Samstag, 31. August 2013

Alpenbrevet 2013, das Rennen

Kurz vor vier Uhr morgens wache ich auf. Auch wenn ich dankbar bin für die warnenden Kommentare im Blog und die entsprechenden Emails meiner Eltern, es steht für mich außer Frage, dass ich fahre. Und wenn ich mich auf allen Vieren zum Start schleppen muss.

Dumm ist, dass es die übliche Schwankung der Körperparameter gibt, nur leider heute in die negative Richtung. Ruhepuls 58! Immerhin fünf Stunden Schlaf und kein Fieber, nur minimal erhöhte Temperatur. SpO2 niedrig aber im grünen Bereich. Dann meldet sich aber schon der nervige Durchfall. Tendenz geht eindeutig in Richtung Silber, zehn bis 12 Stunden ohne Toilette, unvorstellbar.

Ich frühstücke relativ normal, esse noch etwas frisches Obst, so oder so brauche ich die Nährstoffe. Vorsichtshalber nehme ich genug Geld für ein Taxi mit...

Ich will gerade zum Start, bin schon auf der Straße, da rumort der Bauch erneut. Ich lasse mein Rad einach stehen, laufe schnell zurück ins Hotel und hoffe, dass es das für einige Stunden war. Sonst fühle ich mich eigentlich ok.

Zu meiner Überraschung sind diesmal die Startblöcke nicht nach geplanter Durchschnittsgeschwindigkeit eingeteilt. Da ich den Umständen geschuldet sehr spät am Start bin, muss ich mich entweder an Position 2300 anstellen oder einfach auf dem Bürgersteig nach vorne marschieren und dann von neben rein. Sowas kann ich eigentlich nicht leiden, aber ich will einen 25er Schnitt fahren und möchte auch da ungefähr stehen. Aber es ist noch genügend Platz, also wohl noch ok. Die Musik am Start ist im Gegensatz zu 2011 grausam. Apresskischlager allerunterste Schublade, hoffentlich geht es bald los.


Am Start spricht mich ein hinter mir stehender Fahrer an, der meinen Namen auf der Startnummer gelesen hat. Er meint ich würde ihn wohl nicht kennen, aber er würde schon lange mein Blog verfolgen. Geil, nochmal ein Stimmungsaufheller zum Start. Wir wünschen uns Glück zum Start, und ich hoffe bei ihm ist es besser gelaufen als bei mir...

Dann aber Startschuss und los geht’s. Da einige Fahrer mit offensichtlich anderen Zielen vor mir stehen, braucht es etwas bis ich mich in dem Teil des Feldes befinde , der meinem gewünschten Tempo entspricht. Die Spitzengruppe ist da schon nicht mehr zu sehen. Und die Verfolgergruppe auch nicht.

Es geht gleich etwas bergauf in Richtung Innertkirchen, ich funktioniere eigentlich ganz gut. Hatte es mir schlimmer vorgestellt. Trete so um 260 Watt, mein angestrebtes Ziel für den Grimselpass. Damit sollte ich unter zwei Stunden oben sein. Aber vielleicht ist das auch völlig unrealistisch mal sehen.

Die kleine Abfahrt nach Innertkirchen läuft unspektakulär, aber nach meinem schlechten Abfahren beim Peakbreak ist das schon eine Bemerkung wert. Bis zum Abzweig Grimselpass hechele ich zwei anderen Fahrern hinterher, und kann erst kurz vorher aufschließen, Körner sparen im Windschatten sieht anders aus. Die Wattanzeige kommt mir etwas niedrig vor, ich hoffe es liegt am Garmin und nicht an meinen Beinen. Erneutes kalibrieren der Nullstelle bringt keine Veränderung.

Dann geht es in den Pass hinein. Mit anderen Worte es geht berghoch, und während die Intervalle im Flachen gestern einigermaßen funktioniert haben, funktioniert das Bergauffahren nicht. Es ist mir gar nicht möglich 260 Watt zu fahren, ich fahre eher um 200 bis 220 und es ist schwer. Dabei ist es erst mal gar nicht so steil.



Der Grimsel bietet immer wieder Gelegenheit sich etwas zu erholen oder aber Tempo aufzunehmen. An jeder „Stufe“, wenn es wieder etwas steiler wird merke ich, dass in den Beinen praktisch gar nichts drin ist. Also überhaupt nix. So schlimm hatte ich mir das, was die Beine betrifft, nicht vorgestellt. So kommt es, dass ich immer wieder überholt werde, obwohl es sich sauanstrengend anfühlt. Noch hoffe ich, dass das Wattmeter Blödsinn anzeigt. An den wenigen Flachstücken klicke ich aus, lasse die Beine hängen und gebe dem Garmin 810 Gelegenheit die Nullstelle zu kalibrieren, aber es ändert sich nichts.

Ich versuche schon zu kämpfen, aber nichts passiert. Es scheint die KH-Speicher sind schon vom Start weg leer. Eigentlich sollte ich essen, aber das geht gar nicht, ich trinke ab und zu einen Schluck Wasser, mehr ist nicht drin. Jetzt ist schon klar, mehr als Silber geht auf keinen Fall. Also die kleine Strecke mit nur drei Pässen. Wobei man dem relativ schweren Sustenpass auch da nicht entgehen kann.

Immer wieder werde ich überholt. Ich habe das Gefühl ans Ende des Feldes durchgereicht zu werden. Ich versuche die Leistung wenigstens bei 220, 230 Watt zu halten. Klappt nicht immer.


Der Grimselpass scheint ewig lang. In den flacheren Abschnitten schaffe ich es gerade noch irgendwie zu versuchen ein Hinterrad zu erwischen. Klappt aber nicht immer... Da mir klar ist, dass es heute nur ums Überleben geht nutze ich das Fehlen von ambitionierten Zielen um ein paar Fotos zu schießen.


Dann kommt das Schild mit dem Hinweis auf 750 Hm und 11 Km bis zur Passhöhe. Ich bin froh bis hierhin überhaupt gekommen zu sein und bin mir nicht sicher, dass ich oben ankomme, geschweige denn in einer halbwegs brauchbaren Zeit.


