Mittwoch, 29. Juni 2011

Fazit Trondheim - Oslo 2011

Renntaktik

Wenn mir einer sagt, er hat Trondheim - Oslo in 18 Stunden gefinisht, weiß ich jetzt, dass das alles mögliche heißen kann. Denn die Endzeit hängt vor allem von zwei Bedingungen ab. Dem Wetter und den Gruppen die man erwischt.

Mit dem Wetter hatten wir dieses Jahr enormes Glück, zwar gab es anfangs zwei kleine Schauer, aber sonst war es trocken. Es war auch nicht zu warm. Und der Wind stand oft gut, bzw. war als Gegenwind nie sonderlich stark, da habe in Norwegen auf meiner Radreise schon ganz andere Sachen erlebt.

Wenn es stark regnet sind die Gruppen auch langsamer und es gibt ein viel höheres Sturzrisiko wenn man in oder an einer Gruppe fährt. So würde ich schätzen, dass das Wetter bis zu einer Stunde, bei extremem Wind sogar deutlich mehr ausmachen kann.

Trondheim - Oslo ist auch kein Einzelzeitfahren. D.h. die eigene Zeit ist sehr stark vom Rennverlauf, bzw. den Gruppen die man erwischt abhängig. Da sich immer wieder Gruppen bilden die an schnellen Teams hängen, kann man als Einzelfahrer praktisch Teamzeiten fahren. Dazu muss man allerdings sehr viel Glück haben. Eigentlich alle aus unserer Reisegruppe hatten lange Passagen in denen sie alleine gefahren sind.

Je langsamer man fährt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit über lange Strecken Gruppen zu haben. Vor allem wenn man nicht an den schnellen Gruppen dranbleiben kann, weil man das Tempo nicht mitgehen kann bezahlt man doppelt, denn dann fährt man praktisch die ganze Strecke im Wind.

Die Regel Nummer eins für dieses Rennen heißt: eine Gruppe finden, und niemals eine Gruppe opfern um anzuhalten! Solange man Wasser und KH-Getränk oder Riegel hat weiterfahren! Je weiter vorne man ist und je früher man startet, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit von guten Gruppen zu profitieren.

Durch die große Distanz, die zu bewältigen ist, und die Mischung von Teams und Einzelfahrern, ist Trondheim - Oslo nicht mit einem normalen Radrennen oder einem Radmarathon zu vergleichen. Man kann sagen, wenn man an einer Gruppe mit führendem Team hängt, fährt man wie im Peloton eines Radrennens. Wenn man mit ein paar Leuten zusammenfährt, ist es wie in einer Ausreißergruppe, und wenn man keine anderen Fahrer um sich rum hat ist es wie bei einem Einzelzeitfahren.

So erklärt sich auch, dass man bei gleichem Leistungsstand recht unterschiedliche Zeiten fahren kann. Wenn man noch die Wetterbedingungen mit einbezieht, glaube ich dass die Toleranz um einen anzunehmenden Mittelwert anderthalb bis zwei Stunden betragen kann. D.h. evtl. eine Differenz von bis zu vier Stunden zwischen optimalen und extrem schlechten Bedingungen und Rennverlauf.


Ernährung

Ernährung ist auf die Distanz extrem wichtig. Was bei mir fantastisch funktioniert hat war das KH-Getränk. (Sponser Long-Energy). Wenn ich mehr davon hätte mitführen können, hätte ich meine schnelle Gruppe bei Kilometer 250 nicht opfern müssen. Allerdings hatte ich ja schon zwei 1 Liter Flaschen am Rad und eine 0,75 Liter Flasche im Trikot. Beim nächsten mal würde ich im Trikot statt der 0,75 zwei 1 Liter Flaschen mitführen. Damit wäre man sehr flexibel was die Pausen betrifft.

Pausen
Da es für eine schnelle Zeit von Vorteil ist an schnellen Gruppen (im Klartext: an einem schnellen Team) zu hängen, und die Teams eigene Verpflegungsstationen haben an denen sie sehr schnell versorgt werden, muss man sehen, dass man nur dann Pause macht, wenn man das Team gerade an so einer Verpflegung hinter sich gelassen hat und zufällig eine offizielle Verpflegungsstation kommt. Als erstes die Flaschen voll machen, das mitgeführte KH-Pulver rein, und wenn noch Zeit ist essen was geht. Sobald aber die Gruppe anrauscht sehen, dass man hinterher und vor allem wieder drankommt. Lange Pausen sind eigentlich nicht wirklich nötig, man kann sich an vielen Stellen gut auf dem Fahrrad erholen. Meine lange Pause bei Kilometer 250 war bei diesen guten Wetterbedingen totaler Quatsch. Fünf bis zehn Minuten hätten auf jeden Fall gereicht, aber ich hatte kein Gefühl dafür wie mein Körper diese Distanz verkraftet, da ich das erste mal soweit gefahren bin.

Leistungsbereiche
Wenn man eine gute Gruppe hat kann man ganz viel im (teils sogar niedrigen) GA1 Bereich fahren. Viel fährt man auch GA2, und auch EB und Spitzenbereich müssen abgerufen werden. Gerade wenn man an eine Gruppe ranfahren will muss man manchmal über einige Minuten in den roten Bereich. Auf die Länge gesehen gewinnt man damit mehr als man verliert, denn in der Gruppe kann man sich wieder gut regenerieren.
Wenn man ohne Gruppe unterwegs ist, muss man abwägen wieviel man investiert. Einige meinen locker dahinrollen und auf die nächste schnelle Gruppe von hinten warten, das war aber meinem Ehrgeiz oder Stolz zuwider, so dass ich in den Solokilometern schon im GA2 Bereich gefahren bin, vielleicht holt man ja so auch gerade eine Gruppe ein, die gerade Pause macht.

Technik und Material
Gewicht spielt keine Rolle! Deshalb kann man sich auch mit Trinkflaschen und Essen vollpacken. Auch ob das Fahrrad nun ein Kilo mehr oder weniger wiegt ist völlig egal. Es gibt keine heftigen Anstiege, 6% ist das steilste (bis auf mini Ausnahmen im eher welligen Terrain hinter Lillehammer, aber die fallen nicht ins Gewicht). Die Gruppen fahren berghoch extrem langsam.
Man sollte schon gute Laufräder haben, brauchbare Aerodynamik schadet nicht, aber Aerolaufräder wie beim Zeitfahren sind nicht nötig, bzw. bringen wohl meist kaum Vorteile und der Seitenwind nervt dann mehr.

Wichtig ist vielmehr, dass man sehr gut auf dem Rad sitzt, und dass es bequem ist. Mit dem Specialized Roubaix hatte ich hier einen Volltreffer gelandet. Durch das hohe Steuerrohr sitzt man etwas aufrechter als auf einer brutalen Rennfeile, aber vor allem die Dämpfung, ja Federung des Rahmens bei trotzdem hoher Steifigkeit nimmt etwas Belastung vom Körper. Und bei 540 Kilometer Distanz macht sich dass dann schon deutlich bemerkbar.

Ich hatte zwar meine Bergübersetzung dabei (34-32), aber das wäre nicht nötig gewesen. Mit meiner Leistung von 264 Watt an der IAS zum Zeitpunkt des Rennens habe ich eigentlich höchstens mal bis 34-27 geschaltet und konnte immer hohe Trittfrequenzen fahren, es gibt halt keine steilen Anstiege, und meine Befürchtung, dass ich gegen Ende platt bin und dann noch für die Schlusssteigung an der Autobahn einen Rettungsring brauche hat sich nicht bewahrheitet.

Organisation, Veranstalter, Reiseveranstalter
Die Organisation des Rennens war gut, man kann, auch beim ersten mal, das Ganze ruhig selbst machen ohne Reiseveranstalter. Der Gepäcktransport von Trondheim nach Oslo in den Zielbereich funktioniert. Auch die Verpflegung während des Rennens war ok. Im Zielbereich hätte ich mir nochmal eine richtige Verpflegungsstation gewünscht, aber da gab es "nur" fette Würstchen und Cola. Igitt. Aber ist halt so, und wenn man das Ding gefinished hat ist einem das eh egal.

Ich habe für meinen ersten styrkeproven einen Reiseveranstalter in Anspruch genommen. Ich wollte alles Organisatorische von mir fernhalten. Dazu hatte ich mir velotravel.de ausgesucht. Andrew, der auch die Reiseleitung selbst gemacht hat, hat viel Erfahrung mit diversen Radsportveranstaltungen und hat Trondheim - Oslo schon mehr als ein Dutzend mal gemacht (und ist es auch schon selbst gefahren).
So ging alles reibungslos. Auch hat es natürlich Spaß gemacht sich mit den anderen Radlern zu unterhalten und von deren Erfahrung zu profitieren (wir waren so acht Leute in der Gruppe). Schließlich fährt man praktisch zweieinhalb Tage hin und anderthalb zurück, da ist es schön wenn man in der Gruppe etwas Spaß haben kann.
Die Hinweise die wir auf der Fahrt von Oslo nach Trondheim über die Strecke bekommen haben waren im Nachhinein gar nicht so wichtig.
Der Preis war absolut fair. Wenn man es selbst organisiert kommt man nicht billiger weg. Das ganze Unternehmen Trondheim - Oslo ist für jemand der aus der Mitte Deutschlands anreist schon recht teuer. Norwegen hat ein sehr hohes Preisniveau, man braucht eine Unterkunft in Trondheim, eine in Oslo, man muss fliegen oder eben die Nachtfähre nach Oslo und zurück nehmen und dann von Oslo nach Trondheim fahren, so kommt einiges zusammen.
Aus heutiger Sicht würde ich im Hotel in Oslo entweder einen early checkin vereinbaren, oder einfach die Nacht vorher auch schon buchen, denn sonst hängt man noch mehr als einen halben Tag im Zielbereich herum bis man im Hotel in Oslo einchecken kann. Und da gibt es wenig zu tun. Die Schlafplätze die man mieten kann sind besser wie nichts, aber letztlich nicht so der Bringer. Eine viel zu kleine Decke, kein Kopfkissen und schnarchende Nachbarn...

Gesamtfazit
Anyway, einmal sollte man das Ding auf jeden Fall gefahren sein. Ein ganz eigener Typ von Rennen, kein normales Radrennen, aber auch kein typischer Marathon, irgendwie ein Mix. Mal ein ganz anderes Teilnehmerfeld wie beim Ötzi und ähnlichen Veranstaltungen.
Aufgrund der guten Truppe mit der ich unterwegs war hat es auch drumherum großen Spaß gemacht. Wenn es nicht soviel Zeit und Geld in Anspruch nehmen würde, würde ich auf jeden Fall nochmal fahren. Aber momentan ist mir der Aufwand zu groß, vor allem die lange An- und Abreise.

