Freitag, 20. Juli 2012

Wieder auf dem Rad!

Naja, ein bisschen jedenfalls. Noch habe ich eine Woche strengstes Sportverbot, aber ich musste schon mal testen, ob die Beine noch funktionieren.

Nur mit dem Pulsgurt bekleidet, um jede Reibung an den Schürfwunden zu vermeiden, bringe ich es immerhin auf Zehn Minuten auf dem Ergometer mit 100 Watt. Der Puls hat die 100er Marke nicht überschritten, kein Tropfen Schweiß ist geflossen, aber Hauptsache wenigstens etwas Bewegung.

Es geht jedenfalls aufwärts. Und da ich ja mit dem Ötztaler und dem Alpenbrevet zwei leuchtende Ziele vor Augen habe bin ich trotz des Rückschlags hochmotiviert.

Mittwoch, 18. Juli 2012

Sturzbilanz

Das hatte ich mir nun wirlich anders vorgestellt. Mit dem heftigen und gefährlichen Sturz am Pico Veleta dachte ich mein Soll für einige Zeit erfüllt zu haben. Und doch hat es mich gerade mal acht Monat später wieder erwischt.

Die Geschwindigkeit war mit 70 km/h noch höher. Zum Glück passierte es diesmal aber auf gerader Strecke und ohne bedrohliche Felsböschung am Straßenrand.

Während es im Oktober letzten Jahres ein Fahrfehler von mir war, hatte ich diesmal keine Chance den Sturz zu verhindern. Der Ärger und die Unzufriedenheit, die Wut und der Frust, die negativen Folgen für die weitere Saison, alles ist gleich. Es macht also keinen Unterschied ob man selbst zu dämlich ist zum Radfahren, oder ob ein anderer zu dämlich ist zum Radfahren.

Es gibt nur eine vernünftige Art damit umzugehen, und mit jedem Sturz versuche ich das besser umzusetzen: Es ist passiert, man muss es aktzeptieren, man muss alles dafür tun die körperlichen Sturzfolgen auszuheilen, ggf. unter schmerzhaftem Verzicht auf geplante Rennen oder sonstige Aktivitäten, und dann muss man nach vorne schauen.

Trotzdem muss man natürlich den Unfall analysieren. Vom Fahren her lag kein Fehler von mir vor, da gibt es nichts zu ändern, ich wurde halt einfach umgefahren. Prinzipiell ist natürlich in einem Rennen das Risiko größer als bei einer einsamen Passbesteigung. Aber nachdem ich schon an einigen Events, auch mit hohen Teilnehmerzahlen, teilgenommen habe, ist es das erste mal, dass ich unter Fremdeinwirkung gestürzt bin. Das heißt meine weitere Planung wird der Sturz dahingehend nicht beeinflussen.

Gelernt habe ich auch was die Behandlung von Schürfwunden betrifft. Da werde ich mir einen ordentlichen Vorrat der entsprechenden Verbandsmaterialien und Medikamente zu Hause bunkern und diese auch auf Reisen mitnehmen. Ich möchte nicht mehr abhängig von der Laune eines Arztes sein, der keine Lust hat die riesigen abgeschürften Flächen alle zu versorgen, weil es zuviel Zeit kostet. (wie bei der Zweitversorgung in St. Michael)

Keinesfalls werde ich das nächste mal noch im Begleitfahrzeug eine Etappe mitfahren oder tatsächlich hoffen die nächste Etappe wieder zu fahren, was für ein Quatsch. Den "put me back on my bike" Reflex werde ich ignorieren und sofort nach Hause fahren, wenn es sein muss mit dem Taxi. Das ist die einzige vernünftige Lösung bei Verletzungen diesen Umfangs, vor allem im Hinblick auf möglichst schnelle Heilung (und damit die Möglichkeit auch möglichst schnell wieder aufs Rad zu kommen).

Das der Sturz so glimpflich verlaufen ist, jedenfalls wenn man die Geschwindigkeit und das Zustandekommen betrachtet liegt meines Erachtens nach daran, dass ich nicht über den Asphalt geschliddert bin, sondern gerollt. Dadurch sind die Schürfwunden nicht so tief und die Verletzungsbilanz ist noch einigermaßen erträglich ausgefallen:

Verstauchungen an den Fingern der rechten Hand
Verstauchung am linken Handgelenk
Prellung an beiden Ellbogen
Prellung am linken Knie
Prellung an der linken Hüfte
leichte Prellung am rechten Knie
Schürfwunden am rechten Ellbogen
Schürfwunden am linken Arm vom Oberarm bis Unterarm
Schüfwunden am rechten Knie
Schürfunden links vom Gesäß bis unters Knie
Schürfwunden an der linken Hand
Schürfwunden an den Fingern der rechten Hand und den Fingerkuppen
Pellung an der linken Schulter
Beulen am Kopf links

In der Summe führt es schon dazu, dass ich für ein paar Tage ziemlich ausgeschaltet bin. Auch 6 Tage nach dem Sturz saß ich noch nicht wieder auf dem Fahrrad. Die Schürfwunden lassen es einfach nicht zu.

Der Traum vom 24h Rennen in Kehlheim ist geplatzt. Auch die Idee dann eine neue Übergangsperiode mit viel Ausgleichssport z.B. Schwimmen einzustreuen und für den Ötzi neu aufzubauen ist gestorben. Das gleiche Dilemma wie beim letzten Sturz.

Aber bis zum Ötzi habe ich natürlich noch über vier Wochen Zeit. Und da ich ja wieder auf die Unterstützung meiner Edelfans bauen kann, bin ich doch zuversichtlich da ein achtbares Ergebnis zu erzielen und dann gut auf den Alpenbrevet zu tapern, bei dem ich ja eine Woche später noch eine Rechnung begleichen will.

Rechnung begleichen ist im Hnblick auf den Sturz ein unangenehmes Stichwort. Letztlich beträgt der materielle Schaden mehrere tausend Euro, das muss ich erst mal wegstecken. Immerhin einen Teil werden die Unfall oder Krankenversicherung tragen, aber schon der letzte Sturz hat mich finanziell bluten lassen, das sind einfach Kosten mit denen man nicht rechnet wenn man Radfahren als Freizeitsportler betreibt.

Anyway, für mich heißt es nun gesund werden, den Mist vergessen und wieder aufs Rad kommen.

Fazit Peakbreak

Durch die große Belastung auf der langen Strecke des Schweizer Radmarathons eine Woche vorher, bin ich ja mit einiger Skepsis ins Peakbreak 2012 gegangen. Erstes Ziel war eigentlich nur überhaupt durchzukommen.

Aber mit jedem Tag ist mein Selbstvertrauen gewachsen, und ich habe gemerkt, dass ich mich eigentlich mit jedem Tag steigern konnte, also gar nicht wie erwartet abgebaut habe. Der Kopf hat das gar nicht glauben wollen, was die Beine da machen.

Und auch am 6. Tag, als es mir mental morgens nicht gut ging, ich das schlimmste befürchtete, bin ich am Pass Thurn fast explodiert, mit einer Trittleistung von über 300 Watt im Schnitt. Das kann nicht nur an den Anfeuerungs- und Aufmunterungs SMS meiner Edelfans gelegen haben (aber denn Anteil möchte ich auch nicht zu gering ansetzen).

Ich weiß jetzt, dass mein Gefühl am Ende der letzten Saison richtig war, dass ich mich im Wettkampf fordern muss um mich zu steigern. Der blöde Sturz am Veleta hat mich im Training zwar doch etwas aus der Bahn gebracht, sogar mehr als ich zunächst realisiert habe, aber ich war schon auf dem richtigen Weg.

Das ich den Peakbreak 2012 gefinished hätte steht für mich außer Frage, ich schätze um Platz 40 herum. Aber das ist natürlich graue Theorie. In Rennen besteht nun mal ein größeres Sturzrisiko als beim einsamen Klettern am Berg früh morgens. Und auch das musste ich erfahren.

Der Sturz war wirklich böse. Auch wenn es mir schwerfällt angesichts von Schürfwunden mit der Fläche eines Fußballfeldes von Glück im Unglück zu sprechen, so muss ich doch einsehen, dass Stürze bei 70 km/h auch anders ausgehen können.

Unabhängig vom unglücklichen Ausgang ist das Erlebnis eines anspruchsvollen Etappenrennens schon etwas Besonderes. Jeden Tag wieder im Renntempo die Bergetappen zu bewältigen, fast jeden Tag an einem anderen Etappenort mit entsprechendem Reisestress, die Schwierigkeit sich dabei richtig zu ernähren und genug zu schlafen und letztlich auch das Gemeinschaftsgefühl unter den Fahrern, das alles sind sehr interessante Erfahrungen, die einem Freizeitfahrer meist verwehrt bleiben.

Man kann den Peakbreak eben nicht mit einer Radreise oder z.B. einem Radsportcamp wie ich es 2010 gemacht habe vergleichen. Man hat letztlich acht aufeinanderfolgende Radrennen. Dementsprechend fordert man sich viel mehr. Der Trainingseffekt ist wahrscheinlich recht groß.

Ein bisschen schade ist, dass man im Gegensatz zu einer entsprechenden Radreise sehr wenig von der schönen Landschaft mitbekommt. Zumindest ging mir das so, dafür war ich zu sehr im Rennen. Zwar gibt es immer wieder Momente in denen man die spektakuläre Umgebung wahrnimmt, aber meist ist man eben konzentriert auf das Renngeschehen was auch wichtig ist.

Auch mein Sturz ist sicher durch eine Unkonzentriertheit entstanden, wenn auch nicht durch meine eigene.

Wirklich super fand ich die Zielankünfte. Natürlich ist man bei so schweren Strecken immer froh wenn es dann vorbei ist, aber schon kurz danach stellt sich ein Gefühl großer Befriedigung ein. Dabei habe ich mich mit jedem Tag mehr im Ziel gefreut und wohlgefühlt.

Sicher hat auch Bernie mit seiner immer motivierenden Moderation dazu beigetragen. Ich habe keine Ahnung wie der es geschafft hat über Stunden immer wieder was zu erzählen was eben nicht albern oder dämlich klingt, aber er hat eigentlich für jeden immer den richtigen Spruch parat gehabt. Als ORF Moderator ist er offensichtlich ein Profi und als Triathlet mit einer gesunden Affinität zum Radsport war er genau der richtig Mann für diesen Job.

Überhaupt hat das gesamte Orgateam gute Arbeit geleistet und war dabei immer freundlich oder gerade zu herzlich im Umgang mit den Teilnehmern. Es gibt zwar durchaus Dinge die man verbessern kann, aber prinzipiell war die Organisation sehr gut.

Was ich über mich aus dem Peakbreak gelernt habe, ist, dass ich mich bei Belastungen über mehrere Tage wirklich steigern kann, auch im Vergleich zu anderen Radfahrern. Ich werde auch mein Training prinzipiell überdenken. Denn dass ich im Winter so sehr rausnehme und dann fast nur noch Grundlage fahre ist vielleicht ein Fehler. Auch dass ich fast immer Dreier- oder Viererblöcke fahre muss ich möglicherweise überprüfen. Ab und zu mal eine richtige Belastung mit einer Woche volles Rohr ist vielleicht eine Alternative. Aber das werde ich alles zum Ende der Saison für nächstes Jahr auswerten.

So schön der Peakbreak bis zum Sturz war, so frustrierend war es danach. Ich hätte sofort abreisen müssen. Am meisten schmerzen nicht die Schürfwunden, sonder dass ich nicht mit Finishergefühl nach einer letzten schönen Etappe über die Nockalmstraße bei gutem Wetter ins Ziel gefahren bin. Ich könnte jetzt noch vor Wut und Frust schreien.

Es erscheint mir momentan wie ein nicht wiederbringliches Erlebnis, auch wenn ich nächstes Jahr wieder starte.

Das ist eigentlich mein fester Plan. Mit klarer Zielsetzung unter die besten 30 zu fahren, also mindestens im vorderen Drittel des Gesamtklassements zu landen. Hoffentlich liegt der Termin so dass ich fahren kann.






Dienstag, 17. Juli 2012

Peakbreak 2012 - 8. Etappe

Eigentlich gibt es für mich zur 8. Etappe nichts mehr zu schreiben, denn ich bin nicht mehr im Rennen und fahre nicht mal im Begleitfahrzeug mit.

Ich tue es aber trotzdem, denn heute habe ich sehr von der Hilfsbereitschaft der anderen Fahrer und Staffmitglieder profitiert. Das möchte ich einfach nicht unerwähnt lassen, und mich an dieser Stelle dafür bedanken.

Zunächst nimmt mich Björns Frau im Wohnmobil direkt mit nach Seeboden. Während er also die letzte Etappe über die Nockalmstraße genießt und sich auf das Finishergefühl bei Ankunft in Seeboden am Milstädter See freut, stehen wir im Stau auf der A10, kommen aber natürlich trotzdem schon noch rechtzeitig vor dem Zielaufbau in Seeboden an.

Beim ersten Versuch nach Hause zu fahren verliere ich allerdings meine Geldbörse, und so kommt es, dass ich nach einer kleinen Odyssee mit weiteren Stunden im Stau, Polizeibesuch und Suche um kurz vor 14:00 Uhr immer noch in Seeboden stehe, ohne Kredit- und EC Karten, ohne Geld, ohne Ausweis oder Führerschein.

Meine Frustrationsgrenze ist dann doch fast erreicht. Zum Glück kann ich auf die spontane Hilfe von Andrej, der mich ja nur von unserer gemeinsamen Fahrt in der Dreiergruppe nach Lienz kennt, und von Bernie, der am Ende der Etappen die motivierende Zielmoderation gemacht hat, bauen. Die beiden leihen mir Geld, so dass ich doch noch nach Hause fahren kann.

Also von hier nochmal herzlichen Dank an euch beide für eure spontane und unkomplizierte Hilfe!


Freitag, 13. Juli 2012

Peakbreak 2012 - 7. Etappe

Die heutige Etappe erlebe ich also aus der Sicht der Betreuer im Begleitfahrzeug. Am morgendlichen Ablauf ändert sich wenig, ich esse auch beim Frühstück als müsste ich fahren und lade dann mein Rad in den VW Bus. Sonja, die Freundin eines Fahrers macht Begleitung und Betreuung für ihn und drei weitere Radfahrer.

So fahren wir kurz vor dem Start voraus nach Mittersill. Dort muss ich noch kurz auf der Polizei das Unfallprotokoll von gestern unterschreiben. Dann geht es nach einem kurzen Verfahrer vorbei am Zeller See über Saalfelden hoch zum Dienter Sattel.

Mittlerweile hat es angefangen zu regnen, nicht so das richtige Radfahrwetter. Kann mir heute aber egal sein, ich sitze ja im warmen Bus noch dazu mit charmanter Begleitung. So rede ich mir das schön, denn eigentlich ist es schon sehr frustrierend, dass ich heute nicht fahren kann, und außerdem bin ich natürlich damit aus der Gesamtwertung raus, ein Finishen des Peakbreak ist für mich also nicht mehr möglich.

