Ist mal ganz was anderes, 6,5 Stunden
Schlaf vor dem Rennen, das hatte ich dieses Jahr noch nicht. Die
etwas nervige und hartnäckige Erkältung ist kaum zu spüren, die
sollte mich heute also nicht behindern.
Allerdings ist es schon morgens recht
warm, nicht gerade mein Wettkampfwetter, ich brauche ja eher so
„Fritz Walter Wetter“...
Auch heute morgen treffe ich noch
einige die letztes Jahr schon dabei waren, was nett ist, dann kann
man ein bisschen plaudern während man auf den Start wartet.
Heute fahren wir zum Aufwärmen den
neuen Alpe Adria 3 Marathon. Eine neue von Tom initiierte
Veranstaltung. D.h. es sind neben den Peakbreak Startern noch weitere
Fahrer auf der Strecke, die „nur“ den Alpe Adria 3 fahren.
Dann, recht pünktlich um 9 Uhr, geht
es los. Wie letztes Jahr auch, gibt es erst mal eine neutralisierte
Phase, wo wir hinter dem Führungsfahrzeug der Rennleitung herfahren,
bis das Rennen irgendwann freigegeben wird.
Seltsamer Weise ist es auch auf den
neutralisierten Kilometern recht unruhig im Feld, so dass man sehr
konzentriert fahren muss. Meine Beine sind allerdings durchaus froh
erstmal noch nicht im Renntempo loszudüsen. Irgendwie fühle ich
mich nicht gerade perfekt. Aber das heißt jetzt natürlich noch
nichts. Ich habe mir vorgenommen den Rückstand auf die Spitze heute
bei 15 bis 20 Minuten zu halten. Mal sehen ob das realistisch ist.
Dann ist es aber auch mit dem Cruisen
hinter dem Rennleitungsfahrzeug vorbei und das Rennen wird durch
laute Hupsignale freigegeben. Jetzt heißt es erst mal in der
vordersten Gruppe drinbleiben.
Leichter gesagt als getan, denn es geht
gleich verschärft ab da vorne. Auf den Wattmeter achte ich lieber
nicht, denn manchmal muss man ganz gut reinhauen um in der Gruppe zu
bleiben, das gelingt aber zunächst ganz gut.
So fliegen die Kilometer ordentlich
dahin. Ganz anders als das einsame gegen die Zeit fahren beim Swiss
Cycling Marathon letzte Woche. Im Roadbook waren im Wesentlichen drei
Erhebungen zu sehen, die erste muss ich auf jeden Fall dran bleiben,
ab der zweiten will ich dann meinen eigenen Rhythmus fahren. So der
Plan.
Diese erste Erhebung ist eigentlich
nicht wirklich markant, so fährt die Gruppe recht geschlossen, nur
zwei scheinen schon mal eine Attacke zu gehen. Noch immer klappt das
ganz gut mit dem Dranbleiben. Die Strecke ist gut markiert, man kann
sich am Führungsfahrzeug orientieren, das ist einfach herrlich nach
dem navigationslastigen Ultracycling.
Ich hatte so in Erinnerung, dass der
zweite Anstieg nach ca. 35 Kilometern beginnt. Als dann die Steigung
nach einem Abzweig wieder anfängt ordentlich anzuziehen denke ich es
geht jetzt endlich los, und gehe nicht ganz das Tempo der Spitze mit,
sondern versuche um 300 Watt zu klettern. Ein fataler Fehler, denn es
geht nach kurzer Zeit wieder bergab. Und jetzt habe ich erst mal den
Anschluss an die Spitzengruppe verloren. Auch an einer zweiten
kleinen Gruppe dahinter bin ich nicht wirklich dran. Man wie dämlich!
So muss ich mich erst mal an die zweite
Gruppe ranackern, die Spitze ist wohl weg? Es geht jetzt zwar in der
Grundtendenz bergauf, aber immer wieder auch flach, oder leicht
bergab. Irgendwie lässt die Spitzengruppe aber tatsächlich nochmal
etwas nach, so dass die zweite Gruppe wieder ranfährt.
Jetzt versuche ich mich erst mal in der
großen Gruppe etwas auszuruhen und nicht zu weit hinten zu fahren.
Irgendwann wird ja jetzt wohl mal der richtige Anstieg kommen, dann
zieht es sich sowieso auseinander.
Aber irgendwie bleibt das Terrain so
moderat. An einer Ampel wird die ganze Gruppe wieder
zusammengeschoben.
Wir bewegen uns nun auf italienischem
Boden. Nochmal kommt ein Abzweig und dann eine ganz kurze sehr steile
Rampe nach der es scharf rechts geht. Dort stehen zwei Fahrer und
steigen gerade wieder auf ihre Räder, ob da ein Sturz war? Die sahen
aber noch ok aus. Durch das kurze Verzögern und die steile Rampe mit
der Kurve reißt das Feld plötzlich auseinander und ich werde
abgehängt. Ich checke es erst gar nicht mal, doch als ich die Gefahr
erkenne ist es schon zu spät.
