Sonntag in vier Wochen ist es (endlich) soweit, der Ötztaler Radmarathon 2010 wird gestartet. Und wenn alles gut geht bin ich dabei.
Warum ich mir als Reiseradler sowas antue hat mehrere Gründe. Der erste liegt natürlich auf der Hand, denn schließlich geht es in diesem Blog nur um möglichst spektakuläre Passstraßen, und darum diese mit dem Fahrrad (genauer Rennrad) zu bezwingen.
Allerdings habe ich das bis jetzt immer als Spaß betrachtet, und der „Ötzi“ ist eigentlich kein Spaß mehr. Denn selbst ein Radprofi würde für die Strecke wohl um die sieben Stunden brauchen und 5500 Höhenmeter auf 238 Kilometer verteilt sind für jeden Sportler egal wie fit er ist ein Wort. Ein Marathon halt.
Das ist auch schon der zweite Grund. Denn ich hatte mir schon als Jugendlicher vorgenommen mal einen Marathon zu laufen. Die Einschätzung, dass ich das „irgendwann mal“ machen könnte hat sich allerdings als falsch erwiesen, denn meine Knie lassen es einfach orthopädisch schon lange nicht mehr zu auch nur Mittelstrecken zu laufen. Pech gehabt. Aber da es Fahrrad-Marathons gibt, und meine Knie das Fahrrad fahren viel besser wegstecken wie jede andere Bewegung (und sogar zu einer Verbesserung des Knorpelschadens geführt haben) bietet sich das als Alternative natürlich an. Und damit es wirklich auch vergleichbar ist und mindestens so schwer wie ein gelaufener Marathon musste es schon ein anerkannter Klassiker sein, und natürlich auch einer der härtesten. Da liege ich sicher mit dem Ötzi ganz gut.
Der eigentliche Grund aber ist, dass ich ein Ziel brauchte um meine innere Motivation zu befeuern. Denn nach der ersten Radreise 2007 ist mein Fitnesslevel innerhalb eines halben Jahres wieder auf den Stand vor der Reise zurückgegangen. Dabei fällt man in ein echtes „Loch“, denn nach dem High bei dem man in fantastischer Landschaft fährt, und dabei merkt wie der Körper leistungsfähiger und leichter wird, sich irgendwie gesünder anfühlt, sitzt man dann wieder bewegungslos in einem kleinen Büro vor Computern die unter schlecht programmierter Software leiden, und bewegt sich maximal zum Auto und zurück.
Nun nach meiner zweiten Radreise 2009 war der Effekt auf den Körper noch viel stärker. Geradezu gewaltig. Ich hatte auf der GB-Tour mit echter Quälerei gerechnet und war mental darauf eingestellt. Die habe ich dort auch bekommen, wenn auch in Details anders als ich es mir ausgemalt hatte. Aber wenn man merkt, wie leistungsfähig die Anpassungsmechanismen des Körpers sind, und dass man gestärkt aus so einer Beanspruchung hervorgeht, setzt das auch mentale Kräfte frei. Diese Tour war eine regelrechte Verjüngungskur. Allerdings war mir auch hier klar, dass der Alltag diese Anpasssungsmechanismen wieder in die andere Richtung aktivieren wird.
Dass ich das Stilfser Joch hochgefahren bin, um für mich zu klären wie hart das denn nun wirklich war in Südengland, und auch zufällig noch mit dem Rennrad, hat mir dann eine echte Möglichkeit eröffnet den Verlust der gewonnen Vitalität etwas hinauszuzögern.
Rennradfahren in den Alpen ist eines der geilsten Dinge die man auf dieser Erde machen kann..., wenn man ein ordentliches Fitnesslevel hat. Wenn nicht ist es pure, elende Quälerei. Jeder der schon mal einen Pass gefahren ist weiß das sehr genau, und es wird tief in dir drin gespeichert. Und genau das wollte ich mir zunutze machen, um das radreisenfreie Jahr 2010 auf halbwegs brauchbarem Fitnesslevel zu überstehen.
So habe ich mir den Ötztaler Radmarathon vorgenommen, der ja am Ende der Saison liegt und noch den Glocknerkönig zu Anfang der Saison um einen inneren Schutzmechanismus zu triggern, der auf jeden Fall vermeiden will, dass es elende Quälerei gibt, und so die innere Motivation zum Training freisetzt.
Und es hat tatsächlich funktioniert. Auch wenn der harte Winter mir da nicht gerade in die Karten gespielt hat, so habe ich das Auto doch manchmal wochenlang in der Garage gelassen. Und irgendwann im Januar hat es mich automatisch auf den Ergometer gezogen. Und für den Glocknerkönig bin ich irgendwie gerade noch halbwegs fit geworden. Und auch die langen Grundlageneinheiten im GA1 Bereich, die wirklich Disziplin erfordern, gingen irgendwie „von innen raus“, was schon wichtig ist wenn man alleine trainiert.
Ein weiterer Grund am Ötzi teilzunehmen ist das Bedürfnis sich zu vergleichen, seine eigene Leistung einzuschätzen. Zwar bin ich viel zu alt, und mein Trainingsalter im Vergleich zum Alter viel zu gering, um Radfahren als Leistungssport zu betreiben, und bei solchen Veranstaltungen vordere Plätze zu erreichen, aber wenn man es richtig einschätzt kann man sich auch über einen 500. Platz beim Glocknerkönig freuen oder über das Finishen beim Ötztaler Radmarathon.
Und Finishen muss realistischerweise mein Ziel für den Ötzi sein. Denn es ist der erste Radmarathon den ich überhaupt fahre. Allerdings muss ich zugeben, dass Finishen für mich heißt eine Zeit von 12 Stunden zu erreichen.
Das Radlabor in Freiburg hat während des Schauinslandkönig Daten der Teilnehmer erhoben und testet daran ein Prognosemodell für den Ötztaler Radmarathon. Nach diesen Daten wurde mir dort ein mögliches Zeitfenster von knapp 10 Stunden bis knapp 12 Stunden vorausgesagt. Das halte ich für viel zu optimistisch, denn ich kenne ja meine schnellsten Zeiten auf drei der vier Pässe die beim Ötzi zu befahren sind. Und da komme ich schon auf ca. 8 Stunden plus den Streckenabschnitt von Kühtai bis Sterzing, und den in zwei Stunden fahren? Und dann werde ich das Timmelsjoch natürlich nach 200 Kilometern und 4000 Höhenmetern nicht annähernd in einer Zeit fahren können wie morgens nach dem Frühstück.
Also selbst die angepeilten 12 Stunden, werden alles abverlangen, und vorraussetzen, dass die Tagesform stimmt, alles gesund ist, das Fahrrad funktioniert und keine Pannen auftreten, und vor allem, dass am letzten Pass der Wille reicht um die Muskeln zu überzeugen weiterzumachen.
Auf jeden Fall wird der Ötztaler Radmarathon eine sportliche Herausforderung, die gleich hinter den Radreisen einzuordnen ist. Und so sehr ich natürlich mein Ziel dort erreichen will, den eigentlichen Zweck, nämlich mein Fitnesslevel zu halten hat der Ötzi schon erfüllt...
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