Als wir am Dienter Sattel ankommen schüttet es wie aus Eimern, dass wird ein harter Tag heute für die Jungs. Dabei haben die noch Glück, denn heute sind es hier immerhin 10° C, gestern waren es aber nur 2° wie die Gastwirtin berichtet während wir ihren extrem leckeren frischen, noch warmen Topfenkuchen genießen.

Aber dann müssen wir auch schon raus in den Regen, denn die ersten Radfahrer kommen vorbei. Immer wieder erstaunlich wie schnell die Spitzengruppe ist, aber auch das Mittelfeld ist gar nicht soo viel langsamer als unser VW-Bus...

Es stellt sich heraus, dass sich ein Teil der von Sonja betreuten Fahrer verfahren hat. Sehr ärgerlich, und ich kann das natürlich nach meinen Erlebnissen beim Schweizer Radmarathon gut nachvollziehen. Die Jungs holen sich Regenjacke und Gel usw. und stürzen sich dann gleich in die Abfahrt, die bei Nässe und Kälte einiges abverlangt.

Wir fahren weiter mit dem VW-Bus, jetzt irgendwo zwischen Spitzengruppe und Mittelfeld. Hochinteressant ist die Perspektive aus dem Bus, wenn man die Radfahrer beobachtet. Immerhin eine Erfahrung, die ich so gewinne, wenn ich schon nicht selbst fahren kann. Zwischendurch bin ich sogar froh, dass ich nicht fahren muss, denn es schüttet wirklich wie aus Eimern und das mittlerweile schon über Stunden.

Aus dem Bus heraus die Abfahrt im Regen zu beobachten ist schon interessant, dabei kann ich fast genau fühlen wie die klammen Finger im Fahrtwind und peitschenden Regen eiskalt werden, wie das Wasser ins Gesicht spritzt, das Gefühl der völlig durchnässten Radschuhe und ich spüre förmlich die kalten Füße.

Noch bin ich irgenwie mental im Rennen. Immer wieder blitzt aber auch mein heftiger Sturz kurz durch die Gedanken, der Moment als ich realisiere, dass ich definitiv stürzen werde und gleich mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit auf den Asphalt knallen werde. Dann weiß ich, dass ich eben nicht mehr im Rennen bin.
Aber zunächst lenkt mich das Rennen und die Schwierigkeiten der heutigen Etappe von diesen Gedanken wieder ab. Da durch den Regen die Bodenmarkierungen teils schlecht zu sehen sind, oder gar ganz weggeschwemmt werden, kommt es in den kniffligen Passagen zu regelrechten Schnitzeljagden. An einer Stelle fahren wir sogar zurück und winken zumindest einen Teil der eher weiter vorne fahrendenden Radler in den richtigen Abweig. Dann müssen wir aber weiter, da wir ja vor unseren Fahrern an der nächsten Aidstation sein wollen.

Dort kommt dann aber nur einer an, da die anderen nicht den richtigen Abzweig getroffen haben. Dadurch  kürzen sie sogar etwas ab, und gleichen so etwas den Umweg vom ersten Verfahren wieder aus.

Danach machen wir uns direkt auf ins Ziel. Dabei kann ich genau nachempfinden wie sich der Anstieg nach Obertauern anfühlen muss, denn immer wieder scheint man oben zu sein und nach der Kurve kommt statt der Anhöhe nur eine weitere Steigung. Dabei kämpfen die Fahrer mittlerweile schon stundenlang in strömendem Regen, und maximal mit Regenjacke, aber praktisch alle in kurzen Handschuhen und auch sonst eher Rennmäßig leicht bekleidet.

Selbst die Abfahrt hinunter ins Etappenziel St. Michael zieht sich im VW-Bus elend lange, kann aber sein, dass man das auf dem Rad anders empfindet.

Schließlich erwarten wir im Ziel die ankommenden Fahrer. Und hier zeigt sich, welche emotionale Tiefe in so einer Veranstaltung steckt, wenn sich die Teilnehmer bei widrigen Bedingungen bis ins Ziel kämpfen, und dann erschöpft und vor Kälte zitternd, kaum dass sie vom Rad runterkommen, im Ziel stehen, von den dort wartenden mit Zuspruch, wärmenden Decken und heißem Tee empfangen werden.

Zwischen gut fünf und über sieben Stunden haben sich die Fahrer über 178 Kilometer durch den strömenden Regen und die Kälte gequält. Jetzt stehen sie zitternd im Ziel. Und so seltsam es klingt, gerade jetzt bin ich extrem frustriert und traurig, dass ich nicht dabei war. Auch wenn ich mich für jeden Fahrer freue der im Ziel ankommt, so spüre ich doch, welch emotional tiefes Erlebnis, welche Erleichterung bei der Zielankunft, welche Befriedigung es geschafft zu haben mir hier heute entgeht.

Ich kann nicht länger im Zielbereich bleiben. Ich genehmige mir ein, irgendwie unverdientes, Essen. Seit dem Sturz habe ich sehr großen Hunger, vielleicht braucht der Körper Nährstoffe um alles wieder in Ordnung zu bringen...

Dann gehe ich zum örtlichen Arzt und lasse den Verband an den schlimmsten Stellen erneuern. Anschließend geht es zur Pastaparty. Die Hoffnung morgen zu fahren ist dahin. Der Arzt hat da einen klaren Standpunkt. Und auch wenn ich dazu neige die Standpunkte anderer auch mal zu ignorieren wenn es mir nicht in den Kram passt, so sagt mein Körper doch nein!

Ich würde schon durchkommen, aber die Verstauchungen der linken Hand und der Finger rechts werden bestimmt nicht besser dadurch. Vor allem aber sind die Abschürfungen doch sehr großflächig. Die Infektionsgefahr ist viel zu groß, ein erneuter Sturz wäre ein Desaster. Mit anderen Worten es wäre dumm das zu tun. Was nicht heißt, dass ich es nicht doch machen würde, aber der Verstand siegt über den unkontrollierten "Put me back on my bike" Impuls.

Bei der Pastaparty steigt der Frust aber. Obwohl alle sehr, sehr nett sind, und sich nach meinem Befinden erkundigen, fühle ich mich als wäre ich von einem fahrenden Zug gefallen, und der Zug führe ohne mich weiter.

Zwei weitere Fahrer hat es heute erwischt, darunter der älteste Teilnehmer mit 74! Jahren. Der hat mir übrigens mit seiner stoischen Art und vor allem mit seiner beeindruckenden Leistung sehr imponiert. Irgendwie gibt mir das Hoffnung, doch noch nicht "zu alt" für solche Herrausforderungen zu sein. Vielleicht habe ich doch noch etwas mehr Zeit meine Pläne und Wünsche umzusetzen.

Anyway, ich verabschiede mich früh von der Veranstaltung, ich will einfach nur alleine sein, meinen Frust irgendwie verarbeiten. Ich gehe sehr früh ins Bett und schreibe noch den Eintrag fürs Blog vom heutigen Tag. Dabei markiere ich aus Versehen mit meinen lädierten Fingern den ganzen Text und lösche ihn, genau in dem Moment indem Blogger automatisch speichert... Das ist zuviel, alles weg. Da hilft jetzt auch kein Hemmingway (der neue Text war sowieso viel besser), ich klappe wütend und frustriert das Laptop zu, gebe mich noch einen Moment der Depression hin, mit Gedanken an den verpassten Kampf und Triumph heute, dem Sturz, dem nicht gefahrenen Kitzbühler Horn, und dem verpassten Erlebnis der Schlussetappe mit Zieleinlauf und Finishergefühl. Dann kommt endlich der Schmerz von den Abschürfungen und lenkt mich ab bis ich ziemlich zerstört einschlafe.

[Text eingestellt am 15.07.2012]

Donnerstag, 12. Juli 2012

Peakbreak 2012 - 6. Etappe

Wenn ich wählen könnte, würde ich heute sicher kein Radfahren. Nachts um zwei bin ich mit Halsschmerzen erstmals wach geworden, in der rechten Kniekehle zieht es etwas, der Beinbeuger leidet wohl, und auch nach dem Ausfstehen die ersten Schritte sind schwer, die Beine fühlen sich nicht gut an.

Ein Regenerationstag wäre angesagt. Aber wenn ich im Rennen bleiben will, muss ich natürlich fahren. Ich werde mich also irgendwie im Feld über den Pass Thurn schleppen, auf der anderen Seite runterrollen und dann hoffen, dass ich irgendwie das Kitzbühler Horn hinaufkomme ohne aus der Karenzzeit zu fallen. Mehr geht heute nicht.

Zum Glück bekomme ich noch eine Anfeuerungs SMS von Andrea und Jörg. So wird zumindest mein Kampfgeist wieder geweckt.

Aber selbst während wir im Startbereich stehen fühle ich mich nicht gut. Dann geht es endlich los und wir rollen neutralisiert hinter dem Fahrzeug der Rennleitung her. Und seltsam genug, mit jedem Kilometer vergeht das elende Gefühl im Magen, und noch vor Mittersil kommt auch wieder Leben in die Beine.

Offensichtlich regeneriere ich am besten auf dem Rad. Noch bin ich etwas unsicher was wohl im Berg passieren wird, aber ich will jetzt auch endlich berghoch fahren, mein Kampfgeist ist zurück.

Dann geht es nach einer scharfen Rechtskurve in den Pass Thurn. Und meine Beine funktionieren plötzlich. Ich fahre immer deutlich über 300 Watt da ich in der Spitzengruppe bleiben möchte, zumindest so lange die Steigung noch einigermaßen moderat ist.

Vorne sprengen zwei weg, dann wird es etwas steiler, und die Spitze reißt etwas auseinander. Zu meinem erstaunen flacht der Anstieg dann aber wieder etwas ab, und ich kämpfe mich mit hohen Wattleistungen oft über 400 Watt wieder an die große Spitzengruppe ran, die nicht weit hinter den zwei Ausreißern fährt.

Der Pass steigt jetzt ziemlich gleichmäßig mit nur ca. 4% an. Ich will jetzt unbedingt in der Gruppe bleiben. Ich habe keine Ahnung wie das sein kann, aber die Beine gehen wie der Teufel. Ständig über 300 Watt, immer wieder mal auch über 400 Watt muss ich treten, aber es geht. Wenige, seltene Erholungsphasen um die 200 Watt scheinen zu reichen um mich zu erholen.

Ich weiß nicht genau, wie lange der Anstieg noch geht, so denke ich an einer Stelle wo es abflacht, wir haben die Passhöhe erreicht, aber es geht nach einer Kehre noch weiter. Und noch immer kann ich dranbleiben. Ich denke jetzt nicht an das Kitzbühler Horn, sondern nur daran, möglichst in der Spitzengruppe zu bleiben.

Wieder flacht der Anstieg etwas ab, und die Vorderen ziehen mächtig an. Jetzt sind wir wohl wirklich oben. Der Fahrer an dessen Hinterrad ich hänge lässt reißen, etwas weiter vorne zwei andere auch. Ich überhole meinen Vordermann und versuche die beiden anderen zu erreichen, vielleicht können wir zusammen wieder an die große Spitzengruppe ranfahren. Denn jetzt geht es auch direkt in die Abfahrt.

Ich erreiche die beiden, und wir fahren noch etwas nach vorne, schließlich stürzen wir uns zu viert in die Abfahrt.

Vierergruppe, Abfahrt, nicht weit weg von der Spitze, entgegen aller Erwartung läuft es super. Und am Kitzbühler Horn werde ich dann schon sehen. Irgendwie geht auch das.

Die Abfahrt wird steiler und mein Rad läuft wie Sau, so dass ich aus der Gruppe rausfahre, und vorbeirolle, ein weiterer Fahrer aus der Gruppe überholt die restlichen beiden. Es geht schnurgeradeaus, ordentlich Gefälle, ich habe 70 km/h drauf, da kommt von hinten einer vorbeigeschossen, hat aber entweder das Rad nicht unter Kontrolle, oder fährt einfach brutal, ich weiß es nicht, er rempelt mich voll weg, ich versuche das Rad noch zu kontrollieren, aber keine Chance, verdammt, verdaaammmmt

Und dann schlage ich auch schon bei vollem Tempo mit der linken Seite auf den Asphalt, wie eine willenlose Puppe rolle ich ungebremst über den Asphalt, völlig der Gewalt der Geschwindigkeit ausgeliefert.

Irgendwann hat sich's ausgerollt. Ich bleibe erst mal liegen. Noch während dem internen Funktionstest schießt mir ein Gedanke durch den Kopf, "Du Arschloch willst du mich umbringen?!"

Ich versuche aufzustehen, ich liege auf der Gegenfahrbahn, ich hoffe es kommt jetzt nicht gerade ein Auto, also schnell aufstehen. Geht.

Geht sogar erstaunlich gut. Meine rechte Hand schmerzt elend, die Fingerkuppen sind sauber über den Asphalt geschliddert. Das linke Handgelenk schmerzt, die linke Seite blutet. Aber ich bin total erleichtert. Ich kann alles bewegen, Kopf hin und her - geht, Schultern ok, Hüfte ok, Beine und Füße ok.

Bei den Fingern der rechten Hand bin ich mir nicht sicher, die schmerzen und werden etwas dick. Ich schaue nach dem Fahrrad, kann ich weiterfahren? Zumindest ist nichts rausgerissen, aber meine rechte Hand, ich kann nicht bremsen.

Da steht auch schon eines der Begleitfahrzeuge und ein weiterer Autofahrer hat angehalten und erkundigt sich nach meinem Zustand. Das Rad wird von der Straße geräumt, das Kamerateam ist auch da.

Jetzt merke ich, dass mehr als nur die Hände weh tun, aber es geht noch, noch habe ich genug Adrenalin in mir. Wenn ich den anderen Fahrer jetzt packen könnte würde ich den Adrenalinüberschuss auch umsetzen.

Der Offizielle vom österreichischen Radsportverband ist auch in einem Begleitfahrzeug und will die "lokale" Ambulanz anrufen hat aber keine Nummer, für sowas würde er aber andererseits keine 112 wählen. Was faselt der denn für einen Scheiß? Aber ich stehe nur da, bin immer noch erleichtert, und rede mir ein es hätte schlimmer kommen können. Zum Glück verständigt er die Rennleitung, und Tom der Orgachef informiert die Ambulanz.

Er ist auch gleich mit dem Wagen der Rennleitung da und ein Polizeifahrzeug kommt auch noch. Ich mache mir derweil Gedanken um meine Fingerkuppen und die gesamte recht Hand. Ich laufe herum, hole noch den zerstörten PC VI von der Straße. Hinlegen will ich mich nicht, mache es dann doch, ist aber blöd und ich fange an zu frieren. Ich bekomme eine Aludecke, und stehe da am Auto der Rennleitung. Es steht eigentlich immer jemand bei mir und spricht mir gut zu.