Für mich war es eine tolle Erfahrung zu erleben wie locker ich das Ding unter zwanzig Stunden fahren konnte. Allerdings muss man auch sehen, dass ein Radmarathon in den Alpen um ein vielfaches härter ist. Auch wenn hier die Distanz nur halb so lang ist, hat man halt doppelt so viele Höhenmeter. Ich fahre zwar am liebsten steilberghoch, aber rein physisch bin ich vom Radfahrertyp her wohl doch eher ein Rouleur, so dass mir der styrkeproven ganz gut lag.



Dienstag, 28. Juni 2011

Statistik Trondheim - Oslo (styrkeproven) 2011

Styrkeproven, Strecke Trondheim - Oslo
Kilometer: 540 km
Zeit:  18:17:49 h
Schnitt:  29,51 km/h
Höhenmeter: ca. 3500
Durchschnittliche Temperatur: 15°C
Rückstand auf den Sieger:  4:59:51 h
Rang Overall : 862 (von 1931)
Rang Herren: 832 (von 1780)
Rang Herren Altersklasse 45-49: 185 (von 339)
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel (SRM):   166 Watt

Durchschnittliche Herzfrequenz: 138 bpm
Gesamte an der Kurbel abgegebene Arbeit: ca. 10148 kJ


Fahrrad:
Rahmen: Specialized Roubaix SL3 2011
Laufräder / Reifen: Citec 3000s Aero 2011 / Conti Grand Prix 4000S 23mm
Gruppe (Schaltung/Bremsen/Pedale): Shimano Dura Ace Di2 7900
Kurbel: SRM Dura Ace Compact 7800
Kassette: SRAM XX 2010 MTB Kassette
Lenker/Vorbau: Syntace Racelite2 CDR 44cm / F109 100mm
Sattelstütze / Sattel: Specialized Pro Road Carbon / Selle SMP Avant
Anbauteile: 2 Specialized Flaschenhalter, BuM IXback senso Rücklicht, Smart Polaris Frontlicht
Radcomputer: Garmin Edge 800, SRM PowerControl 7
kleinste Übersetzung: 34 - 32 = 2,27m (kleinste Übersetzung die ich benutzt habe war 34-25 = 2,88m)
Gewicht: ca. 12,9 kg inkl. Trinkflasche und Radcomputer, Beleuchtung und Transponder

Systemgewicht inkl. Fahrer (80,1 kg + 4,5 kg Kleidung und Nahrung) ca. 96,5 kg

Kleidung:
Helm: Bell Sweep
Mütze: Northface mit Windstopper (ab 250km Gore Helmmütze)
Brille: Uvex 10,- Euro Teil
Unterhemd: Odlo mit Windstopper (ab 250km Craft zero)
Trikot: Gore NextToSkin Langarm (ab 250km Simplon Standard Promotrikot)
Hose: Löffler lang mit Windstopper
Schuhe / Strümpfe: Specialized Defroster Rd (wasserdicht) / Falke TK1 (ab 250km Sidi Scarpe Genius 5 mit Endura Überschuhen / NoName Socken)
Handschuhe: Gore Countdown II lang wasserdicht (ab 250km Roeckl kurz)

Ernährung:
Riegel:
5 bis 6 Sponser High Energy
1 Sponser Energy Plus
2 Sponser Protein 36
1 Weider Megamass
Getränke:
5 Päckchen Sponser Long Energy verteilt auf ca. 5 Liter Wasser
ca. 3 bis 4 Liter Wasser
Feste Nahrung:
1 Portion Nudeln mit Tomatensoße
5 Belegte Brote
2 Gurken
3 Stück Kuchen
2 Viertel Orangen

Sonstiges:
Sitzcreme: Hans Karrer Hand repair microsilber
Sonnencreme: Nivea Sun 50+

Montag, 27. Juni 2011

Trondheim - Oslo, das Rennen

Unsere Startzeit ist 7:52, und so stelle ich den Wecker auf 6 Uhr. Aber wie meist werde ich schon früher wach, und dass obwohl ich nicht wirklich gut geschlafen habe, mein Zimmernachbar neigt manchmal zu Schlafgeräuschen, so dass ich immer wieder wach werde.

Ich fühle mich aber gut, und gehe erwartungsfroh zum Frühstück. Das Frühstücksbuffet öffnet allerdings erst um 7 Uhr, für die Styrkeproven Teilnehmer gibt es nur reduziertes "Radlerfrühstück", nämlich Müsli und Porridge. Naja Porridge hat sich ja auf meiner Großbritannien / Irland Tour 2009 sehr bewährt, passt schon.

Dann Rad geschnappt, nochmal Luft gepumpt, und die paar hundert Meter zum Start gerollt. Gestartet wird in Startgruppen, immer vier aufeinander folgende Gruppen werden zum Start aufgestellt, zunächst in die erste "Schleuse", wenn die Gruppe davor gestartet ist, geht es dann in die nächste Schleuse. Ein Offizieller schlendert ein bisschen durch die Gruppe und prüft ob alle Räder ordnungsgemäß sind.

In der ersten Schleuse

In der zweiten Schleuse kurz vor dem Start

Zu meinem Erstaunen treffe ich Elisabeth vom Ötztaler wieder, die eine Startgruppe hinter mir startet. Freudiges Hallo und Glückwünsche für's Rennen werden ausgetauscht, das hat sich ja schon beim Ötzi bewährt.

Und dann geht es los. Zum Start läuft witzigerweise leichte Swingmusik, nix AC/DC oder van Halen...

Ein Teil der Gruppe biegt schon nach 20 Metern im ersten Kreisel falsch ab, klassischer Fehlstart würde ich sagen. Aber dann geht es richtig los. Gestern abend und auch heute morgen habe ich hin und her überlegt was ich denn für Klamotten anziehe, die Wettervorhersage war ja schlecht, aber jetzt sieht es eigentlich ganz ok aus, allerdings ist es stark bewölkt und es könnte schon jeder Zeit anfangen zu regnen.

Ich entschließe mich zu langen Radhosen, langärmeligem Trikot, und wasserfesten Schuhen. Bei Kilometer 250 steht unser Reiseleiter, dort gibt es Gelegenheit sich umzuziehen und ich deponiere dort die eher sommerliche Variante. Die Regenjacke habe ich dabei, lasse sie aber nach einigem Überlegen aus.

Schon nach wenigen Kilometer fahren wir durch einen ersten Schauer, aber er ist nicht so stark, dass es sich lohnen würde die Regenjacke anzuziehen, und zum Glück hört es auch nach einigen Minuten schon wieder auf zu regnen.

Die machen schon zu Anfang ganz ordentlich Tempo

Zunächst geht es etwas bergauf, und es bildet sich schnell eine etwas flottere Gruppe, der ich mich anschließe. Die ziehen ganz gut los, und ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wie ich es bei der Streckenlänge angehen soll, aber ich denke mir lieber etwas zu schnell im Windschatten, als zu langsam alleine.

Anfangs sind die Startgruppen noch recht dich beieinander

Als wir Trondheim hinter uns liegen haben fängt es wieder an zu regnen, die Gischt des Vordermanns spritzt mir ins Gesicht, aber ich bleibe immer schön am Hinterrad. Zwei Leute aus der Gruppe machen die gesamte Führungsarbeit, die anderen, die offensichtlich zum gleichen Club gehören, fahren hinterher, und ich fahre mittendrin. Mit einem der Mitfahrer unterhalte ich mich kurz, und der meint die zwei vorne wären letztes Jahr 16 bzw 17 Stunden gefahren.

Bergauf geht es zunächst recht gemächlich zu, Zeit voraus zu fahren und zu fotografieren

Oje, überpace ich vielleicht jetzt schon auf den ersten 20, 30 Kilometern? Mein Ziel sind ja 20 Stunden, so schätze ich mich realistisch ein. Egal, ich bleibe erst mal dran. Und dann kommt nach so ca. 20 Minuten eine Gruppe vorbei geflogen, wie eine Rakete. Es scheint als würde sich meine Gruppe dranhängen, und so versuche ich auch dranzubleiben.

Das war aber ein Irrtum, denn die, die sich an die Rakete dranhängen, haben gar nicht zu dem Club gehört. Ich überlege kurz ob ich mich wieder zur ersten Gruppe zurückfallen lasse, bleibe dann aber trotzdem dran.

Es handelt sich bei der neuen Gruppe um ein norwegisches Team, so 25 bis 30 Mann, die kreiseln. Hinten fährt der Kapitän und beschützt den Kreisel, so dass keiner von denen die hinten dran hängen in den Kreisel reinfährt und ihn stört.

Ein norwergischer Kreisel mit schützendem Kapitän dahinter

Das ist auch nötig, denn ein paar versuchen immer mal wieder reinzufahren, was aber sehr lautstark und gestenreich unterbunden wird. Ein etwas älterer Mitfahrer meint, bloß die Norweger nicht provozieren, sonst gibt es Stress.

Dazu gibt es eigentlich auch keinen Grund. Denn da wir ja direkt hinter dem Kreisel fahren können, haben wir perfekten Windschatten und brauchen keinerlei Führungsarbeit zu leisten. An dem norwegischen Team hängen bald nochmal so 10 Fahrer, vielleicht sogar mehr. Das Tempo ist wirklich flott. Nur an den ersten kleinen Steigungen fahren die Norweger sehr langsam. In der Ebene muss man aber ganz schön draufhalten, und immer wieder mal richtig Watt abrufen um kleine Lücken durch den Ziehharmonikaeffekt zuzumachen. Allerdings kann man auch oft mal die Beine hängen lassen.

So geißeln wir durch die Landschaft, mit gutem 40er Schnitt und mehr. Aber immer wieder an kleinen kaum steilen Steigungen wird es total langsam. Ob das Methode hat?

Gute Straßen machen das Fahren angenehm

Die herrliche Landschaft lässt sich trotz zügigem Tempo noch genießen

Dann kommen endlich mal ein paar Steigungen, die wenigstens eine Spur länger sind bzw. auch mal mehr wie 3% haben. Die Norweger kriechen hier recht langsam hoch, bis mir die Geduld reißt, und ich fahre an der Gruppe vorbei, so kann ich wenigstens meinen Rhythmus fahren. Sobalds es wieder flach wird holen die mich natürlich sofort wieder ein, und ich reihe mich wieder hinter den Norwegern ein.

Und dann fahren die plötzlich an einer Haltebucht raus, ich bin ganz irritiert, da dort auch noch was von Kontrollstation steht. Fast wäre ich ein Stück zurück gefahren um auch dort einzubiegen, bis ich kapiere, dass die dort eine eigene Verpflegungsstation aufgebaut haben.

