Diesmal klingelt der Wecker eindeutig
zu früh. Fünf Uhr ist keine Zeit, wenn man gerade selig den
Regnerationschlaf schläft. Aber wir müssen so früh starten, damit
wir früh über die Glocknerstraße kommen, denn zwischen Wohnmobilen
und Motorrädern zu kurven macht nicht so richtig Spaß.
Obwohl es morgens noch recht frisch
ist, entscheide ich mich für kurz/kurz, denn es ist wieder ein
warmer Sonnentag angesagt, und Hitze ist nun mal nicht so mein Ding,
jedenfalls was die Kletterleistung betrifft.
Die neutralisierte Phase ist diesmal
recht kurz, kaum sind wir aus dem Ort draußen geht es auch schon
los. Ich bin irgendwie ziemlich in der Mitte des Feldes eingeklemmt,
komme dann aber raus und fahre nach vorne. In dem Moment gehen vorne
so drei, vier, ich ziehe einfach durch und fahre mit raus aus dem
Feld.
Es geht leicht berghoch, wir fahren
aber nicht wirklich weit weg. Ein Fahrer zieht mit hohem Tempo vorbei
und setzt sich erst mal etwas ab, ich fahre mit zwei weiteren Fahrern
vorne, dann kommt das Feld, das uns aber bald wieder schnappt.
Nun steigt die Straße ganz ordentlich
an in Richtung Heiligenblut. Und es sortiert sich wieder etwas, d.h.
die üblichen Verdächtigen bewegen sich recht weit vorne, dahinter
eine lose Gruppe zu der auch ich gehöre usw.
Ich habe meine Kletterleistung zwar mal
angetestet, aber bis zum Beginn der Glocknerstraße lasse ich mich
auf keine Späße mehr ein, sondern fahre eher konstant, wie die
meisten anderen auch. Die Spitze ist jetzt eh schon ein Stück
vorraus.
Ich fühle mich eigentlich ganz gut,
ich scheine mich jeden Tag mehr vom Schweizer Radmarathon zu erholen.
Klingt seltsam bei dem Programm das wir uns hier antun, ist aber so.
Zu Beginn der Glocknerstraße gibt es
erst mal eine schöne, recht gerade verlaufende Rampe. Mein Ziel sind
so knapp über 300 Watt zu klettern und dabei mindestens eine 80er
Trittfrequenz zu treten. Dank der Bergübersetzung klappt das sogar
einigermaßen.
Ich bewege mich ungefähr mit den
gleichen Fahrern in ähnlichem Tempo wie auch schon gestern. Mein
Plan ist es berghoch etwas Abstand rauszuarbeiten, damit ich in der
Abfahrt etwas Vorsprung habe, den die schnellen Jungs ja locker
wieder aufholen, so kann ich vielleicht unten nach der Mautstation
dranbleiben und eine schnelle Gruppe erwischen.
Allerdings ist der Glockner von dieser
Seite aus nicht gerade mein Lieblingsanstieg. Im Gegenteil hier habe
ich eigentlich immer eher gelitten. Doch diesmal klappt es zunächst
ganz gut. Ich nehme mir sogar Zeit für einige Fotos.
Die Wetterbedingungen sind fantastisch,
ich liebe es früh morgens einen Alpenpass hochzufahren, und die
Temperatur ist noch herrlich kühl, dabei scheint die Sonne.
Traumhaft. Das beflügelt natürlich auch beim Klettern.
So fahren wir Rampe um Rampe hoch.
Zwischendurch vergleiche ich mal die Leistung mit Andrej, der muss an
einem 10% Stück 40 Watt mehr treten für die gleiche
Geschwindigkeit, d.h. pro Kg ca. 4 Watt. Ich bereue es schon ein
bisschen, dass ich nicht ernsthaft versucht habe, die angestrebten 74 kg Körpergewicht zu erreichen.
Anyway, noch gehen die Beine gut, die
Straße wechselt immer mal die Richtung, und dann kommt auch schon so
eine Hütte, ich glaube wir sind bald an der Mautstation, und von da
ging es doch gleich flach, bzw. bergab zum Kreisel? Oder war das so,
dass dazwischen immer wieder lange steile Teilstücke kommen und sich
das Ganze immer wieder nervig verzögert, so dass man psychologisch
nachher angeschlagen ist und keinen Bock mehr auf den Berg hat?
Hm, natürlich eher letzteres. Aber ich
ignoriere das mal und trete einfach brav meine Leistung. Es dauert
dann tatsächlich noch recht lange bis zur Mautstation. Und nach der
Mautstation geht es auch noch weiter berghoch, denn flach wird es
erst an der Kasereck Alm. Jep, so war das, also schön weitertreten.