Es dauert etwas, aber dann kommt endlich ein Rotkreuzwagen und fährt mich nach Mittersil ins Krankenhaus. Mein Fahrrad und den kaputten Helm nimmt das Begleitfahrzeug mit.

In Mittersil im Krankenhaus werden dann die entsprechenden Stellen geröntgt, aber es ist nichts gebrochen. Dann gibt es eine ordentliche Wundversorgung für die Schürfwunden und die malträtierten Hände. Die Schwester meint zwar, dass da wohl ein Ganzkörperanzug angebracht wäre, aber kriegt es dann auch so hin.

Dem Anhängen an den Tropf und intravenösem Schmerzmittel verweigere ich mich, auch will ich entgegen dem Rat der Ärzte nicht im Krankenhaus bleiben. Ich schlucke brav die Schmerztabletten und fahre dann mit dem Taxi wieder zurück nach Neukirchen.

Auf der Fahrt schaue ich mir die schöne Landschaft an, und mir kommen vor Wut, Ärger und Frust fast die Tränen, aber mein Kampfgeist meldet sich, und so beschließe ich, unabhängig davon ob ich den Schweizer Radmarathon noch mal fahre auf jeden Fall den Peakbreak nächstes Jahr zu fahren und zu finishen. Und das mit deutlich weniger Gewicht und mit dem Ziel unter die Top 30 Fahrer zu kommen.

Ob ich dieses Jahr noch eine Etappe fahren kann weiß ich nicht. Gerade eben geht es mir nicht so super, der Arzt meinte ich hätte sie wohl nicht mehr alle. Außerdem weiß ich zunächst nicht, wie es mit dem Fahrrad aussieht.

Abends stellt sich dann heraus, dass mein Körper das Fahrrad wohl gut beschützt hat. Aber den Lenker hat es schon erwischt. Der muss getauscht werden. Einen neuen Helm brauche ich auf jeden Fall auch. Der hat seinen Zweck erfüllt und meinen Kopf vor bösen Verletzungen bewahrt, ist jetzt aber natürlich Schrott.

Ich beschließe morgen auf jeden Fall auszusetzen. Gerne würde ich aber die letzte Etappe fahren. Ob das vernünftig ist, muss ich noch rausfinden. Morgen kann ich jedenfalls in einem inoffiziellen Bergleitfahrzeug mitfahren, dann müssen wir schauen, welche Lösung es mit dem Lenker gibt.

Ich muss heute erst mal die Nacht gut überstehen, und das Ganze verdauen...

Mittwoch, 11. Juli 2012

Peakbreak 2012 - 5. Etappe

Heute steht der Glockner im Weg auf der Route zum Ziel. Der einzige Peak des Peakbreak den ich schon kenne, und das sogar recht gut. Wir fahren von der Heiligenblut-Seite hoch. Mit der habe ich bis jetzt noch keine guten Erfahrungen gemacht. Jedesmal habe ich mich sehr gequält. Ich hoffe zwar, dass das heute anders ist, aber ehrlich gesagt glaube ich nicht so 100prozentig daran.

Das Hotel war etwas außerhalb diesmal, so dass ich die fünf Kilometerchen nutze um mich etwas einzufahren. Die Beine sagen gar nichts, kein Signal. Na besser als irgendwelche Zipperlein.

Der Start ist diesmal sehr früh, um 7 Uhr. Also genau meine Zeit, und dazu noch "mein" Berg, das geht schon. Ca. 4 Km wird das Feld neutralisiert geführt, und dann freigegeben. Allerdings gibt es diesmal keine Chance für Attacke, denn es geht gleich in den Isselsberg, so dass die starken Bergfahrer schnell nach vorne kommen. Ich muss natürlich die Topfahrer ziehen lassen, halte mich aber noch ganz gut irgendwo im vorderen Mittelfeld.

Ich hatte schon öfters gehört, dass der Isselsberg etwas giftig zu fahren wäre, zunächst ist der aber ok. Auch stimmt die Leistung noch, so um die 300 Watt kann ich fahren, versuche aber eher bei 280, 290 Watt zu bleiben. Die Steigung ist so, dass ich noch mit Schalten und Trittfrequenz gut dosieren kann.

Eigentlich geht es sogar sehr gut. Immerhin ist heute der 5. Tag des Peakbreak und gestern habe ich anfangs ordentlich attackiert, am Berg ganz gut getreten und dann mit Manfred und Andrej eine super Gruppe gehabt, die allerdings auch Kraft gekostet hat.

Der Isselsberg lässt sich von dieser Seite super fahren, zieht zwar oben etwas an, aber wird nie sehr steil oder gar giftig. So ist das Plateau recht schnell erreicht, und ich schaffe es sogar an eine kleine Gruppe ranzufahren in der mindestens ein Fahrer fährt, der am Berg bis jetzt deutlich stärker war. Überzogen habe ich aber nicht.

Dann geht es nach dem Plateau in die Abfahrt, und nachdem ich anfangs dranbleiben kann, verliere ich in einer Kurve 20 Meter, und in einer weiteren nochmal, und zwar genau in der letzten bevor es wieder flacher wird. Verdammter Mist! Ich versuche nochmal ranzukommen, aber keine Chance, die sind weg. So radel ich allein in Richtung Heiligenblut.

Ich schaue mich um, aber da ist niemand auf den ich warten könnte. Also muss ich alleine im Wind fahren. Die Frage ist gebe ich richtig Feuer oder fahre ich verhalten und warte bis mich jemand von hinten einholt. Ich entscheide mich für die Mitte und fahre recht schwankend, je nach Gelände zwischen 230 und 320 Watt. Vorne die sind nicht zu sehen, hinten ist auch niemand.

Aber kommt da nicht schon die Kirche von Heiligenblut in Sicht? Hm, nee das war ein anderer Ort. Oje das zieht sich ja wie Kaugummi, ich hätte mir doch mal das Roadbook anschauen sollen, das sind noch einige Kilometer bis Heiligenblut.

Bei Kilometer 23 ungefähr kommt eine große Gruppe von hinten angerauscht und schnupft mich auf. Ich hänge mich dran, muss aber ganz schön reintreten um überhaupt dranzubleiben. Was ist das denn? Die hauen ja rein.

Besser als alleine im Wind ist es allemal, aber die Gruppe fährt sehr nervös. Kommt jemand an die Führung tritt der rein was geht, und oft muss ich 350 bis 400 Watt treten um dann nicht abreißen zu lassen. Total sinnlos, wir fahren uns vorm Glockner richt schön kaputt. Also zumindest ich fahre mich so vorm Glockner kaputt. Auch in die Steigungen wird richtig reingewatzt. Aber ich bleibe in der Gruppe so lange es geht, und wenn die Steigungen etwas länger sind kann ich ganz gut mithalten.
So ochsen wir uns nach Heiligenblut. Zwischendurch ärgere ich mich etwas über die Kraftverschwendung, aber letztlich funktioniert es ja irgendwie, und ich bleibe in der Gruppe bis zum Fuße des Anstiegs hinauf zum Hochtor.

Dann sprengt sowieso alles auseinander. Denn es geht gleich steil berghoch. Ich habe noch in Erinnerung, dass es bis zur Mautstation steil hoch geht, dann abflacht, und nach dem Kreisel der elende Schlussanstieg kommt.

Die Temperatur passt, die Beine sind ok, aber zu dosieren gibt es hier nichts. Ich fahre so 280 Watt mit niedriger Trittfrequenz und versuche mich dabei wohl zu fühlen. Klappt nur so mittel. Die Glocknerstraße bleibt unnachgiebig, und immer wieder tauchen Bilder meiner letzten beiden Befahrungen dieser Seite auf, die zwar schon etwas her sind, mir aber als Quälerei in Erinnerung geblieben sind.

Der Anstieg zieht sich, und bis zur Mautstation sind es noch ein paar Kilometer. Noch gehen die Beine ganz gut, aber es gibt kaum Entlastung, meist steigt die Straße mit zehn, elf oder zwölf Prozent. Zwei Radler sind um mich herum, von denen kann ich mich etwas absetzen, einer vor mir bleibt immer ungefähr gleich weit weg.

So kämpfen wir uns den Berg hinauf. Ich habe keine Ahnung wie ich die restlichen Kilometer nach dem Glockner schaffen soll, eine starke Gruppe wie gestern und ich fahre mich kaputt, alleine fahre ich mich kaputt oder komme gerade so vor der Karenzzeit an. Meine Beine funktionieren zwar noch, aber der Kopf mag diesen Anstieg nicht und ist voll dunkler Gedanken.

Dann kündigt sich endlich irgendwann die Mautstation an, danach wird es ja hoffentlich erst mal flach. Allerdings erscheint mir das jetzt doch recht früh im Anstieg. Anyway, es gibt eine Verpflegungsstation, wo ich meine zwei leer genuckelten Flaschen abwerfe und eine neue mit Iso gereicht bekomme. Eine dritte Flasche habe ich noch im Trikot, die ist noch halbvoll.

Zu meiner Enttäuschung geht es erst mal weiter berghoch. Und zwar ganz schön lange. Stimmt, flach wird es erst an einem Wirtshaus weiter oben. Bis dahin will ich auf jedenfall noch ordentlich fahren, und so halte ich meine Leistung bei 280, 290 Watt. Trotzdem geht es nicht recht vorwärts. Aber irgendwann geht jede Steigung zu Ende, und diese auch, und ja jetzt erinnere ich mich wieder, es geht jetzt sogar bergrunter.

Zwar verliert man in der Abfahrt Höhenmeter, die man wieder erklettern muss, aber diese Entspannung kommt mir gerade recht. Ich trinke etwas und quetsche noch ein Gel rein. Ich habe noch zu ein paar weiteren Fahrern aufgeschlossen.

Dann kommt der Kreisel mit dem Abzweig zur Kaiser-Franz-Josef's-Höhe. Wir fahren aber natürlich in Richtung Hochtor. Und da kommt erst mal eine lange steile Rampe. Obwohl die Glockner Hochalpenstraße angeblich nur bis 12% steil ist, zeigt mein Garmin an dieser Stelle immer 14% an. Und mein Gefühl, dass schon ganz gut geschult ist, stimmt eher dem Garmin zu als der offiziellen Version.

In der Rampe kann ich die anderen Fahrer sehen die vor mir sind, denn nach einer Spitzkehre fahren die mir jetzt „einen Stock höher“ entgegen. Nachdem ich die Spitzkehre und damit zum Glück auch die Rampe hinter mir habe, kann ich wiederum die Fahrer hinter mir sehen, die gerade in diesen letzten Teil des Anstiegs fahren.

Ab hier gibt es ja einige Kehren, und da steht auch immer die aktuelle Höhe angeschrieben. Eher demotivierend in diesem Moment, denn es sind noch über 500 Höhenmeter. Das fiese an dieser Steigung ist, dass sie einfach nicht nachgibt, und dass sie halt auch recht lang ist. Mittlerweile fühle ich mich wirklich elend. Die Beine treten zwar noch oft 260 oder 270 Watt, manchmal aber auch nur 230 Watt. Das Isogetränk ist brutal gemischt, beim ersten Schluck falle ich fast vom Fahrrad, beim zweiten wird mir kurz schlecht. Ich trinke Wasser hinterher, dann geht’s.

Obwohl ich das mit dem Iso Getränk wegstecke könnte ich kotzen, einfach vor Anstrengung. Jetzt ist es Quälerei. Ich habe zwar keinen Einbruch wie am Lukmanier beim Alpenbrevet letztes Jahr, aber es fühlt sich nur noch elend an. Die Beine treten brav, aber ich will jetzt lieber nicht radfahren, schon gar nicht berghoch. Ab und zu fahre ich an der Kamera vorbei, dann versuche ich nochmal einigermaßen gut auszusehen, aber das gelingt nicht wirklich.

Ich brülle dem Berg entgegen, was für ein elender Drecksberg er doch sei, aber die Reaktion bleibt aus. Die Steigung immer schön im zweistelligen Prozentbereich, noch immer gefühlte tausend Kehren zu fahren, argh! Ich beschließe mein Blog umzubenennen in „steilbergabmitRückenwind.com“ oder so ähnlich.

Aber wie sagte schon der österreichische Radphilosoph Franz Venier: „jeder Tritt, jede Kurbelumdrehung bringt dich näher ans Ziel“. Dabei arbeiten die Beine eigentlich noch ganz gut. Zwar höre ich von den anderen keine solchen emotionalen Ausbrüche, aber überholen tut mich auch keiner. Im Gegenteil ich schließe sogar noch auf einen Fahrer aus der Vierergruppe, die ich nicht mehr erreicht habe, auf.

Dann kann man erstmals das Hochtor sehen. Zum Glück kenne ich die Strecke, sonst wäre ich erschrocken über die Wand die sich dort scheinbar entgegenstellt. Aber auch so ist es noch beeindruckend genug. Noch etliche Serpentinen sind zu fahren, noch über 250 Höhenmeter.

Es ist Quälerei, aber ich kann nicht sagen das die Beine ihren Job nicht machen. So schraube ich mich brav weiter nach oben, auch wenn ich mich irgendwie schlecht dabei fühle. Und dann sind es nur noch zwei Serpentinen, und schließlich geht es die letzte Rampe hoch. Mit letzter Kraft arbeite ich mich nach oben, das Miststück von Berg gibt auch auf den letzten Metern nicht nach. Aber letztlich bin ich im Tunnel, im Hochtor. Endlich. Zwischenabfahrt. Die kenne ich sehr gut. Hier werde ich nicht soviel verlieren wie auf mancher Abfahrt zuvor.

Ich kenne sogar die Stelle kurz vorm Mittertörl, wo der Wind meist heftig vom Berg herunter quer zur Fahrbahn weht. Auch diesmal, aber wenn man vorbereitet ist, dann geht’s, trotz Hochprofilfelgen.

An der Fuscher Lacke vorbei in den Gegenanstieg, noch diesen Gegenanstieg, dann ist erst mal der Gipfel der heutigen Etappe erreicht. In der Abfahrt erhole ich mich einigermaßen, die Beine treten im Gegenanstieg nach kurzer Anlaufschwierigkeit durch die heftige Abkühlung wieder 270, 280 Watt.

Und auch wenn es sich erst etwas zäh fährt, ist doch die Stelle kurz vor der Kehre zum Parkplatz, durch den Fels hindurch, schnell erreicht. Puh, das war hart.

An der Verpflegungsstation esse ich Obst und Kuchen, tausche die Flaschen und ziehe meine Regenjacke an. Bis jetzt hat das Wetter super gehalten, aber hier oben ist es sehr kühl, und die Abfahrt bis Bruck ist lang.

Diese Abfahrt kenne ich ja sehr gut, und so bin ich auch hier nicht so langsam wie z.B. am Staller Sattel. Oben ist es schon recht frisch, und meine immer noch lädierten Hände kriegen es wieder ordentlich ab. Rechts sind drei Finger taub, ich glaube ich muss nochmal mit dem Lenker experimentieren, so ist das Mist.

