Montag, 20. Juli 2009

Statistik Col de l'Iseran die Zweite

Gesamttageskilometer: 89
Gesamtdauer: 4:25 h
Schnitt: 20,1 km/h
Höhenmeter: 2312

Pass (ab Ortsschild Seez):
Länge: 45 Kilometer
Dauer: 3:02 h
Schnitt: 14,7 km/h
Höhenmeter: 2165
(über 70 HM mehr wie gestern vom Garmin 705 abgelesen, vielleicht diesmal nicht sauber kalibriert?!)

Fahrrad: Stevens Aspin 2007
Übersetzung: alles mögliche, diesmal öfter 30 - 25 (gemessene Entfaltung 2,51 Meter)
Gewicht: ca. 12,5 kg inkl. Trinkflaschen, Beleuchtung und Fotoapparat
Systemgewicht inkl. Fahrer ca. 94 kg

Der Berg ruft!

Sonntag 19.07.2009

Ein Blick aus dem Fenster um sechs Uhr morgens macht Hoffnung. Es ist trocken, und die kleine Bergspitze, die ich aus dem Hotelfenster vom Bett aus sehen kann ist wolkenfrei. Die Fingerspitzen fühlen sich immer noch eingeschlafen an. Da hilft nur eines, den Puls hochtreiben um die Durchblutung zu fördern, und das geht natürlich am besten am Pass.


Ich warte bis 8 Uhr, bis es Frühstück gibt (will heißen um 7:50 stehe ich am Frühstücksbuffet). Milchkaffee und Croisant, Baguette mit leckerem Käse aus der Gegend und natürlich Müsli, das sollte genug sein um den Berg ein zweites mal anzugreifen.

Mit dem Auto fahre ich zum Ortsschild Seez, wo der Startpunkt ist. Dort ist auch ein Parkplatz, wo ich mein Auto stehen lassen kann. Ich hatte nicht wirklich daran gedacht hier weg zu fahren, ohne den Iseran nochmal „richtig“, mit Foto am Passchild und Panoramablick auf's Tal zu bezwingen.


Die Bedingungen scheinen gut, zumindest hier im Tal, allerdings ein paar Wolken gibt es schon noch, und ich nehme mir fest vor, umzukehren falls es regnen sollte. Denn bei Nässe nützen auch die Windstopper Handschuhe nichts, und die Finger haben es eh schon böse abgekriegt gestern.

Da es die ersten Kilometer flach oder bergab zu fahren gilt, ist es wie gestern ein lockeres Einradeln. Ich fühle mich aber nicht ganz so locker wie gestern, obwohl heute ja vielfach bessere Bedingungen herrschen. Aber den gestrigen Tag kann ich natürlich nicht einfach so wegstecken.


Nach einer Weile, als es auch endlich bergauf geht, stellt sich aber der Spaß und der Rhythmus wieder ein. Wie unterschiedlich das Ganze doch bei gutem Wetter aussieht! Es ist einfach fantastisch mit dem Rennrad durch die Alpen zu fahren.




Die ersten zehn, fünfzehn Kilometer vergehen sehr schnell. Ich hatte es von gestern so in Erinnerung, dass es zwei sehr flache Abschnitte zum Erholen gibt. Allerdings lässt der erste doch ziemlich auf sich warten (genau genommen 17 Kilometer). So merke ich bald, dass ich heute nicht so stark bin, wie ich mich die letzten Wochen seit der GB-Tour gefühlt habe. Ich fahre zunächst ungefähr einen halben Gang kleiner wie gestern. Ziel ist es unter drei Stunden zu bleiben, denn die Dreistundenmarke habe ich ja gestern trotz der katastrophalen Bedingungen am Ende, nur um vier Minuten verpasst. Das müsste also locker drin sein.



Die Hände schwitzen leicht in den dicken Handschuhen, mittlerweile scheint ja auch die Sonne, aber das taub-kribbelnde Gefühl geht nicht weg. Mein erstes Teilziel, der Stausee, ist weiter weg wie ich das in Erinnerung hatte, und kurz vor dem Abzweig nach Val d'Isere fällt die Kette vom Kettenblatt. Die ist zwar in einer Minute wieder drauf, aber es ärgert mich sehr, dass sich diese dämlichen Schaltungen ständig verstellen und so viel Pflege brauchen, da ist die Rohloff vom Reiserad echt im Vorteil.

Ich komme dadurch sehr aus dem Rhythmus, was mich doch etwas verwundert, und als ich zwei Kilometer weiter beim Versuch zu fotografieren auch noch die Kamera verliere, was nochmal zwanzig Sekunden kostet, bin ich etwas aus dem Tritt. Das fängt sich zwar wieder, aber ich merke, dass ich heute empfindlich reagiere, was nicht gerade auf eine gute Form hindeutet.




Anyway, am Stausee vorbei und durch die Lawinengallerien und Tunnels erreiche ich schließlich Val d'Isere. Auf dem Flachstück vor dem Ort versuche ich etwas zu erholen, in den Energieriegel zu beißen, ordentlich zu trinken. Leider hatte ich kein Isopulver mehr, und so gibt’s nur Leitungswasser. Aber bisher musste ich weder am Stilfser Joch noch gestern bei der ersten Auffahrt sonderlich viel trinken. Deshalb hatte ich heute die Flaschen nicht mal richtig voll gemacht, was ich jetzt etwas bereue.