Die Spitzengruppe zieht weg. Verdammt.
Es kommen zwei drei kleinere Serpentinen und dort kann ich sehen,
dass die schon zwei Serpentinen über mir sind. Da es jetzt berghoch
geht zieht sich auch die kleine Gruppe in der ich mich befinde
auseinander.
Ich fahre nun praktisch ganz alleine.
Allerdings ist ein Fahrer kurz vor mir. Und im nun folgenden noch
relativ moderaten Anstieg komme ich an ihn dran. Zwischendurch kommen
immer wieder Abschnitte für die man die Gruppe gut gebrauchen
könnte. Ich werden heute wohl deutlich mehr Zeit verlieren als
erhofft.
Die Landschaft ist super, aber bin
etwas genervt, dass ich das im Roadbook nicht gecheckt habe, und
nicht aufmerksamer um den Anschluss an die Spitzengruppe gekämpft
habe. Die 23 und ich klettern etwa gleich schnell und überholen drei
weitere Fahrer. Und dann, bevor es eine richtige, längere, steilere
Steigung gibt ist auch schon Sella Nevea erreicht. Verstehe ich
nicht, hier kann doch nicht schon die Abfahrt kommen, wir sind ja
kaum ordentlich berghoch gefahren? Aber da ist auch die Aidstation.
Ich nehme eine Flasche Wasser auf, dann geht es in die als gefährlich
angekündigte Abfahrt.
Die 23 und ich fahren ungefähr ähnlich
schnell in der Abfahrt, ich kämpfe etwas mit den miesen SRAM
Bremsen, nix neues dieses Jahr, kann aber locker dran bleiben. Ein
weiterer Fahrer stößt noch von hinten dazu. Zu dritt fahren wird
die sehr schöne Abfahrt. Die flacht etwas ab und wir arbeiten ganz
gut zusammen.
Die Beine sind mittlerweile eigentlich
ganz gut, vor allem nachdem sie sich anfangs wie Pudding angefühlt
haben. Vielleicht kann ich ja mit dieser kleinen Gruppe etwas
Schadensbegrenzung betreiben.
Vor uns ist ein Einzelfahrer zu sehen,
ein gutes Ziel. Und wir arbeiten uns kontinuierlich ran. Gerade
scheint es super zu laufen, mittlerweile sind wir so bei Kilometer
80, und wir holen eben den Einzelfahrer ein, als mir die Kette hinten
vom kleinsten Ritzel springt. Verdammt, das darf doch nicht wahr
sein!
Ich rolle aus, und mache mich an die
Schadensbehebung. Die anderen drei sind natürlich weg. Die Kette
geht schon wieder drauf, aber jetzt habe ich ca. 2, 3 Minuten
Rückstand auf die Gruppe. Das kann ich vergessen.
Vor allem führt die Strecke jetzt über
den Fluss und auf einen Tunnel zu, und wie zur Strafe, oder um
Murphies Gesetz zu beweisen, bläst mir heftiger Wind entgegen. Ich
fluche vor Wut. Ich kann die anderen so ca. 700 Meter vor mir sehen.
Die wechseln sich jetzt schön ab, entspannen im Windschatten und
sind trotzdem schneller. Das ist echt frustrierend.
Im Tunnel scheint einer den Fön
eingeschaltet zu haben, denn ordentlich bläst der Wind entgegen. Na
herzlichen Dank.
Ich versuche mich zu beruhigen, bin
aber doch sehr frustriert, dass der erste Tag schon so blöd läuft
und ich richtig viel Zeit verlieren werde. Anyway, jetzt heißt es
kämpfen, auch wenn ich dafür morgen oder die Woche über etwas
bezahlen werde.
Die Strecke bleibt aber
einzelfahrerfeindlich, d.h. recht flach und Gegenwind. Es scheint so
als käme ich der Vierergruppe sogar etwas näher, aber was nutzt es
da fünfzig Meter gut zu machen, wenn die hunderte Meter vor mir
sind.
Zwischendurch versuche ich die
Landschaft etwas zu genießen und nehme mir Zeit für ein, zwei
Fotos. Dann scheint einer von der Gruppe vor mir wegzuplatzen und ich
habe ein gutes Motivationsziel, denn den zu erreichen scheint
realistisch.
Nach einer Weile kann ich ihn auch
einholen, die Hoffnung jetzt zu zweit zu arbeiten zerschlägt sich
aber, so versuche ich alleine weiter an die anderen ranzukommen. Wenn
es doch nur endlich berghoch gehen würde. Den Wunsch werde ich noch
bereuen.