Aber dann kommt auch endlich das
ersehnte Flachstück und die kleine Zwischenabfahrt. Die Jungs von
denen ich mir eine schnelle Gruppe nachher erhoffe sind aber nur
knapp hinter mir und unten am Kreisel, wo wir rechts zum Hochtor
abbiegen haben sie mich wieder eingeholt. Also muss ich mir den
Vorsprung jetzt neu erarbeiten.
Zunächst knallen die aber eher
schneller in die nun folgende, eher fiese Rampe rein als ich. Aber ich
bleibe bei meinen ca. 300 Watt Kletterleistung, die jetzt schon mehr
Konzentration erfordert. Noch funktionieren die Beine aber super.
Und es dauert einige Kehren, die
ich eigentlich nach meinen bisherigen Erfahrungen sogar etwas fürchtete,
bis ich mich wieder ran- und schließlich vorbeigearbeitet habe. Aber
es läuft wirklich super, das ein oder andere Foto gönne ich mir
noch, ansonsten versuche ich einen guten Rhythmus zu finden und zu
halten.
Mittlerweile ist es recht kühl, etwas
unter 10°, und da ich natürlich gut durchgeschwitzt bin fühlt sich
das nur so mittelmäßig gut an. Vor allem in der Abfahrt werde ich
nachher wohl etwas leiden.
Ist mir aber noch egal, ich kann jetzt
schon die letzten, wenn auch langen, Kehren zum Hochtor sehen, das
noch etwas von einer Wolke eingehüllt ist. Es gibt etwas Gegenwind,
geht aber. Dann komme ich auf die letzte Rampe und kann schon den
Parkplatz sehen.
Aus einem Rennbegleitfahrzeug werde ich oben nochmal angefeuert und ziehe voll durch, denn ich will etwas Vorsprung vor den Anderen in der Zwischenabfahrt halten. Ich kann es ja nicht mehr so gut leiden, wenn die anderen an mir vorbeipfeilen.
Aus einem Rennbegleitfahrzeug werde ich oben nochmal angefeuert und ziehe voll durch, denn ich will etwas Vorsprung vor den Anderen in der Zwischenabfahrt halten. Ich kann es ja nicht mehr so gut leiden, wenn die anderen an mir vorbeipfeilen.
Die Abfahrt läuft auch gut, wenn es
auch sehr kühl ist, aber nicht dramatisch. Ich fahre alleine bis zum
letzten Teil der Zwischenabfahrt an der Fuscher Lacke, da haben mich
die anderen vier eingeholt. Na das ging ja noch. Nun muss ich aber im
Gegenanstieg zum Fuscher Tor nochmal etwas Vorsprung rausholen und
darf oben an der Verpflegungsstation nicht anhalten. Aber selbst dann
wird es wahrscheinlich nicht reichen, dafür ist die Abfahrt zu lang.
Nachdem die Leistung zwischendurch mal
etwas abgesunken war, trete ich im Gegenanstieg wieder knapp meine
300 Watt und kriege auch wieder etwas Trittfrequenz in die Beine, das
ist mir die letzten Tage nicht so gut gelungen.
An der Aidstation nehme ich zwei
Flaschen auf, was ohne Anhalten klappt, danke nochmal an die
freundlichen Helfer, die uns hier so gut unterstützen!
Am Beginn der Abfahrt werde ich kurz
von einem Auto aufgehalten, dann läuft es aber ganz gut. Trotzdem
ist mein Vorsprung natürlich nicht groß genug, noch vor dem
Naturmuseum haben mich die drei, oder vier, genau weiß ich es gar
nicht mehr, eingeholt.
Ich fahre mein Abfahrtstempo, selten
mal über 70 km/h, und bleibe dabei ziemlich alleine. Nur zwei
Rennradfahrer die nicht zum Rennen gehören überholen mich, was mich
etwas reizt, so dass ich hinterhersetze, ohne allerdings etwas zu
riskieren.
Es wundert mich schon, dass mich bis
jetzt sonst niemand überholt hat, anscheinend bin ich doch ganz gut
den Glockner hinaufgekommen. Die Abfahrt ab der Mautstation mag ich
sehr, so dass ich hier auch im Vergleich ein ganz gutes Tempo
hinbekomme. Dann wird es ja etwas flacher und man muss schon ziemlich
mittreten.
Ich rechne immer mit einer Gruppe von
hinten, aber es kommt keine. Ein bisschen werde ich durch Autos und
eine Baustelle aufgehalten, aber im Prinzip trete ich so zwischen 260
und 280 Watt. Alleine im Wind. Aber letztlich ist es ja bis Bruck
eine Abfahrt, so dass es auch keinen Sinn macht irgendwie zu warten.