Die Passage hinter Val d'Isere hatte ich als überraschend flach in Erinnerung, heute scheint sie mir überraschend anstrengend. Dann kommt die Kehre auf die Gegenseite des Tals, wo zu den 8 bis 10% Steigung gestern noch heftiger Gegenwind hinzu kam. Diesmal ist der Wind zunächst moderat, aber ich muss schon ganz schön kämpfen. Alle 1000 Meter steht ein Schild für die Fahrradfahrer, mit Höhenangabe, Kilometer bis zum Gipfel und einer Angabe zur durchschnittliche Steigung bis zum Gipfel. Letztere schwankt zwischen 5,5 und 8.


Während ich bis gestern die sechs, sieben Prozent Steigungen zum Entspannen von den zweistelligen nutzen konnte, ist es heute nix mit Entspannen. Auch die 6 Prozent scheinen mir wirklich anstrengend zu sein. Das heißt kämpfen. Immerhin hat man hier schon über 35 Kilometer bergauf hinter sich.


Die Temperatur nimmt hier oben deutlich ab, und geht jetzt Richtung Null oder weniger, allerdings scheint die Sonne, der Himmel ist blau, so dass die Bedingungen nach wie vor gut sind. Und es sind nicht nur die Straßen frei von Schnee und Eis, sondern die Schneegrenze ist deutlich nach oben gezogen, so dass die Landschaft völlig anders aussieht als gestern.


Unterwegs überhole ich einige Mountainbiker und auch Reiseradler. Insgesamt sind schon einige Radler unterwegs nach oben, wenn auch nicht ganz so viele wie am Stilfser Joch. Vielleicht bin ich zu schnell gefahren, und habe deshalb zu kämpfen, denn seltsamerweise hat mich noch keiner überholt.

Die letzten Kilometer muss ich wirklich arg kämpfen, natürlich nimmt einem die große Höhe etwas Leistung, aber gestern war der verdammte Berg doch genauso hoch?? Als das Schild kommt, das den letzten Kilometer anzeigt, muss ich für eine Minute anhalten und durchschnaufen. Auf der Uhr steht zweipaarundfünfzig. Aber mir fehlt die letzte Kraft um jetzt noch um die Zeit zu kämpfen. Jetzt überholt mich der erste Rennradler. Ich fahre weiter und hänge mich etwas dran, der andere kämpft genauso wie ich. Irgendwie ärgert mich das, denn am Stilfser Joch war ich auch in der letzten Kehre noch extrem frisch, und gestern wäre ich bei normalen Bedingungen sicher deutlich unter drei Stunden gefahren. Aber was soll's, seit gestern weiß ich, dass es manchmal auch klug ist vernünftig zu handeln, und so halte ich fünfhundert Meter vor dem Ziel noch mal für ein paar Sekunden an, dann sehe ich aber die letzte kleine Kurve und den Teil den ich gestern mit dem wegfliegenden Fahrrad wegen Eis und Wind schieben musste.

Das gibt nochmal die benötigte Motivation und so erreiche ich schließlich das Passschild. Auf der Uhr des Fahrradcomputers steht 3:01 Stunden. Aber ich ärgere mich überhaupt nicht. Es ist letztlich völlig egal ob 2:59 oder 3:01. Drei Stunden für den Col de l'Iseran ist völlig in Ordnung.

Auf dem Gipfel sind viele Motorrad- und Autofahrer und auch etliche Radfahrer. Einem drücke ich die Kamera in die Hand und so gibt es das Finisherfoto:


Zu meiner Überraschung (und im Gegensatz zur Behauptung im Pässebuch) gibt es hier oben doch einen Souvenirladen in dem Haus an dem ich gestern verzweifelt versucht habe Schutz zu finden. Und man kann dort sogar etwas zu trinken kaufen, denn der gute Liter Wasser den ich dabei hatte, war deutlich zu wenig.


Das Panorama kann man als Radler nicht so richtig lange genießen, da es trotz Sonne bitter kalt ist. So ziehe ich die Jacke für die Abfahrt über und mache noch ein Bild am Schild um den verdammten Berg nochmal mit einer Orangina zu grüßen.


Dann geht es hinunter zur 45 Kilometer langen Abfahrt. Nach zwei, drei Kilometern gibt es einen Aussichtspunkt, denn ich beim Aufstieg natürlich ignoriert habe. Hier genieße ich nochmal das Alpenpanorama und wärme die Finger wieder auf, die bei der Abfahrt trotz der Handschuhe schnell wieder kalt werden, denn hier oben herrschen Minusgrade.



Nach ein paar Fotos geht es weiter, bis zu der Stelle an der mich gestern der nette Straßenarbeiter rausgelassen hatte. Hier kommt gerade ein Rennradler in Richtung Gipfel vorbei, der mich unbedingt vor dem Alpenpanorama fotografieren möchte. Ich glaube er suchte eine Vorwand für eine kleine Pause...


Auf der Abfahrt begegnen mir einige Radler die sich nach oben kämpfen, man grüßt dezent und freut sich, dass man es schon geschafft hat und gerade locker bergab rollt.