Die zweite Tunnelumfahrung (die erste ignorieren wir) ist zumindest sehr fotogen. Meine Leistung wird aber dadurch nicht besser. Nach der Umfahrung hat man aber immerhin Blick auf die erste Staumauer. Aber leider kenne ich den Grimsel ganz gut, so dass ich nicht der Illusion erliege es bald geschafft zu haben.




Zwischendurch hatte ich in den steileren Passagen immer mal das Trikot geöffnet zum Kühlen, aber jetzt lasse ich es zu, es ist ziemlich kalt. Und windig.

Mittlerweile hat mich wohl gefühlt jeder Starter überholt, aber es kommen immer noch weitere, und die überholen mich auch. Manche erkenne ich allerdings wieder, die muss ich dann auch wieder überholt haben. Seltsam. Aber es gibt so Phasen, da scheinen die Beine kurz mit 85% zu funktionieren, und sofort bewege ich mich im Feld massiv vorwärts. Aber das hält nicht lange an und ich muss teils sogar um die 200 Watt kämpfen. Was für ein Gegurke. Denn das fühlt sich ja auch nicht leichter an als ob man in guter Form 290 Watt tritt.

Aber irgendwie erreiche ich die erste flache Passage, bzw. geht es sogar leicht bergab, und ich habe Glück, drei Fahrer sind vor mir. Eigentlich könnte ich schneller, aber bleibe einfach nur dran, noch ist es ein langer Weg nach oben.

Die nächsten Serpentinen bieten einen tollen Blick auf den Stausee. Ich fahre so langsam, dass ich das wahrnehmen, wenn auch nicht recht genießen, kann.





Schließlich kommen wir zu den letzten Serpentinen. Es herrscht mittlerweile schon recht viel Auto- und Motorradverkehr, heute nervt mich das. Da spricht mich ein Fahrer an, und meint er würde mein Blog lesen (während er mich gefühlt mit Lichtgeschwindigkeit überholt). Schon der Zweite heute, und ich dachte immer, nur meine Mutter liest das tatsächlich...



Als ich die letzte Kehre genommen habe und auf die Verpflegungsstation zufahre überlege ich, ob es nicht klüger wäre hier oben im Wirtshaus einen Kamillentee zu trinken und dann locker wieder bergab zu rollen. Ich habe nichts gegessen und nur etwas an meinem KH-Getränk genippt.


Ich trinke erst mal eine Boullion, bzw. wenigstens zwei, drei Schluck. Tut ganz gut. Ich fülle die Wasserflasche etwas nach, aber ich habe kaum was getrunken. Ohne Essen und Trinken kommt man bei einem Radmarathon nicht weit, nach anderthalb bis zwei Stunden gehen dann die Lichter aus.

Ich setze mich auf mein Rad, trete den flachen Teil am See entlang ordentlich rein und stürze mich in die Abfahrt. Saukalt. Aber gut zu fahren. Auch hier fahre ich normal, hole sogar ein paar Fahrer wieder ein. Das ist dieses Jahr natürlich ungewöhnlich. Vielleicht sind die guten Abfahrer eben vorne und alle schon weg. Dabei habe ich mich mit meinen 2:06 h bis zur Grimselpasshöhe noch halbwegs brauchbar geschlagen.


Die Abfahrt macht aus mir einen Eisblock. Die Hände sind taub, die Beine fühlen sich seltsam an, mein Kopf ist kalt. Am Abzweig biege ich auf die Silberstrecke, also zum Furkapass ab. Da geht es gleich wieder berghoch und ich könnte wieder warm werden. Außerdem habe ich keine Chance die Platinstrecke zu fahren, am Nufenen würde es nicht besser werden und dann schaffe ich das Zeitlimit nicht. Über die Goldstrecke mit dem Gothardt will ich auf keinen Fall, das Gerüttel würde meinem Magen-Darm Trakt sicher nicht gut tun.

Also geht es den Furka hinauf. Den sollte ich normal in ca. 50 Minuten fahren. Aber heute bestimmt nicht. Vor allem merke ich gerade, dass ich mittlerweile nicht mal mehr die Leistung vom Grimsel halten kann. Ich kann nicht über 200 Watt fahren. Kurzzeitig denke ich ich habe einen Platten, aber ich bin wohl selbst so mit dem Fahrrad rumgeeiert.


Die Leistung sinkt und sinkt. Auf den Anfangs recht langen eher geraden Stücken komme ich kaum voran. Der Leistungsmesser muss total spinnen. 170 Watt, und um die muss ich kämpfen. Immer wieder fahren vereinzelt andere Fahrer vorbei, aber ich kann mich nicht mal dranhängen. No way. Dann fangen beide Knie an zu schmerzen, so im Bereich der Patellasehne. Offensichtlich mochten die die Kälte nicht.


Ich ignoriere das und irgendwie Gurke ich bis zum Ende der langen Geraden und biege in die erste Serpentine hinauf zum Belvedere ein. Ich fahre um 150 Watt. Das ist nur noch Rekombereich. Man, das ist nur der Furka. Der ist nicht so lange, aber mit 150 Watt? Vor allem hat der durchaus steile Stellen.

Und die Leistung sinkt weiter ich trete nur noch 130 Watt. Verdammt ich bleibe stehen. Ich bin platt, am Ende. Diesen Pass will ich aber noch irgendwie hochkommen, auf den Susten muss ich mit dem Taxi fahren.


Ich sehne die Verpflegungsstation herbei, aber die ist ja erst unten in Andermatt, ich muss erst mal überhaupt hier hochkommen. Ich trinke tapfer mein KH-Getränk und hoffe, dass es gut geht.

Mit 150 Watt quäle ich mich den Furka hoch. Endlos ziehen sich die Strecken zwischen den Serpentinen, dann noch zwei bis zum Belvedere und dem Zugang zum Rhonegletscher. Ich krieche dahin. Ja, das ist Krieg gegen den Körper. Das Bild war völlig richtig.


Dann endlich das Belvedere, aber auch danach geht es noch weiter. Kaum noch Serpentinen, aber bis zur Passhöhe dauert es noch. Auf einer der Geraden überholt mich ein (weiterer) Radfahrer. Er sieht die Trinkflasche vom diesjährigen Ötzi und fragt wie sich meine Beine nach dem Ötzi anfühlen, seine würde er noch ganz schön spüren. Ich erzähle ihm, dass ich wegen Krankheit nicht starten konnte und auch immer noch krank sei. Er reagiert recht besorgt und meint ich solle langsam machen.