Da es gerade etwas bergauf geht setze ich mich dann etwas von den anderen ab, zunächst noch mit einem anderen Norweger am Hinterrad, dann aber alleine, und sehe bald eine weitere Gruppe vor mir. Auch die wird von einem Norwegischen Team geführt, allerdings sind die etwas langsamer. Am Ende der Steigung habe ich sie erreicht, und hänge mich hintendran. Die fahren den Kreisel nicht ganz so sauber wie die anderen, und auch ein ganzes Stück langsamer.

Nach einer Weile kommt auch prompt das erste Team wieder angerauscht. Während die an unserer Gruppe vorbeiziehen hänge ich mich wieder da hinten dran. Das Tempo ist schon recht hoch, ich habe immer noch Angst, dass ich total überpace, allerdings sind die Wattzahlen im Windschatten eigentlich ok, vor allem kann oder muss man immer wieder mal ein paar Tritte auslassen, so dass die Beine ständig die Möglichkeit haben wieder zu regenerieren. Es ist ungefähr so, als würde man im Peloton bei einem großen Radrennen fahren.

Nur das Gegurke am Berg nervt mich etwas. So richtige Steigungen gab es eigentlich noch nicht, aber ich hoffe hinauf zum Dovrefjell gibt es eine längere und auch mal etwas steile. Mehrmals an den Steigungen überhole ich das ganze Team und fahre meinen Rhythmus den Berg hoch. Jedesmal überholen sie mich auf den Geraden wieder. Finden die gar nicht lustig, denn das ganze Team muss sich wieder an mir vorbei schleußen.

Bei dem ganzen hin und her fliegen die Kilometer nur so dahin, ruck zuck sind zwei drei Stunden vergangen. Da ich den Weg hinauf zum Dovrefjell, von unserer Autofahrt in die andere Richtung gestern, irgendwie steiler und länger in Erinnerung hatte, warte ich die ganze Zeit auf einen langen Anstieg, wo ich mich ein bisschen austoben kann. Außerdem müsste ich eine kurze Pinkelpause machen, und möchte aber die Gruppe nicht verlieren. Da die am Berg so langsam fahren, könnte ich etwas Vorsprung herausfahren, und mich dann gleich wieder einreihen. Als ich denke, dass ich die richtige Stelle gefunden habe (beim dritten Versuch, weil es wie gesagt überraschend "unsteil" ist), setze ich meinen Plan um.

Dumm nur, dass auch dieser Anstieg zu kurz ist, und obwohl ich nur 40 Sekunden Pause mache ist die Gruppe weg. Jetzt heißt es wieder rankämpfen. Es ist kurz vorm Dovrefjell oben, so dass immer wieder leichte berghoch Passagen mit kurzen flachen Stücken abwechseln. Ich trete drauf und hole berghoch etwas auf, aber auf der Ebene ist es schwer näher zu kommen. Die Gruppe ist zwar nur ein paar hundert Meter vor mir, aber mit Entwicklungsbereich alleine ist nix zu machen. Es liegen so ca. 5 Autos zwischen mir und der Gruppe, und ich muss voll in den roten Bereich und zwar über lange Zeit, um erstmal an die Autos ranzufahren, die ja hinter der Gruppe hängen, und dann mit allem was geht an den Autos vorbei, mal links mal rechts, bis ich fast dran bin. Oje, dafür werde ich möglicherweise teuer bezahlen, wir sind ja noch keine 200 Kilometer gefahren!

Ganz vorne vor dem ersten Auto ist die Gruppe, der Weg dorthin kostet viel Kraft

Mit einem richtigen Kraftakt, schaffe ich es dann an die Gruppe wieder ran, und keine drei Minuten später fahren die zu ihrer nächsten Rast. Die ganzen Körner umsonst verschossen, Mist. Vor allem sind wir jetzt oben auf der Hochebene, und genau hier braucht man natürlich die Gruppe umso mehr.

Zunächst sind wir dann erst mal nur zu dritt, es scheint so, als ob die, die an dem Team dranhingen ebenfalls Pause machen, denn da war kurz nachher auch eine offizielle Raststation. Ich fahre mit zwei Norwegern, und versuche mit denen zusammenzuarbeiten, was aber nur bedingt klappt. Aber besser als alleine im Wind.

Ausgerechnet auf dem Dovrfjell ohne Gruppe, aber mit den beiden konnte ich eine Zeit lang zusammenarbeiten

Nachdem wir die Hochebene durchquert haben und es wieder abwärts geht, kommt auch irgendwann wieder die Gruppe angerauscht. Zum Glück. Ich hatte eigentlich geplant einen Stopp an einer offiziellen Verpflegungsstation zu machen, bis zum Extraraststopp unserer Reisegesellschaft, wo Andrew mit Essen und frischen Klamotten wartet. Da es aber so gut läuft, ziehe ich durch. Getränke reichen, Riegel habe ich ohne Ende, außerdem geht es bis Otta jetzt hauptsächlich bergab.

Ich bin erstaunt wie locker es bis jetzt geht, vor allem mit dem Tempo. Meine Zielzeit bis zum Stop war zwischen neun und neuneinhalb Stunden, das ist jetzt locker drin. Die Getränke werden dann doch nochmal knapp, so dass ich die letzten zehn Kilometer bis zum Stopp ohne fahre. Ich überlege sogar am Stopp vorbeizufahren um die Gruppe nicht zu verlieren, finde aber keine Lösung für mein Wasserproblem, da ich nicht weiß wo, und wie weit von der offiziellen Verpflegungsstation entfernt, die Norweger Pause machen.

So fahre ich nach 7:28 Stunden und 250 Kilometern zu unserem Stopp kurz hinter Otta. Meinen Plan die Klamotten komplett zu wechseln verwerfe ich, die Hose funktioniert gut, und in der Nacht wird es kühl werden, so dass es trotz der jetzt angenehmen Temperaturen, keinen Sinn macht auf kurz zu wechseln. Bei den Schuhen zögere ich, die funktioneren erstaunlich gut, allerdings merke ich schon die fehlenden Einlagen, und eigentlich sind die anderen, jene mit denen ich mich am wohlsten fühle. Trikot lasse ich wie es ist.

Erste Pause nach 250 Kilometern, Andrew hat Nudeln gekocht...

So erst mal essen, etwas frisch machen, und vor allem Sitzfläche nachcremen, bis jetzt lief alles beschwerdefrei. Zehn Minuten nach mir kommen die anderen aus unserer Reisegruppe, und nachdem wir ordentlich gegessen haben, wollen alle los.

Dumm nur, dass ausgerechnet jetzt der Reißverschluss des Trikots kaputt geht. Das Teil habe ich seit meiner ersten Radreise und ausgerechnet jetzt lässt sich der Reißverschluss nicht mehr schließen, ein einziges Mal hätte der noch zugehen müssen. Mist! Also doch Trikot wechseln, Unterhemd muss ich dann auch wechseln, die Riegel usw. umräumen. Die anderen wollen weg, ich sag noch drei Minuten, doch die wollen los. "Dann fahrt halt, ich hole euch eh wieder ein..."

Zwei entscheidende Fehler, die Pause zu lang und die anderen nicht zum Warten gedrängt. Als ich los fahre, fahre ich erst mal allein, kein anderer Radfahrer, keine Gruppe. Dann sehe ich weiter vorne eine Gruppe, und noch mit nicht wieder voller Betriebstemperatur knalle ich richtig rein um die Gruppe zu erreichen. Auch hier das gleiche Spiel, roter Bereich, Auto für Auto durchgetankt und dann irgendwie rangekämpft.

Dumm nur, dass sich die Gruppe als "Lumpensammlergruppe" der Speedgruppe an der ich vor dem Stopp dran war erweist. Das Tempo ist so langsam, dass ich die Geduld verliere und vorbeifahre. Die ganzen Körner zum Ranfahren umsonst verschossen.

So fahre ich alleine und bin mir eigentlich sicher, dass schon wieder eine Gruppe kommen wird. Es kommt aber keine. Das gibt's doch nicht, wo sind die denn alle. Sind etwa alle Schnellen schon vor mir? Oje, dann kann ich eine wirklich gute Zeit vergessen. So fahre ich ca. 30 Kilometer allein, nicht mal ein einzelner Fahrer mit dem ich zusammenarbeiten könnte. Nur ein paar ganz langsame, die wohl nur auf Durchkommen fahren.

Alleine im Wind kann man die Landschaft entspannt genießen

Dann endlich, endlich kommt eine Gruppe angerauscht! Damit die zunächst gut an mir vorbeikommen fahre ich ganz nach rechts und beschleunige ordentlich, damit ich hinten dran komme. Dabei übersehe ich ein riesiges Schlagloch, locker 5cm tief, und knalle voll dadurch. Es gibt einen heftigen Schlag, und die Riegel und der Fotoapparat aus der Triatasche auf dem Oberrohr fliegen auf die Straße. Das darf doch nicht wahr sein, ausgerechnet jetzt wo endlich die ersehnte Gruppe da war.

Es nützt nichts ich muss anhalten, absteigen und 10 Meter zurücklaufen. Gerade als ich den Fotoapparat erreicht habe sehe ich noch wie ein Wohnmobil drüber fährt. Knack, knack. Ich hebe den zerstörten Fotoapparat auf, und will gerade die Riegel aufsammeln, als noch eine Gruppe angerauscht kommt. Ich kann gerade noch zur Seite springen.

Als die Gruppe vorbei ist, schnappe ich mir die Riegel, renne zu meinem Fahrrad und lege los wie die Feuerwehr. An diese Gruppe muss ich unbedingt rankommen. Und wieder geht's in den roten Bereich, aber richtig. Denn die Gruppe ist schnell. Aber irgendwie schaffe ich es. Wieder das gleiche Spiel, Auto für Auto rankämpfen.

Dabei sehe ich, dass die erste Gruppe nur so ca. 5 Autos vor der zweiten ist. Und da die zweite irgendwie seltsam fährt, gehe ich nochmal in den roten Bereich und kämpfe mich an die erste Gruppe ran. Und die rollt ganz gut. Endlich kann ich die Beine wieder etwas hängen lassen. Dieses mehrmalige Herankämpfen an Gruppen, immer im roten Bereich, kann das Rennen für mich beenden, denn wir sind ja noch keine 300 Kilometer gefahren.

So kann ich für einige Zeit gut mitrollen. Da auch diese Gruppe an den leichten Anstiegen immer extrem langsam wird, kann ich mich, so seltsam es klingt, vor allem an den Anstiegen gut erholen, und sogar die Landschaft etwas genießen. Leider macht die Gruppe kurz hinter Kilometer 300 an einer eigenen Raststation Pause. So bleiben von den Fahrern die nicht zum Team gehören vier übrig, und wir arbeiten für die nächsten Kilometer zusammen. Geht eigentlich sogar recht ordentlich, aber dann fährt der Führende auf die nahe liegende offizielle Verpflegungsstation. Wir anderen fahren stumpf hinterher.