In Val d'Isere nutze ich das Halligalli, und kaufe mir eine mir unbekannte französische Knusperspezialität an einem der dort aufgebauten Marktstände. Sehr lecker, aber der Appetit ist durch die Anstrengung begrenzt, und so reicht es nur für die Hälfte. Ich will auch möglichst schnell runter ins Tal, wo es deutlich wärmer ist. (außerdem ist der ganze Ort mit Walzermusik beschallt)


45 Kilometer Abfahrt ist ganz schön lange. Da ich ein eher vorsichtiger Abfahrer bin, fahre ich selten über fünfzig, außerdem sind die Straßen teils auch recht ruppig zu fahren. Aber ein guter Abfahrer kann hier an einigen Stellen sicher die hundert knacken.

Nachdem der Stausee erreicht ist, halte ich nochmal für ein Panoramafoto an. Dann geht’s ohne Fotostopp bis runter. Alpenfotos gibt’s eh Millionen, und ich will einfach die Abfahrt genießen. Natürlich achte ich sehr auf die Finger und bewege sie häufig und intensiv, um das mit den Fingerkuppen nicht noch schlimmer zu machen. Nachdem eine gewisse Höhe unterschritten ist, ist es auch schön warm, so dass der Fahrtwind kein Problem mehr darstellt.


Die letzten paar Kilometer geht es ja teilweise sogar ein bisschen bergauf, und ich merke, dass das zwei ganz schön anstrengende Tage waren. Anyway, irgendwann ist der Parkplatz erreicht, und nach einer kleinen Runde durch Seez zum Ausfahren sitze ich bei strahlendem Sonnenschein und 26° am Auto um mich umzuziehen. Wie geil, zweimal hintereinander habe ich den Col de l'Iseran in ordentlicher Zeit bezwungen!

Jetzt kann ich sieben, acht Stunden im Auto regenerieren....

Samstag, 18. Juli 2009

Statistik Col de l'Iseran

Gesamttageskilometer: 65
Gesamtdauer: 3:53 h
Schnitt: 16,7 km/h
Höhenmeter: 2183

Pass (ab Ortsschild Seez):
Länge: 45 Kilometer
Dauer: 3:04 h
Schnitt: 14,7 km/h
Höhenmeter: 2092

Fahrrad: Stevens Aspin 2007
Übersetzung: alles mögliche, selten mal 30 - 25 (gemessene Entfaltung 2,51 Meter)
Gewicht: gut 12,5 kg inkl. Trinkflaschen, Beleuchtung und Fotoapparat
Systemgewicht inkl. Fahrer ca. 94,5 kg

Das Monster zeigt seine Zähne

Heute habe ich eine Menge über die Alpen gelernt, und dass man hier keine Späße macht weiß ich jetzt auch. Ich hoffe nur, ich habe für meine Lehrstunde nicht zu teuer bezahlt.

Da ich dem Verkehr und den Motorradfahrern aus dem Weg gehen will, bin ich schon um ca. 6 Uhr morgens gestartet. Frühstück gab's da natürlich noch keins, so dass ich gestern eine Schale Müsli und zwei Madelaines und etwas Apfelmus auf's Zimmer bekommen habe.

Es regnet in Strömen, aber wenn Regen mich vom Fahrradfahren abhalten würde, wäre ich in Irland sicher nicht weit gekommen. Also geht es erst mal die Abfahrt hinunter von Arc1600 nach Bourg St. Maurice.

Nach wenigen hundert Metern bin ich komplett durchnässt, und nach fünf Kilometern hat es auch die Füße erwischt, trotz Neopren Überschuhen. Und da es nur 6° C hat, wird es auch sehr schnell kalt. Dummerweise habe ich meine langen Handschuhe vergessen, und da die kurzen eh nur nass werden fahre ich komplett ohne.

Als ich nach ca. 15 Kilometern Abfahrt unten ankomme bin ich so kalt und durchnässt, dass ich völlig fertig bin, ohne dass ich auch nur einen vernünftigen Pedaltritt gemacht habe.

So freue ich mich als es endlich eine 5% Steigung nach Seez gibt. Das Wetter ist wirklich fies, aber die Radsportbegeisterung der Franzosen drückt sich auch dadurch aus, dass ein Fußgänger mich anfeuert, als ich zum Col de l'Iseran abbiege, statt zu denken "was macht der Spinner den da bei dem Wetter morgens um sechs".

Am Ortschild Seez geht's los, 45 Kilometer bergauf, zum (zweit)höchsten befahrbaren Alpenpass. Zunächst kann man sich von hier locker einfahren, da es relativ flach ist, und teilweise gar bergab geht.



Manchmal hört es etwas auf zu regnen, und obwohl es dann zunächst deutlich steiler wird, läuft es gut. Um meinen Rücken zu schonen, wechsle ich ab und zu in den Wiegetritt, schließlich habe ich am Stilfser Joch auch was gelernt...

Der Unterschied zum Stilfser Joch ist, dass es hier ab und zu etwas weniger steile Passagen gibt, an denen man sich erholen kann. So arbeite ich mich ganz gut voran, und auch wenn die Wolken sehr tief hängen, und die Gipfel nicht zu sehen sind, so ist es doch ein fantastisches Gefühl durch diese Alpenwelt zu fahren. So stören mich auch die kalten Hände und Füße nicht so sehr, ich versuche halt immer wieder die Finger und Zehen zu bewegen, um ein bisschen Leben da hinein zu bringen.