Langsam machen! Ich krieche mit knapp 150, manchmal nur 130 Watt dahin, die anderen Fahrer ziehen reihenweise vorbei, einfach so. Ich stehe förmlich.


Aber ich komme oben an. Es ist kaum zu glauben, aber ich habe die Passhöhe erreicht. Sofort geht es in die Abfahrt. Die ist erstaunlich holprig, dass hatte ich gar nicht mehr so in Erinnerung. Aber immerhin muss ich nicht viel treten. Eine Chance sich etwas zu erholen. Ich sehne die Verpflegungsstation herbei. Sehr sogar. Dort werde ich rücksichtslos essen.

Im flacheren Teil der Abfahrt habe ich Glück, bzw. oben ein paar Fahrer überholt, so dass sich eine Dreiergruppe bildet. Ich führe und gebe was ich habe, das Arbeiten für die Gruppe lockt nochmal 220 Watt aus den Beinen. Aber nicht sehr lange. Dann haben wir Andermatt und die Verpflegungsstation erreicht. Die brauche ich wirklich. Wie ich aber den Sustenpass hochkommen soll, keine Ahnung. Wahrscheinlich geht es gar nicht.


Ich esse Orangen in Mengen, etwas Brot und Käse, trinke ein bisschen Boullion, esse sogar etwas Schokolade und noch so ein süßes „Stückchen“.

Jetzt kommt ein zeitlich neutralisierter Abschnitt durch die Schöllenen Schlucht nach Wassen. Ich beschließe das zu nutzen und in Wassen ein Restaurant aufzusuchen. Toilette, Kamillentee, etwas ruhen.

Durch die Schöllenen Schlucht habe ich Glück mit dem Verkehr. Um die Uhrzeit fahren die meisten wohl in die andere Richtung, so kann ich recht frei fahren. Ist aber ja eh egal, da die Zeit nicht gewertet wird. Intern auf meinem Radcomputer läuft die Zeit natürlich weiter.

Ich fühle mich etwas besser. In Wassen angekommen geht es links in den Susten und über die Zeitmessmatte. Ich zögere etwas und biege dann doch direkt in den Pass ein. Also nix mit Restaurant, Pause und Kamillentee. Die Beine fühlen sich gerade wieder halbwegs vernünftig an, das will ich nutzen. Setze ich mich eben im Susten irgendwo hin, ein Restaurant wird es dort schon geben.


Am Beginn des Anstiegs überhole ich einen Fahrer, rufe ihm zu, „nur noch eine kleine Bodenwelle und dann haben wir es geschafft“. Natürlich weiß ich wie weit das von der Realität entfernt ist. Aber wie weit das für mich heute von der Realität entfernt ist, kann ich da noch nicht ahnen.

Zu meiner Freude kann ich anfangs mit gut 200 Watt fahren. Ich scheine mich etwas erholt zu haben. In den Lawinengallerien kommt natürlich immer pünktlich eine Horde Motorradfahrer, die sind extrem laut. Auch eine Corvette zerreißt mir fast das Trommelfell. Nervig. Aber noch fahre ich knapp 200, eher 190 Watt.

Aber das ist schnell vorbei. Die Leistung sinkt und sinkt. Und eine ganze Zeit lang gurke ich mit gerade so 150 Watt dahin. Natürlich werde ich überholt. So langsam bewege ich mich wohl an den Schluss des Feldes. Die anderen überholen nicht, sondern fahren einfach vorbei. Kein Gedanke an ein Duell, keine Chance sich dranzuhängen, ich versuche einfach nur auf dem Rad zu bleiben. Mir ist nicht schlecht oder so, es zwickt etwas im Bauch, aber das kann ich ignorieren, ich bekomme nur einfach überhaupt keine Leistung mehr aus den Beinen es ist als ob ich permanent in einem Hungerast fahren würde. (was ich wahrscheinlich auch tue)

Die Leistung sinkt weiter 130 Watt, 120 Watt. Das fährt ein Herzkranker bei der Untersuchung auf dem Ergometer. Ich steige ab. Setze mich an den Straßenrand und esse ein Gel.


Dann geht es weiter mit 170 Watt, die sich schnell wieder auf 150 Watt einpendeln. Ich wusste, dass es ein harter Kampf wird, aber dass die Leistung so in den Keller geht hielt ich nicht für möglich. Ich bin wohl selbst auf den ersten Anstiegen der Skandi-Tour 2007 um Lichtjahre besser berghoch gefahren. Fahren ist eh das falsche Wort. Aber noch bewege ich mich immerhin geradeaus.

Der Anstieg von Wassen ist lange, sehr lange. Und der Susten zeigt dir wie lange. Anfangs gibt es nicht nur keine Serpentinen, sondern auch nur leichte Kurven, so dass man kilometerweit den vor einem liegenden Anstieg sehen kann. Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung wie ich da hoch kommen soll.

Ich kann die 150 Watt nicht mehr halten, 130 Watt, 120 Watt, ich muss anhalten. Setze mich nochmal einen Moment hin. Dabei kann ich sogar das Panorama genießen. Natürlich zieht Radfahrer um Radfahrer an mir vorbei. Wenn ich durchkomme werde ich vielleicht Letzter.


Ich steige wieder auf's Rad. Mein mentales Ziel ist das Sustenbrüggli, ein Biker Restaurant mit Toilette und Kamillentee. In der Pause habe ich fast die halbe Flasche ISO-Getränk weggehauen. Aber es hilft nicht viel. Wieder kann ich anfangs gut 160 Watt treten, dann eine Zeit lang 150 und dann wird es schwerer und schwerer. Ich kämpfe gegen die 130, aber lange kann ich es nicht verhindern und es ist wieder soweit. Ich muss stehen bleiben, zum dritten mal. Mittlerweile überholen mich Leute, die sicher nicht in die Kategorie Bergfahrer fallen.

Und wieder auf's Rad, es fällt jedesmal schwerer, der Susten ist noch unendlich lang.

Ich bin gar nicht so erschöpft. Klingt seltsam. Aber Mein Puls schlägt locker so bei 145, mein cardiopulmonares System scheint unterfordert. Aber ich kann keine Leistung treten. Mit Trittfrequenzen teils deutlich unter 60 gurke ich bei knapp 150 Watt dahin. Mittlerweile ist es schon recht warm, die Sonne knallt. Aber noch im Rahmen, besser als die Kälte in der Abfahrt nach Gletsch.