Zunächst habe ich das Gefühl, sobald ich über 60 km/h fahre kommt im Kopf die Sperre und ich bremse etwas ab. Wohl doch noch ein paar Nachwirkungen vom Sturz am Pico Veleta. Aber dann schließen zwei, drei weitere Fahrer zu mir auf, einer überholt sogar, aber ich bleibe dann doch dran. So komme ich heute wenigsten auf knapp 79 km/h in der Spitze, wobei es natürlich auch noch schneller gehen sollte.

Anyway, zu meinem Erstaunen schaffe ich es dranzubleiben, so dass sich unten in Richtung Fusch, wo es deutlich flacher wird eine größere Gruppe bildet, mit einem Fahrer der wartet und weiteren die noch aufschließen.

Eine große Gruppe ist natürlich super, denn so kann man das Tempo hochhalten und hat doch genügend Möglichkeit wieder im Windschatten zu regenerieren. Aber schnell stellt sich heraus, dass es in dieser Gruppe zunächst genauso nervös zugeht, wie in der Gruppe vor Heiligenblut. Noch dazu hauen die unheimlich rein, so dass ich selbst im Windschatten kämpfen muss um dranzubleiben. Und jedesmal wenn die Führung wechselt, muss ich über 400 Watt treten um dranzubleiben, wenn ich selbst führe versuche ich das Tempo zu halten und nicht über 350 Watt zu treten.

Nach Bruck ist die Strecke etwas verwinkelt, führt über einen Fahrradweg, über Bahnschranken, immer wieder mit 90° Abbiegungen, so dass die Gruppe kaum in einen guten Rhythmus kommt. Nach den Kurven und Abbiegungen muss ich immer wieder volle Power geben, um dranzubleiben, ich glaube nicht, dass ich in dieser Gruppe bis ins Ziel überlebe.

Der Anstieg auf den Glockner hat mich doch ganz gut ausgesaugt, und jetzt diese Powergruppe, einige superstarke Fahrer, dazu die nervösen, unrhythmischen Wechsel, zwischendurch Verkehr, und leichte Anstiege in denen ich bis über 400 Watt treten muss, ich kämpfe ums Überleben.

Die Kilometer rauschen nicht so dahin wie gestern, aber irgendwann sind wir bei Kilometer 110. Und auch das mit dem verwinkelten Kurs hat bald ein Ende und wir fahren endlich wieder Straße, wenn auch mit viel Verkehr.

Aber ich kämpfe wirklich am Limit, je nachdem wer die Führung übernimmt, kostet mich das jedesmal viel Kraft. Wenn ich selbst führe gebe ich mittlerweile ca. 330 Watt, manchmal auch mehr. Dafür gebe ich dann lieber etwas früher ab. Ich bin aber nicht der einzige in der Gruppe, der hart kämpfen muss. Zwei, drei fahren aber sehr sehr stark.

30 Kilometer vor dem Ziel zweifle ich, ob ich dran bleiben kann, hoffe fast, dass wir eine langsame Gruppe überholen, der ich mich anschließen kann. Aber ich kämpfe doch weiter. Und auch die anderen scheinen das Ziel herbeizusehnen.

20 Kilometer vor dem Ziel beschließe ich keinesfalls aufzugeben und mit der Gruppe ins Ziel zu fahren, und dann kommt die Ansage noch 7 Kilometer. Mein Garmin zeigt zwar was anderes an, aber ich nehm's mal hin. Und dann steht da plötzlich schon das Ortschild von Neukirchen.

Nochmal geht es rechts ab, und plötzlich werden die Jungs hektisch, denn noch einmal um die Ecke, dann kommt schon das Ziel. Fast gibt es noch einen Sturz in der Kurve, ich rolle locker aus, einige sprinten was das Zeug hält. Und dann ist auch diese Etappe überstanden.

Selten habe ich im Ziel lockerer ausgesehen, dabei war es für mich der wohl härteste Tag. Ich spüre mein rechtes Bein etwas, kein Schmerz, aber eine Andeutung von Ziehen, ich hoffe morgen komme ich auf's Rad...

Dienstag, 10. Juli 2012

Peakbreak 2012 - 4. Etappe

Die heutige Etappe könnte man als Regenerationstag bezeichnen, denn mit 91 Kilometern ist es die kürzeste, abgesehen vom Zeitfahren gestern. Außerdem ist auch mit dem Staller Sattel nur ein Anstieg, insgesamt etwa 1500 Höhenmeter, zu bewältigen.

Wir starten wieder in Bruneck am Stadttor. Es hat etwas zu regnen angefangen. Auch gestern abend hat es schon geregnet und zwar heftig, so dass die Rennleitung beschlossen hat, den Start nicht wie geplant schon nach 100 Metern freizugeben, sondern über den ganzen Wirtschaftsweg und bis hin nach Olang neutralisiert zu fahren.

Ich überlege kurz ob Regenjacke oder nicht, aber da es erst mal gut 37 Kilometer berghoch geht lasse ich sie aus, denn das ist schlicht zu warm. Auch wenn mir die Temperaturen mit um die 20° heute deutlich mehr entgegenkommen als die Hitze die Tage zuvor.

So fahren wir zunächst durch die schöne Altstadt von Bruneck und dann den ersten Teil der Strecke, die wir gestern schon einzel gefahren sind. Ich fahre ziemlich weit vorne, so zwei, drei Positionen hinter dem Führungsfahrzeug, vor mir nur die beiden Leadertrikots, also die Gesamtführenden m/w.

In der Gruppe ist die Strecke wirklich nicht ohne, da sehr schmal und teils mit schlechtem Belag, immer wieder zwängt sich mal in der Abfahrt einer nach vorne, dann geht es wieder sehr steil berghoch und es staut sich etwas, so dass man schon recht aufmerksam fahren muss.

Die Beine fühlen sich ok an. Dann nach etlichen Kilometern wird der Start in Olang endlich freigegeben. Zunächst bleibt die Gruppe vorne zusammen, das Tempo zieht immer mal wieder etwas an. Meine rechte Patellasehne meldet sich kurz. Na kommen jetzt die ersten Zipperlein? Ich versuche die Position im Schuh etwas zu verändern, und hoffe, dass es gleich weg geht.

Zwei sind vorne wohl rausgefahren, die anderen ziehen aber nicht hinter her. Im Gegenteil, die Spitzengruppe wird immer langsamer. Selbst die Spitzenfahrer scheinen sich heute wohl schonen zu wollen für die kommenden Tage.

Ich habe mir nichts spezielles vorgenommen für heute, aber der Plan ist bis zum Staller Sattel oben wie ein Einzelzeitfahren zu fahren, und dann irgendwie eine Gruppe zu erwischen um die 55 Kilometer bergab und flach gut rumzubringen.

Ein Fahrer zieht gerade recht schnell links vorbei, ich fahre ziemlich vorne, da ich mal gucken wollte warum es so langsam ist. Er schaut sich um und scheint jemanden zu suchen um mit einer Gruppe zu gehen. Er findet einen, und ich hänge mich auch noch dran, und so setzen wir uns vom Feld ab. Die beiden Jungs treten aber brutal rein, und an einer leichten Steigung muss ich über 450 Watt treten um dranzubleiben, also lasse ich reißen und will mich wieder zum Feld zurückfallen lassen.

Das ist aber jetzt schon ein ganzes Stück weg, und die beiden werden wieder etwas langsamer, außerdem wird es wieder flacher. So gebe ich noch mal richtig Gas und versuche wieder an die beiden dranzukommen. Und mit Gewalt schaffe ich das auch.

Ja und dann hauen wir eigentlich ganz gut rein. Eben habe ich noch über meine Patellasehne nachgedacht, und jetzt fahre ich gerade in einer Fluchtgruppe mit 350 Watt und mehr. Ich versuche etwas zu dosieren, will aber auch dranbleiben. Wir wechseln auch, aber zumindest einer will offensichtlich lieber vorne fahren, mir nur recht, habe eh manchmal Probleme überhaupt dranzubleiben.

Ich denke mir halt, wenn es richtig in die Steigung geht holen mich die guten Kletterer sowieso, und desto weiter vor denen ich im Berg bin, desto längert dauert das, so habe ich vielleicht Glück und kann dann oben noch eine Gruppe mit starken Fahrern erwischen. Na oder so ähnlich stelle ich mir das halt vor.

Die Kilometer vergehen wie im Flug, die Leistung die ich treten muss ist eigentlich viel zu hoch, auch hinten, denn meist geht es doch etwas bergauf, so dass eigentlich immer die 300 oder mehr auf dem Wattmeter steht. So kann man sich natürlich auch plattfahren.

Aber es macht auch tierisch Spaß mit einer Gruppe wegzuziehen und das Feld hinter sich zu lassen. So geißeln wir bis Kilometer 25 oder 26. Mittlerweile geht es schon recht ordentlich bergauf, und am Berg bin ich gar nicht so viel schwächer als die beiden anderen.

Bei Kilometer 27 kommt dann allerdings eine Schar von starken Fahrern, die bis jetzt im Feld gefahren sind an mir vorbei. Zwischendurch war es mal ein bisschen nass, dann ist es wieder trocken, das wechselt. Leider mag meine Sonenbrille das gar nicht, die ist komplett angelaufen und ich sehe weder was auf dem Radcomputer steht, noch sonst was. Nur schemenhaft das graue Asphaltband und immer wieder bunte Objekte, die sich erstaunlich schnell an mir vorbeibewegen.

Oje, muss ich jetzt für meine Flucht mit den beiden bezahlen? Mit viel Wischen und komplizierten Kopfbewegungen gelingt es mir die Zahl auf dem Wattmeter zu entziffern 285. Geht doch noch. Manchmal trete ich auch 300 und mehr, aber diese Horde starker Fahrer zieht einfach weg. Was die wohl für Leistungen treten?

Ich fahre weiter meinen Stiefel. Ich denke wirklich wie beim Einzelzeitfahren gestern, versuche konstant meine Leistung zu treten. Das klappt auch ganz gut, denn nachdem die starken weg sind kommt erst mal nichts mehr nach. Ich schätze so dreißig Fahrer sind jetzt ungefähr vor mir. Die Steigung nimmt jetzt stetig zu, aber es wird nie so unbarmherzig steil wie einige male die Tage zuvor. Die Beine fühlen sich eigentlich sehr gut an. Und bis zur Passhöhe sind es ja noch nicht mal mehr 10 Kilometer.

Auch jetzt noch zählen die Kilometer eigentlich ganz gut runter. In den Stallersattel rein geht es vorbei an einer Ampelschaltung mit der immer nur stoßweiße Fahrzeuge eingelassen werden, da die Straße sehr schmal ist, und keine zwei Autos aneinander vorbeifahren können. Für uns gilt diese Ampel nicht, wir dürfen durchfahren.

Ich bin hier noch nie gefahren, aber ich fühle mich sehr wohl auf diesem Anstieg. Mal zieht es etwas an, dann gibt es aber auch wieder etwas weniger steile Stücke. Dort versuche ich die Leistung hochzuhalten. So kann ich sogar noch den einen oder anderen Fahrer wieder einholen. Allerdings kommt auch immer mal wieder einer von hinten vorbei.

An einem kleinen See wird die Strecke komplett flach, es gibt sogar eine kleine Abfahrt. Ich bin erstaunt, wie weit wir schon sind, und das die Passhöhe ja nur noch ein paar Kilometer entfernt ist. Ich habe in diesem Teil einen Fahrer vor mir. Ich versuche auch etwas Arbeit im Wind zu leisten, aber er will gar nicht an mein Hinterrad, also bleibe ich an seinem und versuche noch ein paar Körner für den Schlussanstieg zu sparen.

Ich hatte drei Flaschen mitgenommen, vielleicht ein Fehler, denn die Temperaturen sind angenehm kühl, an manchen stellen ist es feucht, was weitere Abkühlung bringt, ich brauche gar nicht soviel zu trinken. Mist, mindestens ein dreiviertel Kilo zuviel den Berg hochgeschleppt.

Anyway, die Beine sind immer noch gut. Und das jetzt schon den vierten Tag, ich bin echt erstaunt. Aber noch bin ich nicht oben, und vor allem noch lange nicht im Ziel. Aber auch im jetzt folgenden Abschnitt, wo es wieder ordentlich bergauf geht, läuft es sehr gut. Ich kann sogar etwas zulegen. Wir fahren durch einen kleinen Tunnel, und dann sind es nur noch zwei Kilometer, aber schon noch einige Kehren. Die Beine gehen wie Sau, heute liegts definitv an der Temperatur. Ich glaube die zehn Grad weniger bringen mir locker 20 Watt mehr Leistung.

Oben kurz vor der Passhöhe sind drei Fahrer vor mir, wäre gut wenn ich da für die Abfahrt irgendwie drankommen könnte. Dann sind wir auch schon oben, die anderen sind ein paar Sekunden vor mir. Jetzt macht sich aber die dritte Flasche bezahlt, ich schmeiße eine in die Abwurfzone und bekomme eine gereicht, so dass ich gar nicht wirklich halten muss, sondern gleich in die Abfahrt gehen kann.

Da stehen die drei am Straßenrand, offensichtlich hat einer ein Problem, ich bremse ab und Frage ob alles ok ist, aber da ist der Stefan dabei, der meint nur Guido fahr weiter, und kurze Zeit darauf kommt er von hinten angerauscht.

Hier geht es jetzt ganz ordentlich bergab, aber der Straßenbelag ist teils schlecht. Ich versuche am Stefan dranzubleiben, aber in den flacheren Stücken fährt er zu stark für mich, und zu allem Überfluss fährt er auch noch besser bergab. So habe ich keine Chance mich dranzuhängen.

Hier geht es jetzt aber eh so steil bergab, dass das erst mal nicht so schlimm ist. Ich gehe auch wenig Risiko bei der Abfahrt ein, zumal es teils nass ist. Gerade kurz bevor es wieder etwas flacher wird zieht einer von hinten vorbei, deutlich schneller als ich, so dass der Abstand gleich sehr groß ist. Die Straße flacht ab, aber da komme ich nicht mehr dran. Dann kommt noch einer, auch hier ist der Abstand schnell groß, aber der erste wartet auf den zweiten, und ich versuche mit Gewalt an das Hinterrad des zweiten zu kommen.

Wenn er den ersten Fahrer erreicht bevor ich an seinem Hinterrad bin sind die zwei weg. Wenn ich irgendwie rankomme, können wir vielleicht zu dritt zusammenarbeiten. Der Leistungsmesser springt über die 500 Wattmarke und ich muss echt blockern, aber irgendwie komme ich ran.

So jetzt muss ich nur sehen, dass ich hier mithalten kann. Aber das klappt super. Zwar sind die anderen beiden stärker als ich, aber im Wind gebe ich alles um das Tempo zu halten und führe halt etwas kürzer als die anderen beiden. So blasen wir dahin. Da es ja immer, wenn auch oft nur leicht, bergab geht, liegt das Tempo zwischen 40 und 50 km/h je nach Gefälle, selten mal darunter.