Nach einigen Lawinengallerien und Tunnels erreiche ich schließlich Val d'Isere. Und was ich dahinter sehe ist zwar schön aber auch etwas erschreckend, die Schneegrenze ist nämlich ganz schön tief. Der Col de l'Iseran ist bekannt dafür, dass dort gerne auch mal im Sommer Schnee liegt. Ich hoffe natürlich, dass die Straße aber frei ist, schließlich ist der Pass ja auch geöffnet?!




Aus Val d'isere heraus geht es erst mal recht flach, so dass ich die Gelegenheit für einen Energieriegel und zum Trinken nutze. Dann geht es nach einer Kehre auf der anderen Seite des Tals am Hang ordentlich bergauf. Und hier treffe ich auf etwas mit dem ich gar nicht so richtig gerechnet hatte, nämlich heftigen Gegenwind. 8% und heftiger Gegenwind, da muss man auch schon mal bei 30/25 im Wiegetritt kämpfen um überhaupt vorwärts zu kommen.

Der Wind hat allerdings einen üblen Nebeneffekt, er kühlt die Hände runter wie bei einer Abfahrt. Da immer noch alles komplett nass ist werden die Hände so kalt, dass ich kaum noch was spüre. Ich versuche immer wieder eine Hand unter das Trikot zu stecken, aber das nutzt praktisch nichts. Ein vernünftiger Mensch wäre an dieser Stelle umgekehrt. Meine Beine und Kondition sind aber so gut, dass ich in diesem Moment nicht zu dieser Kategorie zähle.



Irgendwann erreiche ich dann die Schneefallgrenze, und da es ab und zu ein paar Kehren gibt, bin ich dem Wind nicht mehr so brutal ausgesetzt. Eigentlich beeindruckend hier zu fahren, und die Straße ist zunächst auch nur nass, so dass alles im grünen Bereich ist. Meine Schaltung scheint die niedrigen Temperaturen nicht so richtig zu mögen, aber immerhin kann ich hier überhaupt schalten, und muss nicht immer im kleinsten Gang fahren wie am Stilfser Joch. Im Gegenteil, in den Abschnitten weiter unten bin ich teils auf dem großen Kettenblatt gefahren, und auch hier brauche ich den 30/25 Rettungsring eher selten. Dann kommt wieder ein etwas steilerer Abschnitt, der meist deutlich zweistellig ist.



Als es noch so 10 Kilometer sind wird der Schnee etwas mehr, aber immer noch ist die Straße frei. Allerdings schneit es jetzt etwas mehr, und der Wind kommt böiger auch mal von der Seite. Irgenwann ist der erste wenige Schneematsch auf der Straße. Auch jetzt wäre es vernünftig gewesen umzukehren, aber es sind nur noch wenige Kilometer.


Der Schneematsch wird immer mehr, und schließlich kommt mir ein Autofahrer entgegen, der mir andeutet, dass ich nicht bis hoch fahren kann, sondern umkehren soll. Es sind noch so ca. fünf Kilometer, jetzt drehe ich nicht mehr um.


Dann kommt zu dem Schneematsch nach einer Kehre das schlimmste für einen Radfahrer, nämlich eine zarte Eisschicht. Spätestens jetzt hätte ich umdrehen müssen. Da das aber nur für ca. hundert Meter an einer Kuppe über die der Wind pfeift ist, fahre ich weiter. Mittlerweile mischt sich Schnee, und gefrorener Schnee auf der Straße und drei Kilometer vor der Passhöhe, kommt mir ein oranges Straßenarbeiter Fahrzeug entgegen. Der Wagen wird langsamer und will mir offensichtlich bedeuten umzukehren, aber ich grüße freundlich "bonjour" und fahre weiter. Er denkt nur "der Idiot" und lässt mich fahren. Jetzt wird's wirklich happig, der Wind nimmt zu und ich muss aufpassen die Balance zu halten, gleichzeitig fahre ich durch feuchten Schnee, und muss auf das Eis aufpassen. Nur noch zwei Kilometer, meine Hände sind mittlerweile so kalt, dass ich ernsthaft Angst habe mir eine Erfrierung zu holen, und wie wild meine Hände bewege (ich denke so lange das möglich ist, kann nichts erfrieren).



Als ein Van von hinten an mir vorbei fährt, überlege ich kurz ob ich den anhalten soll, und frage ob ich mich fünf Minuten aufwärmen kann, aber der ist voll mit jungen Leuten, die schier ausrasten als sie mich durch den Schnee kämpfen sehen und alle zücken ihre Kameras um mich zu fotografieren.

An diesem Punkt muss ich einsehen, dass ich jetzt nicht mehr umkehren kann, denn runter fahren geht wegen Eis und Schnee nicht und wenn ich laufen muss gehts nicht ohne körperliche Versehrtheiten ab, das steht fest.