Trotz verlorenem Kampf gegen das Wohnmobil macht die Kamera noch Bilder...

Egal, die Toiletten kommen mir gerade recht, die Wasserflaschen nochmal nachgefüllt, gleich kommt eh die schnelle Gruppe wieder angerauscht. So fahre ich zunächst alleine von der Verpflegungsstation weg.

Aber irgendwie will die Gruppe nicht kommen. Ich fahre nicht zu schnell, weil ich nicht sinnlos Körner im Wind verbraten will. Aber es kommt keine Gruppe. Auch keine kleine. Es kommt nicht mal ein Einzelfahrer. Ab und zu überhole ich ein paar sehr langsame Einzelfahrer, niemand mit dem man zusammenarbeiten könnte.

So geht es Kilometer um Kilometer. Sie fließen zäh dahin. Nicht weil die Beine schlecht wären, im Gegenteil, sondern weil ich alleine fahre, und das Gefühl habe meine Kraft zu verschwenden. 321, 322, gefühlte Stunden später 323. Mist. Ärger kommt in mir hoch, ich sehe meine Chance auf eine gute Zeit schwinden. Dabei sind die Bedingen fantastisch, mein Körper funktioniert, ich fahre erstaunlich locker, aber ich würde meine Kraft lieber in eine Gruppe investieren.

Mittlerweile fahre ich praktisch ganz alleine. Hinter mir soweit ich sehen kann nichts, vor mir (manchmal kann man kilometerweit schauen) nichts, gar nichts. Ich werde stocksauer. Das kann doch nicht wahr sein, ist denn diese Gruppe von eben schon vorbei?

Einsam in Norwegen, kilometerweit kein anderer Radfahrer

Es passiert nichts, alleine fahre ich im Wind, mittlerweile bei Kilometer 340, ab und zu ein sehr langsamer Einzelfahrer, aber selbst das so selten, dass ich mich zwischendurch einsam fühle. Bin ich noch auf der richtigen Strecke? Ich fahre moderat, da ich einerseits auf eine Gruppe von hinten hoffe, und mich andererseits nicht alleine im Wind kaputt fahren will.

Der Ärger steigt, und ich suche einen Schuldigen für meine Situation. Da mir nichts besseres einfällt, ärgere ich mich darüber, dass die anderen an unserer Raststation nicht die drei Minuten auf mich gewartet haben. (ist natürlich Quatsch, schließlich war ich es der gesagt hat "fahrt los", aber was besseres fällt mir nicht ein). Die fahren jetzt da vorne irgendwo schön in einer schnellen Gruppe und sind 10 km/h und mehr schneller, verbrauchen aber nicht mal die Hälfte der Leistung, die ich treten muss.

Irgendwann bei Kilometer 350 kommt Lillehammer, wenigstens weiß ich jetzt, dass ich noch auf der richtigen Strecke bin. Und vor allem feuert einen ab und zu jemand an. Ich beschließe recht spontan an der dortigen Verpflegungsstation anzuhalten, vielleicht findet sich ja da jemand mit dem ich fahren kann.

Da ich mich so spontan entscheide anzuhalten, fahre ich den Nebeneingang in die Station und übersehe die Sandgrube die direkt dahinter ist. Keine Chance, sauber lege ich mich in den Sand. Danach sehe ich aus wie ein Crossfahrer.

An der Station beachtet einen keiner, die Leute wirken recht unmotiviert. Ist für die natürlich auch ein langer Tag. Egal, ich fülle die Flaschen nochmal auf, und esse Brote soviel wie reingehen, und lecker Orangen gibt's auch. Nur Mitfahrer finde ich keine, alles Leute die platt zu sein scheinen, niemand mit dem man Tempo machen kann. Einer mit dem ich mich unterhalte, der ist schon seit gestern abend unterwegs...

So fahre ich weiter. Die Straße geht jetzt etwas oberhalb im Hang weiter, ich fahre wieder völlig alleine. Das ist Radwandern und kein Radrennen. So sehr ich Radreisen liebe, so wenig will ich gerade jetzt eine machen. Laut schreie ich meine Wut raus: "Gruppe, verdammt ich brauch eine Gruppe" Hilft aber nix. Immer wenn ich die Hoffnung habe, dass sich vor mir etwas abzeichnet stellt es sich als langsamer 30plus Stundenfahrer heraus, oder gar als Familie mit Kindern, die zufällig auf der gleichen Strecke fahren.

Die Landschaft ist schön, aber ohne Gruppe im Wind verrinnt die Chance auf eine richtig gute Zeit

Welliges Profil, Abendsonne, genau mein Terrain, aber wo bleibt die Gruppe?

Immerhin geht es jetzt in welligem Profil auch immer mal bergauf, so dass ich mir einreden kann, dass ich an diesen Stellen nicht so viel Zeit auf die Gruppen verliere. Dafür um so mehr auf den Geraden und Abfahrten.

Und dann bei Kilometer 390 scheint mein Leiden ein Ende zu haben. Ich fahre an einer Raststation einer Gruppe vorbei, und die sind gerade dabei Pause zu machen. Es geht hier etwas berghoch, so dass ich den Berg in meinem eigenen Rhythmus fahre, und dann jederzeit mit der Gruppe von hinten rechne. Es dauert aber noch zwei weitere Anstiege und eine ordentliche Abfahrt bis die endlich dran sind.

Was für ein Gefühl, endlich wieder richtig schnell fahren, und dabei sogar noch Kraft sparen. Die Gruppe ist recht langsam, und einige sehen ziemlich fertig aus, aber besser eine langsame Gruppe wie gar keine. Nur fahren die die Steigungen noch langsamer wie die anderen vorher, die Gruppe schiebt sich zusammen, und prompt knallt vor mir einer auf den Asphalt. Ich kann gerade noch ausweichen. Ich halte an, frage ob er ok, ist, was er bejaht, dann fahre ich weiter. Das Team muss natürlich auf ihn warten.

Wieder dauert es zwei Anstiege und Abfahrten bis die Gruppe wieder dran ist. Ich überlege ob die mir nicht zu gefährlich sind. Dieses Team funktioniert lange nicht so gut wie die vorherigen, nur vorne die sind fit, und die schleppen die weniger fitten mit. Aber ich hänge mich wieder dran. Und prompt passiert das Gleiche nochmal. Ich glaube die sind einfach platt, zumindest hinten die.

Ich fahre wieder etwas vorraus, und nutze dann die Gelegenheit um kurz anzuhalten und meine Windjacke anzuziehen, denn mittlerweile ist es doch recht frisch. Vor allem da ich ja kurzarm trage.

Lieber langsame Gruppe als gar keine, wieder hänge ich mich an das Team dran, es ist blödsinn alleine im Wind zu fahren. Meine Jagd auf eine richtig gute Zeit war bei Kilometer 300 eh  gestorben, jetzt will ich wenigstens sicher unter 20 Stunden fahren.

Und dann passiert das unerwartete, die Gruppe wird immer schneller und besser. Vielleicht hatten die einfach nur Anlaufprobleme nach der Pause. Zwischendurch sind die fast zu schnell, aber ich bleibe natürlich dran. Die lasse ich nicht mehr ziehen. Es ist jetzt langsam recht dämmrig und wir sind irgendwo deutlich über Kilometer 400.

Zweimal ertappe ich mich dabei wie ich auf den Radcomputer schaue, und denke "was zeigt der denn für einen Mist an was heist denn 386?", bis mir aufgeht, dass der ganz korrekt die Kilometer anzeigt, und dass ich ja tatsächlich schon 386 Kilometer gefahren bin. Bei Kilometer 420 rum passiert mir das nochmal.

Die Gruppe läuft jetzt jedenfalls wie Sau, ein Heer roter Rücklichter vor mir, mal ist es dämmrig dunkel, dann gibt es auch wieder gelblich beleuchtete Straßen. Ich fühle mich immer noch gut, habe auch keine Probleme an der jetzt schnellen Gruppe dranzubleiben.

Zwischendurch klinken sich immer nochmal weitere Fahrer in die Gruppe ein, die wir unterwegs überholen. Je näher wir an Oslo kommen, desto mehr Menschen stehen an der Straße oder in einzelnen Orten. Bei einer Zwischenzeitnahme stehen bestimmt hundert Leute, und man fährt durch ein Tor. Der erste aus der Gruppe setzt zum Sprint an und reißt die Arme hoch, was zu stürmischem Jubel und Anfeuerungsrufen führt. Die Stimmung ist klasse.

Auch gibt es immer wieder kleine Gruppen am Straßenrand, die Grillen, manchmal Boxen mit lauter Musik aufgebaut haben, und (gerne alkoholgeschwängert) wild anfeuern, oder gar tanzen und mehr...

Das ist natürlich nur vereinzelt, aber immer wieder eine willkommene Abwechslung und Motivation. Wobei ich gar nichts brauche, das mich pusht. Auch bei Kilometer 450 fahre ich noch recht locker und fühle mich wohl. Nur das linke Knie hat sich kurz nach der Pause in Lillehammer mal gemeldet, und das rechte jetzt bei 450, aber das geht recht schnell wieder weg.

Dann macht das Team Pause an einer eigenen Raststation. Wir bleiben zu fünft oder sechst übrig und fahren weiter. Ich würde ja wie beim Teamzeitfahren wechseln und einzelne Fahrer nach hinten schieben. Aber bei Trondheim - Oslo wird immer gekreiselt. Also kreiseln wir auch. Die Jungs legen ganz schön vor, so dass es im Wind vorne ganz schön hart ist. Wir fahren ein paar Kilometer, als aber eine reguläre Verpflegungsstation kommt klinke ich mich aus. Ich fülle lieber meine Flaschen nochmal und warte auf die Gruppe, das bringt sicher mehr.

Gerade als ich die Flaschen voll habe und mir noch ein Brot genehmigen will, rauscht die Gruppe an. Das kann doch nicht sein! Nicht schon wieder die Gruppe verlieren. Insgesamt rund 120 Kilometer alleine im Wind reicht nun wirklich!

Also lasse ich alles fallen, springe auf mein Rad und geißele los was das Zeug hält. Zum x-ten Mal heute fahre ich in den roten Bereich, allerdings ist der nach fast 500 Kilometern natürlich nur noch orange. Aber es reicht, irgendwie komme ich tatsächlich noch an die Gruppe ran. Es stellt sich raus, dass das eine andere ist. Die Körner vielleicht umsonst verschossen. Aber die anderen Powersprints habe ich auch weggesteckt, also geht dieser auch noch.