Die Straße hier ist trocken, einige wenige Gegenanstiege gibt es, die allerdings mit ordentlich Power hochgedrückt werden. Ich hoffe ich halte durch und kann in der Gruppe bleiben. Aber auch wenn ich nicht so lange führe wie die anderen beiden, so gebe ich im Wind doch alles, zwischen 300 und 380 Watt. Dumm nur, dass mir irgendwie ein Gang fehlt, schalte ich hoch ist es zu schwer, schalte ich runter muss ich mit 105er bis 110er Trittfrequenz treten um die Leistung zu halten.

Im Windschatten kann ich mich immer wieder gut erholen, dort muss man oft nur 200 Watt oder noch weniger treten. Das liegt mir sehr, erholen, im Wind powern und wieder erholen. Die Kilometer fliegen dahin. Allerdings schaffe ich es gerade so im Windschatten mal was zu trinken, einen Riegel verliere ich, ein halbes Gel geht gerade so rein.

An einem etwas steileren Stück und anschließender scharfen Rechtskurve irgendwo bei Kilometer 75 rum verliere ich die beiden fast, aber sie warten auf mich, so dass wir weiter zusammen in Richtung Lienz blasen können. Mein Rücken ziept etwas links, ich liege meist auf dem Rad wie bei einem Zeitfahren mit Aerolenker, das ist der nicht gewohnt. Ich ignoriere es und das scheint zu helfen.

Bei Kilometer 80 herum merke ich, wie ich an meine Grenze komme, aber es sind nur noch zehn Kilometer bis ins Ziel, die schaffe ich auch noch. Ich gebe halt etwas früher ab. Mir scheint nur, dass die Führenden im Klassement sich heute auffallend geschont haben, ob das wohl die Erfahrung von einigen Etappenrennen ist, und daraus folgt, dass ich morgen dann doch irgendwann mal für meine optimistische Fahrweise bezahlen muss?

Egal, sehe ich dann, außerdem macht es tierisch Spaß. Kilometer 90 ist erreicht, nochmal geht es scharf nach rechts hinauf zum Schloß. Eine letzte steile Rampe, und der Zielsprecher ist schon zu hören. So fahren wir nach ca. drei Stunden und acht Minuten ins Ziel. Das war richtig geil, die Gruppe hat super funktioniert, und auch wenn wir nicht alle drei gleich stark waren, so hat doch jeder für das Tempo gearbeitet, und gegeben was er drin hatte. So macht Radsport spaß...

Wie gestern auch finde ich die Stimmung im Zielbereich super. Die Musik ist gut (meistens jedenfalls), der  Zielsprecher macht einen super Job. Egal wie lange der schon dasteht, immer fällt ihm zu jedem Fahrer was motivierendes ein, und peitscht ihn nochmal ins Ziel.


Wir freuen uns im Ziel gemeinsam über diesen Ritt, und dann muss ich erst mal mit Melone, Banane und Kuchen etwas Energie tanken.

Mein Hotel ist heute leider etwas außerhalb, aber ich nutze das um auszufahren, außerdem gibt es dort ein ordentliches Restaurant, so dass ich mir heute mal ums Essen keine Sorgen machen muss.

Wie ich morgen den Glockner hochkomme, das wird eine spannende Frage. Der erste Berg des Peakbreak, den ich schon kenne. Die Seite von Heiligenblut mag ich eigentlich nur bis zum Abzweig Franz-Josefs-Höhe, dann wird es ätzend. Ich hoffe meine Form hält so an, dann kann ich mich hoffentlich im Mittelfeld behaupten.

Heute ist es tatsächlich der 32. Platz mit einer Zeit von 3:07:25,3 h geworden.


Montag, 9. Juli 2012

Peakbreak 2012 - 3. Etappe

Heute ist ein Einzelzeitfahren über 26 Kilometer mit Bergankunft auf dem Kronplatz geplant. Ganz sicher ist es nicht, da gestern abend noch nicht klar war, ob die Strecke hoch zum Kronplatz befahrbar ist. Durch zwei Unwetter ist der geschotterte Abschnitt etwas ausgewaschen.

Gestern abend habe ich schon ein bisschen geschwankt zwischen darauf hoffen, dass wir nur eine verkürzte Strecke fahren (wegen der zu erwartenden Anstrengung) einerseits und andererseits dem Wunsch "wenn schon dann richtig". Schließlich soll auch das Panorama oben sehr beeindruckend sein.

Um kurz vor fünf Uhr morgens werde ich wach. Viel zu früh. Ich döse noch etwas und halte kurzen Dialog mit den Beinen, und zu meiner Überraschung sind die gut gelaunt und wettkampfgeil. Die Beine wollen hoch zum Kronplatz. Der Kopf will es dann auch.

Das Frühstück im Hotel ist ausgezeichnet. Ich sitze am Tisch mit dem Handbiker Manfred, der wirklich enormes leistet hier beim diesjährigen Peakbreak. Am Zoncolan ist er mit 170 Watt hochgekurbelt. Wer schon mal 170 Watt auf dem Ergometer getreten hat über einen längeren Zeitraum, und sich dann vorstellt das mit den Händen und Armen zu machen, der kann ahnen was das für eine Leistung ist.

Nach dem Frühstück habe ich noch recht viel Zeit, da der Start ja erst um elf Uhr ist, und wir im Minutenabstand in umgekehrter Reihenfolge starten. Meine Startzeit ist 11:40 Uhr. Ich hatte das Gesamtklassement nicht verfolgt, aber meine Befürchtung, dass ich ganz hinten bin ist offensichtlich unbegründet...

Wir fahren übrigens bis obenhin. Und ich freue mich darüber.

Um kurz vor elf bin ich am Start, der in der historischen Altstadt von Bruneck am Stadttor aufgebaut ist. Eine super Kulisse. Wir stehen halt so ein bisschen rum, fachsimpeln etwas über die Räder, dabei meint einer, ich hätte wohl das Topprad im Feld. Wir kommen ins Rechnen, und obwohl ich weiß, was die einzelnen Bauteil gekostet haben, ist die Gesamtsumme dann doch beeindruckend. Ich muss zugeben, ich bin, wie mein Kumpel Peter immer sagt, Materialfahrer, und dass mit aller Konsequenz.

Natürlich bin ich nicht so schnell wie mein Rad aussieht, aber ich fühle mich bis jetzt sehr, sehr wohl darauf, das entscheidende Kriterium für so eine Etappenfahrt denke ich mal.

Dann aber komme ich endlich an die Reihe und stelle mich zum Start auf. Die 30 Sekunden werden angesagt, dann die 10 schließlich gibt es einen Countdown ab 5, und dann das GO!

Ich schieße ordentlich los, erst jetzt fange an ich mir Gedanken über die Wattzahl zu machen, die ich heute treten will. Meine IAS sollte wohl so um 260 liegen, dass wäre natürlich für ein Zeitfahren das Vernünftigste. Allerdings schwankt die Anzeige auf dem Radcomputer natürlich immer etwas, so dass man eher mehr Watt sehen sollte auf dem Display, der Schnitt nachher bei der Auswertung ist oft deutlich niedriger als gefühlt.

Zunächst aber halte ich mal richtig drauf, und so ist die Anzeige eher im hohen 300er Bereich. Ich habe keine Ahnung wie das Profil der Strecke eigentlich ausschaut, und wie steil es wo sein wird. Zunächst geht es über  eine ordentliche Straße berghoch aus dem Ort heraus, die Steigung schwankt, aber meine Zuversicht wieder erwarten nicht, ich freue mich zu fahren.

In den flacheren Passagen versuche ich trotzdem die 300 auf das Display zu bringen und hochzuschalten, nur nicht nachgeben. Irgendwann kommt ein Schild "Kronplatz", und ich zucke schon um rechts abzubiegen, aber da geht es nur zur Seilbahn, wir müssen nach links, zum Glück ist aber auch heute alles perfekt markiert.

Dann geht es auf so eine Art Wirtschaftsweg, und ich kann schon den vor mir gestarteten Fahrer sehen, es dauert aber noch eine Weile bis ich wirklich in Schlagdistanz komme. Es geht teils sehr steil berghoch, immer wieder kommen aber auch entsprechende kleine Abfahrten. Als es dann etwas durch den Wald geht und sehr steil wird komme ich an dem anderen Fahrer vorbei.

Mein 32er hilft mir wieder mal, trotzdem trete ich diesen Teil mit 450 bis 500 Watt hoch. Aber es kommt ja gleich wieder eine Abfahrt, so dass die Beine Luft holen können. Es ist mir jetzt schon sehr sehr warm, und ich fürchte mit einem Liter Getränk war ich etwas optimistisch, hoffentlich reicht das bis oben, aber ich wollte halt Gewicht sparen.

In einer Abfahrt geht es am Ende recht scharf  um die Kurve und dort liegt etwas Split oder Schotter, ich komme gerade noch so rum. (Wie ich später erfahre hat es dort wohl einen der Top3 Fahrer gerissen und er hat sich ernsthaft an der Schulter verletzt. Das ist natürlich bitter, hoffentlich wird er schnell wieder gesund, von hier aus gute Besserung!)

Nach einem weiteren steilen Stück mit entsprechender Abfahrt biegen wir dann auf die Straße zum Furkelpass ein. Den fahre ich auch zum ersten mal, und schnell zeigt sich, dass auch der ordentlich steile Passagen drin hat.

Zwar setze ich mich etwas von dem Überholten ab, aber ich höre von hinten schon ein weiteres Schaltgeräusch, und so dauert es nicht lange bis Stefan, mit dem ich ja gestern noch ein Sück gefahren bin am Schluss, an mir vorbeizieht.

Immer wieder kommen recht steile Stücke im deutlich zweistelligen Prozentbereicht, mein 32er hilft mir wieder einigermaßen im gewünschten Wattbereich zu bleiben, allerdings gehe ich manchmal deutlich drüber, das ist ja schließlich ein Zeitfahren, und die sollen doch weh tun, sonst ist man zu langsam.

Mein Getränkevorrat geht sehr schnell dem Ende zu, es ist mittlerweile sehr heiß, und kaum Gelegenheit mal ein Stück Schatten abzubekommen, gerade wenn es auf der linken Seite ein paar Meter gibt, kommt ein Auto von oben, so dass ich in der Sonne bleiben muss. Eine Horde Motorradfahrer rauscht vorbei, aber insgesamt geht es eigentlich mit dem Verkehr.

Das Schöne bis jetzt ist, dass immer wieder mal etwas flachere Passagen kommen, wo man mal hochschalten kann, und die Leistung einfach besser dosieren kann. Ich kann auf weitere Fahrer aufschließen und an einem flachen Stück fahre ich sogar an Stefan wieder vorbei.

Etwas später kommt aber der Konter. Die Beine fühlen sich immer noch gut an, immer wieder, in den sehr steilen Passagen schnellt die Leistung mal nach oben, einmal sehe ich sogar die sechs als erste Ziffer aufflackern. Mir ist aber schon sehr heiß, Wasser habe ich gerade noch 100ml, ein Gel habe ich schon weggehauen.

Aber zu meinem Erstaunen fliegen die Kilometer nur so dahin. Gespannt bin ich natürlich auf den Kronplatz, aber der Furkelpass kommt mir schon sehr schwer vor. Dann flacht es nochmal etwas ab, und nach einem weiteren ordentlichen Anstieg, ist tatsächlich schon die Passhöhe erreicht. Noch ca. vier, fünf Kilometer, jetzt wird es richtig spannend. Der Aufstieg zum Kronplatz muss gleich beginnen.

Kurz geht es nochmal bergab, dann rechts rein in eine steile Rampe. Davor gibt es zum Glück nochmal frische Wasserflaschen, sonst wäre ich oben ohne Wasser jämmerlich eingegangen. Gut mitgedacht Orgateam!! Ich halte also kurz an, nehme eine Flasche, und mit etwas Anlauf fahre ich in die Rampe.

Jetzt kommt also das nächste Monster, nach dem Monte Zoncolan auf der ersten Etappe. Und es geht gleich richtig steil los. Dann scheint es etwas abzuflachen und ich will die Chance nutzen noch ein Gel zu essen, aber es bleibt dann doch steiler als gedacht, so dass ich mit einer Hand am Lenker ganz schön schuften muss, was mich etwas aus dem Rhythmus bringt.

In den komme ich aber wieder rein, das erste Steilstück klappt gut, so dass ich auch etwas an Selbstvertrauen für den restlichen Anstieg gewinne. Die Beine gehen immer noch wie Sau, ich habe keine Ahnung warum, vor allem nachdem ich gestern wirklich Sorge hatte wegen heute.

Es wechseln sich jetzt immer mal einigermaßen steile (so um 9%) geschotterte Passagen mit elend steilen geteerten Streckenabschnitten ab. Noch drücke ich die alle ganz gut hoch. Gefühlt würde ich sagen es gibt schon Passagen über 20%, aber nie so unendlich lang wie am Zoncolan und der ist noch steiler.

Ich hole schon noch auf andere auf, aber viele sind es nicht, mancher entpuppt sich beim heranfahren als Mountainbiker. Viel besser ist aber, dass bis jetzt außer Stefan noch niemand an mir vorbeigefahren ist, was mich sehr wundert. Vor allem motiviert mich das auch.

Es wird immer wieder sehr steil, manchmal sind auch die geschotterten Teile, gerade in den Kurven sehr, sehr steil, so dass man öfter mal ein durchdrehendes Hinterrad hat, wenn man nicht die optimale Linie findet. Aber die ungeteerten Passagen sind eigentlich gut zu fahren. Der Tourismusverband hat wohl für uns extra nochmal etwas präpariert und an der Strecke gearbeitet, dafür herzlichen Dank.

Ich bin ja auch durch meine erste Auffahrt auf den Pico Veleta ziemlich abgehärtet, so dass ich von der Streckenbeschaffenheit eher angenehm überrascht bin. Aber manchmal merke ich schon, dass ich an meine Grenze komme, ich schaue auch nicht mehr aufs Wattmeter, ich versuche einfach  irgendwie hochzukommen.

An so mancher Stelle muss ich auch mal laut schreien, aber dann gibt es tatsächlich immer wieder flachere Stellen an denen man sich sehr gut erholen kann.

Die Kilometer verrinnen jetzt langsamer, aber immer noch liege ich in dem Bereich wo ich unter zwei Stunden ankommen könnte. Dann, nach weiteren heftigen Steigungen flacht es ab, und man kann auf dem großen Kettenblatt bei herrlicher Aussicht über die Piste prügeln. Ich versuche die Wattzahl auf dem Display hochzuhalten, aber es fällt mir schwer, denn die Beine wollen jetzt doch etwas Erholung von den brutalen Anstiegen bis hierher.

Hm, ob es das jetzt schon war? Nee ich glaube nicht, ich hatte mal einen Bericht in der "Tour" gelesen, als der Kronplatz nach langen Jahren wieder in den Giro aufgenommen wurde, und da war doch irgendwas mit "unmenschlichem Schlussanstieg" oder so ähnlich zu lesen gewesen?!

