnelle Gruppe und versuchen möglichst schnell und mit geringstmöglicher Anstrengung bis Oetz zu kommen. Das könnte sehr wohl Sinn machen, so spart man sich vielleicht die kleinen Sprints um Lücken zuzumachen. Andererseits ist das Feld anfangs ja recht dicht zusammen sofern man weit genug vorne steht. Wenn ich mich mit anderen zusammentue muss ich aber 100% fit sein, sonst macht es keinen Sinn. Das kann ich eigentlich erst am Sonntagmorgen entscheiden.

Es wird wohl richtig regnen am Sonntag, d.h. Fritz Walter Wetter, also platzierungstechnisch genau mein Wetter. Allerdings schlecht für eine gute Zeit. Von der erhofften 8:30 h habe ich mich aber eh schon verabschiedet. Wenn ich antreten kann geht es wohl mehr um's Durchkommen.

Vielleicht siegt ja auch die Vernunft und ich werde am Sonntag lange schlafen, mit dem Bus auf's Timmelsjoch hochfahren und mir mal die Spitzengruppe anschauen. Dann ein paar Tage regenerieren um richtig fit für den Alpenbrevet zu sein. Aber welcher Rennradfahrer ist schon vernünftig...

Sonntag, 11. August 2013

Gesprungen!

Gestern habe ich es getan. Soche Entscheidungen trifft man nicht oft im Leben. Mein Ruhepuls ist seitdem um zehn Schläge gestiegen...


Freitag, 9. August 2013

Der Turmspringer

Gerade stehe ich auf dem 10 Meter Turm, nein dem 100 Meter Turm. Der ist so hoch, dass ich nicht mal sehen kann ob unten Wasser im Becken ist. Ich muss ja nicht springen...

www.raceacrossamerica.org

Kein Schlaf, keine Kraft, kein Gefühl...

...der Kopf ist leer, die Beine sind leer, die Füße schmerzen, die Hände schmerzen, die Knie schmerzen, der Sinn ist weg, nur endlich aufhören! Und noch über 1000 Kilometer...

www.raceacrossamerica.org