Die Gruppe ist klasse, recht schnell und es rollt jetzt wirklich gut. Immer noch ist das Profil wellig, aber das Gefälle scheint gegenüber den Anstiegen etwas die Oberhand zu gewinnen. Der Garmin hat sich mitlerweile wegen leerem Akku abgeschaltet, aber mein Akku ist noch voll. Zum Glück habe ich noch das Powercontrol vom SRM, so dass ich die Kilometer sehen kann und ab Kilometer 510 rechne ich immer wenn, mal genug Licht von einer Straßenlaterne kommt, und ich den Computer ablesen kann, die Kilomter rückwärts. Noch 30, noch 28, noch 22. Wahnsinn wir sind nicht mehr weit vom Ziel und ich fühle mich als wäre ich im Training den Lahnradweg gefahren (so ungefähr jedenfalls). Sitzfläche ok, Hände ok, nur das linke Knie meldet sich bei Kilometer 520 wieder heftig. Das verdammte Ding wird doch jetzt nicht schlapp machen. Ich beschließe anarchistische Eigenmächtigkeiten von Körperteilen nicht zu dulden, und halte einfach drauf. So kurz vorm Ziel wird es mich nicht mehr aufhalten, aber etwas Sorge habe ich schon. Ich werde doch nicht wegen Knieschmerzen am Ende noch die letzte Steigung vor Oslo hochschieben müssen oder so was?!

Aber irgendwie geht der Schmerz wieder weg. Schließlich kommen wir auf den Teil der Autobahn, wo eine Fahrspur für die Radfahrer abgesperrt ist, jetzt sind wir kurz vor Oslo, noch eine Steigung. Und wieder wird die Gruppe sehr langsam. Mensch, das ist die letzte Steigung, das hat nix mit Taktik zu tun. Die Norweger können einfach keine Berge fahren (runter ja, aber hoch nicht...).

Diesmal warte ich nicht mehr, das ist ja endlich mal ein etwas längerer Anstieg, wenn auch nicht gerade supersteil. Ich überhole die Gruppe und muss mir dafür einen Spruch anhören, den ich aber eh nicht verstehe. Und so ziehe ich die Steigung hoch, keiner folgt, und schnell bin ich weit vor der Gruppe. Vereinzelt fahren ein paar sehr langsam auf dem Standstreifen, eine Dame schiebt sogar, ich nutze die abgesperrte Spur, und habe Spaß ohne Ende.

Noch gut 10 Kilometer bis zum Ziel, 530 Kilomter in den Beinen, aber berghoch fahren geht immer. Dann geht es etwas bergab, und wieder sehr lange gerade. Die Straße ist leer, es ist dunkel, aber alles gelb beleuchtet. Ich fahre ganz alleine, ich bin 120 Kilometer ganz alleine gefahren, da kann ich auch diese restlichen Kilometer alleine durchziehen. Ein tolles Gefühl so kurz vorm Ziel.

Die letzten Kilometer vor dem Ziel, allein auf der beleuchteten Schnellstraße

Von hinten kommt ein schneller Fahrer an, wir arbeiten etwas zusammen, noch 8 Kilometer, kurz darauf lasse ich ihn ziehen. Ich fühle mich wirklich gut. Beim Ötzi war ich so platt, dass ich am liebsten 500 Meter vor dem Ziel noch aufgegeben hätte, jetzt läuft es einfach wie Sau. Noch eine kleine Steigung um die Ecke, noch ein Verkehrskreisel, dann wird es sogar nochmal etwas steil, nochmal um die Ecke, noch ein paar Meter bergauf, die Ziellinie ist nah, schön im Wiegetritt drüber, biep - biep, ein Blitz, das Finisherfoto, und dann ist es vorbei.

Zielankunft nach 18:17:49 Stunden

Ich fühle mich richtig gut, nix tut weh, gebe den Transponder ab, bekomme die obligatorische Medaille um den Hals gehängt, und bin jetzt also Trondheim - Oslo Finisher. Die Zeit kann ich zunächst nicht sehen.

Das Absteigen vom Fahrrad klappt auch noch sehr gut, ich habe tatsächlich keinerlei Schmerzen, alle Befürchtungen im Vorfeld haben sich als unnötig erwiesen. Es war wirklich nicht schlimm mit den 540 Kilometern, ich fühle mich eher wie nach einem recht anstrengenden Training. (nicht genauso, es ist schon anders, aber jedenfalls nicht kaputt wie nach dem Ötzi oder dem ersten Glocknerkönig).

Es ist kurz nach zwei Uhr nachts. Ich bin eigentlich auch nicht wirklich müde. Beim Fahren tritt eh keine Müdigkeit auf, und da ich ungefähr so 18einhalb Stunden gefahren sein muss, bin ich auch nicht in den Bereich gekommen, wo man von Schlafentzug reden müsste.

Ich laufe noch etwas im Zielbereich herum, da es aber nix zu tun gibt, kaufe ich mir für 200 NOK einen Schlafplatz, obwohl ich jetzt am liebsten noch irgendwas machen würde. Beim Hinlegen merke ich dann aber, dass die Beine sich anfühlen als wollten sie platzen. Als ich liege kommt der Schmerz ins linke Knie zurück.

Der Schlafplatz besteht aus einem Luftbett und einer kleinen dünnen Decke von der Größe eines Radtrikots. So ruhe ich zwei Stunden, um dann, es ist ja schon wieder hell um halb fünf, bis um zwölf Uhr mittags im Startbereich rumzulungern, denn einchecken im Hotel ist noch nicht möglich. Aber auch das gehört zum Styrkeproven einfach dazu.





Alles in allem ein tolles Erlebnis, die Bedingungen waren wirklich sehr, sehr gut. Auch habe ich mich während des gesamten Rennens sehr gut gefühlt, und weiß jetzt, dass ich auch über 500 Kilometer am Stück fahren kann. Das neue Rad läuft fantastisch, das beste was ich bis jetzt gefahren bin. Auch ergonomisch hat alles gepasst.

Die über 120 Solokilometer haben mir zwar einerseits eine deutlich bessere Zeit versaut, aber andererseits ist es auch zu einfach sich immer von Gruppen schleppen zu lassen. So kann ich meine Zeit von letztlich 18:17 Stunden mit einiger Zufriedenheit betrachten, denn ich habe einerseits selbst viel im Wind zu dieser Zeit beigetragen, aber natürlich auch vor allem von der ersten Raketengruppe bis zur Pause sehr profitiert. Also ein Mix der die Zeit realistisch macht.

Von hier auch nochmal herzlichen Dank an alle, die mir zu Hause die Daumen gedrückt haben, oder mich gar per SMS angefeuert haben :)

Mittwoch, 22. Juni 2011

Trondheim - Oslo: Strategie

Dank der offiziellen Zeitung zum Event gibt es schon gute Vorgabewerte für die Zwischenzeiten an einzelnen Stationen wenn man eine bestimmte Endzeit fahren will.

In dieser Tabelle ist das Gelände berücksichtigt, da sie aus den Daten der letzten Jahre generiert ist, das Wetter wahrscheinlich nicht, aber das ist ja meistens schlecht, dann stimmts auch wieder...

Für die erste Hälfte der Strecke geht die Tabelle von einem knappen 28er Schnitt aus, wenn man bedenkt, dass die meisten Höhenmeter in diesem Teil der Strecke liegen, muss man sich schon ganz schön ranhalten. Am Schluss wird mit einem 25er Schnitt gerechnet.

Für mich heißt das: "bloß in der Gruppe bleiben!" Als Einzelkämpfer wird das ganz schwer, gerade bei den erwarteten Witterungsverhältnissen. Gegegebenenfalls also lieber etwas "zu schnell" fahren und dafür in der Gruppe bleiben. Wenn die Gruppe zu langsam ist, habe ich wiederum ein Problem, denn es macht keinen Sinn alleine in den Wind zu fahren.

Die ca. 4900 Kalorien während des Rennens zu ersetzen wird kaum möglich sein. Da ich aber nicht so oft anhalten will (jedenfalls denke ich mir das jetzt so, wo ich hier im Trockenen zu Hause sitze...) versuche ich möglichst viel flüssige KH zu mir zu nehmen. Das Sponser Long Energy Zeug hat sich eigentlich beim Testen gut bewährt. Die High Energy Riegel sind ja Norwegen bewährt. An der Pausenstation unserer Gruppe, die ca. bei Kilometer 245 liegt, gibt es eine warme Mahlzeit, da werde ich auch auf jeden Fall frische Klamotten deponieren.

Hier kann ich vor allem auch meine Trikots wieder mit Long Energy Pulver und Riegeln vollstopfen. Gel nehme ich wahrscheinlich keins mit, da mich diese klebrige Sauerei einfach nervt.

Welche Klamotten ich letztlich nehme entscheide ich vor Ort, bei den Temperaturen sind lange Hosen wahrscheinlich angesagt, Knielinge und Beinlinge sind aber auch dabei. Vielleicht wechsle ich nach der Hälfte von lang auf kurz, jedenfalls wenn ich nicht zu sehr friere.

Bei Schmerzen in den Füßen oder Händen oder auf der Sitzfläche fahre ich solange es irgendwie geht, wenn es zu arg wird mache ich halt Pause und nutze die auch zum Essen und ausruhen. Bei Schmerzen in den Knien, wechsel ich auf extrem hohe Trittfrequenzen und fahre langsam, wenn es nicht geht breche ich ab. Allerdings haben die Knie den Ötzi mitgemacht, es gibt also keinen Grund warum sie bei Trondheim - Oslo den Dienst verweigern sollten. Muss ich mir aber trotzdem vorher ins Blog schreiben, damit ich nicht dumm weiterfahre falls doch...

Gedanken zu Trondheim - Oslo 2

Nachdem ich jetzt weiß, dass ich leistungsmäßig ungefähr da stehe wo ich zum Ötztaler stand, bleibe ich bei meinem ausgegebenen Ziel 20 Stunden zu fahren. Alles bis 24 Stunden wäre ok für mich und würde als "gefinisht" für mich durchgehen. Alles darüber wäre eine Enttäuschung.

Allerdings bin ich noch nie eine solche Distanz gefahren, vielleicht verschiebt sich die Perspektive mit dem Verlauf des Rennens und bei Kilometer 400 geht es nur noch darum überhaupt durchzukommen. Die kummulierten Höhenmeter, die offiziell mit 4600 angegeben werden sprechen allerdings dagegen.

Das Wetter wiederum wird übel. D.h. es wird nach der bisherigen Vorhersage die meiste, wenn nicht die ganze Zeit regnen, und die Temperaturen liegen deutlich unter zehn Grad. Und nicht zuletzt stelle ich mich schon mental auf teils heftigen Gegenwind ein. Über kurze Distanzen ist Gegenwind eine Frage der Einstellung, über lange Distanzen kommt irgendwann der Punkt wo man anfängt den Wind zu hassen. Aber wer weiß, vielleicht kommt er ja von hinten, schließlich fahren wir in südöstliche Richtung.