Ich beschließe mich nach oben zu kämpfen, in der Hoffnung dort ein Auto anhalten zu können, dass mich mit herunternimmt. Noch ein Kilometer. Schnee, Eis, minus 4 Grad, und heftiger Wind, der mir den Schnee waagerecht ins Gesicht peitscht. Völlig durchnässt und ohne Handschuhe. Entweder ist es mit das härteste was ich bis jetzt gemacht habe oder das dümmste. Ich kämpfe mich bis auf ca. 300 Meter an die Passhöhe heran, dann bläst mich der Wind einfach vom Fahrrad, und das Eis auf der Straße macht es unmöglich weiter zu fahren. Ich stehe am Straßenrand, der kleine Finger und der Ringfinger an beiden Händen sind nicht mehr zu spüren, alles ist so kalt, dass ich für einen Moment schlicht nicht weiß was ich machen soll.

Ich stehe einfach da, und irgendwann setze ich mich in Bewegung und laufe Richtung Passhöhe. Ich versuche das Fahrrad zu schieben, aber der Wind bläst es immer wieder zur Seite weg. Ich weiß, dass auf der Passhöhe nichts ist, kein Restaurant oder Souvenirladen in den ich mich flüchten könnte. Ich hoffe einfach nur, dass dort eine Schutzhütte ist, oder ein Auto vorbeifährt, dass ich anhalten kann. Aber die Autos werden ja unten schon zurückgeschickt.

Ich kann ungefähr erahnen, was so manche Bergsteiger durchmachen müssen, wenn sie von einem Wetterumschwung erwischt werden. Ich weiß auch, jetzt ist es Ernst! Hier geht es um meine Hände und wohl auch um den Rest, so laufe ich mit dem Fahrrad nach oben, als das orange Auto des Straßendienstes wieder an mir vorbeifährt, diesmal nach oben. Ich hoffe das der dort oben hält! Der Wind legt noch mal eins drauf, mittlerweile habe ich die Passhöhe und das dort stehende Haus, das leider unbewohnt und verschlossen ist, erreicht. Ich versuche irgendwo an dem Haus Schutz zu finden, aber irgendwie scheint der Wind von überall den Schnee auf mich zu peitschen, und mittlerweile bin ich so kalt, wie ich es mir bis vor wenigen Minuten nicht mal vorstellen konnte.

Innerhalb von Sekunden scheint mich dieser kalte Wind komplett in Eis zu verwandeln. Warum und vor allem wie ich oben trotzdem noch den Fahrradcomputer gestoppt habe weiß ich nicht. Der orange Wagen steht da, und ich versuche anzudeuten, dass ich mich wärmen muss. Der Fahrer hat das natürlich längst gecheckt und bedeutet mir einzusteigen, will aber, dass ich mein Fahrrad auf dem Pass stehen lasse.

Ich bleibe einfach draußen stehen. Vielleicht ist auch mein Gehirn eingefroren. Der Typ steigt aus, ich höre gar nicht was er sagt, dann geht er zu einem Schneepflug, der von der anderen Seite gekommen ist.

Ich nestle irgendwie ohne fühlbare Finger die Kamera aus dem Oberrohrtäschchen und fotografiere das. Ich suche das steinerne Pass-Schild, aber ich kann es schlicht nicht sehen, obwohl es nur ein paar Meter von mir Weg ist. Ich stelle mein Fahrrad an die Wand vom Haus, mir egal ob es weg fliegt, dann setze ich mich einfach ins Auto und versuche meine Hände irgendwie zum Leben zu erwecken.


Der Fahrer gestikuliert etwas, nimmt dann mein Fahrrad und packt es hinten rein, und steigt ein. Er deutet an, dass er mich etwas den Berg hinunter fährt, viel verstehe ich nicht, da er kein Englisch spricht und ich kein Französisch.

Er dreht die Heizung auf, und im Schritttempo arbeiten wir uns den Pass hinunter. Die Hände brauchen lange, aber sie kommen wieder. Ich friere wie wohl noch nie zuvor. Wir versuchen etwas zu reden, aber letztlich verstehen wir wenig von dem was der Andere sagt. Zwischendurch hält er immer wieder die entgegenkommenden Fahrzeuge an, um sie zurückzuschicken.

So ca. vier, fünf Kilometer vor Val d'Isere lässt er mich raus, denn jetzt sind wir unter der Schneefallgrenze, und es gibt auch keinen Schnee und kein Eis mehr auf der Straße. Ich bedanke mich überschwenglich, das Geld, das ich ihm anbiete lehnt er ab.

Ich beschließe in Val d'Isere etwas zu essen, doch die paar Kilometer bis dahin kühlen mich wieder so aus, dass ich auf dem Fahrrad anfange zu zittern, und zwar am ganzen Körper. So versuche ich mich dort in einem kleinen Cafe mit Cafe au lait aufzuwärmen, aber das Zittern hört nicht auf. Es regnet wieder in Strömen, und ich muss einsehen, dass ich nicht noch fast dreißig Kilometer bei diesen Bedingungen bergab fahren kann, ohne meine Gesundheit ernsthaft zu gefährden. Die 16 Kilometer hoch nach Arc1600 wären wahrscheinlich noch eher gegangen, denn die Beine sind nach wie vor gut.

Anyway, so schaffe ich es tatsächlich diesmal vernünftig zu sein und bestelle ein Taxi. Das kommt auch nach zehn Minuten, und soll zunächst 85 Euro kosten, nachdem wir festgestellt haben, dass der Fahrer mal als LKW Fahrer immer nach Deutschland zu Omniplast gefahren ist, wo ich mal gejobbt habe, gebe ich ihm was ich an Bargeld dabei habe, so ist er mit 80 Euro zufrieden.