Ich fahre an einem Cafe vorbei, jedesmal wenn ich den Susten bis jetzt gefahren bin, egal ob hoch oder runter hatte ich Lust dort zu halten und einen Milchcafe zu trinken. Heute vielleicht einen Kamillentee? Und Toiletten gibt es hier bestimmt auch. Aber ich fahre vorbei, gerade „läuft es so gut“, ich trete immerhin die 150 Watt. Ich werde bis zum nächsten Gasthaus fahren, nach der Kurve kommt doch eine kleine Siedlung?


Denkste, es kommen nur vereinzelte Häuser, keine Gastronomie. Und bis zur nächsten Rechtskurve nach der ich den ersten Blick auf das Sustenbrüggli erhoffe scheint es unendlich lange zu sein. Wieder muss ich stehen bleiben. Ich leere fast die komplette Flasche mit Wasser. Jetzt wird es auch noch knapp mit Getränken.

Aufsteigen, weiterfahren, was man so fahren nennt. Ich gebe wohl ein erbärmliches Bild ab. Immer wieder zieht mal ein anderer Radfahrer vorbei. Die meisten überholen mich jetzt aber in meinen Pausen. Manche sind also tatsächlich nur wenig schneller als ich. Komisch. Ich höre ein quitschen hinter mir, gerade als ich wieder weiterfahre. Die Naben eines anderen Fahrers quitschen, habe ich ja noch nie gehört, aber gleich zieht er vorbei, dann kann ich mir das mal anschauen.

Er zieht aber gar nicht vorbei. Er hängt sich an mich dran?! Das gibt es doch nicht. Ich krieche hier jämmerlich den Berg hoch und ein anderer Fahrer hängt sich an mich dran. Was will der denn, sich an meinem Anblick weiden, macht der sich lustig über mich? Normalerweise würde ich jetzt versuchen mehr Druck zu machen, nochmal das Letzte aus mir herausholen, versuchen ihn loszuwerden. Oder ich würde ein bisschen mit ihm quatschen und versuchen das Leid zu teilen. Aber heute ist beides weit weg meiner Möglichkeiten. Ich leide vor mich hin und fühle mich etwas vorgeführt, würde ihn am liebsten anbrüllen „man fahr endlich vorbei!“.

Aber ich lasse es. Meine Leistung sinkt wieder auf 130 Watt. Ich versuche die nächste Pause so lange wie möglich hinauszuzögern. Und langsam überholt er mich. Endlich. Kurze Zeit später muss ich nochmal stehenbleiben.

Ich kann mittlerweile tatsächlich die echte Kurve mit dem kleinen Parkplatz sehen, nach der man schon das Sustenbrüggli erahnen kann. Toilette und Kamillentee, außerdem muss ich meine Flaschen mit irgendwas auffüllen.

Aber die Strecke bis zur Kurve zieht sich noch gewaltig. Man kann aber schon die Schlussserpentinen sehen. Ich weiß zwar nicht wie ich mit dieser Leistung noch bis dahin kommen soll, aber trotzdem motiviert es etwas. Allerdings kann ich diese Motivation nicht umsetzen. Die Beine haben nichts aber auch überhaupt gar nichts drin.

Immer wieder das gleiche Prinzip. Losfahren, kurz 160 vielleicht sogar mal 170 Watt, dann schnell knapp 150. Möglichst lange halten, dann 130, noch ein bisschen halten, dann 120 und stehenbleiben. Mittlerweile weiß ich nicht mehr wie oft sich schon pausieren musste.

Und dann endlich, das Sustenbrüggli. Meine Freude hält sich in trotzdem in Grenzen, ich sehe mich noch nicht wirklich auf der Sustenpasshöhe ankommen. Jetzt erst mal auf die Toilette. Den Plan hier eine Pause einzulegen verwerfe ich aber schnell. Auch das mit dem Kamillentee. Ich nehme stattdessen eine Apfelschorle für 5 Franken, trinke einen Schluck und fülle den Rest in die Trinkflasche.

Die ersten Meter auf dem jetzt folgenden, wiederum sehr langen, geraden Stück gehen ganz brauchbar. Ich überhole!!! wieder ein paar Fahrer. Aber wie gesagt bis zur ersten Serpentine zieht es sich lange und schnell ist es vorbei mit meinen spektakulären 180 Watt. Als ich wieder bei knapp 150 angelangt bin versuche ich aber das Stehenbleiben so lange zu vermeiden wie es nur irgendwie geht. Ich würde gerne bis zur Serpentine kommen. Ganz klappt das aber nicht.


Dann endlich, die zwei Schlussserpentinen. Mittlerweile ist es recht kühl und der Wind hat mir auf der Geraden entgegengeblasen. Nun, nach der Serpentine habe ich Rückenwind. Den brauche ich auch, sonst komme ich nicht mehr vorwärts. Am Straßenrand steht ein älterer Mann und feuert mich spontan an. Tut gut.


Mittlerweile spüre ich meinen rechten Oberschenkel. So ein latentes Ziehen will sich bermerkbar machen. Erstaunlich, dass ich bis jetzt überhaupt keine muskulären Probleme hatte. Eigentlich unfassbar. Hoffentlich verstärkt sich das mit dem Ziehen nicht. Noch bin ich nicht oben.

Irgendwie schleppe ich mich bis zur nächsten Serpetine. Eigentlich ein Grund zum Feiern. Es ist nicht mehr weit und ich bin oben. Aber meine Beine laufen immer wieder leer. Da gibt es auch nichts dagegenzuhalten.


Ich hatte mir das ganz anders vorgestellt. Das es Quälerei wird wusste ich, aber ich dachte mir ist vielleicht schlecht, oder ich habe Krämpfe, und ich müsste draufhalten und würde mit 200 bis 220 Watt den Berg hochgurken, schweißüberströmt, blass, mit Schmerzen in den Beinen. Aber nein, meine Beine geben einfach nicht mehr Leistung her als 150 Watt, dann sinkt die Kurve bis hinunter zu 120 und ich muss stehenbleiben, ohne dass ich irgendwie kämpfen kann. In den Beinen gehen einfach die Lichter aus, komplett.