Der Leistungsdiagnostiker gestern meinte, ich solle nicht auf irgendwelche Bereiche achten, sondern einfach immer nur sehen, dass ich an einer Gruppe dranbleibe und möglichst keinen Meter im Wind fahre. Im Regen heißt das natürlich, dass man ständig das Sprühwasser des Vordermanns im Gesicht hat (es sei denn er fährt mit Schutzblechen), außerdem muss man noch konzentrierter fahren um sich nicht gegenseitig umzusäbeln.

Dabei bekommt man leider von der Landschaft fast gar nichts mit. Insgeheim hatte ich schon etwas darauf gebaut, dass die spektakuläre norwegische Landschaft und die Erinnerung an die Radreise 2007 mir noch etwas Extraenergie geben...

Anyway, ich hoffe einfach, dass nach 150 Kilometern der Motor richtig anspringt und die vielen neuen Erfahrungen, wie das Fahren in die Nacht hinein und vor allem aus der (ja sehr kurzen) Nacht wieder heraus so viel Interessantes bieten, dass die Kilometer nicht so zäh dahinfließen. Auch wenn ich mental noch nicht so stark bin wie zum Ötzi, so zweifele ich nicht daran, dass ich die 20 Stunden knacken kann, es sei denn Knie, Sitzfläche oder Hände würden mir einen Strich durch die Rechnung machen.

Auch wenn ich mit dem neuen Fahrrad noch keine 300 Kilometer zurückgelegt habe, ist es doch kein so großes Risiko, denn schließlich hat es die exakt gleiche Geometrie wie mein bisheriges Roubaix und praktisch die gleichen Anbauteile. An der Sitzposition habe bis vorhin noch gefeilt, die ist jetzt auch ok. Das neue SL3 ist aber einfach viel besser als das alte Rad, deshalb war die Entscheidung alt oder neu eindeutig.


Wahrer Luxus - die Wahl haben...

Dienstag, 21. Juni 2011

Leistungstest im Radlabor

Um die genauen Daten zu haben habe ich heute nochmal einen Leistungstest (Laktatstufentest und VO2max) im Radlabor in Freiburg gemacht. Eigentlich war der Plan die Leistungsdaten zu haben um Trondheim - Oslo mit dem SRM Powermeter zu steuern. Dadurch, dass aber die Kalibrierung des Teils nicht stimmt ist das hinfällig.

Das sollte mich eigentlich ärgern, ist mir letztlich aber auch egal, denn mit dem falsch kalibrierten Teil habe ich ja auch trainiert, und so ein ganz gutes Gefühl was welche Werte denn bedeuten. SRM hat mir noch ein PC7 als Leihgerät geschickt, so dass ich zumindest alles aufzeichnen kann, und die Werte dann nach der Kalibrierung des Powermeter in der Software korrigieren kann. So kann ich wenigstens sehen, was ich geleistet habe...

Das Ergebnis des Tests war im Prinzip, dass ich jetzt da stehe wo ich fünf Wochen nach dem Ötzi gestanden habe. Für diesen Zeitpunkt der Saison ist das ok. Nach dem Alpenbrevet sollte ich dann hoffentlich deutlich besser dastehen als letztes Jahr. Der Leistungswert an der Schwelle ist minimal geringer, die maximale Sauerstoffaufnahme etwas höher

Laktatstufentest:
Erste Stufe 100 Watt, Steigerung alle 3 Minuten um 20 Watt (entspricht auch dem vorgeschlagenen Protokoll des Bundes deutscher Radfahrer)

Gewicht: 79,5 kg - Größe 186cm
Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle (IAS): 264 Watt (3,32 Watt/kg Körpergewicht)
Herzfrequenz an der IAS: 153/min
Abbruchleistung 350W (4,40 Watt/kg Körpergewicht)

VO2max Test:
4758 ml/min
59,85 ml/min/kg





Mittwoch, 15. Juni 2011

Gedanken zu Trondheim - Oslo

Die große Kraftprobe, was für ein Name für einen Radmarathon! Natürlich ist der entscheidende körperliche Faktor für dieses Rennen die Ausdauer. Aber bei einer epischen Länge von 540 Kilometern auch die mentale Kraft. Und eben diese wird hier wohl auf die Probe gestellt.

Nach dem Ötztaler Radmarathon letztes Jahr habe ich ein 24 Stunden Rennen als neue Herausforderung ausgeschlossen, weil ich keinen rechten Sinn darin gesehen habe ggf. unter Schlafentzug zu fahren. In 24 Stunden fährt man je nach Höhenprofil wohl so zwischen 500 und 700 Kilometern, die Guten natürlich auch 900 oder mehr.

Bei Trondheim - Oslo liegt die Sache aber anders. Hier ist die Strecke vorgegeben. Es ist also kein Rennen, bei dem man zwangsläufig lange und mit Schlafmangel fährt, im Gegenteil, der Streckenrekord liegt bei deutlich unter 14 Stunden, also ungefähr bei den Zeiten, die die langsamsten Finisher des Ötztaler fahren.

Für einen Freizeitfahrer wie mich, liegen 24 Stunden Rennen und Trondheim - Oslo allerdings möglicherweise recht nah beieinander. Auch wenn ich mir andere Ziele gesetzt habe. Das Ziel lautet die Strecke in 20 Stunden zu fahren. Ich glaube, dass ich das prinzipiell drin habe, muss dann aber die "mentale Kraftprobe" bestehen.

Das Streckenprofil sieht erst mal deutlich einfacher aus, wie z.B. der Ötztaler Radmarathon. Die Steigungen erreichen wohl eher selten den zweistelligen Prozentbereich, wenn überhaupt. Die Angaben vom Veranstalter, dem Organisator meiner Reisegruppe und den Tracks die ich im Web gefunden habe differieren hier etwas.

Aus eigener Erfahrung weiß ich allerdings, dass die norwegischen Straßenbauer im Gegensatz zu z.B. den englischen recht fair sind. Außerdem führt die Route hauptsächlich über die E6, also kann man wohl von Steigungen von meist nicht mehr als 6% ausgehen, mit einzelnen kurzen Abschnitten bis um 9%.

Eigentlich heißt das, dass ich mit 34 - 25 als kleinster Übersetzung gut bedient wäre und nicht meine MTB Bergkassette benutzen muss. Andererseits, bin ich noch nie länger wie 240 Kilometer gefahren, vielleicht bin ich bei Kilometer 400 so platt, dass ich für ein 32er Ritzel zur Bezwingung einer 6% Steigung ganz froh bin?

Außerdem würde mir die Bergkassette die Möglichkeit eröffnen im ersten Teil der Strecke, der hauptsächlich berghoch geht die Belastung besser zu kontrollieren. Letztlich kann man eine Distanz von 540 Kilometern nur in der Fettverbrennung überstehen, und die braucht nun mal eine konstant gute Kohlehydratversorgung zur einwandfreien Funktion.

Wenn man also seine Kohlenhydrate am ersten Berg verschießt, wird der Rest hart und man muss sich an einer Verpflegungsstation erholen. Das möchte ich auf jeden Fall vermeiden. Bei langen Distanzen reißt einen jede Pause aus dem Rhythmus und dem "Flow". Die ersten Kilometer nach einer Pause sind oft die härtesten.

Außerdem kosten Pausen natürlich Zeit. Nachdem ich im Training ein bisschen mit dem Long Energy Drink von Sponser experimentiert habe, würde ich am liebsten überhaupt nicht anhalten, sondern aus dem Begleitfahrzeug immer frische Flaschen gereicht bekommen...

In der Realität werden es allerdings wohl mindestens drei Pausen vielleicht mehr sein. Da es bei diesem Event eigentlich immer regnet, zumindest auf Teilen der Strecken, ist ein Satz trockener Klamotten für eine Pause nach etwas mehr als der Hälfte sicherlich eine gute Idee.

Da man ordentlich Kalorien verbraucht ist essen während des Rennens ziemlich wichtig. An der Kurbel werde ich so geschätzt 13000 kj leisten müssen. Der grob geschätzte Grundumsatz von 7600 kj kommt noch dazu. Also ca. 20600 kj die ich durch Nahrung teils ersetzen muss, ein Defizit am Ende ist natürlich egal, aber während des Fahrens muss genug Energie da sein. So gut 4900 Kalorien während des Fahrens zuzuführen ist nicht ganz einfach.

Dabei gehe ich davon aus, dass ich große Teile der Strecke im GA1 und kleinere im GA2 Bereich fahre. Aber natürlich kommt es auch auf die Wetterverhältnisse an. Bei konstantem heftigem Gegenwind, was ja durchaus möglich ist, müsste ich für die gleiche Zielzeit logischerweise erheblich mehr Leistung bringen und würde deutlich mehr Energie verbrauchen, was mehr Energiezufuhr nötig machen würde.

Anyway, Trondheim - Oslo ist kein Ultraausdauer Rennen, dafür ist das Streckenprofil nicht "hart" genug, aber es wird mir eine gute Gelegenheit bieten zu Testen, ob ich überhaupt eine Distanz von über 500 Kilometern am Stück bewältigen kann, wie sich die Kontaktpunkte zum Rad nach einer solchen Distanz anfühlen, und ob mir so etwas prinzipiell Spaß macht. Das könnte die Zielsetzung für die Zukunft natürlich stark beeinflussen.

Ich habe großen Respekt vor der Aufgabe, und hoffe, dass meine Hände, Füße und Sitzfläche die Aufgabe ohne große Blessuren überstehen. Um die 20 Stunden Marke zu knacken, was für einen Freizeitfahrer definitv eine große Herausforderung ist, muss ich mir einige Zwischenziele und -zeiten setzen, was ohne Erfahrung über die Distanz und ohne Streckenkenntnis nicht ganz einfach ist.

Aber dazu ggf. mehr in einem anderen Blogeintrag. Ich freue mich auf jeden Fall auf dieses Event, denn meine Erinnerungen an das Radfahren in Norwegen und bei den speziellen Lichtbedingungen so hoch im Norden sind geprägt von spektakulären, emotionalen Bildern. Ich hoffe sehr, dass mich diese auch im Rennen, wenn es hart wird immer wieder motivieren und mir diesen Extraschub geben, den man braucht um auch mal über sich hinauszuwachsen.

Mittwoch, 8. Juni 2011

Fazit Glocknerkönig 2011

Nachdem die erste Enttäuschung überwunden ist, versuche ich erst einmal das Positive zu sehen.