Gerade denke ich daran, da sehe ich nach einer langen Linkskurve, was damit gemeint sein könnte. Es scheint in Stufen hochzugehen, zwei oder drei brutale Rampen, und nicht gerade kurz. Die erste fühlt sich an als könnte ich es nicht schaffen, an dieser Rampe schiebt schon einer, aber ich gebe alles was ich habe, bis über 600 Watt, und ich weiß nicht wie, aber ich komme durch. Es "flacht etwas ab", und ich sehe, dass die nächste Rampe geschottert ist. Ich schreie laut, oder wie immer man die Geräusche nennen will, die ich noch zu machen im Stande bin.

Dann kommt ich in die geschotterte Rampe, die geeeeht! Ich bin mittlerweile voll mit Adrenalin, ich will das Ding durchfahren. Vor mir ist einer den ich überholen will, er ist kurz vorm Absteigen, er fährt aber auf dem einzigen fahrbaren Bereich, ich versuche links vorbei zu fahren und gerate in tiefen Schotter, Scheiße!, nach rechts geht nicht, also muss ich entweder stürzen oder in die Wiese, ich fahre in die Wiese.

Ich will nicht absteigen, ich hab's in den Beinen, ich komme da hoch, so versuche ich von der Wiese, bei 18% oder so Steigung wieder auf die Strecke zu kommen, muss dafür erneut durch den Schotter und kann nicht mehr steuern. Ich muss ausklicken, sonst falle ich um. Verdammt, verdammt! Egal, ich schiebe die paar Meter die Rampe hoch, dann flacht es ziemlich ab, und es ist etwas geteert, so dass ich wieder einklicken kann, und weiter fahren kann.

Dann wird es wieder steil, und der Rest ist geschottert, auf der Straße ist die 300m Markierung zu sehen, die Stimme vom Zielsprecher peitscht uns nach oben, vor mir ist noch einer, den kann ich noch holen, ich gebe alles was noch da ist und die Beine scheinen nochmal zu explodieren, ich schreie dabei laut, und bin schon am Hinterrad, noch 20 Meter, ich könnte vorbeischießen, entscheide mich aber für die falsche Seite und versuche links vorbeizufahren, da ist aber kein Platz mehr, sondern schon wieder tiefer Schotter, und ich trete was geht, komme aber mit meinen glatten Rennradreifen nicht durch den Schotter, muss sogar noch aufpassen nicht zu stürzen, und fahre mit Kampfgeschrei durch das Ziel eine halbe Radlänge hinter ihm ins Ziel.

Hoffentlich hat das niemand gefilmt, die denken bestimmt ich habe sie nicht mehr alle. Aber egal, alles gegeben. Ein paar Meter fahre ich noch, dann schmeiße ich mein Fahrrad in die Wiese und werfe mich daneben, alle Viere von mir gestreckt. Dann nach ein paar Sekunden setze ich mich wieder auf, und mein Kopf wird klar. Wie geil war das denn. Also an meinem Kampfeswillen lags nicht, ich hoffe, dass die Zeit für einen Platz im Mittelfeld reicht, und ich mich im Gesamtklassement unter den Top 50 halten kann.

Dann gibt es erst mal zwei 0,5er Apfelschorle, einen Milchcafe, und ja, einen Kaiserschmarrn. Allerdings kann ich nur die Hälfte essen, dafür esse ich, nachdem wir noch die anfeuern, die gerade ins Ziel kommen, im Restaurant noch einen Salat. Auch Manfred der Handbiker hat diese heftige Strecke in beeindruckender Zeit gemeistert.

Nachdem ich wieder etwas runtergekommen bin, nehme ich mir einen Moment um die spektakuläre Aussicht zu genießen. Die ist wirklich außergewöhnlich, ich glaube es gibt wenige Orte in den Alpen, wo man einen solchen Rundumblick auf so viele Täler hat, Atemberaubend schön.

Das Racebriefing für morgen machen wir auch noch oben am Kronplatz. Außerdem gibt es die Ergebnislisten. Eine 1:46:43,2 h ist dabei herausgekommen. Ich bin sehr zufrieden, vor allem nachdem ich mir gestern nicht mal zugetraut habe da überhaupt hochzukommen. Danke nochmal an Andrea, Maj-Britt und Jörg für die Anfeuerungs SMS!

Mit der Gondel fahren wir dann wieder hinunter nach Bruneck, so dass wir uns die mit dem Rennrad wenig sinnvolle Abfahrt sparen können.

Die Etappe morgen sieht auf  dem Papier nicht so schwer aus, noch keine 100 Kilometer, nur ein Berg. Allerdings geht es erst mal nur berghoch, so dass die starken Fahrer ziemlich schnell weg sind, und man auf der langen Abfahrt im Wind nicht von einer superschnellen Gruppe wird profitieren können.

Aber egal, ich hoffe einfach, dass ich für den Gewaltakt heute nicht zu sehr bezahlen muss. Mein Ziel werde ich neu definieren, denn ich bewege mich jetzt schon drei Etappen einigermaßen im Mittelfeld, da will ich jetzt auch bleiben. Vielleicht sollte ich mir Platz 50 zum Ziel setzen. Nach wie vor ist aber überhaupt durchkommen mein oberstes Ziel, und ich fange langsam an daran zu glauben.

Sonntag, 8. Juli 2012

Peakbreak 2012 - 2. Etappe

Der heutige Tag würde jedem Radmarathon gut zu Gesicht stehen. Drei ordentliche Anstiege, insgesamt 3800 Höhenmeter auf 178 Kilometer verteilt.

Wie gehabt geht es mit einem neutralisierten Start los, allerdings etwas später als geplant, denn aus einem Hotel sind neun Rennräder geklaut worden, was für einige das vorzeitige aus bedeutet. Die Menschheit ist schlecht. Wirklich schade, für diejenigen die es erwischt hat.

Wir anderen fahren wie gehabt die ersten ca. 10 Kilometer hinter dem Fahrzeug der Rennleitung her. Dabei bin ich dort mit einem Schnitt von 67 Watt gefahren. Es geht halt etwas bergab und man fährt nicht im Wind, so kann man für die kommende Aufgabe Kräfte sparen.

Als der Start freigegeben wird scheint es zunächst so los zu gehen wie gestern, doch der Monte Zoncolan steckt noch allen in den Knochen. Keiner will Führungsarbeit leisten. Ich halte mich ganz vorne auf und bin erstaunt über das gemütliche Radreisetempo. Noch ist die Strecke ja flach, aber es geht nicht recht vorwärts.

Heute nacht bin ich schlecht eingeschlafen und lag mit einem 94er Puls im Bett, der rechte Oberschenkel hat kurz gekrampft, aber heute morgen haben sich die Beine erstaunlicherweise sehr gut angefühlt. So ergreife ich mit ein paar anderen die Initiative und wir gehen nach vorne. Ich weiß es ist vielleicht nicht schlau, aber ich will ja auch Spaß haben, und an der Spitze des Feldes hinter dem Führungsfahrzeug zu fahren ist irgendwie geil, soviel Körner müssen einfach da sein. Außerdem haben ja gestern andere die Arbeit gemacht.

Es dauert auch nicht lange, dann kommt Bewegung ins Feld und ich bin meine exponierte Position wieder los. Taktisch gehe ich genauso vor wie gestern, immer vorn dranbleiben so lange es geht, denn hinten muss man genauso fahren wie vorne, nur profitiert man vorne eher von den sehr starken Fahrern, jedenfalls solange man dranbleiben kann.

Das klappt zunächst auch sehr gut. Die zwei Topfrauen des Gesamtklassements sind auch dabei. An einer Kurve mit anschließender Steigung reißt alles etwas auseinander, so dass es so aussieht als würde sich eine Spitzengruppe absetzen, aber eine Baustelle mit roter Ampel führt alles wieder zusammen.

Als an einer weiteren kleinen Steigung das gleich wieder passiert bin ich nicht in der Spitzengruppe, aber wieder müssen alle an einer Ampel halten, also wieder alles beim alten. Dann ist aber irgendwann schluss mit lustig, es fängt richtig an zu steigen, und das halbe Feld zieht an mir vorbei.

Jetzt im Anstieg fährt jeder sein eigenes Tempo, und meins ist offensichtlich nicht so richtig hoch, dabei trete ich mit deutlich über 300 Watt in den Anstieg. Was zum Teufel treten denn die anderen? Ok, ich bin halt auch zu schwer für die Berge, aber wer gesteht sich das schon gerne ein. Jedenfalls hat es den Anschein, dass nur das halbe Feld an mir vorbeigezogen ist, was ja bedeutet, dass ich wohl irgendwo im Mittelfeld oder wenigstens hinterem Mittelfeld fahre.

Da der erste Anstieg sehr lange aber nicht so steil ist bildet sich doch eine Gruppe, und so kann man in den flacheren Teilen doch vom Windschatten profitieren. Einige der Fahrer waren auch gestern in Gruppen in denen ich gefahren bin, offenbar sortiert sich das alles immer recht schnell nach Stärke.

Als es auf den ersten Pass geht funktionieren meine Beine gut und die Gruppe sprengt etwas auseinander, an der Labstation kommen aber alle wieder zusammen. Ich hätte gerne eine Spur mehr Zeit gehabt, aber die Gruppe will ich nicht verlieren, und die anderen scheinen hier um jede Minute zu kämpfen. So haue ich mir zwei, drei Stücke Melone rein, tausche die Flaschen und fahre weiter. Schwerer Fehler. Ich habe heute mal keine Literflaschen sondern normale 0,75er dabei und auch entsprechend getauscht, habe aber an der Labe nix getrunken.

In der Abfahrt kommen wir wieder alle zusammen, und die die abgehängt waren sind spätestens dran, als wir wieder an einer Baustellenampel halten müssen. Es geht nach der Abfahrt noch eine Weile nur mäßig steil dahin, so dass die Gruppe wirklich Sinn macht. Die Tempomacher geben aber teils ganz schön vor, so dass ich ständig deutlich über 200, meist 250 aber auch gerne mal 300 Watt treten muss. Dabei kommt jetzt erst der zweite Berg.

Wir fahren ja jetzt in den Dolomiten, und ab und zu lässt das Renngeschehen und Ackern auf dem Fahrrad doch auch mal einen Blick auf die herrliche Landschaft zu. Dumm nur, dass, bevor es in den richtigen Anstieg zum nächsten Pass geht, meine Flaschen beide schon fast leer sind. Ich versuche etwas zu haushalten, ich will auf keinen Fall dehydrieren, denn das vermindert die Leistung rapide.

Bei Kilometer 110 muss irgendwo die Passhöhe und die nächste Labstation sein, als die Flaschen leer sind bin ich bei Kilometer 101. Nochmal sauge ich den letzten Rest heraus, ich habe Durst. Bis Kilometer 103 geht es noch, auch wenn sich der Anstieg ziemlich zieht, und vor allem zwischendurch ziemlich steil ist. Als es nach Passhöhe aussieht muss man nochmal links abbiegen. Mittlerweile fahre ich alleine, da ein paar weit vor mir fahren und die anderen weit hinter mir. Schon vor dem Anstieg hatte sich die Gruppe geteilt, ich bin vorne drangeblieben, und im Anstieg dann fiel auch dieser Teil auseinander.

Noch ca. sechs Kilometer, das schaffe ich ohne Wasser nicht. Zwischendurch überhole ich immer wieder andere, nicht zum Rennen gehörende Fahrer, und überlege ob ich nicht mal einen um etwas Wasser anspreche, aber die haben alle nur eine Flasche dabei, das kann ich nicht machen. Ein Auto anhalten? Nee, solange die Beine noch funktionieren bleibe ich nicht stehen. Einen aus dem Rennen sehe ich vor mir, der überholt sogar noch einen weitern Peakbreaker. Die muss ich Fragen, sonst gehe ich um, ich habe Durst ohne Ende. Noch ca. fünf Kilometer bis zur Labstation. Nach dem Abzweig gibt es immer wieder auch flachere Passagen, was mir etwas hilft.

Als ich an den Überholten rankomme merke ich, dass der ganz langsam fährt. Ich frage ob alles in Ordnung ist, und er sagt ja, er hat aber Krämpfe. Ich kann doch keinen mit Krämpfen um Wasser anhauen. Mist.

Ich hoffe einfach darauf, dass die Station etwas vor der 110er Marke ist, so genau konnte ich das während der Fahrt im Roadbook nicht erkennen. Bei Kilometer 107 brauche ich Wasser. Die Beine treten immer noch 250 Watt, aber der ganze Rest kann nur an Wasser denken, und dann plötzlich die Erlösung: Aidstation 50m steht da auf dem Boden.

Die 50 Meter ziehen sich ewig, ich fürchte schon ich habe die Verpflegungsstelle verpasst, aber dann, als es schon wieder bergab geht ist sie da!

Ich trinke erst mal eine Flasche Wasser auf ex, dann tausche ich die Flaschen am Fahrrad und nehme noch eine Flasche Iso zusätzlich mit auf den Weg, die haue ich aber schon in der Abfahrt zur Hälfte weg. Außerdem hatte ich mir noch eine halbe Banane, ein paar Stück Melone und ein Stück Kuchen gegönnt. In der Abfahrt schließen zwei von hinten auf, und wir sammeln noch zwei weiter vorne ein, so dass wir mit fünf Leuten in den letzten Pass für heute gehen.

Aber schnell fährt jeder seinen eigenen Rhythmus. Meine Beine funktionieren eigentlich ganz gut. Ich leere noch im unteren Teil des Falzarego die andere hälfte der dritten Flasche und trinke weiterhin recht viel, die Trockenfahrt muss ich irgendwie ausgleichen.

Es gibt heute erstmals schöne Passschilder, die die Kilometer runterzählen. Es fängt mit Kilometer 15,5 an. An sich eine moderate Länge für einen Pass. Noch dazu in der herrlichen Landschaft der Dolomiten.

Die sehe ich ja zum ersten mal, schon sehr beeindruckend. Der Pass ist aber auch zwischendurch "beeindruckend", will heißen auch mal ordentlich steil. Zum Glück sind heute etwas gemäßigtere Temperaturen als gestern. So sind es im ersten Anstieg etwa 24°, im zweiten Anstieg fällt die Temperatur aber auf 17°, was mir auch noch hilft die „Durststrecke“ besser zu überstehen.

Jetzt am Falzaregopass weht immer mal ein kalter Wind, natürlich meist Gegenwind. Die ersten Kilometer gehen eigentlich recht gut, die Beine wollen immer noch 250, 260 Watt treten. Aber der Anstieg zieht sich doch sehr.

Gerade auch auf Grund der schönen Landschaft stelle ich mir beim Fahren vor, wie nach einem guten Frühstück früh morgens mit ausgeruhten Beinen den Pass zum genießen fahre. Aber mein Frühstück war so italienisch lala, ich fahre in einem Rennen und ausgeruht sind meine Beine bestimmt nicht.