Dreimal musste ich seit dem Sustenbrüggli stehen bleiben. Ein großer Schluck von der eiskalten, herrlich übersüßten Apfelschorle und weiter gings, irgendwie jedenfalls. Noch 1500 Meter bis zum Passhöhentunnel. Und jetzt gehen mir komplett die Lichter aus. Ich steige vom Rad.

Die Beine wollen krampfen, alle beide. Das Ziel scheint noch unendlich weit weg. Ich komme nicht mehr vorwärts. Am Straßenrand ist eine gemauerte Rinne, ich lege mich dort hinein, auf den Rücken und entspanne mich. Ich schaue den wenigen Wolken zu, die am Himmel entlang ziehen. Was für ein schönes Bild. Andere Radfahrer fahren vorbei, fragen mich besorgt ob alles ok ist. Ja, alles ok, mir geht es gut. Meine Beine können einfach nicht mehr treten. Es kommt keine Leistung raus.

Ich bin sicher leicht dehydriert und mit wenig gefüllten KH-Speichern an den Start gegangen. Nach dem Grimsel waren die KH-Speicher leer. Trinken konnte ich, aber essen ging nicht. D.h. mein Wasserdefizit sollte sehr gering sein, kein Grund zur Sorge also, aber meine KH-Speicher sind leer. Drei Gels habe ich im Verlauf der vielen Pausen am Susten zu mir nehmen können, zumindest teilweise. Aber jetzt muss ich einfach hier liegen. Wieder fahren andere Fahrer vorbei, ja alles ok, danke der Nachfrage.

Ich weiß nicht wie lange ich schon den Blick auf die Wolken genieße. Aber ich beschließe jetzt weiterzufahren. Ich wollte mich von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation kämpfen, die nächste ist direkt hinter dem Tunnel, noch anderthalb Kilometer. Kämpfen.

Ich steige auf's Rad, 150 Watt, fahren. Die nächsten 500 Meter gehen. Das Schild, noch 1000m bis zur Verpflegungsstation. Ich fahre weiter. 130 bis 150 Watt, weiterfahren. Ich bin langsam, werde plötzlich schneller. Ich überhole ein paar Fahrer. Hinter dem Tunnel ist die Verpflegungsstation. Orangen, ich will Orangen essen. Leuchtend organge Orangen. Ich kann schon den Geschmack im Mund spüren. Noch geht es berghoch, ein Kilometer kann lang sein, aber dann die letzte Rechtskurve, da ist der Tunnel.



Ich überhole einen Fahrer, hinter mir im Tunnel stößt er einen Freudenschrei aus. Ich kann kein Geräusch machen, nicht, weil ich die Kraft nicht habe, was wohl auch zutrifft, sondern weil ich so leer bin wie meine Beine. Orangen, ich brauche Orangen.

Im Tunnel geht es leicht bergab, zum Glück. Kalter Wind bläst entgegen, ich friere etwas. Ich bin tatsächlich den Susten hochgekommen. Irgendwie. Ob ich es wohl bis ins Ziel schaffe?

An der Labstation fülle ich eine Flasche mit Iso, eine mit Wasser. Dann esse ich Orangen. Bestimmt sieben oder acht Schnitten. Ich trinke noch eine Cola, ziehe mir heute erstmals die Jacke an und begebe mich in die Abfahrt.

Ich fahre ganz brauchbar bergab, ein oder zwei überholen mich, einige Fahrer kann ich überholen. Meist fahre ich, abgesehen vom motorisierten Verkehr, alleine. Die Abfahrt macht sogar Spaß. Ich bin ja eigentlich gar nicht so erschöpft, so dass ich das genießen kann, es sind nur die Beine die keine Leistung bringen und in der Abfahrt müssen sie selten treten.


Erst fast ganz unten ziehe ich die Jacke wieder aus. Die anderen Fahrer die mir begegnen ignoriere ich, Gruppe, Windschatten, ist mir egal. Die Schranke in Innertkirchen ist auf, die Beine haben sich etwas erholt. Ich überhole im Flachen einen Fahrer, er bleibt nicht dran.

Dann der letzte Gegenanstieg, vorbei an der Aares Schlucht. Meine Beine treten 220 Watt. Sensationell. Ich überhole noch einen Fahrer, im Anstieg!!



Letzte Serpentine, die Oberschenkel ziehen ganz leicht. Hoffentlich schaffe ich es bis oben hin. Klappt aber. Dann die Abfahrt hinunter nach Meiringen. Hundert Meter vor mir fährt noch einer, zwischen uns ein offizielles Begleitmotorrad. Noch zwei Kurven, dann fahren wir die Dorfstraße entlang, geradewegs auf das Ziel zu.

Es blitzt, das Zielfoto, das Ziel ist erreicht. Ich bin tatsächlich angekommen. Die Zeit ist unterirdisch, die hätte ich auf der Goldstrecke fahren sollen. Mein Garmin zeigt über siebeneinhalb Stunden (inkl. des neutralisierten Abschnitts Andermatt-Wassen). Ich glaube meinen letzten Platz habe ich in der Abfahrt noch „verloren“.

Ich hätte Bock auf Cola, aber es gibt keine. Egal, das Zielbuffet ist mit Iso und Riegeln bestückt. Und es gibt Nudeln und Boullion. Ich nehme einen halben Becher und esse eine halbe Portion Nudeln.

Fühlt sich das jetzt besser an, als beim Ötzi wo ich als Zuschauer den Zieleinlauf betrachtet habe und mir vor Wut über die verpasste Teilnahme fast die Tränen in die Augen geschossen sind? Ich bin ja nur die Silberrunde gefahren und das in unterirdischer Zeit. Aber ja, das ist besser. Irgendwie.

Jetzt muss ich erst mal unter die Dusche. Ich bin überhaupt nicht so fertig wie man nach einem Radmarathon sein sollte. Völlig seltsam. Ich konnte also überhaupt nicht an meine Leistungsgrenze gehen weil die Beine es einfach nicht zugelassen haben. Und doch war der Susten elend zu fahren und der Furka auch.

Die Saison ist für mich beendet. So kann ich unmöglich am Nürburgring starten. Pech. Die komplette zweite Saisonhälfte dahin. Egal jetzt. Alpenbrevet silber gefinished. Irgendwie halt.