Da wäre zunächst die Tatsache, dass ich mich prinzipiell gegenüber letztem Jahr verbessert habe. D.h. auf die Verletzung in der Vorbereitung konnte ich mit der Trainingsplanung noch reagieren. Prinzipiell geht das Training auch wohl nicht in die falsche Richtung.

Da der Glocknerkönig ja auch eher Teil des Trainings ist, und nicht etwas das Ziel, bin ich mit dem Ergebnis letztlich doch ganz zu zufrieden.

Außerdem bietet sich die Möglichkeit aus den gemachten Fehlern zu lernen. Da wäre zum einen die mentale Vorbereitung, Einstimmung auf das Rennen. Für mich macht es eindeutig Sinn nicht zu spät zum Start zu gehen. Das Warten auf den Startschuss kann ich einerseits genießen, so dass ich mich entspannen kann um entsprechend locker zu starten, andererseits brauche ich die Zeit um Spannung aufzubauen, so dass ich gleich vollkonzentriert und fokusiert vom Start weg fahren kann. (Klingt wie ein Widerspruch, ist aber keiner)

Das Ziel war zwar richtig gesetzt, aber ich habe nicht so richtig daran geglaubt. D.h. beim nächsten mal muss ich das gesteckte Ziel konsequenter, bzw. kämpferischer verfolgen, und dabei eben das Risiko eingehen etwas zu überziehen. Gerade auf einer so kurzen Strecke (Länge in Km und auch zeitlich) muss man anfangs mehr draufhalten.

Verkehrsinseln einprägen! Obwohl ich die Strecke ja sehr gut kenne, hatte ich die zwei Verkehrsinseln nicht im Kopf. Im Pulk können die extrem gefährlich sein, wenn die ganze Straße genutzt wird. Also bei der Streckenbesichtigung diese Punkte einprägen, und im Rennen bei Fahrten im Pulk eben auch beachten...

Gewicht ist am Berg extrem wichtig. Das zeigt die Analyse der Leistungsdaten ganz drastisch. Nächstes mal tuts auch die 750ml Flasche. (An der Pifkar Labstation versuchen Wasser zu bekommen statt des widerlich süßen Tees!) Das Fahrrad und Kleidung ist viel, viel zu schwer. Hier müssen noch zwei Kilo runter. Außerdem sollte mein Zielgewicht für einen ernsthaft gefahrenen Glocknerkönig so 77kg sein. Das Systemgewicht sollte somit unter 90 kg betragen.

Dafür müsste ich dann aber den Kleiderservice nutzen, um oben warme Klamotten zu haben, für das Kaiserschmarrn essen und vor allem für die Abfahrt.

Das Wichtigste aber, was ich aus dem diesjährigen Glocknerkönig gelernt habe, ist die Tatsache, dass Leistungsmessung am Fahrrad nicht so einfach funktioniert wie Geschwindigkeitsmessung. Die Kalibrierung der SRM Kurbel muss in kurzen Abständen regelmäßig geprüft werden, die Daten die der Garmin liefert geflissentlich ignorieren, allein die SRM Daten des Powercontrol haben aussagekraft. Ein PC7 ist eine notwendige Aufrüstung. Nicht nur wegen des Akkus.

Außerdem sollte ich die Ideen, die nach der Saison bezüglich des Fahrrades kommen sofort umsetzen, und nicht erst wie dieses Jahr den Winter abwarten, um dann zu denken geht ja auch so, um dann, wenn es wieder ernst wird festzustellen, dass ich es doch ändern will...

Montag, 6. Juni 2011

Statistik Glocknerkönig 2011

Glocknerkoenig Classic Strecke
Kilometer: 27 km
Zeit:  1:48:38,2h
Schnitt:  14,912 km/h
Höhenmeter:
Durchschnittliche Temperatur: 15°C
Rückstand auf den Sieger:  32.39,7 min
Rang Overall Classic: 448 (von 2322)
Rang Overall Classic Herren: 435 (von 2106)
Rang Altersklasse H4: 133 (von 746 )
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel (SRM):  256 Watt
Normalisierte Leistung nach TrainingPeaks: 262 Watt
Durchschnittliche Herzfrequenz: 164 bpm

Zwischenzeit Mautstation Ferleiten
Zeit: 00:34.26 h
Rang Overall Classic: 576
Rang Overall Classic Herren:556
Rang Altersklasse H4: 185
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel (SRM):  243 Watt
Durchschnittliche Herzfrequenz: 161 bpm

Zeit Mautstation bis Ziel
Zeit: 1:14.11 h
Rang Overall Classic: 410
Rang Overall Classic Herren: 397
Rang Altersklasse H4: 121
Durchschnittliche Leistung an der Kurbel (SRM):  262 Watt
Durchschnittliche Herzfrequenz:  166 bpm

Fahrrad: Specialized Roubaix Pro 2010 mit Citec 3000s Aero Laufrädern und SRM Kurbel
kleinste Übersetzung: 34 - 32 = 2,27m
Gewicht: ca. 10 kg inkl. Trinkflasche und Radcomputer und Transponder
Systemgewicht inkl. Fahrer (80,5kg + 3kg Kleidung) ca. 93,5 kg

Sonntag, 5. Juni 2011

Glocknerkönig 2011 das Rennen

Dieses mal werde ich nicht mitten in der Nacht wach, sondern erst um fünf Uhr. Eigentlich perfekt zum Rennen. Da ich gestern noch erfahren habe, dass meine 2000er Startnummer auch tatsächlich für den Startblock zwei gilt, kann ich mich nochmal rumdrehen und etwas vor mich hin dösen, denn ich kann spät zum Start gehen.

Irgendwie fehlt mir etwas die Spannung vom letzten Jahr. Und gleichzeitig die Lockerheit. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber mir fehlt dieser Enthusiasmus vom ersten Mal. Dabei habe ich mich schon auf dieses Wochenende gefreut, und mich eigentlich im Rahmen der Umstände noch ganz ordentlich vorbereitet.

Ich versuche das konsequent weiter umzusetzen, und nach dem Frühstück versuche ich mich ein bischen zu pushen. Um zwanzig vor fahre ich mich noch etwas warm. Das fühlt sich nicht so gut an. Ich kriege die Maschine nicht so recht in Schwung. Fahre aber trotzdem so wie ich es mir vorgenommen habe und gehe dann so zehn vor sieben zum Start.

Ich hatte das zunächst als Vorteil gedeutet so spät zum Start gehen zu können, aber eigentlich geht es mir dann viel zu schnell. Letztes Jahr hier und auch beim Ötztaler habe ich die Wartezeit wirklich genossen. Man kann etwas mit den anderen quatschen, sich die ganzen Räder anschauen und es baut sich immer mehr Spannung auf.

Hier in Startblock zwei bin ich bis auf einen weiteren Fahrer der einzige mit unrasierten Beinen. Alle gucken ganz ernst und scheinen sich ordentlich was vorgenommen zu haben. Ich habe mir ja auch was vorgenommen, das war aber vielleicht ein bisschen vorlaut mit der ersten Startgruppe, bzw. der Qualizeit für die erste Startgruppe von 1:45 h.



Das Fahrrad habe ich abgespeckt wo es nur geht, d.h. kein Ersatzschlauch, keine Luftpumpe, kein Flickzeug, keine Triatasche am Oberlenker, nur ein Flaschenhalter, nur eine Flasche (aber 1 Liter). Damit komme ich inkl. Computer ziemlich genau auf 10kg. Viel zu schwer. Wie gut, dass das neue Fahrrad schon in Arbeit ist.

Auch bei den Klamotten wird gespart, keine Mütze für die Abfahrt, nur eine dünne Windjacke, keine langen Handschuhe, keine Beinlinge. Oben und bei der Abfahrt werde ich ganz schön frieren. Ist mir aber egal, ich will ja die 1:45 h angreifen.

Also nochmal irgendwie pushen, Spannung aufbauen, hoffentlich spielen die Hells Bells... Aber wie gesagt, die Zeit bis zum Start ist recht kurz. Mein Puls ist bei 108, letztes Jahr war er bei 78, kein gutes Vorzeichen. Aber dann kommt vom Sprecher groß angekündigt "Die Glocken von Bruck" von AC/DC, und schon setzt sich das Feld in Bewegung. Die ersten Meter am Start mit Hells Bells sind einfach geil, und ich versuche so viel Kraft daraus zu ziehen wie möglich.

Und dann schießt das Feld auch schon los. Diesmal will ich gleich an den richtigen Gruppen dranbleiben. Das klappt anfangs mal und mal nicht, dann aber immer besser. Zwischendurch habe ich sogar das Gefühl zu wenig Watt zu treten, als ich mich in einer größeren Gruppe eingerichtet habe. Von der Geschwindigkeit, die bis 45 km/h reicht ist aber eigentlich alles im Lot um die angestrebte 0:34 h bis zur Mautstation zu erreichen.

An einem Fahrbahnteiler bricht die große Gruppe auf, und zwei vor mir sehen das Ding gerade noch rechtzeitig, beim zweiten Fahrbahnteiler scheint es aber hinter uns zu krachen, denn ich höre einen schreien, und hinter uns ist am Bärenwerk eine recht große Lücke. Hoffentlich hat er sich nix ernsthaftes getan. Beim Ötzi waren solche Stellen vorbildlich abgesichert, wäre hier vielleicht auch ganz clever, vor allem da es ja nur zwei Stück sind.

So komme ich aber ganz gut bis in die Steigung hinein. Auch wenn es sich nicht so spektakulär anfühlt wie letztes Jahr, komme ich ganz gut voran. Auch heuer bewege ich mich schon ganz gut durch das Feld, so dass ich immer Hinterräder habe die ich anvisieren kann.

Es ist genauso wie bei den bisherigen Rennen, die Landschaft nimmt man kaum wahr, nur das eigene Vorderrad und die anderen Fahrer liegen im Blickfeld. Dadurch vergeht die Zeit viel schneller. Noch immer fühle ich mich nicht so gut wie letztes Jahr, sehe aber auch ein, dass das heute nicht mehr der Fall sein wird. Immerhin habe ich das Gefühl, dass das Tempo stimmt, und die Beine zumindest ihren Job machen, sie müssen ja nicht tanzen und singen dabei.

Fotos mache ich keine, denn das bringt einen schon aus dem Rhythmus, und das will ich heute vermeiden. Als die Steigung abflacht erwarte ich zwar schon etwas zu früh die Mautstation, aber insgesamt passt es grob mit der Zeit. Der Computer sagt 0:34:21 h, also etwas über den anvisierten 34 Minuten, aber lieber hier unten nicht überzogen, auf dem folgenden Streckenabschnitt gibt es mehr als genug Gelegenheit die gesparten Körner einzusetzen.