Das macht sich dann auch langsam bemerkbar. Das 8,5 Kilometer Schild ist noch einigermaßen zügig erreicht, dann zieht es sich aber schon etwas. Aber auch bis zum 4,5 Kilometer Schild geht es noch. Hinter mir sehe ich mittlerweile keinen mehr, vor mir ist einer noch immer mal in Sichtweite, aber ich glaube kaum, dass ich den packen kann.

Kilometer 3,5 ich würde gerne eine Pause machen. Mache ich natürlich nicht, die Beine treten selten mal unter 200 Watt, und wenn doch dann versuche ich draufzuhalten. Aber ich merke jetzt die ganze angesammelte Erschöpfung, noch von den 720 Kilometern beim Schweizer Radmarathon und auch von gestern, dem Gegurke am Monte Zoncolan.

Noch 2,5 Kilometer, ich beschließe morgen eine Pause einzulegen. Das Fahrrad hoch zum Kronplatz schieben, einen Milchkaffee genießen, und dann ein Mittagsschlaf. Ich habe keine Ahnung wie ich die restlichen Tage noch durchstehen soll.

Noch 1,5 Kilometer. Hoffentlich gibt’s noch ein Stück Kuchen an der Labe, ich kann keinen Riegel essen, eklig süß, Gel geht auch nicht, widerlich süß, da esse ich lieber nix, auch wenn das gefährlich ist.

Und dann kämpfe ich mich tatsächlich hoch bis zur Labstation. Ist aber nur eine Wasserstation, ich tausche die Flaschen und fahre weiter. „Nur noch hier rechts kurz berghoch, dann kommt 40 Kilometer Abfahrt“.

Alles gelogen! Als ich um die Ecke biege, sehe ich, dass es erst nochmal einen Kilometer steil berghoch geht. Dabei war der letzte Kilometer schon hart genug.

An einem Parkplatz am Fuße des Anstiegs halte ich an und esse die Banane, die ich noch schlauerweise von der letzten Verpflegungsstation mitgenommen hatte. Ich plaudere dabei ein bisschen mit einem Tourist, als jedoch drei weitere Fahrer vorbeikommen springe ich aufs Rad und schließe mich denen an.

Wir finden diesen Anstieg alle ziemlich ätzend. Einer der anderen hat auch ein SRM Leistungsmesssystem am Rad und wir vergleichen unsere Werte. Der Tritt bei gleichem Tempo über 30 Watt weniger!

Ich werde verrückt. Ich wusste ja, dass ich zu schwer bin, aber dass ein leichter Fahrer soviel weniger treten muss in einer 10% Steigung, das schockiert mich doch.

Ich fluche nochmal den nervigen Anstieg an, aber selbst dieser Berg ist irgendwann zu Ende. Dann geht es in die Abfahrt. 40 Kilometer runterrollen nach Bruneck. Auch das ist gelogen!

Zunächst ist die Abfahrt schön steil. Allerdings verliere ich die anderen im Laufe der Abfahrt, die fahren einfach schneller bergab. Und das obwohl die Lightweights gehen wie sau. Aber meine Abfahrtstechnik ist halt bestenfalls mittel.

So muss ich als es etwas abflacht alleine im Wind fahren, der schon etwas entgegen bläst. Allerdings ist es immer noch so steil, dass man mit 250 bis 300 Watt so im hohen dreißiger bis hohen vierziger Bereich fahren kann.

Um die Navigation mache ich mir bei meiner Alleinfahrt zunächst etwas Sorgen, wegen meiner schlechten Erfahrung vom letzten Wochenende, aber die Abzweigungen sind perfekt markiert. Besser geht’s kaum.

Der Straßenbelag ist mäßig, so dass man immer wieder heftige Schläge in den Körper bekommt, wegen der hohen Geschwindigkeit. Mittlerweile tun mir die Füße weh, vor allem links und jeder dieser Schläge schmerzt.

So ca. zwanzig Kilometer vorm Ziel bin ich eigentlich ziemlich platt, da kommt Stefan ein weiterer Peakbreaker von hinten angerauscht. Den kenne ich schon von gestern. Ich hänge mich dran, und das motiviert nochmal.

Als wir schon so 15 Kilometer vor dem Ziel sind, biegt die Strecke von der Hauptstraße ab. Tom der Rennleiter hatte gestern was von einer „Überraschung“ erzählt. Ich rechne mit einem heftigen steilen Stich kurz vorm Ziel.

Tatsächlich geht es aber nochmal richtig berghoch. So ein Wirtschaftsweg mit fiesen Querfugen. Und egal ob Straße oder Wirtschaftsweg, Anstieg ist Anstieg. Und der hier hat zwischendurch immer mal wieder 12% und Kehre um Kehre geht es nach oben. Ich fluche nochmal kräftig, von wegen nur noch 40 Kilometer bergab. Immer weiter schraubt sich der weg am Hang nach oben. Die Aussicht ist super, meine Beine funktionieren jetzt auch wieder, aber mein Kopf will nur noch das es endlich zu Ende ist.

Dann gibt es nochmal eine etwas nervige Abfahrt, mit teils weniger gutem Belag, und dann geht es endlich geradeaus nach Bruneck. Zieht sich länger als gedacht, aber schließlich sind wir am Ratshausplatz im Ziel. Puh, das war doch anstrengend.

Diesmal mache ich es klüger als gestern, nehme einen Recovery Drink, dusche, schalte Eurosport an mit der Liveübertragung der Tour de France und lege mich erst mal ins Bett. Und während sich jetzt mal die anderen Quälen döse ich erst mal eine Stunde vor mich hin.

Und dann gibt es ordentlich was zu essen. Weil die Portionen klein sind bestelle ich den Fisch UND das Spanferkel. Und Nudeln gibt’s dann auch noch. Die Zeit ist mit 7:19:04,6  h nicht berauschend, aber immerhin noch im hinteren Mittelfeld. Ich bin eigentlich ganz zufrieden, schließlich will ich nur nicht letzter werden und durchkommen.

Allerdings habe ich schon Zweifel ob ich durchkomme, es sind ja noch 6 Etappen zu fahren. Zum Glück bekomme ich noch ein paar Anfeuerungs SMS von den Edelfans zu Hause, so dass ich ein bisschen Zuversicht gewinne und einfach mal an meinen Durchhaltewillen glaube.

Samstag, 7. Juli 2012

Peakbreak 2012 - 1. Etappe

Ich werde recht früh wach und bin lange vor dem Start fertig. So fahre ich mich noch etwas ein, lege mich nochmal an der Rezeption des CampRoyalX etwas hin, fahre mich nochmal ein und dann geht es endlich in die Startaufstellung.

Hier sind wirklich hauptsächlich Kletterer am Start. Lässig wirft man seine "1:42 h" vom Glocknerkönig hin um eine "1:30 h, bin dieses Jahr schlecht gefahren" zurückzukriegen. Auch vom Material her ist hier Klettermaterial angesagt. Selten habe ich soviele Lightweight Laufräder gesehen, und ich bin bei weitem nicht der einzige mit einem 32er Riesenritzel oder ähnlicher Konstruktion.

Auch sehen die meisten hier ziemlich leicht, um nicht zu sagen ausgezehrt aus, dabei natürlich mit sehnig muskulösen Beinen. Irgendwie hoffe ich gerade nur noch nicht letzter zu werden. Denn wer sich beim Peakbreak anmeldet weiß was er tut, außer mir eben... (ich weiß es eigentlich auch, kann aber gut verdrängen)

Dann endlich um 9 Uhr geht es los. Die ersten Kilometer sind neutralisiert, d.h. es wird hinter dem Auto der Rennleitung hergefahren und erst nach einigen Kilometern wird von diesem der Start freigegeben.

Das Fahren hinter dem Führungsfahrzeug erfordert schon hohe Konzentration. Ich will nicht zu weit hinten fahren, um nicht gleich den Anschluss zu verlieren wenn es losgeht, andererseits wird es vorne auch mal eng. Insgesamt ist das neutralisierte Starten aber super, da nicht gleich alle mit 500 Watt losschießen, sondern man erst mal einrollen kann.

Dann nach ca. 10 Kilometern wird der Start freigegeben. Sofort ziehen vorne die an, und das Racing geht los. Obwohl dies erst der Anfang einer Etappe ist, die nach drei Bergen auf dem Monte Zoncolan endet und das erst die erste von acht schweren Etappen ist, geht es gleich genauso los wie bei Rund um den Finanzplatz. Radrennen eben. Irgendwie geil.

Ich versuche einfach nur irgendwie vorne dranzubleiben, und offensichtlich ist das die Taktik von den meisten, denn an der Spitze bleibt eine sehr große Gruppe zusammen. Immer wieder ziehen die vorne mal an, so dass kleine Lücken entstehen die man wieder zufahren muss. So spart man einerseits viel Kraft im Windschatten der Gruppe, und muss andererseits immer wieder heftige Intervalle einstreuen um dranzubleiben.

Selbst bei Kilometer dreißig bin ich noch in dieser Gruppe dabei, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich bin schon etwas nervös, denn noch immer stecken mir die 720 Kilometer vom Schweizer Radmarathon letztes Wochenende in den Knochen. Ich will diese erste Etappe einfach nur überleben und nicht letzter werden.

Der Monte Zoncolan ist nicht gerade ein Berg den ich freiwillig fahren würde, denn Steigungen über 20% kann ich auch mit meinem 32er Ritzel nicht mehr wegschalten. Zum Vergleich: Alberto Contador ist letztes Jahr beim Giro den Zoncolan mit 32er Ritzel gefahren. und der tritt lässig die doppelte Leistung an der IAS wie ich.

Aber zunächst mal geht es darum dranzubleiben. An einer sanften Steigung habe ich echte Probleme, ich überlege schon abreißen zu lassen, sehe aber dass es danach wieder flacher wird, so kämpfe ich mich über den leichten Anstieg und wieder an die Gruppe dran.

Wir fliegen dahin, vorne die machen wirklich gute Arbeit, ich weiß zwar nicht warum, aber ich profitiere ja gerade davon, also danke! Bis jetzt bin ich kaum im Wind gefahren, höchstens mal um eine Lücke zuzufahren, dabei geht es aber heftig in den roten Bereich.

Das Tempo liegt auf der Geraden und selbst wenn es ganz leicht berghoch geht bei deutlich über vierzig, oft geht es ziemlich auf die fünfzig zu, es geht aber auch teils leicht bergab. Selbst bei Kilometer 50 bin ich noch ziemlich vorne, das Begleitfahrzeug der Spitzengruppe immer im Blick.

Vorne versucht mal einer wegzukommen, lässt es dann aber wieder, dann versuchen es zwei, kehren aber auch wieder in die, recht große, Gruppe zurück.

Dann geht es links ab in den ersten richtigen Anstieg des Tages. Obwohl die Beine bis jetzt gut gehen ist mein Kopf noch unsicher ob ich heute durchkomme.

Im Anstieg zum Gailbergsattel zieht es sich sofort auseinander, ganz vorne die fahren ein super Tempo, ich fürchte erst komplett wegzuplatzen, komme dann aber in einen ganz guten Rhythmus und werde nicht wie befürchtet nach hinten durchgereicht.

Um mich herum fahren so vier fünf andere Fahrer, wir sind ähnlich schnell, mal ist der eine etwas schneller, mal der andere, so überholen wir uns immer wieder gegenseitig. Eine gute Motivation andere Fahrer vor sich zu haben.

Der Verkehr ist recht stark, aber alles gut im grünen Bereich. Ich gewinne etwas Vertrauen in meine Beine, und trete meist so um die 280, 290 Watt. Vielleicht zuviel, aber schonen für den Zoncolan geht ja eh nicht, lieber im Rhythmus fahren.

Der Anstieg ist eigentlich nirgends böse, und letztlich auch relativ schnell überwunden. Oben habe ich nochmal etwas angezogen, bin auf einen anderen Fahrer aufgefahren und hänge an seinem Hinterrad, als die erste Labstation kommt. Es gibt Kuchen und Getränke, ich fahre aber vorbei, denn weder habe ich Hunger, noch brauche ich frische Flaschen.

So fahre ich erst mal alleine bergab, als von hinten ein weiterer Fahrer kommt, vorbeizieht, mich dann aber an sein Hinterrad winkt. So geißeln wir zusammen bergab bis wir von einem etwas nervigen Wohnwagen aufgehalten werden. Der Fahrer lässt uns nicht vorbei, aber in einer Serpentine bietet sich doch Gelegenheit zum Überholen.

Wir fahren noch eine ganze Weile zusammen, bis in den nächsten Anstieg zum Plöckenpass. Auch den kenne ich noch nicht. Zunächst steigt der eher moderat. Jedenfalls aus der Sicht eines Peakbreakers...

Der andere Fahrer ist etwas stärker und entschwindet Zentimeter um Zentimeter. Mein Kopf traut sich nicht so recht, irgendwie fühle ich mich schwach. Da beschließe ich, mich auf meine Beine zu verlassen. Die haben doch letztes Wochenende in der Schweiz so wunderbar funktioniert. Und siehe da, die Beine arbeiten auch diesmal ohne zu murren. So gewinne ich im Berg immer mehr an Selbstvertrauen und versuche tapfer durchzuziehen.

Recht schnell geht es dann auch wieder bergab, jedenfalls schneller als erwartet. War denn da eine Zwischenabfahrt? Ich weiß nicht mehr genau, habe aber auch keine Konzentration um ins Roadbook zu schauen. Nach meinem Navigationsdesaster beim Schweizer Radmarathon habe ich eine Roadbookallergie entwickelt. Da immer wieder mal ein Radfahrer zu sehen ist, brauche ich mir hier keine Gedanken um die Navigation zu machen.

Die Straße in der Abfahrt ist zunächst schlecht, aber die angekündigte gefährliche Abfahrt ist das nicht. Schnell weiß ich warum, der Pass ist noch längst nicht zu Ende, denn jetzt geht es wieder berghoch. Und zwar steil berghoch.

Wir fahren durch eine Galerie und dort ist die Steigung deutlich im zweistelligen Prozentbereich. Und selten habe ich das "steil berghoch" so offensichtlich, bildlich vor mir gehabt. In der Gallerie, nicht abgelenkt von der alpinen Landschaft, sondern nur mit grauem Beton als Hintergrund sieht die lange Steigung elend steil aus.

Ein Fahrer ist hinter mir und versucht näher zu kommen, ich bin also wohl seine "Motivationshilfe". Zwei sind vor mir, aber ähnlich schnell, die nehme ich mir vor. Es dauert aber ewig, erst in der letzten Gallerie, die nicht zu enden scheint und nach jeder leichten Biegung genauso steil weiter nach oben geht, überhole ich einen Faher und nachdem ich einfach darauf hoffe, dass es jetzt endlich vorbei ist kommt dann tatsächlich auch die angekündigte Tunnelumfahrung. Genau dort hole ich den anderen Fahrer. Wir kommen kurz ins Gespräch, und es stellt sich heraus, dass er mein Fahrrad erkannt hat, da ich beim diesjährigen Glocknerkönig am Start direkt vor ihm gestanden habe.