Nur ab Bruck hätte ich schon gerne eine Gruppe, sonst wird es zäh.
Mist, dass die anderen soviel besser abfahren als ich, denn das wäre
schon eine ziemlich gute Vierergruppe geworden.
Anyway, in Bruck angekommen fühle ich
mich wie zu Hause, der Glockner ist ja sowas wie mein Hausberg. Und
so ist mir auch die Streckenführung klar und die Straßen sogar
vertraut. Noch bin ich alleine, von hinten kommt nix, und ich
überlege gerade wieder ob ich am Zeller See nicht einen Cappuccino
nehmen soll, da sehe ich noch vor dem Abzweig nach Thummersbach einen
anderen Fahrer am Straßenrand, der gerade auf sein Rad steigt.
Ich warte auf ihn, und er meint „zu
zweit ist besser“. Recht hat er. Na das ist doch geil, so habe ich
jetzt einen Mitstreiter. Und wir arbeiten ganz gut zusammen. Am Ende
des Sees biegen wir auf kleinere Sträßchen ein. Man muss ein
bisschen aufpassen keinen Abzweig zu verpassen, aber alles ist gut
markiert. Nur einmal muss ich meinen Mitfahrer davon abhalten in eine
Hofeinfahrt zu fahren, aber dann läuft es sehr gut.
Recht lange geht es flach bis leicht
wellig. Ich fühle mich immer noch gut, auch wenn ich etwas Respekt
vorm Dienter Sattel habe, ich kann mich erinnern den letztes Jahr
schon aus dem Begleitfahrzeug heraus als recht steil empfunden zu
haben.
Es dauert eine Weile bis wir die
kleinen Sträßchen verlassen und auf die Hochkönigstraße
einbiegen. Von nun an geht es immer leicht bergauf, manchmal auch
weniger leicht. Aber noch immer lohnt es sich zusammenzuarbeiten.
Auch wenn man nicht so sehr profitiert wie im Flachen motiviert man
sich doch gegenseitig.
Schließlich erreichen wir die zweite
Aidstation. Ich nehme nur ein Wasser, das Alternativgetränk, das
angeblich Apfelsaft ist, schmeck ziemlich eklig. Ich hatte oben am
Fuscher Tor eine Flasche davon genommen, und war etwas vom Geschmack
„überrascht“. Eine Spezialmischung mit Salz. Schmeckt wie wenn
man beim Schwimmen im Meer unfreiwillig Wasser schluckt. Habe es
trotzdem komplett weggehauen.
Denn mittlerweile ist es recht warm,
und an manchen Stellen knallt die Sonne schon ganz gut. Vor allem
geht es jetzt nach der Aidstation steil berghoch. Ein Schild zeigt
15% Steigung an, ich hatte mich also damals im Auto nicht getäuscht.
Mein Partner bleibt etwas zurück, ich
scheine etwas mehr Kletterreserven zu haben. So schraube ich mich
langsam nach oben. Dabei überhole ich einige Mountainbiker, u.a.
zwei Frauen. Wir grüßen uns und die eine meint „werst naarisch,
noch so frisch“.
Mal abgesehen davon, dass das noch
ziemlich am Beginn des Anstiegs ist, muss sie von außen was anderes
sehen, als ich von innen fühle, denn frisch ist an mir gar nichts
mehr. Zwar treten die Beine schon noch an die 290, 300 Watt, aber
auch nur weil ich es ihnen sage, und etwas gegen ihren Willen.
Trotzdem komme ich ganz gut nach oben.
An einer Baustelle muss ich über klebrigen frischen Teer fahren, was
etwas zäh geht, da es gerade hier auch wieder recht steil ist, aber
sonst komme ich gut den Berg hoch.
Und dann ist auch schon der
Filzensattel erreicht, d.h. es gibt eine kleine Zwischenabfahrt. Die
ist auch super zu fahren, aber nicht so richtig lang. Denn nun geht
es hinauf zum Dienter Sattel. Aber auch das funktioniert super, so
richtig böse steil wird es eigentlich nicht mehr. Das hatte ich
nicht mehr recht in Erinnerung und durchaus die Befürchtung, dass
nochmal ein Hammer kommt.
Der bleibt aber aus, und so fahre ich
alleine in die Abfahrt. Ich schaue mich immer mal um, aber mein
Streckenabschnittspartner ist nicht zu sehen. Die Abfahrt ist aber
mal richtig geil zu fahren. Bis auf ein kleines 15% Stück mit ganz
vernünftigem Gefälle, gut einsehbare nicht zu scharfe Kurven, für
mich genau richtig.