Auch auf dem nächsten Teil geht es zunächst ganz gut. Mein Gefühl schwankt immer zwischen "eigentlich geht es ja ganz gut", "irgendwie fehlt mir die mentale Energie vom letzen Mal" "1:45 könnte gehen" und "2:10 sind auch ok".
Letzter Gedanke bekommt umso mehr die Überhand, je höher ich komme. Nicht weil die Beine schlapp machen, sondern weil ich das Gefühl habe, es wird knapp mit der Zeit. Die Kilometer rinnen aber nicht langsam dahin, ich achte nicht mal auf die Kilometersteine, und auch bei der kleinen Verpflegungsstelle Pifkar denke ich noch "schon da?". (Ich nehme mir einen Tee, der aber nicht so gut ankommt. So schmeiße ich die hälfte Weg. In der Trinkflasche ist auch noch genug.) Allerdings erwarte ich die steile Steigung am unteren Nassfeld, und dass Fuscher Törl ist lange noch nicht zu sehen.

An der Mautstation hatte ich ein halbes Gel genommen. Da ich keine Triatasche dabei habe, steckt alles inkl. Handy und Verpflegung im Trikot. Zum Glück sind die Geltuben wiederverschließbar. Dumm nur, dass das mit dem wiederverschließen beim zweiten Gel, dass ich jetzt nehme nicht so klappt. Noch während der Fahrt merke ich wie die Soßé ausläuft und alles verklebt. Na super! Es lebe der Riegel. (Die Verpackungen einfach wegschmeißen finde ich assig)

Kurz bevor am unteren Nassfeld nochmal ein richtig steiles Stück kommt bläst uns heftiger Wind entgegen. Den braucht man am Berg nun mal überhaupt nicht. Allerdings schiebt der Wind an dem Steilstück von hinten. Passt ja perfekt.

In den folgenden Abschnitten muss man dafür aber wieder mit Gegenwind bezahlen. Ich merke, dass es mit der Zeit nicht reichen wird. Ich rechne mir keine Chance aus die 1:45 zu knacken, ich bin nicht mal sicher, dass ich die Vorjahreszeit bestätigen kann, bin mir aber sicher unter zwei Stunden zu fahren.

Eigentlich gehen die Beine noch ganz gut, und als die letzten zwei Serpentinen kommen versuche ich nochmal mehr zu geben. Trotz des nervigen Windes geht es sogar. Die letzte Kurve zur Zielgeraden, irgendwie fühlt es sich verdammt anstrengend an, aber es nutzt nix. Auf der Zielgeraden gebe ich wirklich nochmal Feurer, doch die Uhr zeigt 1:49:nochwas an, der Computer 1:48:nochwas, letzteres wird wohl stimmen. Aber ich habe mein Ziel nicht erreicht. Kein Glücksgefühl strömt durch meinen Körper. Die letzten Meter haben mich schon fertig gemacht, aber ich merke sofort, dass die 1:45 drin gewesen wäre, ich aber schlicht nicht so über mich hinauswachsen konnte wie letztes Jahr. Reine Kopfsache. Ich habe kaum Durst, allerdings bläst der Wind so kalt, dass ich den warmen, süßen Tee den man mir reicht gerne annehme.
Die Enttäuschung ist groß. Nicht, dass es knapp gewesen wäre, es ist schlicht das Gefühl, nicht genug gekämpft zu haben, ich hätte viel früher anziehen müssen, mich gegen den Körper durchsetzen sollen. Jetzt fühle ich mich nicht als hätte ich hundert Prozent gegeben, es fühlt sich eher an wie nach einem intensiven Training, nicht wie nach einem Rennen.

Zur Strafe würde ich am liebsten zehn mal die Edelweißspitze hochfahren. Stattdessen hole ich mir einen Kaiserschmarrn. Aber nicht mal der schmeckt mir heute, auch die herrliche Aussicht auf die lange Schlange von Radlern, die sich den Berg hochwindet kann ich nicht genießen. Abgesehen davon ist es bitter kalt durch den Wind und die Tatsache, dass ich sämtliche wärmenden Klamotten im Hotel gelassen habe. (Nächstes Jahr nehme ich den Kleidersacktransportservice in Anspruch...)



So fahre ich gleich wieder ab, und kann immerhin noch feststellen, dass die neuen Laufräder sehr steif sind und viel Sicherheit vermitteln. Viel schneller als 68 km/h fahre ich aber eh nicht, da ja noch viele Teilnehmer nach oben unterwegs sind, und man dementsprechend vorsichtig fahren muss.

Da meine Beine sich überhaupt nicht ausgelastet fühlen, fahre ich im flachen Teil ein Zeitfahren mit gut 350 Watt über weite Strecken. Hätte ich diese Körner mal im Anstieg verschossen...

Im Hotel angekommen, geht es erst mal ins Bett. Vorher versuche ich noch mein Handy vom Gel zu befreien, was zur Stilllegung desselben führt. Hoffentlich trocknet das Ding wieder, schließlich sind die einzigen Bilder die ich gemacht habe darauf.

Nach einem kleinen Regenerationsschlaf gibt es ein bisschen was zu essen und ich gebe den Transponder ab. Ein kurzer Blick auf die Ergebnisliste zeigt Rang 435 mit 1:48:34 h. Ich versuche mich darüber zu freuen , dass ich meine Zeit verbessert habe. Allerdings schockiert dann der erst Blick auf die Radcomputerdaten, der deutlich niedrigere Werte als letztes Jahr anzeigt. Allerdings hätte ich mich, wenn ich tatsächlich schwächer gefahren wäre wie letztes Jahr, bei deutlich mehr Teilnehmern nicht in der Position verbessern können, das ist statistisch völlig unwahrscheinlich. Auch das eine Kilo Fahrradgewicht kann nicht so große Auswirkung gehabt haben. Nach einer weiteren Analysem mit der SRM Software stellt sich allerdings heraus, dass der Garmin Schrott anzeigt oder der Powermeter nach der Kalibrierung andere Werte als vorher. Beides extrem unbefriedigend. Noch dazu hatte der SRM Aussetzer bei der Geschwindigkeitsmessung. Elend teuerer Schrott, das einzige was mir dazu einfällt.

Um mich etwas in Stimmung zu bringen und die unausgelasteten Beine zu vertreten fahre ich noch eine Runde um den Zeller See. Die spektakuläre, postkartenschöne Landschaft bringt mich wieder etwas besser drauf.



Aber Fazit bleibt, mit dem Kampfgeist wird Trondheim - Oslo zur Tortur...

Samstag, 4. Juni 2011

Plan geändert...

Auch wenn ich mich nicht hundertprozentig so fühle, so will ich mir doch ein richtiges Ziel setzen. Ja, mit unter zwei Stunden wäre ich sehr zufrieden, denn eine Leistung zu bestätigen ist manchmal mehr wert, wie das Resultat beim ersten mal.

Trotzdem will ich mich verbessern. Außerdem habe ich die Erfahrung aus dem letzten Jahr. Also, Ziel ist die erste Startgruppe, d.h. unter 1:45 h!

Eigentlich unmöglich, aber versuchen werde ich's. Bis zur Mautstation in Ferleiten muss ich ungefähr eine 0:34er Zeit fahren um eine realistische Chance zu haben. Für den zweiten Teil bedeutet das dann 1:10 h.

Letztes Jahr hatte ich 0:36:08 h und 1:18:35 h. Die 34 Minuten sind natürlich möglich, nur bleibt dann noch was für den Zweiten Teil übrig? Sehe ich dann, ich werde es probieren, und hoffe im zweiten Abschnitt nicht einzubrechen...

Glocknerkönig 2011

Nach der Saisoneröffnung vor zwei Wochen mit der Fahrt zum Hochtor und zur Edelweißspitze nun also dieses Wochenende der Glocknerkönig. Das Rennen von Bruck bis zum Fuscher Törl.

Genau genommen ist es für die Fahrer die nicht in Startblock eins stehen und nicht um den Sieg kämpfen ein Bergzeitfahren, denn für diese Fahrer wird die Zeit nicht ab dem Startschuss gezählt, sondern ab Überqueren der Startlinie.

Die Anfahrt gestern lief genauso problem- uns staulos wie letztes Jahr, das erste Juniwochenende ist also ein Geheimtipp für die staufreie Anreise. Obwohl ich früh genug da bin verzichte ich auf die Installationsrunde. Obwohl die Beine nach Bewegung schreien, zwinge ich mich zu pausieren. Stattdessen esse ich recht umfangreich und kohlenhydratreich.

Die Wetter vorhersage lässt alles offen, von Sonne bis Gewitter. Also Kaiser- oder Fritz Walter Wetter oder was dazwischen.


Für heute habe ich mir eine kleine Tour rund um den Zeller See vorgenommen. Das war letztes Jahr sehr schön, und bis auf ein paar kleine Intervalle will ich ja nur gerade dahinrollen um die Beine etwas zu vertreten.

Obwohl dieses Jahr das Wetter nicht so spektakulär schön ist wie 2010, ist die Fahrt entlang des Sees doch "Alpen genießen" in Reinkultur. So ganz dringt das zwar nicht durch, da der Kopf nicht so frei ist, aber die beeindruckende Kulisse ist so prägnant, dass sie nicht ohne Wirkung bleiben kann.





Nachdem ich zwei, drei kleine Intervalle berghoch gut in die vierhundert Watt gefahren bin und bergab noch ein bisschen gesprintet bin (was man als Marathonisti so sprinten nennt), platziere ich mein Roubaix Rennrad in angemessenem Ambiente im Grand Hotel am Zeller See.


Man sitzt am See, mit Blick auf die Berge, in blühenden Blumen, der Pianist spielt Beatlesklassiker und das Zanderfilet schmeckt sensationell, das nenne ich "Tapering"...

Zurück im Hotel geht es erst mal ins Bett. Die Startnummer hatte ich mir schon heute morgen geholt. Ob ich tatsächlich im Startblock zwei stehe kann ich anhand der Nummer nicht sehen. Das wird erst morgen am Start angezeigt. Also doch vorsichtshalber etwas früher hingehen.

Zielsetzung für morgen ist es die Leistung vom letzten Jahr zu bestätigen. Also unter zwei Stunden zu fahren. Eine deutliche Verbesserung habe ich mir beim ersten Glockneraufstieg vor zwei Wochen abgeschminkt. Die Zeit war zwar schneller wie beim letztjährigen Saisonauftakt, aber es hat sich elend schwer angefühlt. Eine deutliche Verbesserung ist wohl nur über mehrere Jahre zu erreichen.

Nachdem ich noch etwas beim Stand von Zweirad Stadler gestöbert habe gibt es noch was zu essen im Hotel. Später werde ich noch den Gutschein zur Nudelparty einlösen und dann früh ins Bett.

Hoffentlich spielen die morgen zum Start wieder Hells Bells!