Freitag, 30. August 2013

Taktische Überlegungen zum Alpenbrevet 2013

Der größte Teil der aufgenommenen Nahrung ist drin geblieben, Zeit also für taktische Überlegungen zum morgigen Rennen.

2011 habe ich mich etwas unter Wert geschlagen, 2012 und 2013 habe ich mich prinzipiell verbessert, also wäre als Zielzeit mindestens die 11:30 h zu veranschlagen, eher in Richtung unter 11 Stunden. Aber durch den Verlauf der letzten Woche und da ich noch nicht richtig fit bin ist das hinfällig.

Normalerweise sollte man oben am Grimsel eine Zeit unter 1:50 h stehen haben und auch von dort bis auf den Nufenen unter der 1:50 h Marke bleiben um einigermaßen vorne mitzufahren. Von dort bis Biasca sollte man dann möglichst eine brauchbare Gruppe haben. Mindestens ab Airolo jedenfalls. Auch zum Lukmanier hinauf ist eine Gruppe ziemlich nützlich, da es ja recht lange relativ wenig nur ansteigt, so dass noch relativ hohe Geschwindigkeiten gefahren werden. Windschatten ist hier sicher von Vorteil. Spätestens ab dem Gegenanstieg in Richtung Disentis wird es aber wohl kaum große Gruppen geben.

Auch diese Überlegungen helfen mir morgen wohl kaum weiter. Zwar habe ich keine Ahnung was ich nach einer Woche hauptsächlich im Bett und auf der Toilette zu leisten im Stande bin, aber sicher nicht das, was ich mir ursprünglich erhofft hatte.

Da ich auch von der Art der Nahrung eingeschränkt gegessen habe und ziemlichen Flüssigkeits- und evtl. Elektrolytverlust zu beklagen habe, bin ich zwar leichter als gedacht, aber eben auch wahrscheinlich mit leichtem Mangel an wichtigen Funktionsnährstoffen. Das könnte zu Krämpfen führen, ganz abgesehen von Toilettenpausen und mittelmäßiger Tretleistung.

Die Konsequenz daraus wird sein, dass ich einfach nur sehen muss immer bis zur nächsten Verpflegungsstation zu kommen. Mit Sicherheit kann ich am Grimsel schon abschätzen ob ich überhaupt eine Chance habe zu finishen. Wenn es schlecht aussieht biege ich in Gletsch auf die Silberrunde ab. Furka müsste ich irgendwie hinkriegen das ist ja nur eine Bodenwelle und Susten notfalls mit dem Taxi fahren.

Wenn ich den Grimsel einigermaßen überstehe wird mir spätestens der Nufenen zeigen was ich mir zutrauen kann. Hier gilt es ja auch das Zeitlimit in Airolo zu schaffen. Aber auch wenn ich das schaffe habe ich die Chance über den Gotthard nach Andermatt zu kommen und auf die Platinrunde zu verzichten. Wobei mir das Kopfsteinpflastergerüttel sicher nicht gut tun wird.

Wenn ich tatsächlich auf die Platintour abbiege, dann darf ab da nichts mehr schief gehen, denn auf dem Susten gilt es ein Zeitlimit zu erreichen und wenn ich mich bis dahin quälen würde und dann am Limit scheitere wäre das frustrierend.

Kampf wird es so oder so. Und es ist irgendwie traurig, dass ich solche Überlegungen anstellen muss anstatt über Strategien für eine gute Zeit nachzudenken. Das Wunder von Ötz ist ausgeblieben und das von Meiringen auch, aber ich werde morgen am Start stehen und kämpfen so lange es geht, Verpflegungsstation für Verpflegungsstation. Und entweder mein Körper unterstützt mich dabei, dann wird es vielleicht ein Radmarathon, oder er lässt es, dann wird es ein Gemetzel und das Opfer kenne ich schon...

Und ja, ich freue mich auf morgen, klingt komisch, ist aber so.

Erste Schlacht gewonnen

Auch wenn er sich nochmal kurz gewehrt hat, so bin ich dann kurz nach der "Kriegserklärung" auf's Rad gestiegen und Richtung Brienz gefahren. Anfangs gibt mir der Körper zu verstehen, dass er die Kriegserklärung angenommen hat.

Es fühlt sich an als ob ich ein Jahr nicht mehr auf dem Rad gesessen hätte, aber nach einer Weile geht es. Dann auf einmal Schmerz im linken Knie. Den kannte ich noch gar nicht, aber nach einer Weile zieht er sich zurück. Dann das EB Intervall. In Sölden musste ich am Samstag nach vier Minuten abbrechen, fast hätte ich kotzen müssen, und bin dann nur noch ins Hotel zurückgekrochen. Diesmal geht es besser. Ich ziehe durch und dann gibt es zwanzig Minuten G1 Pause.



Allerdings ist das Wattmeter kaputt, oder ich habe einfach 50 Watt weniger drauf. 150 Watt fühlen sich an wie 250. Aber ich ignoriere das, fahre niedriges G1, versuche die Sonne zu genießen und dann das G2 Intervall. Leichtes Zucken im Bauch, ich ignoriere es. Ich bin im Krieg verdammt. Durchgezogen, das Zucken geht weg. Jetzt den Rest G1 dahinrollen. Anstrengender als es sein sollte, aber geht. Vielleicht fahre ich bis Brienz, trinke einen Kamillentee und fahre dann wieder zurück. Aber nach einer Stunde meldet sich der Bauch. Ich ignoriere ihn, fahre aber trotzdem ohne den Abstecher an den Brienzer See zurück Richtung Meiringen.




Mit jedem Kilometer wird es besser. Ich möchte heute keinen Alpenpass fahren, aber ich bin froh, dass ich überhaupt fahre. Und es fühlt sich halbwegs ok an. Ich werde morgen auf jeden Fall starten.

Ich genieße noch etwas die Landschaft, was aber nur halb gelingt. Im Krieg bleiben wenig Gedanken für das Schöne... Dabei bin ich eigentlich Pazifist.

Kriegserklärung!


Ich habe wirklich alles versucht. Ich war tagelang extrem vorsichtig und nett zu meinem Körper. Keine großen Belastungen, viel schlafen und ruhen, ganz vorsichtig gegessen, das meiste eh zurückgehen lassen, so dass die Wirte schon misstrauisch waren.