Wie schon von Tom angekündigt werden
wir allerdings von der Polizei des Landes Salzburg überwacht.
Während in anderen Bundesländern und auch in Italien die Polizei
uns unterstützt und geschützt hat, ist es hier so, dass man aus
Sicherheitsgründen genau das Gegenteil macht, d.h. Die Markierung
der Strecke wird verboten und einige andere Dinge, und es fahren
Polizeimotorräder die anscheinend darauf hoffen, dass wir
Verkehrsregeln brechen um uns Strafen aufbrummen zu können. Wie dumm
ist das denn? Damit erreicht man ja genau das Gegenteil von dem was
man behauptet erreichen zu wollen, nämlich Sicherheit. Und das bei
mindestens gleich hohem Personalaufwand. Versteht keiner.
Aber ist nun mal so. Im Racebriefing
wurde das auch erwähnt, so dass ich nicht überrascht bin, dass mich
ein Polizeimotorrad überholt, wieder dreht nochmal schaut und dann
wieder hinter mir her fährt.
An einer Baustelle muss ich halten, da
die Ampel rot ist. Dumm nur, dass außer mir niemand da ist, auch
kein Auto. So schaltet die Ampelanlage nicht. Verdammt. Ich warte
fast zwei Minuten, dann nehme ich Blickkontakt mit den Bauarbeitern
auf und rolle vorsichtig hinunter.
Das hat Zeit gekostet. Egal, weiter
geht es bergab. Ich komme durch ein Dorf, dort wartet ein weiteres
Polizeimotorrad und notiert sich meine Durchfahrt.
Noch immer geht es auf der gleichen
Straße bergab, da meldet mein Garmin „Bitte wenden“. Ich hatte
heute mal die Navigation eingeschaltet und mir die Route auf den 810
geladen. Obwohl ich weiß, dass der Blödsinn anzeigt (und nicht zum
ersten mal), werde ich kurz unsicher. Doch dann sehe ich die 110 km
Markierung. Jetzt sind es noch zwei Kilometer, also nochmal etwas Gas
geben. Vor mir ist niemand und hinter mir kommt auch nix, und diese
zwei Kilometerchen kann ich jetzt auch alleine nochmal powern.
Dann geht es noch über zwei Kreisel,
natürlich sind da Autos im Weg, aber kein großes Problem, die
werden „weggefuchtelt“, dann geht es kurz links und durch den
Zielbogen. Geil, das hat richtig Spaß gemacht. Die bisher schönste
Etappe. Super über den Glockner gekommen, Glück gehabt, dass ich im
flachen Teil noch einen Mitstreiter gefunden habe und auch der
Dienter Sattel ging super, ganz zu schweigen von der schönen
Abfahrt.
Mit dem Hotel habe ich diesmal Glück,
liegt zentral an Start/Ziel, und das Zimmer ist viel besser als
gestern, nur das mit den Ergebnislisten ist immer noch Mist. Im
Internet stehen falsche Daten, da die Zeitmessung abgestellte Räder
doppelt erfasst hat, die Gesamtliste ist wie immer nirgends zu sehen,
außerdem fehlen da die Teamfahrer, was letztes Jahr anders war, und
auch schlicht falsch ist, denn würde ein Teamfahrer die Etappe als
erster beenden hätte er sie wohl auch gewonnen?!
Außerdem verschwinden die Ergebnisse
der Voretappen sobald die aktuelle online ist. Und nebenbei werden in
der Druckansicht die Ergebnisse von irgendwelchen Nordic Walkern
angezeigt. Also da ist mal richtig durcheinander beim Ansprechen der
Datenbank. Mir scheint die sind mit dem Etappenrennen einfach
überfordert...
So rechne ich ein bisschen, suche mir
die falschen Ergebnisse aus den Aushängen und online zusammen,
addiere die einen, ziehe die anderen ab, und weiß letztlich doch
nicht genau wo ich stehe, und gesamt schon mal gar nicht. Ich hoffe
die zeichnen wenigstens die Zeiten korrekt auf und irgendwann werden
die Ergebnisse in vernünftiger Form nachgereicht.
Morgen wird mich das kaum beeinflussen,
ich versuche eh so gut abzuschneiden wie es geht. Außerdem habe ich
nur zwei Ziele. Erst mal überhaupt heil ans Kitzbühler Horn kommen,
hat ja letztes Jahr nicht so gut geklappt, und dann da irgendwie hoch
kommen...
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