Denn irgendwann ist es tatsächlich so
weit, ein scharfer Linksknick und nochmal die Gelegenheit eine
Flasche Wasser an der zusätzlichen Aidstation aufzunehmen. Ich
überlege kurz ob ich das lasse wegen des Gewichtes, aber mache es
trotzdem.
Dann geht es in den Nassfeldpass. Hier
deutet sich schon unten an, dass jetzt die erste ordentliche Prüfung
für die Bergtauglichkeit beim diesjährigen Peakbreak ansteht. Die
vergebliche Aufholjagd hat zwar etwas Kraft gekostet, aber ich
versuche anfangs trotzdem mit 280 bis 300 Watt zu klettern.
Klappt auch erst mal ganz gut. Da die
Strecke zunächst recht kurvig ist kann ich erst mal keinen der vor
mir fahrenden sehen. Aber ich scheine mich immerhin etwas zu nähern,
denn dann kommen ein paar Fahrer ins Sichtfeld, und die 23 scheint
auch dabei zu sein.
Ich nähere mich zwar, aber es dauert
lange, sehr lange bis ich wirklich in Schlagdistanz komme. Als mir
ein Begleitfahrzeug vom Rennen entgegenkommt rufen mir die Jungs zu,
bald ist es geschafft, diese „freundlichen Lügen“ kenne ich.
Den Nassfeldpass allerdings nicht. Und
obwohl ich mich immer etwas an die vor mir fahrenden annähere,
scheint der endlos zu sein. Die Hitze macht mir schon etwas zu
schaffen. Zwischendurch bin ich sogar dankbar wenn etwas kühlender
Gegenwind hinzukommt.
Auch die 23 hole ich schließlich
wieder ein. Aber während ich gerade hoffe, dass die Passhöhe bald
erreicht ist, gibt es zur Bestrafung erst mal einen Abschnitt mit 12%
Steigung. Gefühlt drei Kilometer, tatsächlich aber nur knapp einer.
Auch danach sind wir von der Passhöhe wohl noch einiges entfernt.
Zur Abwechslung gibt es ein paar Kühe
auf der Straße, aber ich muss jetzt doch ordentlich kämpfen , so
dass ich keine tiefgehenden Gespräche mit den vierbeinigen Freunden
anfange. An den etwas flacheren Passagen ruhe ich mich zweimal bei
ca. 210 Watt aus, sonst klettere ich gerade noch mit 240 bis 260
Watt.
Und der Pass will nicht aufhören.
Mehrmals überquert die Straße den Rio Bombaso, und immer wieder
kommt ein neues Schild, dass „Wildwechsel für 3 Kilometer“, oder
die nächsten Kehren ankündigt.
Die Überlegung auf das Wasser an der
letzten Aidstation zu verzichten hatte ich zum Glück verworfen, denn
ich habe jetzt fast alles aufgebraucht, die Passhöhe muss also
langsam mal kommen.
Da passiere ich eine Familie, die mich
(und offensichtlich alle Fahrer) enthusiastisch anfeuert. Der Vater
ruft mir zu „noch anderthalb Kilometer zur Passhöhe“. Man das
wurde auch Zeit! Noch 1500 Meter, nochmal versuche ich eine
vernünftige Kletterleistung abzurufen, und dann kann ich auch
endlich das Gasthaus an der Passhöhe sehen.
Alles in mir schreit nach einem
riesigen Milchcafe, aber ich fahre natürlich tapfer weiter. Die
Abfahrt ist erst mal kurz Erholung, nervt dann aber schnell mit
schlechtem Straßenbelag. Zweimal schmeisst es mich fast vom Rad,
bevor der Belag weiter unten etwas besser wird. Die Abfahrt ist teils
recht harmonisch zu fahren, aber aufmerksam muss man immer bleiben,
da der Belag zwischendurch doch immer wieder mal schlecht ist.
Die Abfahrt ist mir fast schon zu lang,
da ist es endlich vorbei und Tröpolach ist erreicht. Noch etwas
Gekurve an meinem Hotel vorbei, und über die Ziellinie.
4:17,irgendwas Stunden. Ich bin einerseits froh, dass die erste
Etappe vorbei ist, aber auch etwas frustriert.
Soviel Zeit hätte ich nicht verlieren
müssen, ich habe mich da einfach blöd angestellt und dann auch noch
ein technisches Problem gehabt. So habe ich wahrscheinlich nochmal
zusätzlich 15 bis 20 Minuten verloren. Mit dem für mich
ambitionierten Ziel unter die Top 25 zu fahren wird es nun schon nach
der ersten Etappe sehr sehr eng.
Aber egal, das Wetter war schön, die
Landschaft super, und noch geht das Rennen über sieben weitere
Etappen.
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