Im Hotel angekommen, versuche ich mich mit heißem duschen und einem heißen Bad wieder aufzuwärmen, was auch ganz gut gelingt, allerdings nicht bei den Fingerkuppen, selbst jetzt nach über sieben Stunden sind die noch nicht wieder richtig da. So ein bisschen besorgt bin ich schon. Wie gesagt, ich hoffe ich muss hier kein teures Lehrgeld zahlen.

Ich weiß auch nicht ob ich mich ärgern soll, dass ich kein richtiges Finisherfoto, sondern nur eins vom Schneepflug auf der Passhöhe habe, oder ob ich stolz sein soll, dass ich mich gegen Wind, Steigung, Schnee und Eis durchgekämpft habe. (Immerhin trotz der fiesen Bedingungen und dem notgedrungenen Schieben (bzw. "Schleifen") auf den letzten Metern in 3:04 Stunden)

Natürlich hätte ich gerne ein richtiges Foto bei Sonnenschein auf der Passhöhe, vor dem Schild. Vielleicht morgen nochmal, wenn das Wetter sich bessert? Ich habe mir jedenfalls vorsichtshalber in Bourg St. Maurice noch ein paar Handschuhe gekauft...

Da ich keine Gelegenheit zum Ausfahren hatte, gehe ich noch ein paar Meter vor dem Abendessen. Erstmals sind jetzt die Wolken größtenteils verzogen und die schneebedeckten Gipfel zeigen sich.



Von einem einheimischen Radfahrer erfahre ich, das die Straße frei sein wird, wenn morgen keine neuen Niederschläge kommen. Und das soll laut Wetterbericht nicht der Fall sein. Obwohl es wohl immer noch Minusgrade auf der Passhöhe haben wird, schmilzt der Schnee und das Eis, da der Fels wärmer ist als die Luft.

Also morgen doch noch mal eine Chance. Außerdem würde es meinen Fingerspitzen vielleicht gut tun, wenn ich den Puls nochmal richtig hoch treibe.

Freitag, 17. Juli 2009

Col de l'Iseran

Selbstverständlich kann ich es nicht bei einem Alpenpass belassen. Das muss ich mir schon noch mal bestätigen, denn beim ersten Mal ist immer sehr viel Enthusiasmus und Naivität dabei, die sehr hilft, und einen „den Berg hochträgt“.

Diesmal habe ich mir den Col de l'Iseran ausgesucht. Natürlich ein HC der Tour de France. Außerdem der zweithöchste Alpenpass den man befahren kann. Und mit ca. 45 Kilometer ab Seez hat die Steigung eine monströse Länge.

Außerdem ist der Iseran Pass diesmal nicht Teil der Tour de France, so dass ich hoffentlich unbehelligt von dem Tross dorthin gelange und auch hochfahren kann.

Die Anfahrt ist noch länger als zum Stilfser Joch, aber diesmal stehe ich dafür nicht so lange im Stau. Allerdings regnet es heftig während der Fahrt, so dass ich doch den ganzen Tag unterwegs bin. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen in der Schweiz und Frankreich tun ein Übriges.

Gebucht hatte ich meine Unterkunft über eine Bookingwebsite. Das erweist sich als fatal. Denn statt in Bourg St. Maurice selbst, wie eigentlich geplant, lande ich in Arc1600. Ich dachte das ist einfach ein Stadtteil. Stattdessen liegt das oben am Berg, ca. 16 Kilometer steil bergauf.

Damit ist mein ursprünglicher Plan, beide Seiten des Iseran zu fahren obsolet, denn dann käme ich wohl nicht mehr ins Hotel zurück. Der Plan lautet jetzt die klassische Nordrampe zu fahren und dann nach der Abfahrt zurück den Aufstieg zum Hotel schaffen. Was bleibt mir auch anderes übrig.

Apropos Hotel. Ich bin das erste mal in den französischen Alpen, und obwohl man mir davon erzählt hat, bin ich doch schockiert über diese Wintersport Zimmerburgen, die hier an den Berg geklatscht sind. Wenn man es nicht gesehen hat, kann man es sich eigentlich nicht recht vorstellen. Jetzt im Sommer präsentiert sich das ganze recht garstig. Was allerdings auch am Wetter liegt. Es regnet in Strömen, so dass selbst die Iren stolz auf so einen Regen wären, und ein bisschen böigen Wind gibt es auch noch.

Ganz im Gegensatz zum Wetter sind die Franzosen mit denen ich bis jetzt in Kontakt gekommen bin ausgesprochen nett und freundlich. Vor allem keine Spur von der gern nachgesagten Arroganz bezüglich der Sprache. Man gibt sich Mühe mit den paar englischen Sätzen, und ich gebe mir Mühe mit den paar französischen Worten...

Durch die Lage des Hotels und das Wetter wird es diesmal sicher härter als am Stilfser Joch, und ich hoffe, dass ich es bis zur Passhöhe schaffe. Der Berg zurück zum Hotel ist dann nochmal eine extra Herausforderung, so dass es wohl über. 3000 Höhenmeter sind die es zu bewältigen gilt.