Jetzt geht es aber wirklich in die Abfahrt. Die ist nicht ganz so gefährlich wie dargestellt. Allerdings gibt es mehrmals Tunnel mit direkt anschließender Serpentine. Gut, dass das in der Fahrerbesprechung gestern erwähnt wurde, denn damit rechnet man erst mal nicht. Ansonsten ist die Abfahrt super, vor allem kann ich jetzt ab und zu mal die sehr schöne Landschaft genießen. Die Abfahrt läuft super, auch wenn zwei weitere Fahrer etwas näher rankommen. Zwei weitere sammeln wir (mittlerweile zu dritt) noch ein. So kommt es das eine Fünfergruppe entsteht, die auch richtig gut läuft.

Kein Vergleich mit dem Schweizer Radmarathon, als die Fünfergruppe vor Sargans einfach nicht laufen wollte, obwohl ich viel Körner eingesetzt habe. Hier merkt man gleich das etwas andere Publikum. Eben Rennfahrer, keine Randoneure (nix gegen Randoneure).

So geißeln wir mit hohem Tempo auch in den flacheren Teilen der Abfahrt. Ich beteilige mich voll an der Führungsarbeit, obwohl ich das eigentlich vermeiden wollte, aber irgendwie bin ich einfach kein Hinterradlutscher. In meinem Hinterkopf ist sehr wohl der Monte Zoncolan und mein nicht regenerierter Zustand, aber bis jetzt fühle ich mich wohl.

Wieder an der Führung merke ich aber, dass der Akku leer wird, ich fahre noch ein paar hundert Meter weiter im Wind, hier hätte ich auf jeden Fall früher abgeben müssen. Denn als ich wieder nach hinten gehen will muss ich abreißen lassen.

Aber da kommt auch schon der Abzweig zum Zoncolan. Diese Gruppe hat es echt gebracht, aber die letzte Führung wird mir jetzt weh tun im Anstieg, das ist klar. Die anderen sind so zwei, dreihundert Meter vor mir. Jetzt werden mir die Getränke knapp da ich ja die Labstation ausgelassen hatte.

Aber zu meiner Freude kündigt ein Schild die nächste Aidstation, wie die beim Peakbreak heißen, in 50 Metern an. Dort esse ich erst mal zwei Stück Melone und ein Stück Banane und nehme eine Flasche Iso. Die Hitze ist mittlerweile fast schon so groß wie letztes Wochenende in der Schweiz. Die Temperaturtafel am Fuße des Anstiegs zeigt 31° C, mein Radcomputer knapp 29° C, die Sonne knallt.

Ich versuche die anderen wieder zu erreichen, einige sind ja auch an der Labstation stehen geblieben, aber der Monte Zoncolan ist unten zwar ein "normaler" Pass, aber auch schon mit Steigungen im zweistelligen Prozentbereich, also eigenen Rhythmus fahren und gut ist.

Vor dem steilen, wohl vier Kilometer langen, Schlussstück habe ich allergrößten Respekt. Ich wünsche mir gerade Jürgens langes Mountainbike Schaltwerk und das 36er Ritzel. Aber vielleicht wird es ja auch gar nicht so schlimm.

Die Beine sind noch ok, aber ich merke das recht hohe Tempo bis hierher schon deutlich. Die Sonne brennt, Schatten gibt es kaum. Ich trinke sehr viel, das könnte sogar nochmal knapp werden mit der Flüssigkeitsversorgung. Durch die schnelle Gruppe hatte ich auch keine Zeit zum Essen in der Abfahrt vom Plöckenpass. So esse ich jetzt noch einen halben Riegel und nehme mir vor gleich noch ein Gel reinzuquetschen.

Das Ding zieht sich ohne Ende, mein Garmin Edge 800 zeigt 101 Kilometer, bei einer Etappenlänge von 109 heißt das noch 8 Kilometer. Ich versuche runterzuzählen, aber es passiert nichts auf der Anzeige. Ewig dauert es bis es 102 sind. Und noch eine Ewigkeit bis 103. Dort scheint das Ding zu verharren. Mittlerweile sind immer mal recht steile Passagen dazwischen. In den Serpentinen flacht es etwas ab, aber nicht so schön wie z.B. am Glockner.

So einen Pass zu fahren ist schon anstrengend genug, aber so ein Ding zu fahren mit 100 Kilometern im Renntempo und zwei Anstiegen in den Beinen, wobei der Plöckenpass schon ganz ordentlich steil ist oben, das ist nochmal was anderes.

Dann endlich die 104, noch fünftausend Meter. Jetzt müssten bald die richtig steilen Abschnitte kommen. Ich fahre schon lange auf dem 32er, zwischendurch geht es mal besser, dann mal weniger gut, d.h. 280 Watt oder eben nur 220.

Ich schließe sogar zu einem vor mir fahrenden auf und lasse einen oder zwei hinter mir zurück. Noch weiter vorne ist ein Fahrer in einem gelben Trikot, den versuche ich zu erreichen, er ist aber ganz schön weit weg. Bei 106 Kilometern überholt er einen anderen Fahrer, und ich versuche das gleiche, komme auch ganz langsam ran, aber eben nur ganz langsam. Ich fahre wirklich am Limit, noch immer knallt die Sonne.

Es dauert einen Kilometer, in dem es steil berghoch geht, aber dann bin ich dran. Und es scheint gerade eine Spur flacher zu werden. "Noch zwei Kilometer" sage ich zu ihm. Es scheint sich sogar schon die Passhöhe anzukündigen, aber von den super steilen Passagen auf den letzten vier Kilometern war bis jetzt noch nix zu sehen. Mir nur recht, ich bin auch mit den steilen Passagen bis hierher schon bedient.

Dann scheint sich die Passhöhe abzuzeichnen, es wird kurz flach, ein großer Parkplatz ist ausgeschildert. Und es kommt ein Pfeil nach links. Ich ahne böses. Noch einmal gibt es was zu trinken, kommt mir gerade recht. Aber was das Mädel an der Labstation sagt schockiert mich. "Noch 5 Kilometer".

Innerlich sacke ich zusammen, bitte bitte nicht. D.h. mein Garmin zeigt, vielleicht wegen den Gallerien ohne GPS Empfang etwas zu viel Strecke an. Aber was viel schlimmer ist, das fiese Schlussstück mit den extremen Steigungen kommt tatsächlich noch.

Ich will nicht! Ich teile es dem andern Fahrer, offensichtlich ein Holländer, mit, dass ich mich mit der Kilometerangabe vertan habe. Er fühlt genau das gleiche wie ich, das kann doch nicht wahr sein.

Es geht mittlerweile sehr steil bergauf. Selbst im Wiegetritt mit 34-32 muss ich alles geben. Kann man nicht beschreiben. Aber dann kommt das wirklich böse. Ja jetzt kann ich mich wieder an diese kranken Steigungen in Südengland und an den English Borders erinnern. An das „Loch“ in Lynmouth, das man nur über eine 25% Steigung verlassen kann.

Genauso ist es hier. Aber noch härter, die Steigungen auf den letzten Kilometern sind elend. Die Trittfrequenz, wenn man das Gedrücke so nennen mag liegt um 45! Bei einer Übersetzung von 34-32 und ich gebe alles was noch geht. Tritt man im Sitzen muss man aufpassen, dass das Vorderrad nicht hochgeht, fährt man im Wiegetritt dreht das Hinterrad durch.

Beschreiben kann man diese elende Steilheit nicht, die Zahl 26% sagt gar nix. Und ich bin auch nicht gerade frisch. Brutale Quälerei, anders kann ich das nicht beschreiben. Ich überhole einen S-Works Venge - Fahrer, der schiebt. Ich versuche das zu vermeiden, bin aber ganz kurz davor. Irgendwie drücke ich diesen Teil hoch, bis die Steigung etwas abflacht, ich versuche zu fluchen oder zu schreien bringe aber nur gurgelnde Laute heraus.

Und dann wird es in der nächsten Kurve genauso steil. Ich könnte kotzen. Ich gurke mit letzter Kraft vor mich hin. In einer Kurve stehen zwei und verschnaufen, die versuche ich noch zu erreichen, was mir auch gelingt, aber da geht es genauso steil weiter, ich muss stehen bleiben.

Ich steige kurz ab, lege meinen Kopf auf den Sattel und schnaufe durch, meine Beine geben wirklich alles, aber jetzt müssen sie kurz nachladen. Ich trinke, ein Mädel das dort steht betreut zwei andere Fahrer und fährt zum Spaß diesen Abschnitt des Zoncolan. Die ist ganz besorgt um mich und fragt ob ich noch Wasser habe. Sehr nett. Ich frage sie wie sie dass zum Spaß fahren kann...

Der Kameramann steht auch in der Kurve, kommt auf mich zu und interviewt mich kurz. Ich sehe bestimmt elend aus. Hoffentlich kommt nicht ausgerechnet das im ORF oder auf ServusTV. Ich klicke ein und fahre weiter.

Nun ja, fahren ist falsch gesagt. Ich gurke weiter. Ein Kilometer am Zoncolan oben ist mindestens so hart wie 100 Kilometer beim Schweizer Radmarathon, jedenfalls kommt es mir gerade so vor. Ich weiß nicht mal ob der Mistberg jetzt noch brutaler wird, oder einfach genauso brutal bleibt wie er seit zwei Kilometern schon ist. Elende Plackerei, hat mit Radfahren auch optisch nichts zu tun. Obwohl es so heiß ist und mich bis zur Grenze anstrenge friere ich, komisch.

Dann höre ich schon den Zielsprecher, es kann maximal noch ein Kilometer sein, aber wie lange kann ein Kilometer am Monte Zoncolan sein? Unfassbar lang! Ich muss nochmal pausieren. Der Typ mit dem Venge, der eben geschoben hat überholt mich jetzt wieder. Ich setze mich einen Moment hin, das Mädel ist immer noch besorgt und fragt ob es mir gut geht. Ich muss grinsen. Denn ja, es geht mir relativ gut, meine Beine geben nur einfach nicht mehr her.

Nochmal trinken, wieder rauf aufs Fahrrad, der Typ mit dem Venge schiebt wieder. Ich versuche ihn zu erreichen. Dieser Berg ist so unfassbar brutal, ich schreie einfach um meine Emotionen irgendwie rauszuhauen. Vor mir kreuzt das Mädel hin und her, dabei immer lächelnd, ich weiß nicht ob mich das motiviert oder nicht, ich glaube mir ist gerade alles egal. Ich bin nicht viel schneller als der Typ der schiebt, aber ein bisschen. Er geht ziemlich in der Mitte, und ich gurke an ihm vorbei mit allerletzter Kraf, und rufe weg da, da ich nicht in der Lage bin an ihm vorbeizusteuern, er geht ein Stück zur Seite und schiebt mich ein paar Meter an, und es fühlt sich an als würde ich losschießen wie eine Rakete - für zweimeterfünfzig...

Der Sprecher, den man schon über die Lautsprecher hört, erzählt was von "die Hälfte ist im Ziel" und versucht motivierendes zu sagen, es sind auch nur noch ein paar hundert Meter und ich weiß, dass ich heute nicht letzter werde, aber diese paar hundert Meter sind elend. Ich weiß nicht wie ich die noch schaffen soll, aber ich will nicht nochmal stehen bleiben. Der S-Works Venge Fahrer ist wieder aufgestiegen und fährt, wenn man das so nennen will an mir vorbei.

Ich versuche daraus nochmal Motivation zu ziehen, die letzten Meter noch hochzugurken. Gerade scheinen mich die Kräfte wieder zu verlassen, da kommt von oben einer runter und gibt mir ein paar aufmunternde Worte. Noch hundert Meter. An jedem anderen Berg fliegt man dann. Hier überlebt man gerade noch so. Aber das verdammte Ziel kommt näher. Da sitzt ein Fotograf, ich weiß, ich sehe scheiße aus, völlig kaputt, aber ich habe nicht die Kraft zu lächeln oder auch nur irgendwie willentlich einen Gesichtsmuskel zu bewegen, aber verdammt nochmal ich bin oben.

Oben, oben. Durch. Was für ein Drecksberg. Jetzt bloß nicht vom Fahrrad steigen. Ich fahre ein paar mal auf dem Parkplatz im Kreis, bis ich wieder vernünftig atmen kann, mein Puls wieder etwas runterkommt, das Laktat und die H+ Ionen in meinen Beinen wieder ein nichtletales Level erreicht haben.

Dann lasse ich mich tatsächlich an so einem Monte Zoncolan Denkmal fotografieren, ich kann nicht erkennen was es ist, weil ich überhaupt nichts erkennen kann. Ich mache es nur weil zwei andere das auch machen, und ich denke, gut ein Foto.

Dann schnappe ich mir eine Flasche Wasser und setze mich einen Moment hin. Dabei zucken die Waden wie ein Froschschenkel unter Strom. Hm, lieber aufs Fahrrad, ausfahren. Also fahre ich wieder hinunter und Richtung Arta Terme, unserem heutigen Übernachtungsort. Der Wind ist teils heftig, denn ja klar Gegenwind hatten wir an manchen dieser brutalen Stellen im Anstieg auch noch. Jetzt fahre ich aber aus, mit so 180 bis 200 Watt, und dann noch mal eine kleine Steigung zum Hotel. Und es ist geschafft.

Duschen und dann geht es ins Städtchen. Um 15 Uhr in Italien was zu essen zu bekommen könnte schwierig werden, aber ich entdecke eine herrliche kleine Pasticeria, mit einem Cafe Latte wie ihn nur Italiener hinkriegen. Das ist ein Klischee, aber es wird jedesmal wieder bestätigt.

Auch wenn ich dort ganz entspannt  sitze und schreibe, das war brutal. Der Monte Zoncolan ist ein brutales Monster. Dagegen ist die Glocknerstraße geradezu eine Ebene...

Ich bin erstaunt, das ich nicht weiter hinten gelandet bin, aber ob ich diese acht Etappen überstehe, ich glaube ehrlich gesagt nicht. Aber selbstverständlich werde ich kämpfen so lange es geht. Die Hände sollten es durchstehen. Heute ging es jedenfalls.

Abends gibt es noch eine Fahrerbesprechung für morgen und Pastaparty. Dort gibt es allerdings nur Nudeln. Das ist echt grenzwertig. Ich esse zwei Teller, aber eigentlich bräuchte ich jetzt auch ein Steak und Salat und Gemüse. So übersteht man keine acht Etappen. Morgen werde ich mir ein Restaurant suchen oder vorher einkaufen. Aber einen Tag kann man das machen. Hoffe ich.

Mit 4:41:55,7 bin ich ca. 50 Minuten nach dem Führenden ins Ziel gekommen. Im Klassement liege ich damit auf Platz 54. Also nur wenig schlechter als die Hälfte, das geht ja noch. Jedenfalls erst mal durchgekommen.