Ich habe sogar auf den Start beim Ötzi verzichtet. Das schmerzt jetzt noch. Ich bin in Sölden brav zum Arzt gegangen, habe mir eine Nadel in den Arm stechen lassen und Blut- und Urinwerte bestimmt, habe ein Antibiotikum für Frauen geschluckt und Nieren und Blasentee getrunken.

Und pünktlich zur Fahrt in die Schweiz ist alles wieder wie am Sonntag?! Nee, das kann nicht sein. Das darf nicht sein. Das ist völlig unlogisch. Aber das ist mir jetzt scheißegal und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

Auch wenn ich heute morgen alleine innerhalb von einer halben Stunde ein Kg Gewicht abgenommen habe, ich habe die Nase gestrichen voll. Ich erkläre meinem Körper hiermit den Krieg! Ich habe gefrühstückt als ob ich heute einen Radmarathon fahren will, und ich werde mich gleich auf's Rad setzen und die Vorbelastung fahren. Und wenn ich es nur bis zur nächsten Toilette schaffe werde ich eben noch eine halbe Stunde dranhängen, zur Strafe.

Und dann hole ich die Startunterlagen, mache mein Rad fertig und morgen früh um 6:45 h stehe ich am Start. Und dann werde wir sehen wer stärker ist. Du musst mich schon vom Rad holen wenn du mich fertig machen willst. Und wenn ich mit 5 km/h den Grimsel hochkrieche, morgen sitze ich auf dem Rad, sitze ich auf dem Rad, sitze ich auf dem Rad. Und jede Stunde drücke ich dir eine Tube KH-Gel rein. Und dann sehen wir weiter. Ich bin bereit für die Schlacht, keine Gefangenen. Entweder ich komme durch, auf welcher Runde auch immer, oder du reißt mich vom Rad, aber das musst du erst mal schaffen.

Sonntag, 25. August 2013

Allerletzter Post zum Ötztaler 2013

Ich habe die Nadja, den Alex und auch den Werner, den ich vom diesjährigen Peakbreak kenne live bei Datasport verfolgt. Und natürlich auch die Rennspitze bei Eurosport. Dann habe ich den Fehler gemacht aus dem Bett zu klettern und mir den Zieleinlauf des Siegers anzuschauen.

Während es am vormittag in Sölden noch sehr trostlos und verlassen aussah, dazu hat es leicht geregnet, ist jetzt tolle Stimmung und es ist trocken. Als der Cunico und der Ludewig ins Ziel kommen steigen mir vor Wut und Frust fast die Tränen in die Augen. Ich gehe sofort wieder ins Bett und lenke mich ab mit langweiliger F1.

Dann schaue ich mir doch noch den Zieleinlauf von der Nadja Prieling an. (Der Werner war mit etwas über 8:19 h schon im Ziel). Zwar hat sie ihr Ziel von 8:30 h, das ja mit meinem identisch war verfehlt, aber mit 8:52 h hat sie den zweiten Platz bei den Frauen geholt. Gratulation.

Da stehe ich und schaue mir den Trubel an, und plötzlich steigt der ganze Frust wieder hoch. Ich könnte heulen, die Chance auf die 8:30h war da. Vor allem aber die Chance auf eine richtig gute Platzierung, das war genau mein Wetter. Und ich war mir sicher, dass es hinunter nach St. Leonhard und im ersten Teil des Timmelsjochs besseres Wetter geben würde, und die schlechten Bedingungen oben am Timmelsjoch sind eh egal, da hatte ich es letztes Jahr nicht besser.

Der Frust verwandelt sich in Niedergeschlagenheit. Ich hole mir einen Tee (Essen geht immer noch nicht wirklich) und setze mich an die Strecke. Aber das tut richtig weh. Und Alex scheint am Timmelsjoch etwas zu kämpfen, so warte ich nicht sondern erlöse mich und gehe wieder auf's Zimmer um der verpassten Chance nachzutrauern.

Ich kann die Leute nicht verstehen, die wegen ein bisschen Regen nicht starten. Wozu dann überhaupt bei einem Radmarathon in den Bergen anmelden, da ist das doch normal, dass das Wetter nicht immer perfekt ist.

Beim Alpenbrevet sehe ich mich noch nicht am Start. Morgen gehe ich zum Arzt. Jetzt muss ich erst mal meinen Frust loswerden, aber essen, was normalerweise ja super hilft geht im Moment nicht. Radfahren auch nicht. Bleibt nur Betäubung mit Fernsehen...

Letzter Post zum Ötzi 2013

Es war die richtige Entscheidung nicht zu starten. Es ist viel schlimmer geworden, Essen geht gar nicht, da wäre ein Ötzi unmöglich gewesen.

Es hat natürlich sehr wohl geregnet zum Start, ich habe es nur nicht gecheckt. Über 1300 Starter sind gar nicht erst angetreten, über 120 haben schon auf dem Weg nach Ötz aufgegeben. Man, man, man, wie könnt ihr dieses Privileg nur so leichtfertig aufgeben?

Die Bedingungen mit nahezu konstantem Regen und momentan wohl sogar etwas Schnee auf dem Timmelsjoch sind natürlich mies, aber in der Sonne fahren kann ja jeder. (sage ich hier so, wo ich im warmen Zimmer sitze...)

Ich beneide trotzdem alle die heute kämpfen. Ich beobachte natürlich live den Alex und auch die Frau Prieling, die ja das gleiche Ziel hatte wie ich, nämlich die 8:30h.

Jetzt hoffe ich nur für den Alpenbrevet wieder fit zu werden, so sicher bin ich mir da nicht (auf jeden Fall werde ich aber noch das eine oder andere Kg Gewicht verlieren bis dahin...)

noch könnte ich starten...

...ich habe mir natürlich den Wecker gestellt. Aber das Fieberthermometer gibt die Antwort. Keine Chance, es ist sogar schlechter als gestern.

Dabei regnet es nicht mal...

Samstag, 24. August 2013

Oetzi Frust

Heute morgen habe ich einen Ruhepuls von 57! Der sollte eigentlich im niedrigen 40er Bereich liegen. Das ist mein Negativrekord für dieses Jahr. Der SPO2 Wert liegt bei 93, auch das ein rekordverdächtig niedriger Wert. Eigentlich hatte ich nur nach der Nepalreise in Deutlschland mal solche Werte. Allerdings reagiere ich ja auf die Höhe immer sofort mit niedrigen SPO2 Werten, da kann es sein, dass die über 1300 Meter schon was ausmachen.