Hier oben in Arc1600 gibt es zwar keine Geschäfte oder irgendwelche Straßen zum Bummeln, aber immerhin ein Restaurant, so dass ich nicht mehr runter in die Stadt fahren muss. Und das Essen ist auch ok, hier bestätigen die Franzosen das Vorurteil :)

Und da es im Hotel funktionierendes Internet gibt, kann ich sogar das Blog updaten.

Montag, 13. Juli 2009

Statistik Stilfser Joch

Gesamttageskilometer: 70

Strecke ab Prad bis Passhöhe:
Länge: 24,8 Kilometer
Dauer: 2:16 h (inkl. 2 x 3 min Pause)
Schnitt: 11,4 km/h
1866 Höhenmeter

Strecke ab elektrischem Schild bis Passhöhe:
Länge: 17,8 Kilometer
Dauer: 1:43 h
Schnitt: 10,4 km/h
1477 Höhenmeter

Fahrrad: Stevens Aspin 2007
Übersetzung: 30 - 25 (gemessene Entfaltung 2,51 Meter)
Gewicht: gut 12 kg inkl. Trinkflaschen und Fotoapparat
Systemgewicht inkl. Fahrer ca. 93kg

Sonntag, 5. Juli 2009

Mein erster Alpenpass

Samstag 04.07.2009

Um kurz nach halb acht gibt’s Frühstück. Dann noch die Reifen aufgepumpt, die Kette nochmal geschmiert, denn ich hatte mein Rennrad doch etwas vernachlässigt, Kamera eingepackt und dann geht’s los. Strahlender Sonnenschein, angenehme Temperaturen, also optimale Bedingungen.

Nach anderthalb Kilometer merke ich, dass ich die Trinkflaschen vergessen habe. Also nochmal zurück, und dann geht es aber wirklich los.


Von Prad aus geht es zunächst einige Kilometer mit moderaten 4 bis 7 Prozent hoch Richtung eigentlichem Pass. Die Radfahrer scheinen aber immer ab Prad zu rechnen, denn dann stimmt die Angabe von 24,6 Kilometer ungefähr. Von meinem, übrigens sehr Radfahrer freundlichen Hotel sind es bis zum Schild auf der Passhöhe genau 25 Kilometer.



Nach einem Kilometer habe ich schon Rückenschmerzen. Ich habe lange nicht mehr auf dem Rennrad gesessen, und die Rennradhaltung ist halt ergonomisch auch nicht der Weisheit letzter Schluss.


Nach wenigen weiteren Kilometern muss ich feststellen, dass meine etwas naiv-spontane Herangehensweise, nach dem Motto „dreifach und gut in Form, das passt schon für die Berge“ ziemlich blöd war. Denn bevor ich den eigentlichen Pass überhaupt erreicht habe, fahre ich schon im kleinsten Gang, und mein Puls ist höher wie ich fahren will. So komme ich nie den Berg hoch. Letztlich fahre ich somit mit einem Eingangfahrrad, das hatte ich mir anders vorgestellt. Ich überlege schon Plan B, wenn ich nicht hochkomme, dass ich mir dann ein Fahrrad mit kleinerer Übersetzung leihe und es Sonntag nochmal probiere. Anyway, ein Gutes hat es ja, ich brauche mich nicht ums Schalten zu kümmern...

Da ich gerne in einem bestimmten Frequenzbereich fahre, und auch berghoch ungern weniger wie 80 trete, muss ich schneller fahren wie ich eigentlich fahren will, und befürchte natürlich alle Körner schon am Anfang zu verschießen.


Ich überhole eine ganze Menge anderer Radfahrer und denke immer nur fast schon entschuldigend, „nee ich rase nicht am Anfang schon zu schnell, ich habe einfach keinen kleineren Gang...“. Wenigstens ein „Rettungsring“ für die Steilwand, ist aber leider nicht.

Nach einer Weile merke ich, dass ich doch in einen ganz guten Rhythmus komme, und zunächst geht es dann doch ganz gut.


Nach zehn Kilometern fängt der eigentliche Pass mit seinen 48 Kehren an. Die meisten sind beschildert, und von unten nach oben wird von 48 runtergezählt bis 1. Ich finde das ist psychologisch eine gute Unterstützung, so kann man sich Teilziele setzen, bzw. kriegt eine ordentlichen Motivationsschub, wenn dann 39, 29, usw. dort steht.

Kehre 1

Die Steigungen bleiben eigentlich immer im menschlichen Bereich, d.h. wenn man runterschalten könnte...


Ich versuche einfach erst mal bis zur Kehre 29 zu kommen, ab da soll es wohl steiler werden, und dann muss ich weitersehen.

Das Rennrad macht mir etwas Probleme durch den unergonomischen Sattel. Mir schläft alles mögliche ein, und das zieht sogar bis ins rechte Bein. Da es keine Verschnaufpausen in Form von flachen Abschnitten oder gar Abfahrten gibt, ist das nicht so richtig gut zu handhaben, aber letztlich finde ich auch da einen Weg, mit kurzem Aufstehen aus dem Sattel und einer bestimmten Beinhaltung.



Bis zur 29 läuft's ziemlich gut, allerdings geht es schon gut rein, und da ich kurz dahinter meine Sonnenbrille verliere, nutze ich den Stop für eine dreiminütige Pause. Die tut enorm gut, und danach läuft es erst mal gleich wieder besser, so dass ich trotz meines „zu hohen“ Tempos auch die jetzt teils etwas steileren Stücke bis ca. 15% gut schaffe.


Es sind sehr viele Radfahrer unterwegs, und jetzt sind auch langsam die Motorradfahrer aufgewacht, die hier teils ziemlich heftig hochgeißeln. Ab und zu trifft man auf einen Radfahrer, der ungefähr gleiches Tempo geht, was mich aber eher irritiert. Den besten Rhythmus finde ich, wenn ich mal einen Abschnitt ziemlich für mich fahren kann.

Das nächste Teilziel ist die Kehre 19, da glaube ich das erste mal , dass ich es schaffe, trotz der nicht optimalen Übersetzung. Beeindruckend ist der Blick auf die „Steilwand“. Aber nach meinen Englanderfahrungen bin ich regelrecht beruhigt, da man praktisch die ganzen noch zu fahrenden Serpentinen im Blick hat, und die sehen alle machbar aus.



Hinter Kehre 15 mache ich nochmal drei Minuten Pause. Die Fotos zwischendurch mache ich immer vom Fahrrad.



Dann nehme ich mir noch eine kleine Pause für Kehre 9 vor. Allerdings kommt nach der Pause an der 15 von hinten ein Radfahrer, der ungefähr die gleiche Geschwindigkeit fährt wie ich. Er hängt sich an mein Hinterrad, und so habe ich noch etwas extra Motivation. Und da es von der 9 zur 8 so gut läuft, verschiebe ich die geplante Pause auf 5, doch ab Kehre 5 werden die Strecken zwischen den Kehren deutlich kürzer, und ich merke, dass ich mit meiner Übersetzung ganz gut auch die restlichen Kehren noch schaffen kann, und so bin ich plötzlich bei Kehre eins, und bin völlig verwundert, und denke da kommt noch was.


Aber es sind nur noch ein paar hundert Meter, und dann ist es tatsächlich geschafft. Wahnsinn! Mein erster Alpenpass, das Stilfser Joch.

Natürlich gibt es ein Siegerfoto am Schild. Dann schaue ich mir das Halligalli mit den ganzen Motorradfahrern, Radfahrern und Souvenierläden an.


Und entgegen meiner ersten Vermutung weiß ich jetzt: Mit dem Reiserad und Gepäck durch Devon und Cornwall ist auf jeden Fall härter, als mit dem Rennrad einen ordentlichen Alpenpass hochzufahren. Und noch dazu bekommt man hier eine richtige Belohnung für die Mühe. Ein fantastisches Alpenpanorama, und einen symbolischen Zielpunkt, wo man ein Foto machen kann, und denken kann „geschafft“. Ein wunderbares Hochgefühl.


Nach gut einem Liter Apfelschorle und ein paar Nudeln, geht es wieder hinunter. Ich überlege erst ob ich die andere Seite herunter fahre und wieder hoch, schließlich ist es erst elf. Aber das wäre wohl doch etwas übermütig, vor allem scheint das Wetter schlechter zu werden, also genieße ich meinen Erfolg und fahre mit einem breiten Grinsen im Gesicht wieder hinunter nach Prad. (Nicht ohne vorher mein Fahrrad in Kehre 1 nochmal in den Schnee zu stecken...)


Das Tempo bergab ist relativ gering, da das hohe Verkehrsaufkommen, insbesondere die Motorradfahrer nicht viel mehr möglich machen. Einige fahren nicht nur grenzwertig, sondern noch darüberhinaus. So sehe ich zwei Beinaheunfälle, einmal mit einem Auto und ein anderes mal mit einem Radfahrer. Der ist ein extrem guter Abfahrer, sehr beeindruckend. Der Motorradfahrer, der von unten hoch geißelt hat offensichtlich seine Geschwindigkeit unterschätzt, und fährt frontal auf der falschen Spur auf den Abfahrer zu um einen anderen Motorradfahrer zu überholen. Es bleibt aber zum Glück beim beinahe.

Da man es nicht so richtig laufen lassen kann, und natürlich an den Kehren sehen muss, dass man auf seiner Spur bleibt, muss man ständig Bremsen, so dass die Felgen durch das Bremsen ordentlich heiß werden. Ich mache zwei kurze Abkühlpausen, und lasse ein bisschen Luft ab von den Schläuchen.

Die Abkühlpausen werden natürlich für ein paar schöne Fotos genutzt.



Auf dem Gipfel war es schon recht frisch, schätzungsweise um 15° C. So kann man, auch wenn sie stehen und Pause machen, die aufwärts fahrenden von den abwärts fahrenden unterscheiden, die Abfahrer tragen nämlich alle eine Jacke, während die berghoch fahrenden auch denletzten Reißverschluß vom Trikot noch öffnen Irgendwann am Ende der Abfahrt fährt man dann in die warme Luft des Tals. Denn hier sind mittlerweile deutlich über 20°.

So eine dreiviertel Stunde bergab, vor allem am Ende wo keine Serpentinen mehr sind, das macht schon Spaß, da könnte ich mich glatt ans Rennrad gewöhnen....


Um ca. 13:00 Uhr bin ich schon wieder auf meinem Zimmer. So einen Pass kann man sich also auch mit einer Übernachtung vorknöpfen, gut zu wissen.