Die Temperatur ist leicht erhöht. Genauso wie die gemessenen Parameter es anzeigen fühle ich mich auch. Elend und schlapp. Ich gehe erst mal normal frühstücken, mit dem gleichen Erfolg wie gestern beim Abendessen...

Trotzdem versuche ich die Vorbelastung laut Trainingsplan zu fahren um zu sehen was die Beine auf dem Rad machen. Und wird mir klar, morgen, das wird nix.

Das EB Intervall breche ich nach 4 Minuten ab, sonst hätte ich wohl kotzen müssen. Das G2 Intervall spare ich mir. Ich schleiche mit niedrigem G1 zurück ins Hotel. Die tolle Atmosphäre mit den hunderten von Radfahren bei noch halbwegs blauem Himmel und Sonne kann ich nicht genießen, ja kaum wahrnehmen.

Ich gehe aber trotzdem nach dem Duschen nochmal nach Sölden rein, aber auch die Stände interessieren mich nicht, ich bin zu schlapp. Da ich nichts essen kann trinke ich eine Cola und einen Kamillentee, in der Hoffnung wenigstens ein paar Kohlenhydrate zu mir zu nehmen.

Dann geht es aber ins Bett. Nachmittags telefoniere ich nochmal mit Alex. Gemeinsamen Plänen muss ich eine Absage erteilen, denn ich werde nicht starten, das steht zu mehr als 90% fest. Auch wenn mich das Gespräch natürlich etwas aufmuntert und so "na vielleicht doch" Gedanken aufkommen. Dabei weiß ich aber, dass die Chance rein theoretisch ist. Ich wüsste nicht wie ich so das Kühtai hinaufkommen sollte.

Abends versuche ich aber dann doch nochmal Nährstoffe aufzunehmen, mehr als schiefgehen kann es ja nicht. Salat, Fisch, ein paar Nudeln und sogar ein Stück Kuchen in der Sportarena. Allerdings schaue ich mir nicht mal die Fahrerbesprechung an, ich bin zu platt und lege mich stattdessen wieder ins Bett.

Nun überlege ich gerade ob ich mein Fahrrad für morgen präparieren soll falls doch noch ein Wunder geschieht. Aber außer finishen, d.h. unter, bei wahrscheinlich regnerischem Wetter, ca. 13 Stunden zu bleiben kann ich nichts erreichen. Und schaden würde ich mir damit sicher auch, vielleicht sogar den Alpenbrevet nächste Woche gefährden.

Andererseits könnte ich so vielleicht erahnen wie es mir beim RAAM ab Tag drei oder vier ergehen könnte. Also eine besondere Form der mentalen Prüfung.

Aber noch habe ich Fieber also papperlapapp. Oetzi ist gecancelt. Schluss, Aus, Ende!

Freitag, 23. August 2013

Ötztaler 2013 nur als Zuschauer?

Die diesjährige Ötzi Teilnahme ist sehr fraglich. Ich bin zwar nach Sölden angereist, aber noch geht es mir eher schlecht. Das Fieber das mich seit Mittwoch geplagt hat ist zwar weg, aber dafür ist mir jetzt schlecht. Den ganzen Tag habe ich nur trockenes Brot und Wasser zu mir genommen. Heute abend habe ich es dann mal mit Fleich und Gemüse probiert. Gerade bezahle ich dafür.

Naja, einen Tag zum gesund werden habe ich noch...

Dafür habe ich den Alexander schon ganz zufällig getroffen. Vielleicht tun wir uns zusammen für eine schnelle Gruppe und versuchen möglichst schnell und mit geringstmöglicher Anstrengung bis Oetz zu kommen. Das könnte sehr wohl Sinn machen, so spart man sich vielleicht die kleinen Sprints um Lücken zuzumachen. Andererseits ist das Feld anfangs ja recht dicht zusammen sofern man weit genug vorne steht. Wenn ich mich mit anderen zusammentue muss ich aber 100% fit sein, sonst macht es keinen Sinn. Das kann ich eigentlich erst am Sonntagmorgen entscheiden.

Es wird wohl richtig regnen am Sonntag, d.h. Fritz Walter Wetter, also platzierungstechnisch genau mein Wetter. Allerdings schlecht für eine gute Zeit. Von der erhofften 8:30 h habe ich mich aber eh schon verabschiedet. Wenn ich antreten kann geht es wohl mehr um's Durchkommen.

Vielleicht siegt ja auch die Vernunft und ich werde am Sonntag lange schlafen, mit dem Bus auf's Timmelsjoch hochfahren und mir mal die Spitzengruppe anschauen. Dann ein paar Tage regenerieren um richtig fit für den Alpenbrevet zu sein. Aber welcher Rennradfahrer ist schon vernünftig...

Sonntag, 11. August 2013

Gesprungen!

Gestern habe ich es getan. Soche Entscheidungen trifft man nicht oft im Leben. Mein Ruhepuls ist seitdem um zehn Schläge gestiegen...


Freitag, 9. August 2013

Der Turmspringer

Gerade stehe ich auf dem 10 Meter Turm, nein dem 100 Meter Turm. Der ist so hoch, dass ich nicht mal sehen kann ob unten Wasser im Becken ist. Ich muss ja nicht springen...

www.raceacrossamerica.org

Kein Schlaf, keine Kraft, kein Gefühl...

...der Kopf ist leer, die Beine sind leer, die Füße schmerzen, die Hände schmerzen, die Knie schmerzen, der Sinn ist weg, nur endlich aufhören! Und noch über 1000 Kilometer...

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Teuer, aufwändig, anstrengend...

...Organisation, Finanzierung, Teammitglieder finden, Training, Leiden, Verzichten, vielleicht scheitern.

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Möglicherweise nicht das härteste Rennen der Welt...

...aber sicher ist das nicht

www.raceacrossamerica.org

Kein Radrennen...

...sondern ein Rennen gegen die Natur, gegen die Zeit, gegen eigene Schwächen und Ängste.

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Keine Radreise...

...sondern Reise ins Innere des eigenen Seins.

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